Gerichtsorganisation
Justizverwaltung
Unter den heutigen Rechtsordnungen folgt die spanische Rechtsordnung dem sogenannten kontinentaleuropäischen Modell.
Dieses Modell hat im Wesentlichen folgende Merkmale:
- Trennung von öffentlichem und privatem Sektor in der Rechtsordnung, die in folgende Teilbereiche untergliedert ist: Verfassungsrecht, Strafrecht, Verwaltungsrecht, Steuerrecht, Zivilrecht, Handelsrecht, Sozialrecht und Prozessrecht;
- Vorrang des Gesetzes und des geschriebenen Rechts innerhalb des im Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegten Systems der Rechtsquellen; dies sind das Gesetzesrecht, das Gewohnheitsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsätze;
- hierarchischer Aufbau des Gerichtswesens mit einem Rechtsmittelsystem.
Gerichtsbarkeiten – kurze Beschreibung
Nach der spanischen Verfassung von 1978 ist Spanien ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat und bekennt sich zu Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und politischem Pluralismus als obersten Werten seiner Rechtsordnung.
Die Verfassung stützt sich auf die unauflösliche Einheit der spanischen Nation, auf ein gemeinsames und unteilbares Vaterland aller Spanier. Sie anerkennt und garantiert das Recht auf Selbstverwaltung der Nationalitäten und Regionen, die Bestandteil der Nation sind, sowie die Solidarität zwischen ihnen.
Titel VI der Verfassung bezieht sich auf das Gerichtswesen und bekräftigt in Artikel 117, dass das Prinzip der Einheit der Gerichtsbarkeit die Grundlage für die Organisation und Arbeitsweise der Gerichte ist.
Diese Grundsätze begründen die Gerichtsorganisation in Spanien, was sich in einem einheitlichen Gerichtswesen und einem einheitlichen Stand der Richter und Staatsanwälte widerspiegelt, die die ordentliche Gerichtsbarkeit bilden.
Die Einheit der Gerichtsbarkeit schließt die Existenz verschiedener Gerichte mit unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen nicht aus, so dass es zahlreiche Gericht gibt, die sich die Arbeit nach ihrer jeweiligen Zuständigkeit aufteilen, d. h. nach Streitgegenstand, Streitwert, Rechtssubjekt, Funktion oder Gerichtsbezirk.
Als ordentliche Gerichte gelten die Gerichte, die gemäß Artikel 122 der spanischen Verfassung von 1978 durch das Organgesetz über die rechtsprechende Gewalt geregelt sind.
Drei grundlegende Aspekte sind zu unterscheiden:
- der territoriale Aspekt
- die Unterscheidung zwischen Gerichten mit Einzelrichtern und Kollegialgerichten
- der Aspekt der Zuständigkeit
Der territoriale Aspekt
Gemäß dem Organgesetz 6/1985 über die rechtsprechende Gewalt vom 1. Juli 1985 ist der Staat in Bezug auf die Gerichtsorganisation territorial in Gemeinden (municipios), Bezirke (partidos), Provinzen (provincias) und Autonome Gemeinschaften (Comunidades Autónomas) unterteilt, in denen die Gerichtsbarkeit von den Friedensgerichten (Juzgados de Paz), den Gerichten erster Instanz und Ermittlungsgerichten (Juzgados de Primera Instancia e Instrucción), den Verwaltungsgerichten (Juzgados de lo Contencioso-Administrativo), den Arbeits- und Sozialgerichten (Juzgados de lo Social), den Gerichten für Strafvollzugsüberwachung (Juzgados de Vigilancia Penitenciaria), den Jugendgerichten (Juzgados de Menores), den Provinzgerichten (Audiencias Provinciales) und den Obergerichten der Autonomen Gemeinschaften (Tribunales Superiores de Justicia) ausgeübt wird. Die Gerichtsbarkeit auf nationaler Ebene üben das Nationale Gericht für Straf-, Verwaltungs- und Sozialrecht (Audiencia Nacional), der Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo) sowie die Zentralen Ermittlungsgerichte (Juzgados Centrales de Instrucción) und die Zentralen Verwaltungsgerichte (Juzgados Centrales de lo Contencioso-Administrativo) aus.
