Informationen nach Regionen suchen
Rechtsberufe – Einführung
Dieser Teil enthält Informationen zu folgenden Rechtsberufen:
- Staatsanwaltschaft,
- Richter,
- Rechtsanwälte,
- Notare und
- Gerichtsvollzieher.
Staatsanwaltschaft
Organisation
Der Staatsanwaltschaft (ministère public/openbaar ministerie, auch als parquet/parket bezeichnet), die im Wesentlichen die Anklage erhebt (siehe unten), gehören Beamte an, die zur Ausübung des Richteramts (magistrats/magistraten) befähigt sind und ihre Amtspflichten im Zuständigkeitsbereich des Gerichts wahrnehmen, dem sie zugeordnet sind.
Auf Gerichtsbezirksebene (arrondissement judiciare/gerechtelijk arrondissement) nehmen der Prokurator des Königs (procureur du Roi/procureur des Konings), die Ersten Staatsanwälte (premiers substituts/eerste substituten) und die Staatsanwälte (substituts/substituten-procureur) die Aufgaben der Staatsanwaltschaft am Gericht Erster Instanz (tribunal de première instance/rechtbank van eerste aanleg) sowie am Jugendgericht (tribunal de la jeunesse/jeugdrechtbank), einer Abteilung des Gerichts Erster Instanz, wahr. Sie üben dieses Amt auch an den Polizeigerichten (tribunal de police/politierechtbank) und dem Handelsgericht (tribunal de commerce/handelsrechtbank) ihres Gerichtshofsbereichs aus.
An den Arbeitsgerichten (tribunaux de travail/arbeidsrechtbanken) hat der Arbeitsauditor (auditeur du travail/arbeidsauditeur) dieses Amt inne, dem Staatsanwälte und gegebenenfalls Erste Staatsanwälte zur Seite stehen. Sie werden auch beim Korrektionalgericht (tribunal correctionnel/correctionele rechtbank), einer Abteilung des Gerichts Erster Instanz, und den Polizeigerichten tätig, wenn Strafsachen in ihren Zuständigkeitsbereich fallen.
An den Appellationshöfen (cour d’appel/hof van beroep) und den Arbeitsgerichtshöfen (cour du travail/arbeidshof) nimmt der Generalprokurator (procureur-général/procureur-generaal) die Aufgaben der Staatsanwaltschaft wahr. Ihm obliegt die Leitung und Aufsicht über die Staatsanwälte der Generalanwaltschaft (parquet général/parket-generaaal) und dem Generalarbeitsauditorat (auditorat général/arbeidsauditoraat-generaal). Bei der Generalanwaltschaft stehen dem Generalprokurator ein Erster Generalanwalt (premier avocat-général/eerste advocaat-generaal), Generalanwälte (avocats généraux/advocaten-generaal) und Staatsanwälte bei der Generalstaatsanwaltschaft (substituts généraux/substituten-generaal) zur Seite. An den Arbeitsgerichtshöfen wird der Generalprokurator ebenfalls von einem Ersten Generalanwalt, den Generalanwälten und den Staatsanwälten bei der Generalstaatsanwaltschaft unterstützt.
Am Kassationshof (Cour de cassation/Hof van cassatie) besteht die Staatsanwaltschaft aus dem Generalprokurator beim Kassationshof, der von einem Ersten Generalanwalt und Generalanwälten unterstützt wird. Obwohl man hier auch von Staatsanwaltschaft spricht, hat diese eine völlig andere Funktion, denn der Kassationshof entscheidet nicht in der Sache selbst, sondern prüft und klärt Rechts- und Verfahrensfragen.
Die Staatsanwaltschaft ist bei der Durchführung ihrer Ermittlungen und Verfolgungen unabhängig, unbeschadet des Rechts des zuständigen Ministers, Verfolgungen anzuordnen und verbindliche kriminalpolitische Richtlinien zu erlassen, auch für den Bereich der Ermittlung und Verfolgung.
