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Rechtsberufe – Einführung
Richter und Staatsanwälte
Organisation
In Frankreich werden Richter und Staatsanwälte in der Gruppe der „magistrats“ zusammengefasst. Richter im eigentlichen Sinne befinden über Rechtssachen, mit denen sie befasst werden, und werden als „magistrats du siège“ bezeichnet. Die Staatsanwälte sind für die Staatsanwaltschaft (ministère public oder parquet) tätig und werden als „magistrats du parquet“ bezeichnet.
Richter entscheiden über die bei ihnen anhängigen Streitsachen; die Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist es, im Interesse der Allgemeinheit zu handeln und für die Einhaltung geltenden Rechts zu sorgen. Die Rechtsstellung von Richtern und Staatsanwälten ist in der Verordnung (ordonnance) Nr. 58-1270 vom 22. Dezember 1958 als Organgesetz (loi organique) für das Statut von Richtern und Staatsanwälten geregelt. Gemäß Artikel 1 dieser Verordnung ist es ihnen während ihrer beruflichen Laufbahn möglich, zwischen dem Richteramt und den Aufgaben des Staatsanwalts zu wechseln. Dies ist der Grundsatz der Einheit der Justizorgane, den der Verfassungsrat insbesondere in seiner Entscheidung vom 11. August 1993 erneut bekräftigt hat. Richter und Staatsanwälte sind Teil der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die gemäß Artikel 66 der Verfassung über die bürgerlichen Freiheiten des Einzelnen wacht. Es gibt dennoch eine Reihe von Unterschieden in ihrer Stellung: Richter unterstehen nicht der Dienstaufsicht einer übergeordneten Behörde und genießen eine Dienstsicherheit. Sie können ohne ihre Zustimmung nicht versetzt werden. Auch die Art und Weise, wie beide ernannt werden, unterscheidet sich: Die Ernennung der Richter erfolgt mit Zustimmung des Obersten Justizrats (Conseil supérieur de la magistrature) oder auf dessen Vorschlag, wenn es sich um die Richter am Kassationsgerichtshof, die Präsidenten der Berufungsgerichte und die Präsidenten der Gerichte handelt. Der Oberste Justizrat verfügt letztlich über Disziplinarbefugnisse gegenüber allen Richtern, die über Rechtssachen befinden. Die Staatsanwälte hingegen werden nach Anhörung des Obersten Justizrats ernannt, wobei der Justizminister für die Ernennung und die Ausübung der Disziplinargewalt zuständig ist.
Die meisten Richter und Staatsanwälte werden über Auswahlverfahren (concours) eingestellt. Zum ersten Auswahlverfahren, das allen Studierenden offen steht, werden nur Kandidaten zugelassen, die ein mindestens vierjähriges Studium absolviert haben und einen entsprechenden Master-Abschluss vorweisen können. Wer das Auswahlverfahren besteht, wird zum Richter oder Staatsanwalt auf Probe (auditeurs de justice) ernannt und durchläuft dann eine einheitliche Ausbildung an der Staatlichen Richterschule (École nationale de la magistrature – ENM). Auch der direkte Einstieg ist möglich. Mit Abschluss ihres Studiums an der ENM erhalten die Richter und Staatsanwälte auf Probe ihre Ernennung (per Dekret (décret)) an ein Gericht oder in eine Staatsanwaltschaft, dem bzw. der sie dann unterstellt sind.
Neben ihren Aufgaben in der Rechtspflege nehmen die Gerichtspräsidenten und Leiter der Staatsanwaltschaft (je nach Gericht der Präsident und der Staatsanwalt oder der Präsident und der Generalstaatsanwalt) an den erst- und zweitinstanzlichen Gerichten auch Verwaltungsaufgaben wahr (z. B. Festsetzen der Verhandlungstermine).
Am 1. Januar 2018 waren 8412 Richter und Staatsanwälte im Amt, davon 7881 an den Gerichten oder in der Staatsanwaltschaft.
Der Oberste Justizrat
Die Regelungen für den Obersten Justizrat (Conseil supérieur de la magistrature – CSM) sind in Artikel 65 der Verfassung verankert. Mit dem Verfassungsgesetz vom 23. Juli 2008 wurden seine Zusammensetzung und seine Aufgaben (bei der Ernennung) neu geregelt; dazu gehört auch die Möglichkeit für einen Rechtsuchenden, den CSM anzurufen. Seither gehört auch der Präsident der Republik nicht mehr dem CSM an.
Das für Richter zuständige Gremium des CSM untersteht dem Präsidenten des Kassationsgerichtshofs. Ihm gehören zudem fünf Richter, ein Staatsanwalt, ein vom Staatsrat (Conseil d’État) bestimmtes Staatsratsmitglied, ein Rechtsanwalt (avocat) und sechs qualifizierte Persönlichkeiten an, die nicht im Parlament sitzen noch aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit oder der Verwaltungsgerichtsbarkeit kommen dürfen. Vom Präsidenten der Republik, dem Präsidenten der Nationalversammlung (Assemblée nationale) und dem Senatspräsidenten werden jeweils zwei qualifizierte Persönlichkeiten benannt.
Das für Staatsanwälte zuständige Gremium des CSM steht unter der Leitung des Generalstaatsanwalts (procureur général) am Kassationsgerichtshof. Ihm gehören zudem fünf Staatsanwälte, ein Richter sowie das Staatsratsmitglied, der Rechtsanwalt und die oben genannten sechs qualifizierten Persönlichkeiten an.
Das für die Richter zuständige Gremium schlägt die Richter am Kassationsgerichtshof, die Präsidenten der Berufungsgerichte (cours d’appel) und die Präsidenten der Regionalgerichte (tribunaux de grande instance) vor. Die übrigen Richter werden mit dessen Einwilligung ernannt.
