Rechtsberufe – Einführung
Ähnliche Berufe
In Zypern gibt es keine ähnlichen Berufe, z. B. den Beruf des Notars. Alles, was mit juristischen Angelegenheiten zu tun hat, gilt als Rechtssache, und gemäß den einschlägigen Gesetzen dürfen nur Mitglieder der Anwaltskammer Zyperns (Pankýprios Dikigorikós Sýllogos) praktizieren. Rechtsanwälte im Ruhestand können natürlich als interne Rechtsberater in bestehenden Rechtsanwaltskanzleien oder in anderen Organisationen weiterarbeiten.
Der Beruf des Rechtsanwaltsgehilfen (dikigorikoí ypálliloi) könnte als ähnlicher Beruf gesehen werden. Für diesen gibt es gesonderte Rechtsvorschriften. Wer Rechtsanwaltsgehilfe werden möchte, muss die höhere Schule abgeschlossen haben, für die Dauer von mindestens sechs aufeinanderfolgenden Monaten in einer Rechtsanwaltskanzlei gearbeitet haben, einen einwandfreien Charakter aufweisen und sich bei der Kanzlei (Protokollitís) des Bezirksgerichts (Eparchiakó Dikastírio) bewerben, in dessen Bezirk sich die Rechtsanwaltskanzlei befindet, für die der Kandidat arbeitet.
Staatsanwälte (Dimósioi Katígoroi)
Organisation
Allgemeines
Zusätzlich zu seiner Funktion als Rechtsberater des Staates ist der Generalstaatsanwalt (Genikós Eisangeléas) der Republik der Leiter des Juristischen Dienstes (Nomikí Ypiresía) und der Direktor der Staatsanwaltschaft (Ypéfthynos tis Ypiresías Diacheírisis Poinikón Ypothéseon).
Beim Juristischen Dienst der Republik, dem der Generalstaatsanwalt vorsteht, sind Anwälte angestellt, von denen sich manche auf Strafrecht spezialisiert haben und die vor dem Schwurgericht (Kakourgiodikeía) anhängigen Fälle bearbeiten. Der Generalstaatsanwalt ist über jeden Fall informiert und gibt die entsprechenden Leitlinien.
Darüber hinaus arbeiten beim Juristischen Dienst auch Angehörige der zyprischen Polizei (Astynomikí Dýnami Kýprou) als Staatsanwälte, die einen Hochschulabschluss der Rechtswissenschaften und die Qualifikationen für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs haben. Obwohl sie Polizisten sind, unterstehen sie dem Generalstaatsanwalt und sind diesem gegenüber rechenschaftspflichtig, solange sie als Staatsanwalt arbeiten. Der Generalstaatsanwalt hat gegenüber der Arbeit dieser Personen dieselben Befugnisse wie gegenüber der Arbeit der im Juristischen Dienst tätigen Anwälte.
In Ausnahmefällen ist der Generalstaatsanwalt befugt, bestimmte Fälle an angesehene Rechtsanwälte zu verweisen.
Amt und Aufgaben des Staatsanwalts
Die Staatsanwaltschaft (Katigoroúsa Archí) bei den Bezirksgerichten für Strafsachen wird von Anwälten geleitet, die bei den polizeilichen Strafverfolgungsstellen arbeiten. Das heißt natürlich nicht, dass in bestimmten Fällen nicht auch ein Mitglied des Juristischen Dienstes mit der Ausführung dieser Arbeit betraut werden kann. Die Staatsanwaltschaft bei den Schwurgerichten wird durch Anwälte im Juristischen Dienst geleitet. Unabhängig davon, wer die Staatsanwaltschaft leitet, unterliegt sie in jedem Fall der Zuständigkeit des Generalstaatsanwalts, der jederzeit eingreifen und ein Strafverfahren gegebenenfalls einstellen kann.
Der Generalstaatsanwalt steht dem Juristischen Dienst vor. Er wird dabei von dem Stellvertretenden Generalstaatsanwalt (Voithós Genikós Eisangeléas) unterstützt, gefolgt von den Staatsanwälten der Republik (Eisangeleís tis Dimokratías), den Leitenden Amtsanwälten der Republik (Anóteroi Dikigóroi tis Dimokratías) und den Amtsanwälten der Republik (Dikigóroi tis Dimokratías). Einer der Staatsanwälte leitet die Strafrechtsabteilung (Poinikó Tmíma). Auch er untersteht dem Generalstaatsanwalt.
