Prozessuale Fristen

Polen
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Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Welche Arten von Fristen gibt es in Zivilverfahren?

Das polnische Zivilprozessrecht unterscheidet zwischen den folgenden Arten von Fristen:

  • in Bezug auf Prozesshandlungen der Parteien: gesetzliche, richterliche und vertragliche Fristen,
  • in Bezug auf Prozesshandlungen des Gerichts: uneigentliche Fristen.

Gesetzliche und richterliche Fristen sind festgelegt und dürfen nicht überschritten werden.

Gesetzliche Fristen, bei denen es sich um Ausschlussfristen handelt (d. h., dass bei Nichteinhaltung eine Prozesshandlung nichtig wird), sind gesetzlich geregelt. Solche Fristen können nicht verlängert oder abgekürzt werden. Eine gesetzliche Frist beginnt zu dem gesetzlich festgelegten Zeitpunkt. Es gibt zwei Arten von gesetzlichen Fristen: Fristen, vor deren Ablauf eine Handlung durchgeführt sein muss, und Fristen, nach deren Ablauf eine Handlung durchgeführt werden kann. Zu den gesetzlichen Fristen zählen auch Rechtsbehelfsfristen, d. h. Fristen zum Einlegen eines Rechtsmittels oder einer Beschwerde.

Richterliche Fristen sind ebenfalls Ausschlussfristen, die aber vom Gericht oder einem Richter festgelegt werden. Richterliche Fristen können verlängert oder abgekürzt werden, jedoch nur aus einem wichtigen Grund und auf Antrag, der vor Ablauf der Frist gestellt werden muss, auch ohne Anhörung der Gegenpartei. Diese Fristen beginnen mit der Verkündung einer Entscheidung oder Anordnung. Wenn die Zivilprozessordnung die automatische Zustellung vorsieht, beginnen sie mit der Zustellung der Entscheidung oder Anordnung.

Zu den richterlichen Fristen zählen auch Fristen zur Regulierung einer Verfahrensunfähigkeit oder für das Beheben von Formfehlern in einem eingelegten Rechtsmittel oder einer Beschwerde.

Vertragliche Fristen werden, wie der Name sagt, zwischen den Parteien vereinbart. Ein typisches Beispiel ist die Aussetzung des Verfahrens auf gemeinsamen Antrag der Parteien. Wenn die Parteien einen solchen Antrag stellen, kann das Gericht das Verfahren aussetzen (es muss dem Antrag aber nicht stattgeben). Die Anwendung dieser Fristen hängt ausschließlich vom Willen der Parteien ab.

Uneigentliche Fristen gelten normalerweise für Justizbehörden (Gerichte) und nicht für die Parteien. Ihre Nichteinhaltung hat keine nachteiligen Auswirkungen auf das Verfahren. Sie sollen einen zügigen Ablauf des Verfahrens gewährleisten. Ein Beispiel ist die Frist, innerhalb derer das Gericht seine Urteilsbegründung vorlegen muss.

2 Liste der Tage, die nach der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 vom 3. Juni 1971 als arbeitsfreie Tage vorgesehen sind

Nach dem Gesetz vom 18. Januar 1951 über arbeitsfreie Tage gelten folgende Tage als gesetzliche arbeitsfreie Tage:

1. alle Sonntage (Samstage sind keine gesetzlichen arbeitsfreien Tage);

2. folgende Feiertage:

  1. 1. Januar – Neujahr;
  2. 6. Januar – Heilige Drei Könige;
  3. Ostersonntag;
  4. Ostermontag;
  5. 1. Mai;
  6. 3. Mai – Nationalfeiertag;
  7. Pfingstsonntag;
  8. Fronleichnam;
  9. 15. August – Maria Himmelfahrt;
  10. 1. November – Allerheiligen;
  11. 11. November – Nationalfeiertag, Unabhängigkeitstag;
  12. 25. Dezember – 1. Weihnachtsfeiertag;
  13. 26. Dezember – 2. Weihnachtsfeiertag.

2024 fallen Ostersonntag auf den 31. März Ostermontag auf den 1. April, Pfingstsonntag auf den 19. Mai und Fronleichnam auf den 30. Mai.