Dieses Gremium entscheidet als Disziplinarorgan über Verfehlungen von Richtern. In dieser Zusammensetzung umfasst es dann auch den Richter aus dem für Staatsanwälte zuständigen Gremium.
Das für Staatsanwälte zuständige Gremium des CSM nimmt zu den Ernennungen der Staatsanwälte Stellung. In dieser Zusammensetzung nimmt der Oberste Justizrat auch Stellung zu den gegen einzelne Staatsanwälte verhängten Disziplinarmaßnahmen. Neben den in Artikel 65 Absatz 3 bezeichneten Mitgliedern umfasst er dann auch den Staatsanwalt aus dem für Richter zuständigen Gremium.
Staatsanwaltschaft
Organisation
Die Staatsanwaltschaft ist durch Staatsanwälte vertreten, die die Aufgabe haben, als Vertreter der Anklage im Interesse der Allgemeinheit zu handeln und für die Einhaltung der Gesetze zu sorgen.
Von der Generalstaatsanwaltschaft (parquet général) am Kassationsgerichtshof, die eine Sonderstellung einnimmt, einmal abgesehen, ist die Staatsanwaltschaft in Frankreich streng hierarchisch in Pyramidenform aufgebaut und untersteht der Dienstaufsicht des Justizministers. In Artikel 30 der Strafprozessordnung ist verankert, dass der Justizminister die Vorgaben für die Strafverfolgungspolitik der Regierung festlegt. Er trägt dafür Sorge, dass diese Vorgaben auf französischem Staatsgebiet einheitlich angewendet werden, und ist hierzu gegenüber den Mitgliedern der Staatsanwaltschaft weisungsbefugt.
An jedem Regionalgericht (tribunal de grande instance) gibt es eine Staatsanwaltschaft, der mehrere Staatsanwälte angehören, die den Weisungen des Leiters der Staatsanwaltschaft (procureur de la République) unterstehen. Dieser ist für die Verwaltung zuständig und verteilt die Aufgaben an die einzelnen Staatsanwälte entsprechend ihrem Dienstrang (procureurs adjoints, vice-procureurs und substituts). Der Leiter der Staatsanwaltschaft wiederum steht unter der Dienstaufsicht des Generalstaatsanwalts (procureur général) und ist ihm gegenüber weisungsgebunden.
Trotz dieses streng hierarchischen Aufbaus ist die Staatsanwaltschaft in ihrer Funktion unteilbar: Ein rangniedriger Staatsanwalt benötigt nicht erst die Erlaubnis seines Vorgesetzten, um tätig werden zu können, und jede seiner Handlungen ist für die Staatsanwaltschaft als Ganzes bindend.
Aufgaben und Pflichten
Die Staatsanwaltschaft ist hauptsächlich für strafrechtliche Aufgaben zuständig. Sie leitet die Ermittlungen und ergreift selbst alle für die Verfolgung von Straftaten erforderlichen Schritte oder sorgt dafür, dass entsprechende Schritte unternommen werden. So entscheidet sie nach dem Opportunitätsprinzip, wie in einer Strafsache weiter zu verfahren ist (z. B. Einleitung eines Ermittlungsverfahrens (ouverture d’une information judiciaire), Überweisung an ein erkennendes Gericht (renvoi devant une juridiction de jugement) oder Einstellung des Verfahrens (classement sans suite)). Sie ist verpflichtet, an der Gerichtsverhandlung teilzunehmen, und tritt dort durch freie mündliche Ausführungen (zum Tatbestand, zur Person des Beschuldigten und zum Strafmaß) auf, wie sie dies im Sinne einer funktionierenden Rechtspflege für angemessen hält. Ihr obliegt außerdem die Strafvollstreckung.
Sie ist ferner zuständig für den Schutz schutzbedürftiger Minderjähriger und für bestimmte Aufgaben im Zivilrecht, etwa im Zusammenhang mit dem Personenstand (z. B. Familienstandsänderungen oder Eintragung in Geburts- oder Sterberegistern), in der Verwaltung (z. B. Getränkeausschank, Zeitschriften, Haustürgeschäfte usw.) und in Handel und Gewerbe (z. B. Insolvenzverfahren).
Welche Rolle und Aufgaben Richter (magistrats du siège) übernehmen, wird im Abschnitt über die ordentlichen Gerichte ausführlich erläutert.
Laienrichter (juges non professionnels)
Vorübergehend ernannte Laienrichter (magistrats exerçant à titre temporaire)
Mit dem Ziel, die Rechtspflege bürgernäher zu gestalten, kann ein Vertreter der Zivilgesellschaft als vorübergehend ernannter Laienrichter (magistrat exerçant à titre temporaire – MTT) berufen werden, um die Justiz gemäß den Artikeln 41-10 ff. der Verordnung (ordonnance) Nr. 58-1270 vom 22. Dezember 1958 als Organgesetz (loi organique) für das Statut von Richtern und Staatsanwälten in seiner geänderten Fassung vorübergehend zu unterstützen.
Eine Besonderheit dieser Rolle besteht darin, dass vorübergehend ernannte Laienrichter für eine bestimmte Zeit die Aufgaben eines Richters an einem Bezirksgericht, eines Richters an einem Polizeigericht und/oder eines Beisitzers in Rechtssachen, die von einem Spruchkörper bestehend aus drei Richtern an den Regionalgerichten verhandelt werden, wahrnehmen können, gleichzeitig aber auch eine berufliche Tätigkeit ausüben können, die mit ihren richterlichen Aufgaben kompatibel ist.
Der jüngste Anstieg der Zahl der vorübergehend ernannten Laienrichter ergibt sich unmittelbar aus der Abschaffung des ursprünglich durch ein Gesetz vom 9. September 2002 eingeführten Amts des Proximitätsrichters (juge de proximité) gemäß Artikel 15 des Gesetzes Nr. 2016-1547 vom 18. November 2016 zur Modernisierung und Anpassung des Justizsystems an das 21. Jahrhundert und dem Dekret Nr. 2017-683 vom 28. April 2017 .