Das Anhörungssystem ist kontradiktorischer Art. Die Staatsanwaltschaft legt ihre Beweise vor und die von ihr aufgerufenen Zeugen werden vernommen, ins Kreuzverhör genommen und erneut vernommen. Sobald alle Zeugen von der Staatsanwaltschaft aufgerufen wurden, entscheidet das Gericht, ob die Staatsanwaltschaft einen Prima-facie-Fall vorgelegt hat. Wenn ja, wird der Angeklagte zur Stellungnahme aufgefordert und das Gericht klärt ihn darüber auf, dass er seine eigenen Zeugen benennen und unter Eid aussagen kann. Dann werden sowohl die Zeugen des Angeklagten, als auch der Angeklagte selbst von der Staatsanwaltschaft ins Kreuzverhör genommen. Andernfalls kann der Angeklagte eine unbeeidigte Aussage von der Anklagebank aus machen. Dann findet kein Kreuzverhör statt.
Am Ende der Verhandlung erlässt das Gericht die Entscheidung. Wird der Angeklagte freigesprochen, wird er entlassen. Im Fall einer Verurteilung bekommt die Verteidigung die Möglichkeit, ein geringeres Strafmaß zu beantragen. Sobald das Verfahren abgeschlossen ist, erlässt das Gericht die angemessene Entscheidung.
Richter
Organisation
Die Struktur der Gerichte in Zypern ist sehr unkompliziert.
Oberster Gerichtshof (Anótato Dikastírio)
Der Oberste Gerichtshof wurde auf der Grundlage der Bestimmungen des Rechtspflegegesetzes (Schlussbestimmungen) von 1964 (O perí Aponomís tis Dikaiosínis (Poikílai Diatáxeis) Nómos tou 1964) [Gesetz 33/1964] eingerichtet, nachdem sowohl der Präsident des Obersten Gerichtshofs als auch der des Obersten Verfassungsgerichts (Anótato Syntagmatikó Dikastírio) zurückgetreten waren und die jeweiligen Gerichte im Wesentlichen aufgelöst hatten, als die Vertreter der türkischen Gemeinde nicht erschienen waren und den erforderlichen Entscheidungen nicht zugestimmt hatten.
Die Richter des Obersten Gerichtshofs werden durch den Präsidenten der Republik Zypern ernannt. Der Oberste Gerichtshof hat derzeit 13 Mitglieder, von denen eins zum Präsidenten ernannt wird. Personen mit einwandfreiem Charakter, die mindestens 12 Jahre in einem Rechtsberuf gearbeitet haben, können zum Richter am Obersten Gerichtshof ernannt werden.
Schwurgerichte (Kakourgiodikeía)
Das Schwurgericht ist das Oberste Strafgericht erster Instanz der Republik. Es besteht aus drei Richtern (dem Präsidenten (Próedros), einem Obersten Bezirksrichter (Anóteros Eparchiakós Dikastís) und einem Bezirksrichter (Eparchiakós Dikastís)). Die Mitglieder des Schwurgerichts werden vom Obersten Gerichtshof für eine Amtszeit von zwei Jahren ernannt; sie werden aus den Reihen der Präsidenten des Bezirksgerichts, der Obersten Bezirksrichter beziehungsweise der Bezirksrichter ausgewählt.
Bezirksgerichte (Eparchiaká Dikastíria)
Es gibt in jedem Bezirk der Republik Zypern ein Bezirksgericht mit uneingeschränkter Zuständigkeit, mit Ausnahme natürlich der Fälle, die in die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs und der unten genannten Fachgerichte fallen. An den Bezirksgerichten gibt es Präsidenten des Bezirksgerichts, Oberste Bezirksrichter und Bezirksrichter. Bezirksrichter werden vom Obersten Gerichtshof ernannt, versetzt und befördert.
Familiengerichte (Oikogeneiaká Dikastíria)
Die Familiengerichte wurden auf der Grundlage des Familiengerichtsgesetzes (O perí Oikogeneiakón Dikastiríon Nómos) (Gesetz 23/90) errichtet. Sie setzen sich aus drei Mitgliedern zusammen (einem Präsidenten und zwei beisitzenden Richtern), die alle über juristische Kenntnisse verfügen und vor ihrer Ernennung erfolgreich in Rechtsberufen tätig waren.