Aufgaben und Pflichten
Die Staatsanwaltschaft hat eine ganze Reihe von Aufgaben und Pflichten. Sie befasst sich mit der Bearbeitung und Weiterverfolgung von Strafsachen und Zivilsachen.
- In Strafsachen wacht die Staatsanwaltschaft (im Interesse der Gesellschaft) über den vorschriftsmäßigen Ablauf des Strafverfahrens. Diese Aufgabe nimmt sie sowohl im Hauptverfahren bei der Behandlung der Sache selbst als auch im Ermittlungs- und Untersuchungsverfahren (auf Ebene der Untersuchungsgerichte: Ratskammer (chambre du conseil/raadkamer) und Anklagekammer (chambre des mises en accusation/kamer van inbeschuldigingstelling)) wahr. In der Verhandlung beantragt der Staatsanwalt die Anwendung des Strafrechts und sorgt dafür, dass die notwendigen Maßnahmen zur angemessenen Vollstreckung der verhängten Strafen ergriffen werden. Am Assisenhof (cour d’assises/hof van assisen) nimmt der Generalprokurator beim Appellationshof die Aufgabe der Staatsanwaltschaft wahr, kann jedoch auch ein Mitglied der Staatsanwaltschaft hierzu abordnen.
- In Zivilsachen wird die Staatsanwaltschaft von Amts wegen in den gesetzlich vorgesehenen Fällen tätig und immer dann, wenn die öffentliche Ordnung dies erfordert. In diesen Fällen gibt die Staatsanwaltschaft eine (schriftliche oder mündliche) Stellungnahme zur Sache ab. Die Staatsanwaltschaft erhält zwecks Stellungnahme in jedem Fall Mitteilung von den Rechtssachen, die sich auf bestimmte, in Artikel 764 Absatz 1 des Gerichtsgesetzbuchs (Code judiciaire/Gerechtelijk Wetboek) aufgezählte Sachgebiete beziehen. Sie kann zwecks Stellungnahme ebenfalls Mitteilung von allen übrigen Rechtssachen erhalten, wenn sie dies für angemessen hält; das Gericht kann dies auch von Amts wegen anordnen (Artikel 764 Absatz 2 des Gerichtsgesetzbuchs).
Über ihre eigentlichen Hauptaufgaben hinaus ist die Staatsanwaltschaft innerhalb ihres Gerichtshofsbereichs auch für die Durchführung und Überwachung von kriminalpolitischen Beschlüssen und Richtlinien zuständig.
Der Justizminister legt nach Anhörung des Kollegiums der Generalprokuratoren (collège des procureurs généraux/college van procureurs-generaal), das sich aus fünf Generalprokuratoren am Appellationshof zusammensetzt, die kriminalpolitischen Richtlinien fest.
Das Kollegium ist dem Justizminister unterstellt und trifft Entscheidungen mit dem Ziel, eine möglichst kohärente Gestaltung und Koordinierung der Kriminalpolitik und allgemein eine effiziente Arbeitsweise der Staatsanwaltschaft zu gewährleisten.
Die Zuständigkeit des Kollegiums erstreckt sich auf das gesamte Königreich und seine Beschlüsse sind für die Generalprokuratoren am Appellationshof und für alle ihnen unterstellten Mitglieder der Staatsanwaltschaft verbindlich.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Staatsanwaltschaft.
Richter
Organisation
Der belgische Staat gründet sich auf den Grundsatz der Gewaltenteilung, d. h. die Trennung von Legislative, Exekutive und Judikative. Die Judikative ist unabhängig.
Es wird zwischen der Richterschaft (la magistrature assise/de zittende magistratuur), also den Richtern an Gerichten und den Gerichtsräten an Gerichtshöfen, und der Staatsanwaltschaft (la magistrature debout/de staande magistratuur) (siehe oben) unterschieden.
Die Judikative umfasst die Gerichte und Gerichtshöfe, die Urteile in Rechtssachen fällen. Sie überprüft zudem die Rechtsmäßigkeit der Handlungen der Exekutive.