Mit dem am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Organgesetz (loi organique) Nr. 2016-1090 vom 8. August 2016 wurden die Aufgaben des Richters der ersten Instanz vor Ort und des vorübergehend ernannten Laienrichters zusammengeführt.
Vorübergehend ernannte Laienrichter werden regelmäßig auf der Grundlage von Bewerbungsunterlagen (und nicht nach einem Auswahlverfahren) in ihr Amt berufen.
Bedingungen für den Zugang zum Amt des vorübergehend ernannten Laienrichters
Laienrichter müssen die französische Staatsbürgerschaft besitzen, zwischen 35 und 75 Jahre alt sein, voll geschäftsfähig sein, einen guten Leumund vorweisen, die Voraussetzungen für den öffentlichen Dienst erfüllen und körperlich in der Lage sein, die geforderten Aufgaben zu erfüllen, wobei eventuelle Behinderungen zu berücksichtigen sind.
Die Kandidaten erfüllen zudem eine der folgenden Bedingungen:
- Sie haben ein mindestens vierjähriges Studium absolviert und können einen entsprechenden Abschluss (oder eine gleichwertige Qualifikation) vorweisen und sie verfügen über eine nachgewiesene Berufserfahrung von mindestens sieben Jahren, die sie für die Ausübung richterlicher Tätigkeiten qualifiziert.
- Sie sind Leiter* der Geschäftsstelle eines Gerichts und können eine Dienstzeit von sieben Jahren als Gerichtsbediensteter nachweisen.
- Sie sind Beamter der Laufbahngruppe A im Justizministerium** und können eine Dienstzeit von mindestens sieben Jahren in dieser Eigenschaft nachweisen.
- Sie sind Angehöriger oder ehemaliger Angehöriger eines reglementierten oder geschützten Rechtsberufs und können eine Berufspraxis von mindestens fünf Jahren nachweisen.
Status von vorübergehend ernannten Laienrichtern
Das für Richter zuständige Gremium des CSM nimmt zu den vom Justizminister vorgeschlagenen Kandidaten Stellung.
Für vorübergehend ernannte Laienrichter, die per Dekret (décret) des Präsidenten der Republik ernannt werden, gelten die Vorschriften für Berufsrichter.
Sie werden für eine Amtszeit von fünf Jahren ernannt, die einmal verlängert werden kann, sie können ihr Amt jedoch nicht über das 75. Lebensjahr hinaus ausüben.
Sie können neben ihrer Tätigkeit bei Gericht eine berufliche Tätigkeit ausüben, sofern diese in den Bewerbungsunterlagen nicht in der Liste der Tätigkeiten, die mit dem Amt unvereinbar sind, aufgeführt ist.
Pflichten von vorübergehend ernannten Laienrichtern
Vorübergehend ernannte Laienrichter nehmen die folgenden Aufgaben wahr:
- An den Regionalgerichten verhandeln sie als Beisitzer in einem Spruchkörper von drei Richtern über zivil- und strafrechtliche Streitsachen. Sie sind befugt, Vergleiche in Strafsachen zu bestätigen, und zwar in bis zu einem Drittel der Fälle, die ihnen zugewiesen werden. Sie sind auch bei den Polizeigerichten tätig, wo sie eine begrenzte Anzahl von Fällen der ersten vier Kategorien von Verkehrsdelikten und der fünften Kategorie von Bußgeldern verhandeln. Zudem bearbeiten sie Strafanordnungen für die oben genannten Delikte.
- Beim Bezirksgericht verhandeln sie Zivilsachen, und zwar bis zu einem Drittel der Fälle des Bezirksgericht, dem sie zugewiesen sind.
Schulung von vorübergehend ernannten Laienrichtern
Vorübergehend ernannte Laienrichter absolvieren eine zehntägige theoretische Schulung an der Staatlichen Richterschule (ENM).
Auf Beschluss des Obersten Justizrats absolvieren sie entweder eine Probezeit bei Gericht mit einer Dauer von 40 bis 80 Tagen, die in einem Zeitraum von sechs Monaten zu erbringen ist, oder ein Referendariat bei Gericht mit einer Dauer von 40 Tagen, das in Ausnahmefällen je nach Berufserfahrung des Kandidaten verkürzt werden kann.
Vergütung von vorübergehend ernannten Laienrichtern
Vorübergehend ernannte Laienrichter werden für ihre Arbeit nach geleisteter Dienstzeit vergütet.
Der Einheitssatz für eine Dienstzeit beträgt 106,28 EUR brutto (gemäß dem Index für die Bezüge im öffentlichen Dienst vom 1. Februar 2017), wobei jedoch 300 Dienstzeiten pro Jahr nicht überschritten werden dürfen.
Vorübergehend ernannte Laienrichter erhalten keine Reisekostenvergütung für die Fahrt von ihrem Wohnsitz zu dem Gericht, dem sie zugewiesen sind.
Mitglieder des Arbeitsschiedsgerichts
Die 1806 geschaffenen Arbeitsschiedsgerichte sind Gerichte erster Instanz, die auf die Beilegung individueller Streitsachen zwischen Arbeitnehmern oder Auszubildenden und Arbeitgebern im Zusammenhang mit ihren Verträgen spezialisiert sind. Die Richter (Mitglieder) der Arbeitsschiedsgerichte werden aus Vertretern der Wirtschaft und des Handels ausgewählt.
Das System der Arbeitsschiedsgerichte beruht auf dem Gedanken, dass Arbeitsbeziehungen, die von Natur aus spezifisch und komplex sind, einer Prüfung durch einen Richter bedürfen, der Erfahrung mit solchen Beziehungen hat, sei es entweder als Arbeitnehmer oder als Arbeitgeber.