Liegenschaftsgericht (Dikastírio Elénchou Enoikiáseon)
Dieses Fachgericht setzt sich aus drei Mitgliedern zusammen: einem Präsidenten und zwei beisitzenden Richtern. Der Präsident des Liegenschaftsgerichts muss mindestens ebenso viele Jahre als Anwalt praktiziert haben, wie für die Berufung als Richter an das Bezirksgericht erforderlich.
Arbeitsgericht (Dikastírio Ergatikón Diaforón)
Wie das Liegenschaftsgericht setzt sich auch das Arbeitsgericht aus drei Mitgliedern zusammen, nämlich aus einem Präsidenten und zwei beisitzenden Richtern. Der Präsident ist ein Rechtsanwalt, der vor seiner Ernennung an das Gericht mindestens fünf Jahre lang als Rechtsanwalt gearbeitet haben muss.
Militärgericht (Stratiotikó Poinikó Dikastírio)
Das letzte Fachgericht ist das Militärgericht, dem ein angesehener Anwalt vorsitzt. Zum Zeitpunkt seiner Ernennung muss er über die Qualifikationen verfügen, die für die Ernennung zum Richter an einem Bezirksgericht erforderlich sind. Der Präsident des Militärgerichts muss ein bevollmächtigter Militäroffizier sein, der mindestens den Rang eines Obersts hat. Die beisitzenden Richter des Militärgerichts müssen Berufsmilitärs sein, die in der Armee dienen.
Verzeichnis (Evretírio)
Auf der Website des Obersten Gerichtshofs gibt es ein Verzeichnis, das einige allgemeine Informationen zu den Gerichten in Zypern bereithält.
Amt und Pflichten
Oberster Gerichtshof (Anótato Dikastírio)
Der Oberste Gerichtshof ist Appellationsgericht für alle Entscheidungen der nachgeordneten Gerichte der Republik Zypern und erstinstanzliches Gericht für verschiedene Bereiche wie Verwaltungs- und Seerechtssachen. Es erlässt auch Certoriari- und Mandamus- sowie andere Verfügungen und überwacht alle anderen Gerichte der Republik Zypern, um sicherzustellen, dass diese einwandfrei arbeiten, und übt die Disziplinargewalt über die Justizangehörigen aus.
Schwurgerichte (Kakourgiodikeía)
Mit der Ausnahme bestimmter sehr schwerwiegender Straftaten ist jedes Schwurgericht in erster Instanz für Straftaten zuständig, die gemäß dem Strafgesetzbuch (Poinikós Kódikas) oder einem anderen Gesetz zu bestrafen sind und innerhalb der Grenzen der Republik Zypern oder in den zyprischen Teilen der souveränen Militärstützpunkte verübt wurden und in die Zyprer entweder als Täter oder als Opfer verwickelt wurden, sowie für Straftaten, die in einem anderen Land verübt wurden, während der Angeklagte im Dienst der Republik stand oder auf einem Schiff oder in einem Flugzeug in der Republik oder an anderen Orten und unter anderen Umständen verübt wurden, die vom Gesetz vorgesehen sind.
Bezirksgerichte (Eparchiaká Dikastíria)
Bezirksgerichte haben einen Präsidenten und sind als erstinstanzliches Gericht für alle Sachen zuständig, die in ihre örtliche Zuständigkeit fallen.
Ein Oberster Bezirksrichter ist zuständig (mit einigen Ausnahmen) für Sachen, deren Streitwert 500 000,00 EUR nicht übersteigt; ein Bezirksrichter ist zuständig für Sachen (mit einigen Ausnahmen), deren Streitwert 100 000,00 EUR nicht übersteigt.
Die Zuständigkeit des Bezirksgerichts für Strafsachen erstreckt sich auf alle Straftaten, die innerhalb der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts begangen wurden und die laut Gesetz mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis oder mit einer Geldbuße bis zu 50 000,00 EUR und/oder mit beiden Strafen bedroht sind und bei denen das Gericht dem Opfer eine Entschädigung bis zu 6 000,00 EUR zusprechen kann.
Gegen alle Entscheidungen des Bezirksgerichts sowohl in Straf- als auch in Zivilsachen können ohne Einschränkungen Rechtsmittel beim Obersten Gerichtshof eingelegt werden.