Im Allgemeinen werden Richter an Gerichten als Richter («juges/rechters») bezeichnet, an Gerichtshöfen heißen sie Gerichtsräte («conseillers/raadsheren»).
Es ist Aufgabe der Richter und Gerichtsräte, auf Zivilsachen, mit denen sie befasst werden, und auf Personen, die eine Straftat begangen haben, das Recht anzuwenden.
An einigen Gerichten nehmen neben Berufsrichtern auch Laienrichter an den Verhandlungen teil. Laienrichter gibt es an folgenden Gerichten:
- Handelsgericht: Berufsrichter und Handelsrichter (Laienrichter als Beisitzer, sogenannte juges consulaires/consulaire rechters)
- Arbeitsgerichtshof: Berufsrichter und Sozialrichter (Laienrichter als Beisitzer, sogenannte juges sociaux/sociale rechters)
- Vollstreckungsgericht (tribunal de l'application des peines/strafuitvoeringsrechtbank): Berufsrichter und Beisitzer in Strafvollstreckungssachen (Laienrichter; assesseurs en application des peines/assessoren in strauitvoeringszaken)
Die Staatsanwaltschaft nimmt innerhalb der Justiz einen besonderen sozialen Auftrag wahr, der neben der Einhaltung der strafrechtlichen Bestimmungen auch Aufgaben zivilrechtlicher Art in den Bereichen Arbeits-, Jugend- und Handelsrecht umfasst.
Verwaltung und Unterstützung
Kollegium der Gerichte und Gerichtshöfe
Die Gerichte und Gerichtshöfe sind Teil der Judikative. In einem demokratischen Rechtsstaat tragen sie entsprechend den ihnen vom Gesetzgeber übertragenen Zuständigkeiten auf unabhängige, unparteiische und professionelle Weise dazu bei, Konflikte zu lösen oder zu vermeiden. Sie beachten die gesetzlichen Vorschriften und nutzen die verfügbaren Ressourcen, um die höchsten Qualitätsansprüche zu erfüllen.
Das Kollegium der Gerichte und Gerichtshöfe (Collège des cours et tribunaux/College van de hoven en rechtbanken) unterstützt die Gerichte und Gerichtshöfe bei der Erfüllung ihrer grundlegenden Aufgaben, indem es
- die erforderlichen Ressourcen in transparenter, professioneller und begründeter Weise beantragt und ihren optimalen Einsatz sicherstellt,
- als Sprecher der Verwaltung der Gerichte und Gerichtshöfe gegenüber externen Akteuren auftritt und
- bei der Verwaltung von Gerichten und Gerichtshöfen unterstützt.
Kollegium der Staatsanwaltschaft
Neben den fünf Generalprokuratoren setzt sich das Kollegium der Staatsanwaltschaft (Collège du ministère public/College van het openbaar ministerie) aus dem Föderalprokurator (procureur fédéral/federale procureur), drei Räten der Prokuratoren des Königs (Conseil des procureurs du Roi/Raad van procureurs des Konings) und einem Rat der Arbeitsauditoren (Conseil des auditeurs du travail/Raad van arbeidsauditeurs) zusammen. Gemeinsam befassen sie sich mit Fragen der verantwortungsvollen Verwaltung der Staatsanwaltschaft.
Der Präsident des Kollegiums der Generalprokuratoren ist auch der Präsident der Staatsanwaltschaft.
Das Kollegium der Staatsanwaltschaft unterstützt in erster Linie die Umsetzung der kriminalpolitischen Richtlinien, die vom Kollegium der Generalprokuratoren festgelegt wurden. Außerdem bemüht es sich um höchste Qualitätsstandards in den Bereichen Kommunikation, Wissensmanagement, Einführung eines EDV-gestützten Systems, Erfassung der Arbeitsbelastung, Arbeitsabläufe, Statistiken und strategisches Personalmanagement innerhalb der Staatsanwaltschaft. Ferner unterstützt es die Justizbehörden, d. h. den Generalprokurator, das Generalarbeitsauditorat (auditorats généraux du travail/arbeidsauditoraten), die Staatsanwaltschaft des Prokurators des Königs (parquets du procureur du Roi/parketten van de procureur des Konings), das Arbeitsauditorat (auditorats du travail/arbeidsauditoraten) und die Föderalstaatsanwaltschaft (parquet fédéral/federaal parket).