Die Arbeitsschiedsgerichte setzen sich daher zwangsläufig aus einer gleichen Anzahl von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern (gemeinsame Gremien) zusammen. Die Mitglieder des Gerichts sind in zwei Kollegien (Arbeitnehmer und Arbeitgeber) und fünf Fachabteilungen (Wirtschaft, Handel, Landwirtschaft, sonstige Tätigkeiten und Verwaltung) unterteilt.
Die 14 512 Mitglieder nehmen ihre Aufgaben an 210 Arbeitsschiedsgerichten im zum europäischen Kontinent gehörenden Teil Frankreichs und in den Überseegebieten wahr und bearbeiten rund 142 500 Fälle pro Jahr.
Sie sind in erster Linie dafür zuständig, zwischen den Parteien zu vermitteln und, sollte dies nicht möglich sein, über die Streitigkeit zwischen ihnen zu entscheiden.
Ernennungsverfahren
Seit 1979 werden die Mitglieder der Arbeitsschiedsgerichte alle fünf Jahre in allgemeinen und direkten Wahlen von ihren Amtskollegen gewählt. Angesichts der sinkenden Wahlbeteiligung und der damit einhergehenden schwindenden Legitimität des Systems der Arbeitsschiedsgerichte wurden neue Verfahren zur Ernennung von Mitgliedern dieser Gerichte geprüft.
So wurde durch die Verordnung (ordonnance) Nr. 2016-388 vom 31. März 2016, mit der die Besonderheit des Systems der Arbeitsschiedsgerichte zwar bestätigt wurde, die direkte Wahl durch eine Ernennung auf Vorschlag der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände ersetzt. Dem geht die Berechnung der Repräsentativität der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände im Rahmen des Verfahrens zur Messung der Repräsentativität der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände voraus.
Alle vier Jahre findet nunmehr eine allgemeine Ernennungsrunde für die Mitglieder der Arbeitsschiedsgerichte statt. Die Ernennung erfolgt durch gemeinsamen Beschluss (arrêté) des Justiz- und des Arbeitsministers. Stellen, die während der Amtszeit frei werden, werden im Rahmen von Nachbesetzungsrunden ausgeschrieben und nach dem gleichen Verfahren wie bei den allgemeinen Ernennungsrunden besetzt.
Ausbildung
Mit dem Gesetz Nr. 2015-990 vom 6. August 2015 über Wachstum, Tätigkeit und Chancengleichheit in der Wirtschaft soll die berufliche Stellung der Mitglieder eines Arbeitsschiedsgerichts verbessert werden, insbesondere durch die Einführung einer verpflichtenden Aus- und Weiterbildung.
Die Mitglieder der Arbeitsschiedsgerichte absolvieren daher eine verpflichtende Erstausbildung, bevor sie ihre richterliche Tätigkeit aufnehmen, und nehmen anschließend an Weiterbildungsmaßnahmen teil.
Die Erstausbildung ist für alle Mitglieder, egal, ob sie Arbeitnehmer oder Arbeitgeber vertreten, gleich. Sie wird von der Staatlichen Richterschule (ENM) organisiert und durchgeführt und umfasst mehrere theoretische und praktische Module. Insgesamt dauert sie fünf Tage. Jedes Mitglied eines Arbeitsschiedsgerichts, das die Erstausbildung nicht innerhalb von 15 Monaten nach dem ersten Tag des zweiten Monats nach seiner Ernennung abgeschlossen hat, gilt als von seinem Amt zurückgetreten.
Die Mitglieder der Arbeitsschiedsgerichte nehmen während ihrer vierjährigen Amtszeit zudem an einer Fortbildung mit einer Dauer von sechs Wochen teil. Für diese Fortbildung ist das Arbeitsministerium zuständig.
Standesregeln
Die Mitglieder der Arbeitsschiedsgerichte legen einen Eid ab. Sie unterliegen den Standesregeln, die für Richter und Staatsanwälte gelten: Sie müssen ihre Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Würde und Redlichkeit wahren und sich so verhalten, dass jeder berechtigte Zweifel in dieser Hinsicht ausgeräumt wird. Sie sind auch an die Vertraulichkeit des Beschlussfassungsprozesses gebunden.
Mit dem Dekret Nr. 2016-1948 vom 28. Dezember 2016 über die Standesregeln und Disziplinarverfahren für Mitglieder von Arbeitsschiedsgerichten, das in Anwendung des Gesetzes Nr. 2015-990 vom 6. August 2015 über Wachstum, Tätigkeit und Chancengleichheit in der Wirtschaft verabschiedet wurde, wurde ein neuer Artikel R.1431-3-1 in das Arbeitsgesetz eingefügt, mit dem der Oberste Rat der Mitglieder der Arbeitsschiedsgerichte (Conseil supérieur de la prud’homie) mit der Ausarbeitung eines Verhaltenskodex für die Mitglieder der Gerichte betraut wird, der veröffentlicht werden muss.
Der Verhaltenskodex wurde vom Obersten Rat der Mitglieder der Arbeitsschiedsgerichte am 26. Januar 2018 gebilligt.
Stellung
Die aktiven Mitglieder der Arbeitsschiedsgerichte genießen bei der Ausübung ihres Amtes die Stellung eines geschützten Arbeitnehmers, d. h. sie können nicht ohne vorherige Genehmigung der Arbeitsaufsichtsbehörde entlassen werden und sie haben das Recht, während ihrer Arbeitszeit abwesend zu sein.