3 Welche allgemeinen Regeln sind auf die Fristen für die verschiedenen Zivilverfahren anwendbar?

Im Zivilrecht kann die „Frist“ auf zwei Arten definiert sein.


Sie wird entweder durch einen Zeitpunkt (z. B. 5. April 2017) oder eine Zeitspanne zwischen zwei Zeitpunkten (z. B. 14 Tage) bestimmt.

Wenn ein Termin gesetzt wird, bis zu dem etwas getan sein muss, kommt es auf den genauen Zeitpunkt an, an dem die Frist endet. Eine Frist muss nicht durch einen Tag, sondern durch das Eintreten des Ereignisses definiert sein, das von den Vertragsparteien in einer bestimmten Situation zu bewirken ist.

Verfahrensfristen werden nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bemessen. Nach Artikel 165 der Zivilprozessordnung wird die Berechnung von Fristen in einem Zivilprozess durch die Fristenregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelt, wenn in einem Gesetz, einem Gerichtsurteil, einer Entscheidung einer staatlichen Behörde oder in einem Rechtsakt eine Frist ohne Angaben zu ihrer Berechnung festgelegt ist (Artikel 110 Bürgerliches Gesetzbuch). Die Aufgabe eines Antrags bei einer polnischen Poststelle des nationalen Anbieters von Postdienstleistungen im Hoheitsgebiet der Republik Polen oder bei einer ausländischen Poststelle eines inländischen Anbieters von Postdienstleistungen im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union gilt als gleichwertig mit der Hinterlegung dieses Schriftstücks bei Gericht. Das gilt auch für die Hinterlegung eines Schriftstücks durch einen Soldaten beim Hauptquartier der Einheit, durch eine inhaftierte Person bei der Gefängnisverwaltung oder durch ein Mitglied der Mannschaft eines polnischen Hochseeschiffs beim Kapitän.

Ein Tag hat 24 Stunden. Er beginnt und endet um 24 Uhr.

Eine in Tagen angegebene Frist endet mit dem Ablauf des letzten Tages. Eine nach Wochen, Monaten oder Jahren angegebene Frist endet mit dem Ablauf des Tages, der dem Namen oder Datum nach dem ersten Tag der Frist entspricht, oder, wenn es im letzten Monat keinen entsprechenden Tag gibt, am letzten Tag des Monats. Ist eine Frist mit Anfang, Mitte oder Ende eines Monats angegeben, so ist darunter der erste, der 15. oder der letzte Tag des Monats zu verstehen. Ein halber Monat entspricht 15 Tagen. Wenn eine Frist in Monaten oder Jahren angegeben ist und es nicht auf Kontinuität ankommt, wird angenommen, dass ein Monat 30 Tage und ein Jahr 365 Tage hat. Fällt das Ende der Frist für eine Handlung auf einen gesetzlichen arbeitsfreien Tag oder einen Samstag, endet die Frist am nächstfolgenden Tag, der kein arbeitsfreier Tag oder Samstag ist.

4 Wenn eine Handlung oder eine Formalität innerhalb einer bestimmten Frist ausgeführt werden muss, wann beginnt die Frist zu laufen?

Beginnt eine nach Tagen bemessene Frist mit einem speziellen Ereignis, wird der Tag des fristauslösenden Ereignisses bei der Berechnung der Frist nicht mitgezählt. Stellt beispielsweise das Gericht einer Partei am 11. Januar 2017 die Aufforderung für eine bestimmte Handlung innerhalb von sieben Tagen zu, so endet die Frist am 18. Januar 2017 um Mitternacht (24 Uhr).

5 Kann der Beginn der Frist durch die Art der Übermittlung oder Zustellung von Schriftstücken (persönliche Übergabe durch einen Gerichtsvollzieher oder Postweg) beeinflusst oder verändert werden?

Das Gericht kann Prozessunterlagen auf unterschiedliche Weise zustellen: per Post, durch einen Gerichtsvollzieher, Gerichtsdiener oder Gerichtszusteller. Die Zustellung an den Adressaten kann auch durch Übergabe des Schriftstücks an den Adressaten in der Geschäftsstelle des Gerichts erfolgen. Bei ordnungsgemäßer Zustellung sind alle Methoden gleichermaßen gültig, und die Wahl der Methode hat keinen Einfluss auf die Fristen.