Dazu ergreift das Kollegium der Staatsanwaltschaft die erforderlichen Maßnahmen und kann verbindliche Empfehlungen und Weisungen erteilen.
Es tritt einmal wöchentlich zusammen. Es berät sich regelmäßig mit dem Justizministerium.
Stellungnahme
Beirat der Richter und Staatsanwälte
Der Beirat der Richter und Staatsanwälte (Conseil consultatif de la magistrature/Adviesraad van de magistratuur) vertritt die Justiz gegenüber den Behörden in Fragen des Status, der Arbeitsbedingungen und der Rechte der Richter.
Autonome und föderale Organe der Justiz
Hoher Justizrat
Überprüfung und Stellungnahme
Der Hohe Justizrat (Conseil supérieur de la Justice/Hoge Raad voor Justitie) hat die Aufgabe, die belgische Justiz bei der Steigerung ihrer Effizienz zu unterstützen, indem er eine zentrale Rolle bei der Auswahl und Ernennung von Richtern spielt und die Arbeitsweise der Justiz extern überprüft, insbesondere durch Audits, Einzeluntersuchungen, die Bearbeitung von Beschwerden und die Abgabe von Stellungnahmen.
Der Hohe Justizrat ist unabhängig vom Parlament, der Regierung und der Justiz.
Institut für Ausbildungen im Gerichtswesen
Ausbildung
Das Institut für Ausbildungen im Gerichtswesen (Institut de formation judiciaire/Instituut voor Gerechtelijke Opleiding) ist eine unabhängige föderale Einrichtung, die für die Ausarbeitung und Umsetzung umfassender Richtlinien für die Förderung und Ausbildung von Richtern und Justizbediensteten zuständig ist und zu hohen Qualitätsstandards beiträgt.
Rechtsanwälte
Aufgaben und Pflichten
Ein Rechtsanwalt (avocats/advocaten) ist ein Experte im Bereich Recht und Justiz. Er unterliegt Standesregeln, die seine völlige Unabhängigkeit gewährleisten. Er ist im Übrigen an das Berufsgeheimnis gebunden.
Seine Ausbildung ermöglicht dem Rechtsanwalt, in den verschiedensten Rechtsbereichen tätig zu werden, die sich häufig nicht voneinander trennen lassen (Gesellschaftsrecht, Verwaltungsrecht, Baurecht, Steuerrecht, Familienrecht usw.). Im Laufe seiner Tätigkeit kann sich der Rechtsanwalt auf einen oder mehrere Bereiche spezialisieren, in denen er besonderes Fachwissen erworben hat.
Die Aufgabe des Rechtsanwalts besteht darin, seinen Mandanten nicht nur vor Gericht, sondern in allen Situationen beizustehen, in denen sie die Hilfe einer Person benötigen, die sie juristisch unterstützt, für sie spricht, für sie Schriftstücke abfasst oder ihnen auch moralische Unterstützung bietet.
Es lässt sich also sagen, dass der Rechtsanwalt im Allgemeinen drei Funktionen hat:
- Er berät.
- Er vermittelt.
- Er verteidigt.
Der Rechtsanwalt kann seine Mandanten vor allen Gerichten des Königreichs (Polizeigericht, Friedensgericht (justice de paix/vredegerecht), Gericht Erster Instanz, Handelsgericht, Arbeitsgericht, Appellationshof, Arbeitsgerichtshof, Assisenhof, Staatsrat (Conseil d'État/Raad van State)) sowie in anderen Ländern der Europäischen Union vertreten und dort für sie plädieren.