Solche Abwesenheiten gelten als effektive Arbeitszeit und werden als solche vom Arbeitgeber vergütet und von der Sozialversicherung abgedeckt. Die während der Arbeitszeit für das Arbeitsschiedsgericht aufgewendete Zeit führt daher nicht zu Gehaltseinbußen oder einem Verlust von Leistungen. Dem Arbeitgeber wird das Gehalt vom Staat erstattet.
Arbeitgebervertreter und Arbeitnehmer, die nicht in die oben genannte Kategorie fallen (Arbeitsuchende, Rentner, Mitglieder des Gerichts, die außerhalb ihrer Arbeitszeit im Gericht tätig sind), erhalten für ihre Dienstzeiten eine Vergütung, die per Dekret (décret) festgelegt wird.
Ihre Reisekosten können ebenfalls erstattet werden.
Richter an Handelsgerichten
Es gibt 134 Handelsgerichte der ersten Instanz, die über das gesamte zum europäischen Kontinent gehörende Gebiet Frankreichs verteilt sind, mit Ausnahme von Elsass-Mosel (wo eine Abteilung des Regionalgerichts aufgrund einer Ausnahmeregelung des vor Ort geltenden Rechts für Handelsstreitigkeiten zuständig ist), sowie neun gemischte Handelsgerichte in den Überseegebieten.
Die Handelsgerichte entscheiden über Streitigkeiten zwischen Händlern oder zwischen Händlern und Handelsgesellschaften sowie über Streitigkeiten im Zusammenhang mit Handelsgeschäften.
Ein Handelsrichter (juge consulaire) ist ein Händler oder ein Geschäftsführer von Unternehmen. Er verfügt daher über Berufserfahrung in der Wirtschaft.
Derzeit gibt es mehr als 3400 Handelsrichter.
Ein Handelsrichter wird von seinen Amtskollegen in einem jährlich stattfindenden, zweistufigen Verfahren gewählt.
Er wird zunächst für eine Amtszeit von zwei Jahren gewählt. Anschließend kann er maximal viermal jeweils für eine Amtszeit von vier Jahren am gleichen Gericht oder an einem anderen Handelsgericht wiedergewählt werden. Eine Ausnahme bildet der scheidende Präsident, der als einziger für eine fünfte Amtszeit als Kammermitglied wiedergewählt werden kann.
Ein Handelsrichter leistet einen Eid und unterliegt demselben Verhaltenskodex wie Berufsrichter.
Er ist ehrenamtlich tätig. Ein Handelsrichter muss für seinen Dienst verfügbar und bereit sein, sich persönlich zu engagieren, insbesondere durch die Teilnahme an den verpflichtenden Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen.
Mit dem Gesetz Nr. 2016-1547 vom 18. November 2016 zur Modernisierung der Justiz für das 21. Jahrhundert wurde die Stellung von Handelsrichtern umfassend reformiert. So wurden insbesondere die Bestimmungen über den Verhaltenskodex und die Disziplinarverfahren überarbeitet und die berufliche Stellung der Richter verbessert, indem verpflichtende Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen eingeführt wurden, die an der Staatlichen Richterschule zu absolvieren sind.
Beisitzer an Sozialgerichten
Beisitzer an Sozialgerichten (tribunaux des affaires de la sécurité sociale) werden vom Präsidenten des Berufungsgerichts anhand einer Liste, die im jeweiligen Gerichtsbezirk vom Regionalleiter für Jugend, Sport und sozialen Zusammenhalt auf Vorschlag der repräsentativsten Berufsorganisationen erstellt wird, für drei Jahre ernannt.
Mit dem Gesetz vom 18. November 2016 zur Modernisierung der Justiz für das 21. Jahrhundert wurden die Sozialgerichte abgeschafft. Seit dem 1. Januar 2019 nehmen speziell dafür vorgesehene Regionalgerichte nunmehr ihre Aufgaben wahr. Dort verhandeln die Beisitzer die Fälle.
Beisitzer an Gerichten für Erwerbsunfähigkeitsverfahren
Beisitzer an Gerichten für Erwerbsunfähigkeitsverfahren (tribunaux du contentieux de l’incapacité) werden vom Präsidenten des Berufungsgerichts im jeweiligen Gerichtsbezirk anhand von Listen, die auf Vorschlag der repräsentativsten Berufsvereinigungen vom Regionalleiter für Jugend, Sport und sozialen Zusammenhalt erstellt werden, für die Dauer von drei Jahren ernannt.
Mit dem Gesetz vom 18. November 2016 zur Modernisierung der Justiz für das 21. Jahrhundert wurden die Gerichte für Erwerbsunfähigkeitsverfahren abgeschafft. Seit dem 1. Januar 2019 nehmen speziell dafür vorgesehene Regionalgerichte nunmehr ihre Aufgaben wahr. Dort verhandeln die Beisitzer die Fälle.
Beisitzer in den Kammern für Sozialangelegenheiten der Regionalgerichte
Seit dem 1. Januar 2019 gehören diese Beisitzer den Kammern der Regionalgerichte an, die speziell für die Behandlung von Streitigkeiten im Bereich der sozialen Sicherheit und der Sozialhilfe zuständig sind.
Sie werden vom Präsidenten des Berufungsgerichts nach Anhörung des Präsidenten des Regionalgerichts anhand von Listen, die auf Vorschlag der repräsentativsten Berufsvereinigungen für das jeweilige Gericht erstellt werden, für die Dauer von drei Jahren ernannt.
Die Kandidaten müssen die französische Staatsangehörigkeit besitzen, mindestens 23 Jahre alt sein, die Voraussetzungen für die Tätigkeit als Beisitzer erfüllen, dürfen nicht wegen eines Verstoßes gegen das Gesetz über die Land- und Seefischerei oder das Gesetz über die soziale Sicherheit rechtskräftig verurteilt worden sein und dürfen nicht dem Vorstand einer Sozialversicherungsanstalt oder eines Vereins auf Gegenseitigkeit angehören. Ihre Aufgaben sind mit denen der Mitglieder der Arbeitsschiedsgerichte vereinbar.