Seit dem 8. September 2016 können die Gerichte Unterlagen über Datenboxen zustellen, wenn der Adressat Schriftstücke über ein solches Zustellungssystem eingereicht oder sich dafür entschieden hat. Ein Adressat, der die Einreichung von Schriftstücken per Datenbox gewählt hat, kann die elektronische Zustellung wieder verweigern.

Ein elektronisch zugestelltes Schriftstück gilt an dem in der elektronischen Empfangsbestätigung angegebenen Datum als zugestellt, auch wenn das Datum auf einen gesetzlichen arbeitsfreien Tag fällt. Wenn elektronische Post nachts eingeht, ist das für die Wirksamkeit der Zustellung unerheblich. Wenn keine elektronische Empfangsbestätigung vorliegt, gilt die Sendung 14 Tage nach dem Tag, an dem das Schriftstück in das Datenübertragungssystem hochgeladen wurde, als zugestellt. Die oben genannten Regeln verlangen von den Parteien, dass sie mindestens alle 14 Tage ihr elektronisches Mail-Konto einmal kontrollieren.

6 Wenn die Frist durch ein Ereignis in Gang gesetzt wird, wird dann der Tag, an dem das Ereignis stattfand, bei der Berechnung der Frist berücksichtigt?

Beginnt eine nach Tagen bemessene Frist mit einem speziellen Ereignis, wird der Tag des fristauslösenden Ereignisses bei der Berechnung der Frist nicht mitgezählt.

7 Werden bei einer nach Tagen bemessenen Frist Kalendertage oder Arbeitstage gezählt?

In Tagen bemessene Fristen werden nach Kalendertagen berechnet. Fällt das Ende der Frist für eine Handlung auf einen gesetzlichen arbeitsfreien Tag oder einen Samstag, endet die Frist am nächstfolgenden Tag, der kein arbeitsfreier Tag oder Samstag ist.

8 Was ist, wenn die Frist nach Wochen, Monaten oder Jahren bemessen ist?

Eine nach Wochen, Monaten oder Jahren angegebene Frist endet mit dem Ablauf des Tages, der dem Namen oder Datum nach dem ersten Tag der Frist entspricht, oder, wenn es im letzten Monat keinen entsprechenden Tag gibt, am letzten Tag des Monats.

Ist eine Frist mit Anfang, Mitte oder Ende eines Monats angegeben, so ist darunter der erste, der 15. oder der letzte Tag des Monats zu verstehen. Ein halber Monat entspricht 15 Tagen.

Wenn eine Frist in Monaten oder Jahren angegeben ist und es nicht auf Kontinuität ankommt, wird angenommen, dass ein Monat 30 Tage und ein Jahr 365 Tage hat.

9 Wann läuft eine nach Wochen, Monaten oder Jahren bemessene Frist ab?

Eine nach Wochen, Monaten oder Jahren angegebene Frist endet mit dem Ablauf des Tages, der dem Namen oder Datum nach dem ersten Tag der Frist entspricht, oder, wenn es im letzten Monat keinen entsprechenden Tag gibt, am letzten Tag des Monats.

Ist eine Frist mit Anfang, Mitte oder Ende eines Monats angegeben, so ist darunter der erste, der 15. oder der letzte Tag des Monats zu verstehen. Ein halber Monat entspricht 15 Tagen.

Wenn eine Frist in Monaten oder Jahren angegeben ist und es nicht auf Kontinuität ankommt, wird angenommen, dass ein Monat 30 Tage und ein Jahr 365 Tage hat.

10 Verlängert sich eine Frist, die an einem Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder arbeitsfreien Tag abläuft, bis zum nächsten Arbeitstag?

Fällt das Ende der Frist für eine Handlung auf einen gesetzlichen arbeitsfreien Tag oder einen Samstag, endet die Frist am nächstfolgenden Tag, der kein arbeitsfreier Tag oder Samstag ist.

11 Gibt es Fälle, in denen eine Frist verlängert wird? Unter welchen Voraussetzungen kann eine solche Fristverlängerung in Anspruch genommen werden?