Er leistet ferner Hilfe bei Schlichtungs- oder Mediationsverfahren im Rahmen alternativer Streitbeilegungsverfahren oder auch bei allen sonstigen Zusammenkünften.
Ein Rechtsanwalt wird aber nicht nur bei Konflikten tätig. Mit seinem Rat und den Verträgen, die er abfasst oder ändert, hilft er häufig, ein Gerichtsverfahren zu vermeiden.
Bei Bedarf hilft er Ihnen auch beim Anmieten oder beim Kauf einer Immobilie, wenn Sie ein Unternehmen gründen möchten, wenn Sie mit Schulden konfrontiert sind, wenn Sie einen Vertrag mit einem neuen Arbeitgeber schließen wollen, wenn Sie einen Unfall erlitten haben oder angegriffen worden sind, wenn Sie vor Gericht geladen werden, wenn Sie sich von Ihrem Ehegatten trennen wollen usw.
Ein Rechtsanwalt für alle:
Für Menschen mit geringem Einkommen ist eine Prozesskostenhilfe (aide juridique/juridische bijstand, früher „pro deo“ genannt) und ein Rechtsbeistand(assistance judiciaire/rechtsbijstand) gesetzlich vorgesehen.
Prozesskostenhilfe bedeutet, dass die Dienste eines Rechtsanwalts in Anspruch genommen werden können und die Kosten hierfür ganz oder teilweise übernommen werden. Er umfasst zwei Stufen:
- Eine erste Prozesskostenhilfe (aide juridique de première ligne/eerstelijnsbijstand) steht allen Personen unabhängig von ihrem Einkommen zur Verfügung. Es bestehen Bereitschaftsdienste (permanence/permanentie), in deren Rahmen ein Rechtsanwalt für eine kurze Konsultation zur Verfügung steht: für eine juristische Erstberatung, Informationen usw.
Für eine erste Prozesskostenhilfe sind die Ausschüsse für Prozesskostenhilfe (Commissions d’Aide Juridique/Commissies voor Juridische Bijstand) zuständig. - Die weiterführende Prozesskostenhilfe (aide juridique de deuxième ligne/tweedelijnsbijstand) steht allen Personen offen, die bestimmte finanzielle Voraussetzungen erfüllen oder sich in bestimmten Situationen befinden. Diese je nach den individuellen Umständen vollkommen oder teilweise kostenlose Leistung beinhaltet die Bestellung eines Rechtsanwalts, der einer Partei bei einem Verfahren vor Gericht oder einem Verwaltungsverfahren zur Seite steht, sie gründlich berät oder ihr auch bei einer Mediation hilft.
Für die weiterführende Prozesskostenhilfe sind die Büros für Prozesskostenhilfe (Bureaux d’Aide Juridique/Bureaus voor Juridische Bijstand) zuständig.
Verfahrenskostenhilfe bedeutet, dass die Verfahrenskosten – Kanzlei- und Registrierungsgebühren (droit de greffe/griffierechten oder droits d’enregistrement/registratierechten), die Kosten der Gerichtsvollzieher (huissiers de justice/rechtsdeurwaarders), der Notare (notaires/notarissen) oder der Sachverständigen – gar nicht oder nur teilweise erhoben werden. Der Mandant beantragt diese Hilfe selbst oder über seinen Rechtsanwalt beim Büro für Gerichtskostenhilfe.
Aufsichtsbehörden
Alle Rechtsanwälte gehören einer Anwaltskammer (barreau/balie) an. In Belgien gibt es derzeit 25 Anwaltskammern.
Die Dachorganisation der französischsprachigen und deutschsprachigen Rechtsanwaltschaften (Ordre des barreaux francophones et germanophone; avocats.be) ist die Organisation, in der alle Rechtsanwaltskammern der französischsprachigen und der deutschsprachigen Gemeinschaft des Landes zusammengefasst sind (11 französischsprachige Kammern und eine deutschsprachige Kammer).