Beisitzer an Jugendgerichten
Beisitzer an den Jugendgerichten (tribunaux pour enfants) werden vom Justizminister anhand einer Liste von Kandidaten, die vom Präsident des Berufungsgerichts, dem das Jugendgericht untersteht, vorgelegt wird, für vier Jahre ernannt.
Die Kandidaten müssen die französische Staatsangehörigkeit besitzen, mindestens 30 Jahre alt sein und sich in irgendeiner Eigenschaft besonders für die Belange junger Menschen einsetzen.
Beisitzer an paritätischen Gerichten für Landpachtverträge
Die Beisitzer an paritätischen Gerichten für Landpachtverträge (tribunaux paritaires des baux ruraux) werden vom Präsidenten des Berufungsgerichts anhand von Listen, die vom Präfekten auf Vorschlag der repräsentativsten Berufs- und Grundeigentümerorganisationen für das jeweilige Gericht erstellt werden, für sechs Jahre ernannt.
Unter den Beisitzern finden sich Verpächter, die nicht gleichzeitig Pächter sind, und Pächter, die nicht gleichzeitig Verpächter sind, gegebenenfalls aufgeteilt in zwei Bereiche eines gemeinsamen Gerichts, von denen der eine Verpächter und Pächter mit Pachtverträgen und der andere Verpächter und Pächter umfasst, die Pachtverträge mit Vereinbarungen über eine Teilpacht geschlossen haben.
Die Kandidaten müssen die französische Staatsangehörigkeit besitzen, mindestens 26 Jahre alt sein, im Besitz ihrer bürgerlichen, staatsbürgerlichen und beruflichen Rechte sein und seit mindestens fünf Jahren als Verpächter oder Pächter im Rahmen eines Pachtvertrags mit oder ohne Teilpachtvereinbarung tätig sein.
Urkundsbeamte
Urkundsbeamte (greffiers) sind Spezialisten in Gerichtsverfahren, die die Richter bei seinen Amtshandlungen unterstützen. Sie fassen gerichtliche Schriftstücke ab und nehmen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist, Beurkundungen dieser Schriftstücke vor.
Als unverzichtbare Mitarbeiter des Richters helfen Urkundsbeamte bei der Vorbereitung und Bearbeitung von Fällen und bei der juristischen Recherche. Auf Anweisung der Richter fassen sie Entscheidungen und Urteilsbegründungen ab. Zu den Aufgaben der Urkundsbeamten gehört es, die Öffentlichkeit zu informieren, zu beraten oder zu unterstützen, wenn es um die Erledigung gerichtlicher Formalitäten oder Verfahren geht. Sie können auch mit Aufgaben der beruflichen Fortbildung betraut werden.
Urkundsbeamte üben ihre Funktionen hauptsächlich in den verschiedenen Dienststellen der Gerichte aus. Je nach Größe und Aufbau des Gerichts können Urkundsbeamte als Geschäftsstellenleiter, stellvertretender Leiter oder Sachgebietsleiter mit Führungsaufgaben betraut werden.
Leiter der Urkundsbeamten (378 Kb)
Am 1. Januar 2018 betreute die Personalabteilung des Justizministeriums in den Kanzleien 10 931 Mitarbeiter, von denen 9368 den Gerichten zugewiesen waren.
Rechtsanwälte
Rechtsanwälte (avocats) sind Hilfsorgane der Rechtspflege. Der Anwaltsberuf gehört zu den freien Berufen mit Selbstständigenstatus. Die Rechtsstellung der Anwälte ist weitestgehend im Gesetz Nr. 71-1130 vom 31. Dezember 1971 über die Reform bestimmter Berufe in Justiz und Rechtspflege und im Dekret (décret) Nr. 91-1197 vom 27. November 1991 zur Neuordnung des Anwaltsberufs geregelt. Mit dem Gesetz Nr. 90-1259 vom 31. Dezember 1990 zur Änderung des Gesetzes von 1971 und der dazugehörigen Durchführungsverordnungen entstand das neue Berufsbild Rechtsanwalt (avocat), in dem der Rechtsanwalt (avocat) und der außergerichtlich tätige Rechtsberater (conseil juridique) zusammengeführt sind. Mit dem Gesetz vom 25. Januar 2011 über die Reform der Rechtsverteidigung vor den Berufungsgerichten wurden die Aufgaben des Rechtsanwalts und des Rechtsanwalts beim Berufungsgericht (avoué près les cours d’appel) zusammengeführt.
Rechtsanwälte erfüllen in ihrer täglichen Arbeit zwei Funktionen: Zum einen unterstützen und vertreten sie Mandanten vor Gericht (gerichtliche Funktion) und zum anderen bieten sie Rechtsberatung und erarbeiten Rechtsinstrumente (rechtliche Funktion).
Durch Artikel 4 Unterabsatz 1 des Gesetzes vom 31. Dezember 1971 wurde Rechtsanwälten eine weitgehende Monopolstellung bei der Vertretung der Parteien als Rechtsbeistand, bei der Prozessvertretung und in den Plädoyers vor Gericht und gegenüber beliebigen Justiz- oder Disziplinarorganen zuerkannt.
Es gibt keine übergeordnete nationale Berufsorganisation für Rechtsanwälte, da es ihnen auf eine gerechte Vertretung aller Anwaltskammern ankommt. Auf dem zum europäischen Kontinent gehörenden Gebiet Frankreichs und in den Übersee-Gebieten sind Anwälte in 16 Anwaltskammern (barreaux) jeweils am Sitz des Regionalgerichts (tribunal de grande instance) organisiert. Jede Kammer wird von einem Kammerpräsidenten (bâtonnier) geführt und von einem Kammerrat (conseil de l’ordre) verwaltet. Dieser ist für die Klärung aller berufsrelevanten Fragen zuständig, überwacht die Einhaltung der Anwaltspflichten und sorgt für den Schutz der anwaltlichen Rechte.