Nur gerichtliche, d. h. von einem Gericht oder vorsitzenden Richter gesetzte Fristen können verlängert oder abgekürzt werden. Über die Verlängerung oder Abkürzung einer Frist kann der vorsitzende Richter oder das Gericht entscheiden. Es müssen jedoch wichtige Gründe vorliegen, wobei die Bewertung der Gründe im Ermessen des Gerichts oder Richters liegt.

Eine Frist kann nur auf Antrag einer Partei, eines Beteiligten an einem nichtstreitigen Verfahren, eines Streithelfers, eines Staatsanwalts, eines Arbeitsinspektors, eines Bürgerbeauftragten für Verbraucherschutz, einer Nichtregierungsorganisation, eines vom Gericht bestellten Gutachters oder Zeugen verlängert oder abgekürzt werden, sofern ihre jeweilige Prozesshandlung von der Frist betroffen ist. Das Gericht oder der Richter kann darüber nicht von Amts wegen entscheiden.

Der Antrag ist vor Ablauf der Frist zu stellen.

12 Welche Fristen gelten für Rechtsmittelverfahren?

Die polnische Zivilprozessordnung sieht gesetzliche Verfahrensfristen für das Einlegen von Rechtsbehelfen gegen die verschiedenen Gerichtsentscheidungen vor (Urteil (wyrok), Grundsatzentscheidung im nichtstreitigen Verfahren (postanowienie co do istoty sprawy w postępowaniu nieprocesowym), Versäumnisurteil (wyrok zaoczny), Mahnbescheid im Urkundenverfahren (nakaz zapłaty w postępowaniu upominawczym), Mahnbescheid im Mahnverfahren (nakaz zapłaty w postępowaniu nakazowym) und Entscheidung (postanowienie)). Folgende gesetzliche Fristen wurden festgelegt:

