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Gerichtsorganisation
Gerichtsverwaltung
Der Rat für die Rechtsprechung (Raad voor de rechtspraak) ist zwar Teil der Gerichtsorganisation, spricht jedoch selbst kein Recht. Er hat vom Justizministerium die Verantwortung für eine Reihe von Aufgaben übernommen. Diese Aufgaben sind betrieblicher Art und umfassen die Zuweisung von Haushaltsmitteln, die Aufsicht über die Haushaltsführung, die Personalpolitik, die IKT und die Gebäudepolitik. Der Rat unterstützt die Gerichte bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in diesen Bereichen. Zu seinen Aufgaben gehören ferner die Verbesserung der Gerichtsorganisation und die Beratung zu neuen Rechtsvorschriften, die Auswirkungen auf die Rechtsprechung haben. Der Rat fungiert außerdem als Sprecher der Rechtsprechung in der gesellschaftlichen und politischen Diskussion. Der Aufgabenbereich des Rates umfasst betriebliche Angelegenheiten (im weitesten Sinne), Haushaltsfragen und die qualitativen Aspekte der Rechtsprechung.
Er spielt eine zentrale Rolle bei der Aufstellung und der Ausführung des Haushalts der Gerichtsorganisation und legt über die Verwendung der Finanzmittel Rechenschaft ab. Das Haushaltssystem stützt sich auf ein beim Rat geführtes System zur Messung des Arbeitsaufkommens. Der Rat fördert und beaufsichtigt die Entwicklung betrieblicher Verfahren für das Tagesgeschäft der Gerichte. Zu seinen spezifischen Aufgaben in diesem Zusammenhang gehören die Personalpolitik, die Gebäudepolitik, die IKT und die externen Angelegenheiten. Der Rat ist mit einer Reihe gesetzlicher Befugnisse ausgestattet, die ihm die Wahrnehmung dieser Aufgaben ermöglichen. Er ist beispielsweise befugt, verbindliche allgemeine Anweisungen zur Betriebsführung zu erteilen, versucht jedoch, von dieser Befugnis so wenig wie möglich Gebrauch zu machen.
Der Rat ist für die Einstellung, Auswahl und Ausbildung von Richtern und Gerichtsbediensteten verantwortlich. In diesen Bereichen erfüllt er seine Aufgaben in enger Abstimmung mit den Gerichtsräten (raden van de gerechten). Bei der Ernennung der Mitglieder der Gerichtsräte hat der Rat ein gewichtiges Wort mitzureden.
Im Rahmen der Sicherung der Qualität der Rechtsprechung setzt sich der Rat für eine einheitliche Anwendung des Rechts und eine Verbesserung der juristischen Qualität ein. Wegen möglicher Überschneidungen mit dem Inhalt der Rechtsprechung verfügt der Rat hier nicht über Zwangsbefugnisse.
Der Rat hat auch eine allgemeine beratende Funktion. Er berät beispielsweise die Regierung bei Gesetzen, die Auswirkungen auf die Rechtsprechung haben. Diese Beratung erfolgt in laufender Abstimmung mit den Gerichtsräten.
Der Rat verfügt zwar über förmliche Befugnisse, doch sollte man in der Beziehung zwischen Rat und Gerichten keine Über- und Unterordnung sehen. Das vorrangige Ziel des Rates besteht darin, die Gerichte bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Damit die verschiedenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt werden können, berät sich der Rat regelmäßig mit den Gerichtspräsidenten, den Geschäftsstellenleitern, den Leitern der Sektoren sowie dem Vertreterausschuss (College van afgevaardigden – einem beratenden Gremium aus Vertretern der Gerichte).
Arten von Gerichten – Kurze Beschreibung
Bezirksgerichte (rechtbanken)
Die Niederlande sind in 11 Gerichtsbezirke (arrondissementen) mit jeweils einem Bezirksgericht unterteilt. Zu jedem Gericht gehören mehrere Kantonsgerichte (kantonlocaties). Ein Bezirksgericht umfasst mindestens die vier Sektoren (sectoren) Verwaltungsrecht, Zivilrecht, Strafrecht und Kantonsgerichte. Ein eigener Sektor besteht häufig für Familien- und Jugendsachen, mitunter auch für Ausländersachen. Die Entscheidung hierüber obliegt der Gerichtsleitung (bestuur van het gerecht).
Sektoren
Kantonsgerichte
Für Bürgerinnen und Bürger ist es relativ einfach, ihre Sache vor den Kantonsrichter (kantonrechter) zu bringen. Hier können sie selbst vor Gericht auftreten und müssen sich nicht von einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Im Bereich des Zivilrechts ist der Kantonsrichter für alle Miet-, Mietkauf- und Arbeitssachen sowie für alle Rechtsstreitigkeiten mit einem Streitwert von bis zu 25 000 EUR zuständig.