Gerichte mit Einzelrichtern und Kollegialgerichte
Mit Ausnahme des Obersten Gerichtshofs, des Nationalen Gerichts, der Obergerichte der Autonomen Gemeinschaften und den Provinzgerichten sind an allen Gerichten Einzelrichter tätig.
Der Oberste Gerichtshof setzt sich zusammen aus seinem Präsidenten, den Senatspräsidenten (presidentes de sala) und den für den jeweiligen Senat gesetzlich festgelegten Kollegialrichtern (magistrados). Er ist in fünf Senate gegliedert: Zivilsenat, Strafsenat, Verwaltungssenat, Senat für Arbeit und Soziales, Militärsenat.
Das Nationale Gericht (Audiencia Nacional) setzt sich zusammen aus seinem Präsidenten, den Kammerpräsidenten und den für die jeweilige Kammer gesetzlich festgelegten Kollegialrichtern (Berufungskammer, Strafkammer, Verwaltungskammer, Kammer für Arbeit und Soziales).
Die Obergerichte der Autonomen Gemeinschaften (Tribunales Superiores de Justicia) verfügen über vier Kammern (Zivilkammer, Strafkammer, Verwaltungskammer und Kammer für Arbeit und Soziales). Sie setzen sich zusammen aus einem Präsidenten, der gleichzeitig Präsident der Zivil- und Strafkammer ist, den Kammerpräsidenten und den für die jeweilige Kammer gesetzlich festgelegten Kollegialrichtern.
Die Provinzgerichte (Audiencias Provinciales) setzen sich zusammen aus einem Präsidenten und zwei oder mehr Kollegialrichtern. Sie befinden über Zivil- und Strafsachen, wobei unter Umständen Abteilungen mit derselben Zusammensetzung bestehen.
Die Gerichtsgeschäftsstelle
Das Organgesetz über die rechtsprechende Gewalt beschreibt die Gerichtsgeschäftsstelle (Oficina Judicial) als Verwaltungsorgan, das die Arbeit der Richter und der Gerichte unterstützt.
Die Gerichtsgeschäftsstelle wurde mit dem Ziel geschaffen, die Effizienz, Wirksamkeit und Transparenz von Gerichtsverfahren zu verbessern, die Beilegung von Streitigkeiten zu optimieren und die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den verschiedenen Verwaltungsorganen zu fördern. Die Schaffung einer solchen Geschäftsstelle ist somit die Antwort auf die Intention, einen bürgernahen öffentlichen Dienst hoher Qualität zu garantieren, der mit den verfassungsmäßigen Rechten in Einklang steht und auf die Bedürfnisse der Bürger eingeht.
Bei der Gerichtsgeschäftsstelle handelt es sich um ein neues Organisationsmodell mit modernen Verwaltungstechniken, das sich auf unterschiedliche Verwaltungseinheiten stützt: zum einen Einheiten, die direkte Unterstützung bei Gerichtsverfahren leisten (wie die alten Gerichtsverwaltungen (juzgados)) und den Richter bei der Ausübung seiner richterlichen Funktionen unterstützen, und zum anderen gemeinsame verfahrensrechtliche Dienste, die von Rechtspflegern (Secretarios Judiciales) geleitet werden. Die Rechtspfleger befassen sich mit allen Aufgaben und entscheiden in allen Angelegenheiten, die nicht streng juristisch sind, wie Eingang von Unterlagen, Ladungen, Vollstreckung von Entscheidungen, außergerichtliche Verfahren, Anträge auf Einleitung eines Verfahrens, Benachrichtigung der Streitparteien, Behebung von Verfahrensmängeln usw.