  • Urteile und Entscheidungen in der Sache in einem nichtstreitigen Verfahren: Die Urteilsbegründung ist schriftlich darzulegen, wenn eine Partei dies innerhalb einer Woche ab dem Tag, an dem der Tenor des Urteils verkündet wurde, beantragt. Das Gericht hat das Urteil von Amts wegen den Parteien zuzustellen, wenn eine Partei, die ohne Anwalt, Rechtsberater oder Patentanwalt auftritt, bei der Urteilsverkündung nicht anwesend war, weil sie in Haft war und das Urteil in geschlossener Sitzung verkündet wurde. Ein Urteil und Informationen über die Art und Weise der Einreichung eines Antrags auf Zustellung der Urteilsbegründung, über die hierfür geltende Frist sowie über die Voraussetzungen, das Verfahren und die Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels sind jeder Partei automatisch zuzustellen, die ohne Anwalt, Rechtsberater, Patentanwalt oder den Justitiar der Republik Polen aufgetreten ist. Besteht Vertretungszwang, so muss eine Partei durch einen Anwalt oder Rechtsberater vertreten werden. Die Partei sollte auch über die Bestimmungen hinsichtlich des Vertretungszwangs und über die Folgen der Nichteinhaltung dieser Bestimmungen informiert werden. Rechtsmittel können innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils und der Begründung an den Rechtsmittelführer bei dem Gericht eingelegt werden, das das angefochtene Urteil erlassen hat. Im Falle einer Verlängerung der Frist für die Abfassung der schriftlichen Urteilsbegründung beträgt die Frist für die Einlegung von Rechtsmitteln drei Wochen. Das Gericht teilt der Partei die Frist bei Zustellung des Urteils und der Urteilsbegründung mit. Wird die Frist in der Mitteilung falsch angegeben und hat die Partei sie eingehalten, so gilt das Rechtsmittel als fristgerecht eingelegt. Die oben genannten Fristen (zwei Wochen bzw. drei Wochen) gelten auch dann als eingehalten, wenn die Partei vor deren Ablauf ein Rechtsmittel bei dem Gericht zweiter Instanz eingelegt hat. In solchen Fällen unterrichtet dieses Gericht das Gericht erster Instanz über das Rechtsmittel und ersucht um Vorlage der Verfahrensakte.
  • Entscheidungen: Die Frist für das Einlegen einer Beschwerde beträgt eine Woche ab dem Tag der Zustellung der Entscheidung und der Entscheidungsbegründung. Dies schließt auch die Fälle mit ein, in denen die Zustellung von Amts wegen erfolgte. Hat das Gericht zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung beschlossen, von einer Entscheidungsbegründung abzusehen, so beginnt die Frist mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn sie der Zustellung unterlag, mit dem Tag der Zustellung. Das Gericht ist nur dann verpflichtet, eine Begründung für in öffentlicher Sitzung ergangene Entscheidungen abzufassen, wenn das Einlegen von Rechtsmitteln gegen sie zulässig ist und eine Partei innerhalb einer Woche nach dem Tag der Entscheidungsverkündung einen entsprechenden Antrag stellt. Solche Entscheidungen werden nur der Partei zugestellt, die die Abfassung einer Entscheidungsbegründung und deren Zustellung zusammen mit der Entscheidung beantragt hat. Sofern in einem besonderen Gesetz nichts anderes bestimmt ist, hat das Gericht den Parteien die in öffentlicher Sitzung ergangenen Entscheidungen von Amts wegen zuzustellen. Bei der Zustellung einer Entscheidung an eine Partei, die ohne Anwalt, Rechtsberater, Patentanwalt oder den Justitiar der Republik Polen aufgetreten ist, sollte die Partei über die Zulässigkeit, die Voraussetzungen, die Fristen und das Verfahren für die Einreichung eines Antrags auf Zustellung der Begründung und für die Einlegung von Rechtsmitteln unterrichtet werden oder darüber, dass gegen die Entscheidung keine Rechtsmittel zulässig sind oder dass die Abfassung einer Entscheidungsbegründung nicht erforderlich ist. Im Falle einer Entscheidung, gegen die Rechtsmittel zulässig sind und die in geschlossener Sitzung ergangen ist, fasst das Gericht eine Begründung nur dann ab, wenn eine Partei dies innerhalb einer Woche ab Zustellung der Entscheidung beantragt. Die Entscheidung mit ihrer Begründung wird nur der Partei zugestellt, die die Abfassung der Entscheidungsbegründung und ihre Zustellung zusammen mit der Entscheidung beantragt hat. Wenn ein besonderes Gesetz das Gericht von