Im Bereich des Strafrechts befasst sich der Kantonsrichter nur mit leichten Straftaten (overtredingen). Häufig handelt es sich um Fälle, in denen die Polizei oder die Staatsanwaltschaft einen Vergleich vorgeschlagen hat. Geht der Angeklagte auf diesen Vorschlag nicht ein, so kommt die Sache vor den Kantonsrichter. Dieser verkündet sein Urteil in der Regel unmittelbar nach der Verhandlung.
Strafrecht
Die Richter des Sektors Strafrecht bearbeiten alle Strafsachen, die nicht in die Zuständigkeit des Kantonsrichters fallen. Diese Sachen können von einem Einzelrichter oder einer mit drei Richtern besetzten Kammer verhandelt werden. Die Kammer befasst sich mit den komplizierteren Fällen sowie allen Fällen, in denen der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr beantragt.
Zivilrecht/Familienrecht
Im Sektor Zivilrecht werden auch Rechtssachen verhandelt, die nicht ausdrücklich dem Kantonsrichter zugewiesen sind. Meistens entscheidet der Einzelrichter, für kompliziertere Fälle bestehen jedoch auch hier Kammern mit drei Richtern. Einige Bezirksgerichte haben einen eigenen Sektor für Familien- und Jugendsachen eingerichtet. Von dieser Möglichkeit wird Gebrauch gemacht, wenn solche Rechtssachen in erheblicher Zahl anfallen.
Verwaltungsrecht (bestuursrecht)
Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen werden Verwaltungsstreitigkeiten vom Bezirksgericht verhandelt. Häufig geht der Verhandlung im Sektor Verwaltungsrecht ein Beschwerdeverfahren bei den Verwaltungsbehörden voraus. Diese Rechtssachen werden in der Regel von einem Einzelrichter verhandelt, können jedoch auch einer Kammer mit drei Richtern zugewiesen werden, wenn der Fall kompliziert oder von grundsätzlicher Bedeutung ist. Verfügt das betreffende Bezirksgericht über keinen eigenen Sektor für Ausländersachen, so werden diese im Sektor Verwaltungsrecht oder in einer seiner Abteilungen verhandelt. Für Berufungen ist in Rechtssachen, in denen es um Fragen des Beamten- oder des Sozialversicherungsrechts geht, ein besonderes Berufungsgericht – das Zentrale Berufungsgericht (Centrale Raad van Beroep) – und in den meisten übrigen Fällen die Abteilung Verwaltungsrechtsprechung des Staatsrates (Afdeling bestuursrechtspraak van de Raad van State) zuständig.
Gerichtshöfe (gerechtshoven)
Jeder der 11 Gerichtsbezirke gehört zu einem der vier Gerichtshofsbezirke Den Haag, Amsterdam, Arnhem-Leeuwarden und ‘s-Hertogenbosch. In den Bereichen Straf- und Zivilrecht befasst sich der Gerichtshof nur mit Rechtssachen, in denen Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts eingelegt wurde. Der Gerichtshof prüft erneut den Sachverhalt und gelangt dann zu eigenen Schlussfolgerungen. Die Entscheidung des Gerichtshofs kann in den meisten Fällen mit einer Kassationsbeschwerde beim Obersten Gerichtshof der Niederlande (Hoge Raad der Nederlanden) angefochten werden. Neben Straf- und Zivilsachen befasst sich der Gerichtshof auch mit Berufungen gegen Steuerbescheide.
Fachgerichte
Das Zentrale Berufungsgericht (Centrale Raad van Beroep) ist ein Rechtsmittelgericht, das hauptsächlich Rechtssachen aus dem Beamten- und dem Sozialversicherungsrecht behandelt. In diesen Bereichen es die höchste Instanz. Das Gericht hat seinen Sitz in Utrecht.
Das Berufungskollegium für die Wirtschaft (College van Beroep voor het bedrijfsleven) ist ein besonderes Verwaltungsgericht, das Streitigkeiten im Bereich des Sozial- und des Wirtschaftsverwaltungsrechts entscheidet. Darüber hinaus ist dieses Berufungsgericht auch für Berufungen in Zusammenhang mit bestimmten Gesetzen wie dem Wettbewerbsgesetz (Mededingingswet) und dem Telekommunikationsgesetz (Telecommunicatiewet) zuständig. Das Gericht hat seinen Sitz in Den Haag.
Oberster Gerichtshof (Hoge Raad)
Der Oberste Gerichtshof der Niederlande mit Sitz in Den Haag prüft, ob die Entscheidung des unteren Gerichts durch ordnungsgemäße Anwendung des Rechts zustande gekommen ist. Der vom unteren Gericht festgestellte Sachverhalt steht auf dieser Ebene nicht mehr zur Diskussion. Der Kassationsbeschwerde kommt eine wichtige Funktion bei der Förderung der Rechtseinheit zu.
Rechtsdatenbanken
Weitere Informationen finden Sie auf der allgemeinen Website Niederländisches Gerichtswesen.
Die Rechtsprechung finden Sie in einer gemeinsamen Urteilsdatenbank.
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