Fachgerichte
Die Zuständigkeit der Familiengerichte erstreckt sich auf fast alle Ehestreitigkeiten. Die Zuständigkeit des Liegenschaftsgerichts beschränkt sich auf Streitigkeiten in Bezug auf Gebäude mit Mietpreisbindung. Das Arbeitsgericht ist nur zuständig für die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, insbesondere im Fall einer angeblichen ungerechtfertigten Entlassung. Das Militärgericht ist für Straftaten zuständig, die von Angehörigen der Nationalgarde (Ethnikí Frourá) begangen wurden oder wenn die Bestimmungen der Nationalgarde verletzt wurden.
Gegen alle Entscheidungen der vorgenannten Gerichte können Rechtsmittel beim Obersten Gerichtshof eingelegt werden.
Organisation der Rechtsberufe: Rechtsanwälte (Dikigóroi)
Es gibt ein Standardsystem für die Bereitstellung von Rechtsdienstleistungen in der Republik Zypern und jeder, der solche Dienste anbietet, wird als Rechtsanwalt bezeichnet, unabhängig davon, in welchem Land er studiert hat und welchen Universitätsabschluss er während seines Studiums der Rechtswissenschaften erlangt hat.
Es gibt im Internet ein Rechtsanwaltsverzeichnis, zu dem Rechtsanwälte und Richter freien Zugang haben und in das die Öffentlichkeit gegen Zahlung einer Gebühr Einsicht nehmen kann.
Rechtsdatenbanken
Es gibt keine offizielle Website, auf der Urteile veröffentlicht werden. Einige ausgewählte aktuelle Urteile wurden auf der Website des Obersten Gerichtshofs veröffentlicht.
Es gibt eine Reihe privater Websites, die den Zugang zur Rechtsprechung entweder gegen ein Entgelt oder kostenlos anbieten. Auf der Website leginetcy können Gesetze, Rechtsprechung und Verwaltungsakte eingesehen werden. Die Website ist für Rechtsanwälte, Richter und Regierungsangestellte kostenlos. Andere Personen, die den Zugang zu dieser Website wünschen, müssen eine Anmeldegebühr bezahlen. Auf der Website cylaw können Gerichtsentscheidungen abgerufen werden; sie ist kostenlos zugänglich.
Rechtsanwälte/Rechtsberater (Nomikoí Sýmvouloi)
Wie bereits erwähnt, gibt es in Zypern ein einheitliches System, nach dem Rechtsanwälte/Rechtsberater praktizieren.
Notare (Symvolaiográfoi)
Der Beruf des Notars ist in Zypern unbekannt. Tätigkeiten, die üblicherweise ein Notar ausübt, werden von einem Rechtsanwalt ausgeführt.
Weitere Rechtsberufe
In der Republik Zypern stehen auch die folgenden Berufe im Zusammenhang mit der Justiz.
Kanzleibeamte (Protokollités)
Kanzleibeamte werden vom Obersten Gerichtshof bestellt. Es handelt sich dabei um Gerichtsvollzieher, die in der Regel Anwälte sind und über fundierte Rechtskenntnisse verfügen. Sie haben bestimmte, gesetzlich festgelegte Aufgabenbereiche. Die Gerichtsbediensteten unterstehen dem ranghöchsten Kanzleichef, der für ihre allgemeine Aufsicht zuständig ist. Dieser kann zu diesem Zweck auch vom Obersten Gerichtshof ernannt werden.
Gerichtsvollzieher (Epidótes)
Es gibt zwei Arten von Gerichtsvollziehern: Die Tätigkeit von Gerichtsvollziehern, die im privaten Sektor arbeiten, ist auf die Zustellung verschiedener gerichtlicher Schriftstücke beschränkt. Bei den Gerichten sind Gerichtsvollzieher in erster Linie an der Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen beteiligt.
Rechtsanwaltsgehilfen (Dikigorikoí Ypálliloi)
Rechtsanwaltsgehilfe (dikigorikós ypállilos) wird, wer sechs Monate in einer Rechtsanwaltskanzlei gearbeitet und sich bei der Kanzlei des Bezirksgerichts beworben hat, in dessen örtliche Zuständigkeit die Kanzlei fällt, in der der Kandidat arbeitet.
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