Rechts wegen dazu verpflichtet, eine Begründung für eine in geschlossener Sitzung ergangene Entscheidung abzufassen, sind die Entscheidung und die Entscheidungsbegründung von Amts wegen zuzustellen. Das Gericht kann die Begründung einer Entscheidung, gegen die Rechtsmittel zulässig sind und die in geschlossener Sitzung ergangen ist, abfassen, wenn dies das Verfahren vereinfacht oder wenn die Entscheidung die Kostenerstattung an eine Person betrifft, die nicht als Partei am Verfahren beteiligt ist. In solchen Fällen werden die Entscheidung und die Entscheidungsbegründung allen Parteien bzw. Beteiligten zugestellt. Die Zustellung von Amts wegen einer in geschlossener Sitzung ergangenen Entscheidung durch das Gericht zusammen mit der Entscheidungsbegründung entbindet die Partei von der Pflicht, einen Antrag auf Zustellung der Entscheidung und der Entscheidungsbegründung zu stellen. Beim Erlass einer Entscheidung, gegen die keine Rechtsmittel zulässig sind, kann das Gericht nach Würdigung aller Umstände des Falles beschließen, keine Entscheidungsbegründung abzufassen. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass es dem Antrag der Partei in vollem Umfang stattgibt und den von der Partei zur Stützung des Antrags vorgebrachten Argumenten zustimmt. Die Entscheidung muss sich auf die betreffenden Schriftsätze beziehen. Wird das Verfahrensschriftstück später zugestellt als die Entscheidung, so beginnt die Frist für die Einlegung von Rechtsmitteln mit dem Tag der Zustellung dieses Schriftsatzes. Rechtsmittel gegen die Entscheidung eines Gerichtsvollziehers sind zulässig, wenn gegen diese Entscheidung auch Rechtsmittel zulässig wären, hätte ein Gericht sie erlassen. Das Rechtsmittel wird innerhalb einer Woche nach Zustellung der Entscheidung bei dem Gericht eingelegt, bei dem der Gerichtsvollzieher die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Wurde die Entscheidung ohne Begründung zugestellt und hat die Partei einen Antrag auf Abfassung einer Begründung gestellt, so beginnt die Frist für die Einlegung von Rechtsmitteln mit dem Tag, an dem die Entscheidung zusammen mit der Begründung zugestellt wurde.
  • Versäumnisurteile gegen den Beklagten: Der Beklagte, gegen den ein Versäumnisurteil verhängt wurde, kann innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Urteils Einspruch einlegen.
  • Versäumnisurteile gegen den Kläger: Das Gericht fasst eine Begründung zu einem Versäumnisurteil ab, wenn die Klage ganz oder teilweise abgewiesen wurde und der Kläger innerhalb einer Woche nach Zustellung des Urteils einen Antrag auf Abfassung einer Urteilsbegründung stellt.
  • Mahnbescheid in einem Urkundenverfahren und Mahnbescheid in einem Mahnverfahren: In einem Mahnverfahren verurteilt das Gericht den Antragsgegner, die Forderung einschließlich der Kosten innerhalb der im Mahnbescheid gesetzten Frist vollständig zu begleichen oder ein Rechtsmittel einzulegen (Einspruch gegen den Mahnbescheid im Urkundenverfahren, Einspruch gegen den Mahnbescheid im Mahnverfahren). Folgende Fristen gelten hierfür: zwei Wochen ab dem Tag der Zustellung des Mahnbescheids, wenn es sich um einen Mahnbescheid handelt, der im Wege eines Urkundenverfahrens erlassen wurde, und der Bescheid dem Antragsgegner im Inland zugestellt werden soll; ein Monat ab dem Tag der Zustellung des Mahnbescheids, wenn es sich um einen Mahnbescheid handelt, der im Wege eines Urkundenverfahrens erlassen wurde, und der Bescheid dem Antragsgegner außerhalb Polens, aber innerhalb der Europäischen Union zugestellt werden soll; ein Monat ab dem Tag der Zustellung des Bescheids, wenn es sich um einen Mahnbescheid handelt, der im Wege eines Mahnverfahrens erlassen wurde, und die Zustellung an den Antragsgegner innerhalb der Europäischen Union erfolgen soll; drei Monate ab dem Tag der Zustellung des Bescheids, wenn die Zustellung des Bescheids außerhalb der Europäischen Union erfolgen soll. Stellt sich nach Erlass des Mahnbescheids heraus, dass die Zustellung des Mahnbescheids an einem Ort zu erfolgen hat, der nach Absatz 2 die Festsetzung einer anderen als der im erlassenen Bescheid angegebenen Frist rechtfertigt, so erlässt das Gericht von Amts wegen eine Entscheidung zur entsprechenden Änderung des Bescheids.