Der Nationale Rat der Anwaltskammern (Conseil national des barreaux – CNB) wurde durch das Gesetz vom 31. Dezember 1990 (Artikel 15) als rechtlich eigenständige, gemeinnützige Einrichtung (établissement d’utilité publique) geschaffen. Er hat die Aufgabe, den Berufsstand gegenüber dem Staat zu vertreten und für eine einheitliche Durchsetzung der anwaltlichen Standesregeln zu sorgen.
Der CNB unterhält eine Internetseite, von der Informationen über die Berufsorganisation, aktuelle Themen und ein Verzeichnis aller in den französischen Anwaltskammern zugelassenen Rechtsanwälte kostenlos heruntergeladen werden können. Die größeren Anwaltskammern betreiben zumeist eigene Internetseiten, die frei und kostenlos zugänglich sind; die entsprechenden Adressen findet man im Verzeichnis der Anwaltskammern auf der Website des CNB.
Der CNB erlässt im Wege von im Amtsblatt veröffentlichten Regierungsbeschlüssen nationale Verhaltensregeln, die unmittelbar für Rechtsanwälte gelten.
Die Anwälte im Staatsrat und am Kassationsgerichtshof haben eine Sonderstellung: Als Inhaber eines öffentlichen Amts werden sie durch Verordnung des Justizministers ernannt. Nur sie dürfen Mandanten vor den höchsten Gerichtsinstanzen vertreten, sofern eine Vertretung vorgeschrieben ist. Ihre Rechtsstellung wird hauptsächlich durch die Verordnung (ordonnance) vom 10. September 1817 über die Errichtung der Anwaltskammer im Staatsrat und am Kassationsgerichtshof, das Dekret (décret) Nr. 91-1125 vom 28. Oktober 1991 über die Zulassungsvoraussetzungen für diesen Beruf und das Dekret (décret) Nr. 2002-76 vom 11. Januar 2002 über die Disziplin der hier tätigen Anwälte geregelt.
Die Rechtsanwälte beim Staatsrat und am Kassationsgerichtshof bilden eine eigenständige Kammer, an deren Spitze ein Präsident steht, unterstützt von einem elfköpfigen Kammervorstand. Dieses standesrechtliche Gremium verhängt Disziplinarmaßnahmen und vertritt den Berufsstand.
Auf der Website der Anwaltskammer für Anwälte beim Staatsrat und am Kassationsgerichtshof finden Sie alle Informationen hierzu.
Gibt es eine Datenbank für diesen Bereich?
Der Nationale Rat der Anwaltskammern betreibt eine entsprechende Datenbank auf der Grundlage der Liste der Rechtsanwälte, die laut Verzeichnis der einzelnen Anwaltskammern in Frankreich zugelassen sind.
Können diese Informationen kostenlos abgefragt werden?
Datenbankabfragen auf der Website des Nationalen Rats der Anwaltskammern sind kostenfrei.
Notare
Organisation
Notare (notaire) sind mit öffentlichem Glauben ausgestattete Amtsträger und werden durch Verordnung (arrêté) des Justizministers ernannt. Sie üben ihre Tätigkeit freiberuflich aus. Ihre Rechtsstellung ergibt sich hauptsächlich aus dem Gesetz vom 16. März 1803 (Loi du 25 Ventôse An XI), der Verordnung (ordonnance) Nr. 45-2590 vom 2. November 1945, dem Dekret (décret) Nr. 45-0117 vom 19. Dezember 1945 über die Neuordnung des Notarwesens, dem Dekret (décret) Nr. 73-609 vom 5. Juli 1973 über die Berufsausbildung und die Zulassungsvoraussetzungen für den Notarberuf und aus dem Dekret (décret) Nr. 78-262 vom 8. März 1978 zur Festsetzung der Gebührenordnung für Notare.
Notare sind auf der Ebene der Départements und Regionen in Kammern organisiert, die als Aufsichtsorgan für das standeskonforme Verhalten der Notare im jeweiligen Einzugsgebiet zuständig sind. Nationales Vertretungsorgan der Notare gegenüber dem Staat ist der Oberste Rat der Notare (Conseil supérieur du notariat).
Neben der Vertretung gegenüber staatlichen Instanzen vermittelt der Oberste Rat vorbeugend und schlichtend in beruflichen Streitfällen zwischen Notaren, die zu verschiedenen regionalen Notarkammern gehören. Der Conseil supérieur du notariat betreibt eine kostenlos zugängliche Website mit einer Beschreibung der Hauptmerkmale des Notarberufs, von der ein Notar- und Kammerverzeichnis für die einzelnen Departements und Regionen heruntergeladen werden kann.
Aufgaben und Pflichten
Notare sind mit öffentlichem Glauben ausgestattet, d. h. sie dürfen Urkunden ausstellen, die ohne richterlichen Beschluss vollstreckbar sind.
Ferner beraten sie Privatpersonen und Unternehmen – auch bei der Abfassung von Urkunden – und können nebenamtlich als Vermögensverwalter und Makler bei der Vermittlung von Immobilien tätig werden.
Andere Rechtsberufe
Gerichtsvollzieher
Gerichtsvollzieher (huissiers de justice) üben ein öffentliches Amt aus und werden durch Verordnung (arrêté) des Justizministers ernannt. Sie üben ihre Tätigkeit jedoch freiberuflich aus. Ihre Rechtsstellung ist insbesondere im Gesetz vom 27. Dezember 1923, in der Verordnung (ordonnance) Nr. 45-2592 vom 2. November 1945, im Dekret (décret) Nr. 56-222 vom 29. Februar 1956 und im Dekret (décret) Nr. 75-770 vom 14. August 1975 geregelt.