In der Dachorganisation der niederländischsprachigen Anwaltschaften (Orde van Vlaamse Balies (OVB)) sind die Anwaltskammern der niederländischsprachigen Gemeinschaft des Landes zusammengefasst (13 Kammern).
Mehr Informationen zum Thema Rechtsanwalt sind auf folgenden Websites verfügbar:
- Dachorganisation der französischsprachigen und deutschsprachigen Anwaltschaften
- Dachorganisation der niederländischsprachigen Anwaltschaften
Der Zugang zu diesen Datenbanken ist kostenlos.
Notare
Notare sind vom König ernannte öffentliche Amtsträger. Ihre wichtigste Aufgabe besteht in der Beurkundung der vor ihnen vorgenommenen Rechtshandlungen. Für bestimmte Rechtshandlungen ist laut Gesetz die Einschaltung eines Notars erforderlich, damit ein zwischen zwei Parteien geschlossener Vertrag öffentlich beurkundet wird („öffentliche Urkunde“, actes authentiques/authentieke akten). So muss beispielsweise der Verkauf einer Immobilie öffentlich beurkundet werden. Über öffentliche Beurkundungen hinaus können auch Erbschaftsangelegenheiten, die Ausstellung von Privaturkunden oder die Einholung eines Gutachtens den Gang zum Notar erforderlich machen.
Notare sind hauptsächlich für drei wichtige Bereiche zuständig:
- Immobilienrecht (z. B. Verkauf einer Immobilie oder Darlehen),
- Familienrecht (z. B. Eheverträge, Erbschaften oder Scheidungen) und
- Gesellschaftsrecht (z. B. Gesellschaftsgründungen).
Es gibt eine nationale Notarkammer (Chambre nationale des notaires/Nationale Kamer van Notarissen). Zu ihren wichtigsten Aufgaben zählen
- die Vertretung der belgischen Notare gegenüber Behörden und Institutionen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten,
- die Aufstellung der Standesregeln,
- die Übermittlung von Verhaltensempfehlungen an die Notarkammern zur Aufrechterhaltung der Standesregeln.
Darüber hinaus gibt es Notarkammern auf der Ebene der Provinzen; als Disziplinarorgane des Berufsstandes haben sie im Wesentlichen die Aufgabe, die Einhaltung der Standesregeln zu überwachen und berufliche Streitigkeiten beizulegen (z. B. Bearbeitung von Beschwerden). Für Beschwerden wurde zudem eine nationale Schlichtungsstelle für Notare eingerichtet (www.ombudsnotaire.be).
Ein weitere Zusammenschluss der Notare ist der Königliche Verband der belgischen Notare (Fédération Royale du Notariat Belge (Fednot)/Koninklijke Federatie van het Belgisch Notariaat (Fednot)). Fednot ist ein Berufsverband der Notare, der die Kanzleien dabei unterstützt, Rechtsgutachten zu erstellen, Beratung zu leisten und Empfehlungen zur Verwaltung von Kanzleien, zu EDV-Lösungen, zur Ausbildung und zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit abzugeben. Dem Fednot-Netzwerk gehören 1150 Kanzleien an, darunter 1550 Notare und 8000 Kanzleimitarbeiter.
Weitere Informationen sind auf der Website des Königlichen Verbands der belgischen Notare zu finden.
Andere Rechtsberufe
Gerichtsvollzieher
Der Gerichtsvollzieher ist ein ministerieller und öffentlicher Amtsträger, der sein Amt aber unter einem freiberuflichen Status ausübt. Dadurch verfügt er über eine doppelte berufliche Identität: Einerseits ist er Beamter, andererseits übt er seine Tätigkeit selbstständig aus.