13 Können Gerichte Fristen abändern, insbesondere Ladungsfristen, oder für die Ladung eine spezielle Frist setzen?

Zeugen und Prozessparteien müssen vor Gericht erscheinen. Zeugen müssen auch dann vor Gericht erscheinen, wenn sie keine Kenntnis der Umstände des Falls haben oder von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen wollen. Ein Zeuge muss vor der Verhandlung für sein Fernbleiben (Nichterscheinen) eine schriftliche Entschuldigung vorlegen. Geht die Entschuldigung für das Fernbleiben erst später ein, kann das Gericht in der Verhandlung ein Bußgeld gegen den Zeugen verhängen.

Der Zeuge sollte der schriftlichen Entschuldigung ein Schriftstück beifügen, aus dem die Gründe für sein Nichterscheinen hervorgehen. Gründe für das Nichterscheinen eines Zeugen können Krankheit, eine wichtige Geschäftsreise oder ein schwerwiegendes, unvorhergesehenes Ereignis sein. Wenn Krankheit als Grund für das Nichterscheinen angeführt wird, ist ein ärztliches Attest vorzulegen. In dem Fall setzt das Gericht einen neuen Verhandlungstermin an.

14 Geht eine Partei, die an einem Ort ansässig ist, an dem ihr eine Fristverlängerung gewährt würde, dieses Vorteils verlustig, wenn sie über eine vorzunehmende Handlung an einem Ort unterrichtet wird, an dem ihr keine derartige Fristverlängerung gewährt würde?

Für Parteien und Zeugen gelten die von der Justizbehörde (vom Gericht) angewendeten Zivilverfahrensregeln.

15 Welche Folgen hat die Nichteinhaltung von Fristen?

Eine Prozesshandlung, die von einer Partei nach Ablauf der Frist vorgenommen wird, ist nichtig.

Dies gilt sowohl für gesetzliche als auch für richterliche Fristen. Nichtigkeit einer Prozesshandlung bedeutet, dass eine verspätet vorgenommene Handlung keine Rechtswirkung hat. Eine Prozesshandlung, die nach Ablauf der Frist vorgenommen wird, ist auch dann nichtig, wenn das Gericht das Urteil wegen des Fristablaufs noch nicht verkündet hat.

16 Welche Rechtsbehelfe stehen Parteien, die eine Frist versäumt haben, zur Verfügung?

Wurde eine Frist versäumt, kann die Partei die Wiederherstellung beantragen oder einen Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens stellen.

Hat die Partei die Frist für die Prozesshandlung nicht aus eigenem Verschulden versäumt, wird das Gericht die Frist auf ihren Antrag hin wiederherstellen. Eine Wiederherstellung ist dann nicht zulässig, wenn das Fristversäumnis keine nachteiligen Konsequenzen für die Partei hat. Spätestens eine Woche, nachdem der Grund für das Fristversäumnis entfallen ist, muss der Antrag auf Wiederherstellung der Frist bei dem Gericht gestellt werden, bei dem die Prozesshandlung vorgenommen werden sollte. Die Umstände, die den Antrag rechtfertigen, sind in dem Vorbringen darzulegen. Die Partei sollte die Prozesshandlung zeitgleich mit der Antragstellung vornehmen. Ein Jahr nach dem Fristversäumnis kann die Frist nur noch in Ausnahmefällen wiederhergestellt werden. Die Wiederherstellung einer Frist zum Einlegen eines Rechtsmittels gegen ein Urteil auf Aufhebung einer Ehe oder ein Scheidungsurteil oder die Nichtigerklärung einer Ehe ist nicht zulässig, wenn eine der Parteien nach dem endgültigen Urteil wieder geheiratet hat. Ein Antrag auf Wiederherstellung einer Frist, der verspätet eingeht oder nach Maßgabe des Gesetzes unzulässig ist, wird vom Gericht abgewiesen. Ein Antrag auf Wiederherstellung einer Frist bewirkt keine Unterbrechung des Verfahrens oder der Urteilsvollstreckung. Das Gericht kann aber unter Berücksichtigung der Umstände das Verfahren oder die Urteilsvollstreckung unterbrechen. Wird dem Antrag stattgegeben, kann das Gericht das Verfahren unverzüglich aufnehmen.

Die Wiedereröffnung des Verfahrens ermöglicht die erneute Verhandlung einer Sache, die durch ein endgültiges Urteil bereits abgeschlossen war. Eine Beschwerde mit dem Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens wird häufig als außerordentlicher Rechtsbehelf (oder außerordentliches Rechtsmittel) gesehen, mit dem sich im Gegensatz zum ordentlichen Rechtsmittel (gegen ein noch nicht endgültiges Urteil) ein endgültiges Urteil anfechten lässt. Die Wiedereröffnung des Verfahrens wegen Nichtigkeit kann beantragt werden, wenn dem Richtergremium eine unbefugte Person angehörte oder wenn ein urteilender Richter von Gesetzes wegen ausgeschlossen wurde und die Partei nicht in der Lage war, die Abberufung des Richters zu beantragen, bevor das Urteil rechtskräftig wurde, wenn eine Partei nicht prozessführungsbefugt oder parteifähig war, nicht ordnungsgemäß vertreten wurde oder infolge eines Rechtsverstoßes nicht handlungsfähig war. Eine Wiederaufnahme kann jedoch nicht beantragt werden, wenn die Partei vor dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils wieder handlungsfähig war, wenn die fehlende Vertretung durch Einwendung geltend gemacht wurde oder wenn die Partei den durchgeführten Verfahrensschritten zugestimmt hat. Die Wiedereröffnung des Verfahrens kann auch dann beantragt werden, wenn das Verfassungsgericht feststellt, dass der Rechtsakt, auf dessen Grundlage das Urteil ergangen ist, gegen die Verfassung, gegen ein ratifiziertes internationales Abkommen oder gegen ein Gesetz verstößt.