Es gibt drei Arten gemeinsamer verfahrensrechtlicher Dienste:
- Gemeinsamer Dienst für allgemeine Angelegenheiten
- Gemeinsamer Dienst für prozessleitende Maßnahmen
- Gemeinsamer Dienst für Vollstreckungsmaßnahmen
Dieses neue Organisationsmodell wurde im November 2010 in Burgos und Murcia eingeführt. Im Februar 2011 wurde die Gerichtsgeschäftsstelle in Cáceres und Ciudad Real sowie im Juni 2011 in León, Cuenca und Mérida eingerichtet. 2013 folgten Ceuta und Melilla. Das neue Modell existiert neben dem früheren Modell der Gerichtsverwaltungen (juzgados und tribunales), das im restlichen Gebiet Spaniens anzutreffen ist.
Der Aspekt der Zuständigkeit
Neben der territorialen Zuständigkeit gibt es eine sachliche Zuständigkeit, der zufolge zwischen vier verschiedenen Gerichtszweigen unterschieden wird:
Zivilgerichtsbarkeit: Zivilgerichte befassen sich mit Streitigkeiten, die nicht ausdrücklich einem anderen Gerichtszweig zugeordnet werden. Diese Gerichtsbarkeit kann auch als auch als „ordentliche“ oder „allgemeine“ Gerichtsbarkeit bezeichnet werden.
Strafgerichtsbarkeit: Strafsachen und Strafprozesse fallen in die Zuständigkeit der Strafgerichte. Eine Besonderheit des spanischen Rechts ist die Möglichkeit, zivilrechtliche Klagen aufgrund von strafbaren Handlungen zusammen mit der jeweiligen Strafklage zu verhandeln. In diesem Fall entscheidet das Strafgericht über den Schadenersatz zum Ausgleich des durch die Straftat oder das Vergehen verursachten Schadens.
Verwaltungsgerichtsbarkeit: Sie wacht über die Rechtmäßigkeit der Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung und behandelt vermögensrechtliche Ansprüche, die gegenüber der öffentlichen Verwaltung erhoben werden.
Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit: Arbeits- und Sozialgerichte entscheiden über Klagen im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts. Hierzu gehören sowohl individuelle arbeitsrechtliche Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die aus dem Beschäftigungsvertrag resultieren, als auch kollektive arbeitsrechtliche Streitigkeiten. Außerdem fallen unter die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit Sozialversicherungsansprüche oder Ansprüche gegenüber dem Staat, wenn dieser gemäß der Arbeitsgesetzgebung haftet.
Neben diesen vier Gerichtsbarkeiten gibt es in Spanien die Militärgerichtsbarkeit.
Die Militärgerichtsbarkeit ist von dem Prinzip der Einheit der Gerichtsbarkeit ausgenommen.
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite über die ordentliche Gerichtsbarkeit in Spanien.
In Spanien gibt es keine Fachgerichtsbarkeit. Jedoch wurden innerhalb der genannten Gerichtsbarkeiten Fachgerichte für bestimmte Rechtsbereiche geschaffen, beispielsweise Gerichte, die über Gewalt gegen Frauen entscheiden, Gerichte für Strafvollzugsüberwachung und Jugendgerichte. Diese Gerichte sind Teil der ordentlichen Gerichtsbarkeit, aber auf einen bestimmten Rechtsbereich spezialisiert. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite über die Fachgerichtsbarkeit in Spanien.
Gerichtshierarchie
Spanien folgt einem Zwei-Instanzen-System, wodurch sich die hierarchische Gliederung der Gerichte innerhalb des Rechtsmittelsystems bestimmt.
Welche Rechtsmittel möglich und bei welchem Gericht sie einzulegen sind, ist in den Bestimmungen der spanischen Rechtsordnung über die Zuständigkeiten der jeweiligen Gerichte festgelegt. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite über die ordentliche Gerichtsbarkeit in Spanien.
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Kurze Zusammenfassung des Inhalts
- Datenbanken zur Gesetzgebung Spanisches Amtsblatt
- Datenbanken zur Rechtsprechung Dokumentationszentrum für Rechtsprechung
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