Sie allein sind zur Zustellung prozessualer Schriftstücke und zur Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und vollstreckbarer Urkunden oder Titel befugt. Außerdem können sie im Auftrag der Gerichte oder auf Antrag von Privatpersonen Feststellungsprotokolle aufnehmen. Darüber hinaus haben sie die Möglichkeit, nach entsprechender Anmeldung bei der für sie zuständigen Regionalkammer und beim Generalstaatsanwalt (procureur général) am Berufungsgericht in dem Bezirk, in dem ihre Geschäftsstelle liegt, einer Nebentätigkeit als Mediator, Hausverwalter oder Versicherungsmakler nachzugehen.
Für ihre Amtshandlungen in Zivil- und Handelssachen erhalten Gerichtsvollzieher ein festes Honorar nach Gebührenordnung, die im Dekret (décret) Nr. 96-1080 vom 12. Dezember 1996 geregelt ist.
Die Berufsvertretung der Gerichtsvollzieher übernehmen Kammern auf der Ebene der Departements und Regionen im Bezirk eines Berufungsgerichts. Eine nationale Kammer vertritt zudem den gesamten Berufsstand gegenüber dem Staat und regelt Streitigkeiten zwischen den Kammern und Gerichtsvollziehern, die nicht derselben Kammer unterstehen. Die Nationale Gerichtsvollzieherkammer betreibt eine kostenlose Website, auf der die wichtigsten Merkmale des Gerichtsvollzieherberufs beschrieben werden und ein Berufsverzeichnis eingesehen werden kann.
Mit der Verordnung (ordonnance) vom 2. Juni 2016 wurde das Berufsbild Gerichtsvollzieher (commissaire de justice) neu geschaffen, das ab dem 1. Juli 2022 die Aufgaben des Gerichtsvollziehers und des Gerichtsversteigerers (commissaire-priseur judiciaire) umfasst.
In der Verordnung sind die Vorschriften für Gerichtsvollzieher festgelegt und es ist vorgesehen, dass das neue Berufsbild bis zum 1. Juli 2022 durch Übergangsregelungen schrittweise eingeführt wird. Da sich die Aufgaben des Gerichtsvollziehers und des Gerichtsversteigerers teilweise ähneln und ergänzen, wurde beschlossen, die bisherige Organisation der Berufe zu straffen und sie zu einem einzigen Beruf, dem des Gerichtsvollziehers, zusammenzufassen.
Die Vorschriften für Gerichtsvollzieher gelten ab dem 1. Juli 2022 in vollem Umfang. Ab dem 1. Juli 2026 werden die bisherigen Berufsbilder vollständig ersetzt: Gerichtsvollzieher und Gerichtsversteigerer, die keine spezielle Fortbildung für das neue Berufsbild des Gerichtsvollziehers absolviert haben, dürfen ihren Beruf nicht mehr ausüben. Seit dem 1. Januar 2019 ersetzt die Nationale Kammer der Gerichtsvollzieher (Chambre nationale des commissaires de justice) die alte Nationale Gerichtsvollzieherkammer bzw. die Kammer der Gerichtsversteigerer, um eine schrittweise Angleichung und spätere Zusammenlegung beider Berufe vorzubereiten.
Andere Hilfsorgane der Rechtspflege
An den Handelsgerichten gibt es spezielle Geschäftsstellenbeamte (greffiers de tribunaux de commerce), die in erster Linie dafür zuständig sind, den Mitgliedern des Handelsgerichts in den Verhandlungen zuzuarbeiten und den Gerichtspräsidenten bei allen ihm obliegenden Verwaltungsaufgaben zu unterstützen. Sie leiten den Dienstbetrieb in der Geschäftsstelle, führen das Handels- und Gesellschaftsregister (registre du commerce et des sociétés – RCS) und verwalten die Gerichtsregistratur und die Gerichtsakten. Sie stellen Ausfertigungen und Zweitschriften von Urkunden aus, verwahren die Amtssiegel und die bei der Geschäftsstelle hinterlegten Gelder, setzen Urkunden der Geschäftsstelle auf und erledigen die in ihre Zuständigkeit fallenden Formalitäten.
Dieser Berufsstand ist in den Artikeln L. 741-1 ff. bis R. 741-1 des Handelsgesetzbuchs geregelt.
Der Berufsstand wird gegenüber dem Staat durch den Nationalen Verband der Urkundsbeamten am Handelsgericht (Conseil national des greffiers des tribunaux de commerce – CNGTC) vertreten, eine rechtlich selbstständige, gemeinnützige Einrichtung (établissement d’utilité publique), die die Interessenvertretung der Berufsgruppe übernimmt. Sie ist für die Wahrung der gemeinsamen Interessen des Berufsstands zuständig und organisiert Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für Urkundsbeamte und Geschäftsstellenmitarbeiter, veranstaltet Fachprüfungen und betreut und beaufsichtigt die Vergabe von Praktika. Entsprechende Informationen finden Sie auf der Website des Nationalen Verbands der Urkundsbeamten am Handelsgericht.
Urkundsbeamte am Handelsgericht (366 Kb)
Urkundsbeamte am Handelsgericht mit Arbeitsvertrag (366 Kb)
Rechtsberater/Justiziare in Unternehmen
Der Beruf des Rechtsberaters (conseil juridique) wurde durch das Gesetz Nr. 90-1259 vom 31. Dezember 1990 mit dem des Rechtsanwalts (avocat) zusammengeführt.
In Unternehmen beschäftigte Juristen (juristes), die nicht als Rechtsanwälte (avocats) freiberuflich tätig sind, sind keinen speziellen Berufsvorschriften unterworfen.
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