Da der Staat ihn mit öffentlicher Gewalt ausgestattet hat, ist der Gerichtsvollzieher als ministerieller und öffentlicher Beamter tätig. Er muss somit immer dann tätig werden, wenn er darum ersucht wird, es sei denn, die Standesregeln seines Berufs oder das Gesetz verbieten ihm dies, beispielsweise bei einem Interessenkonflikt oder wenn der Auftrag rechtswidrig ist. Der Gerichtsvollzieher handelt also nicht aus eigenem Antrieb, sondern stets auf Ersuchen einer Person oder Partei, die ihm einen förmlichen Auftrag erteilt hat. Dabei hält er sich stets streng an die verschiedenen gesetzlichen Vorschriften. Um seine Kosten ganz oder teilweise zu decken, darf der Gerichtsvollzieher seine Tätigkeit in Rechnung stellen.
Als Vertreter eines freien Berufs wird der Gerichtsvollzieher selbstständig und unparteiisch tätig. Er kann seine beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen jedem zur Verfügung stellen, was auch bedeutet, dass er seitens der Behörden weder eine Vergütung noch eine Entschädigung oder sonstige Leistungen erhält. Er arbeitet auf eigene Rechnung.
Das Tätigkeitsfeld des Gerichtsvollziehers umfasst zwei große Bereiche: den sogenannten „außergerichtlichen“ Bereich (interventions extrajudiciaires/buitengerechtelijke tussenkomsten, wie die gütliche Beitreibung von Schulden oder die amtliche Feststellung von Tatsachen) und den „gerichtlichen“ Bereich (interventions judiciaires/gerechtelijke tussenkomsten, also die Zustellung oder Vollstreckung einer Entscheidung). Wenn ein Gerichtsvollzieher in einem dieser Bereiche tätig wird, gehört es oft zu seinen Aufgaben, die Parteien darüber zu belehren, wie sie ihre Rechte wahrnehmen können, und er muss auch ihre Fragen zu seinem Auftrag beantworten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Gerichtsvollzieher von Ihnen beauftragt wurde oder ob Sie Adressat seines Auftrags sind.
In jedem Gerichtsbezirk gibt es eine Kammer (chambre/kamer), der alle Gerichtsvollzieher des Bezirks angehören. Diese Kammer wacht u. a. darüber, dass die Gerichtsvollzieher des Bezirks die Berufsregeln und die sie betreffenden Gesetze und Verordnungen einhalten, und schlichtet etwaige Streitigkeiten zwischen Gerichtsvollziehern.
Darüber hinaus gibt es die Nationale Gerichtsvollzieherkammer Belgiens (Chambre nationale des huissiers de justice de Belgique/Nationale Kamer van Gerechtsdeurwaarders van België), die im Wesentlichen folgende Aufgaben hat:
- Sie achtet darauf, dass für die Gerichtsvollzieher einheitliche Berufs- und Standesregeln gelten.
- Sie wahrt die Interessen ihrer Mitglieder.
- Sie vertritt ihre Mitglieder.
Weitere Informationen sind auf der Website der Nationalen Gerichtsvollzieherkammer Belgiens zu finden.
Andere Rechtsberufe
Richter und Staatsanwälte werden von verschiedenen Verwaltungs- und Justizfachkräften wie Greffiers, Referenten, Juristen bei der Staatsanwaltschaft, Sekretären bei der Staatsanwaltschaft und Verwaltungsmitarbeitern unterstützt.
In jeder Verhandlung wird der Richter durch einen Greffier (greffier/griffier) unterstützt. Er nimmt dem Richter die Vorarbeiten ab, beispielsweise durch Vorbereitung der für die Verhandlung erforderlichen Akten. In der Verhandlung schreibt er den Verhandlungsablauf und die Wortmeldungen mit und sorgt dafür, dass alle Unterlagen rechtsgültig abgefasst sind. Darüber hinaus übernimmt und koordiniert er die Verwaltungs- und Buchführungsarbeiten in der Kanzlei (greffe/griffie). An jedem Gericht gibt es eine Kanzlei unter der Leitung des Chefgreffiers (greffier en chef/hoofdgriffier). Je nach Größe des Gerichts ist die Kanzlei mit einem oder mehreren Greffiers besetzt. Den Greffiers wiederum arbeiten Verwaltungsmitarbeiter zu.