Die Wiedereröffnung des Verfahrens kann angestrebt werden,

  • weil sich das Urteil auf ein gefälschtes oder geändertes Schriftstück oder eine strafrechtliche Verurteilung stützte, die anschließend aufgehoben wurde,
  • oder weil das Urteil durch eine Straftat herbeigeführt wurde.

Die Wiedereröffnung des Verfahrens kann auch angestrebt werden,

  • wenn nachträglich ein endgültiges Urteil über die gleiche Rechtsbeziehung offenbar wird oder Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die das Ergebnis der Sache beeinflussen können und die der Partei im vorherigen Verfahren noch nicht zur Verfügung standen,
  • wenn der Inhalt des Urteils durch eine Entscheidung beeinflusst wurde, die das Verfahren in der Sache nicht beendet hat und die auf der Grundlage eines normativen Akts erlassen wurde, der nach dem Urteil des Verfassungsgerichts gegen die Verfassung, gegen ein ratifiziertes internationales Abkommen oder gegen ein Gesetz verstößt (aufgehoben oder geändert gemäß Zivilprozessordnung).

Die Wiedereröffnung eines Verfahrens wegen einer Straftat kann nur beantragt werden, wenn die strafbare Handlung durch eine rechtskräftige Verurteilung festgestellt wurde, es sei denn, das Strafverfahren kann aus anderen Gründen als dem Fehlen von Beweisen nicht eingeleitet werden oder wurde aus ebensolchen Gründen eingestellt.

Ein Antrag auf Wiedereröffnung eines Verfahrens in Bezug auf ein Urteil zur Aufhebung einer Ehe, ein Scheidungsurteil oder die Nichtigerklärung einer Ehe ist unzulässig, wenn eine der Parteien wieder geheiratet hat, nachdem das Urteil rechtskräftig geworden ist. Ein Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens muss innerhalb von drei Monaten gestellt werden. Diese Frist beginnt ab dem Tag, an dem die Partei von den Gründen für die Wiedereröffnung Kenntnis erlangt hat, oder – wenn die Gründe darin bestehen, dass die Partei nicht ordnungsgemäß vertreten wurde oder handlungsunfähig war – ab dem Tag, an dem die Partei oder ein Organ der Partei oder deren gesetzlicher Vertreter von dem Urteil Kenntnis erlangt hat. Hat das Verfassungsgericht entschieden, dass ein normativer Akt gegen die Verfassung, gegen ein ratifiziertes internationales Abkommen oder gegen das Gesetz, auf dessen Grundlage ein Urteil ergangen ist, verstößt, so ist innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Urteils des Verfassungsgerichts ein Antrag auf Wiedereröffnung zu stellen. Ist eine Entscheidung (die auf der Grundlage eines normativen Akts, der laut Verfassungsgerichts gegen die Verfassung verstößt, auf der Grundlage eine ratifizierten internationalen Abkommens oder auf der Grundlage eines Gesetzes ergangen ist) zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichts noch nicht rechtskräftig geworden, da ein Rechtsmittel eingelegt wurde, das später zurückgewiesen wurde, so beginnt die Frist ab dem Tag der Zustellung der ablehnenden Entscheidung oder, wenn die Entscheidung in öffentlicher Sitzung verkündet wurde, ab dem Tag der Verkündung dieser Entscheidung.

Die Wiedereröffnung des Verfahrens muss spätestens zehn Jahre ab dem Tag, an dem das Urteil rechtskräftig wurde, beantragt werden (dies gilt nicht, wenn eine Partei nicht handlungsfähig war oder nicht ordnungsgemäß vertreten wurde).

Letzte Aktualisierung: 11/07/2024

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