Referenten (référendaires/referendarissen) sind Juristen, die die Richter an den Gerichten und Gerichtshöfen bei den Vorarbeiten für das Urteil entlasten. Sie helfen bei der Bearbeitung der Gerichtsakten unter der Aufsicht und nach den Weisungen eines oder mehrerer Richter. Sie durchforsten Akten, klären die juristischen Probleme und bereiten Urteilsentwürfe auf rechtlicher Ebene vor.
Die Staatsanwälte können Juristen zur juristischen Vorbereitung ihrer Fälle hinzuziehen. Sie werden in der Staatsanwaltschaft als „Juristen bei der Staatsanwaltschaft“ (juristes du parquet/parketjuristen) bezeichnet. Sie führen insbesondere Rechtsrecherchen durch, steuern den Informationsfluss und bereiten Anträge und Ladungen auf juristischer Ebene unter der Aufsicht und nach den Weisungen eines oder mehrerer Magistrate der Staatsanwaltschaft vor.
Zu jeder Staatsanwaltschaft gehört ein eigenes Sekretariat, das einem Chefsekretär untersteht. Die Sekretäre bei der Staatsanwaltschaft unterstützen die Staatsanwälte insbesondere bei Dokumentations- und Recherchearbeiten und bei der Anlage von Akten. Sie halten die Unterlagen und Register der Staatsanwaltschaft auf dem neuesten Stand, führen die Archive usw. Die Anzahl der bei einer Staatsanwaltschaft beschäftigten Sekretäre hängt von deren Größe ab. Den Sekretären bei der Staatsanwaltschaft wiederum arbeiten Verwaltungsmitarbeiter zu.
In den Kanzleien und Sekretariaten der Staatsanwaltschaft sind zahlreiche Verwaltungsmitarbeiter tätig. Das Verwaltungspersonal übernimmt die organisatorische Bearbeitung der zugeteilten Akten und die Kodierung der Akten als Datensätze. Die Verwaltungsmitarbeiter sind für den Posteingang und die Ablage zuständig und sie betreuen Besucher in der Kanzlei oder in der Staatsanwaltschaft.
Ausführlichere Informationen zu diesen Berufsgruppen sind hier (378 Kb) zu finden.
Einrichtungen, die kostenlose Rechtsberatung leisten
Jeder Bürger kann eine kostenlose Erstberatung durch Angehörige der Rechtsberufe in Anspruch nehmen, eine erste Prozesskostenhilfe (siehe oben). Sie umfasst
- praktische Informationen,
- Rechtsauskünfte,
- eine erste Rechtsberatung und
- die Vermittlung an eine spezialisierte Einrichtung.
Dabei handelt es sich lediglich um eine erste Orientierung in der Sache, der Fall selbst wird nicht gelöst. In den Gerichtsgebäuden, den Justizhäusern (maisons de justice/justitiehuizen), einigen Gemeindeverwaltungen (administrations communales/gemeentelijke diensten), den meisten öffentlichen Sozialhilfezentren (centres publiques d'action sociale/openbare centra voor maatschappelijk welzijn) und bei verschiedenen gemeinnützigen Vereinen gibt es entsprechende juristische Bereitschaftsdienste.
Weitere Informationen finden Sie in der Online-Broschüre: Aide juridique: Un meilleur accès à la justice.
Rechtsdatenbanken
Informationen sind auf der Website des Föderalen Öffentlichen Dienstes Justiz (Justizministerium) zu finden.
Die verschiedenen Sprachfassungen dieser Seite werden von den betreffenden Mitgliedstaaten verwaltet. Die Übersetzung wurde vom Übersetzungsdienst der Europäischen Kommission angefertigt. Es kann sein, dass Änderungen der zuständigen Behörden im Original in den Übersetzungen noch nicht berücksichtigt wurden. Die Kommission übernimmt keinerlei Verantwortung oder Haftung für Informationen, die dieses Dokument enthält oder auf die es verweist. Angaben zum Urheberrechtsschutz für EU-Websites sind dem rechtlichen Hinweis zu entnehmen.