Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten

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1.1 Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen in Bezug auf bestimmte Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des EU-Umweltrechts, aber nicht in den Anwendungsbereich der UVP- und der IED-Richtlinie (UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung), IED (Industrieemissionsrichtlinie) fallen. [1]

1) Welche nationalen gesetzlichen Bestimmungen regeln die Klagebefugnis von Privatpersonen und NRO, die die Verfahren zur Annahme der Entscheidung, Handlung oder Unterlassung oder ihren Inhalt a) in einem Verwaltungsverfahren überprüfen lassen oder b) in einem Gerichtsverfahren vor einem nationalen Gericht anfechten wollen (insbesondere welche zu erfüllenden Voraussetzungen und welche etwaigen Fristen für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens)? Wie wirksam ist der Zugang zu nationalen Gerichten im Lichte der Rechtsprechung des EuGH und der einschlägigen nationalen Rechtsprechung ausgestaltet?

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH)[2] muss der Zugang zu Gerichten auch für die Anfechtung gewisser Entscheidungen im Zusammenhang mit bestimmten Tätigkeiten und Projekten gewährt werden, die nicht in den Anwendungsbereich der UVP- oder IED-Richtlinie fallen. Beispielsweise sollte der Zugang zu Gerichten gewährt werden, um Entscheidungen anzufechten, die unter Verstoß gegen die Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG), die Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG) oder die Seveso-III-Richtlinie (Richtlinie 2012/18/EU) erlassen wurden.

Nach den allgemeinen Vorschriften, die in Abschnitt 1.4.2 erläutert wurden, benötigen natürliche und juristische Personen für die Klagebefugnis den Nachweis, dass ihre Rechte oder berechtigten Interessen durch die Entscheidung, Handlung oder Unterlassung verletzt werden können. Bei anerkannten NRO im Umweltbereich wird das Vorliegen eines berechtigten Interesses als gegeben angesehen. Gegen diese Verwaltungsentscheidungen kann innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung der Entscheidung, die die Interessen der betroffenen Person berührt, ein Rechtsmittel bei dem der Behörde, welche die Entscheidung erlassen hat, hierarchisch übergeordneten Organ, oder innerhalb von 60 Tagen direkt beim TAR eingelegt werden.

Wie in Abschnitt 1.4.2 erläutert, können die Gerichte im Einzelfall auch Organisationen oder Ad-hoc-Gruppen Klagebefugnis zuerkennen. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Klagebefugnis von Einzelpersonen scheint sich auf das vage und flexible Konzept der „vicinitas“ zu stützen. Berichten zufolge ist der Zugang zu Gerichten insgesamt wirksam genug, um mit der Rechtsprechung des EuGH im Einklang zu stehen.[3] Im Falle einer Genehmigungsentscheidung für eine industrielle Tätigkeit, die nicht unter die IED fällt, haben die Beteiligten beispielsweise das Recht auf Zugang zu den entsprechenden Unterlagen und können Dokumente und Schriftsätze einreichen, die bei der Entscheidung über den Antrag berücksichtigt werden müssen (Artikel 10 des Gesetzes Nr. 241/1990).[4] Die Entscheidung kann binnen 30 bzw. 60 Tagen ab dem Zeitpunkt, zu dem die Beteiligten von der Erteilung der Genehmigung Kenntnis erlangt haben dürften, vor der übergeordneten Verwaltungsbehörde oder den Verwaltungsgerichten angefochten werden. Es ist jedoch anzumerken, dass das Konzept der vicinitas aufgrund der ihm innewohnenden Flexibilität einen einzelfallbezogenen Ansatz für die Klagebefugnis von Einzelpersonen zulässt, der von den Gerichten zuweilen als etwas restriktiv angesehen werden kann.[5]

2) Wie weit reicht der Umfang der verwaltungsbehördlichen Überprüfung (soweit einschlägig) und der gerichtlichen Überprüfung (soweit einschlägig)? Wird sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit abgedeckt?

Im Rahmen einer Verwaltungsbeschwerde wird nicht nur die Rechtmäßigkeit, sondern auch die Begründetheit – die Angemessenheit – der Entscheidung überprüft. Die Verfassungsgerichte können sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit der Entscheidung untersuchen.

3) Besteht das Erfordernis, vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens das Verwaltungsverfahren auszuschöpfen?

Verwaltungsrechtsbehelfe müssen nicht ausgeschöpft werden, bevor ein Fall vor Gericht gebracht wird (Artikel 20 des Gesetzes Nr. 1034/1971).

4) Ist es für die Klagebefugnis vor den nationalen Gerichten erforderlich, an der Phase der öffentlichen Konsultation im Verwaltungsverfahren teilzunehmen – Stellungnahmen abzugeben, an Anhörungen teilzunehmen usw.?

Die Klagebefugnis vor den Verwaltungsgerichten setzt keine Teilnahme an der öffentlichen Konsultation voraus. Klagebefugnis hat vielmehr jede Person, deren Interessen von der Entscheidung berührt sind (Artikel 7 der Verwaltungsprozessordnung).

5) Gibt es Gründe/Argumente, die in der Phase der gerichtlichen Überprüfung präkludiert sind?

Es gibt keine Gründe/Argumente, die in der Phase der gerichtlichen Überprüfung präkludiert sind.

6) Fair, ausgewogen – wie werden diese Begrifflichkeiten im nationalen Rechtssystem angewandt?

Im italienischen Rechtssystem ist die Verwaltungsgerichtsbarkeit durch den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens, die Gleichheit der Parteien und ein ordnungsgemäßes Verfahren (Artikel 2 der Verwaltungsprozessordnung) gekennzeichnet, in Übereinstimmung mit Artikel 111 der Verfassung und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)[6] und des EuGH. Gemäß Artikel 2 und Artikel 111 der Verfassung müssen die Parteien gleichberechtigt sein. Bei der Anfechtung einer Verwaltungsentscheidung im Umweltbereich können die Parteien daher beim Gericht die Bestellung eines Sachverständigen, die Prüfung von Personen oder Sachen, die Vorlage von Unterlagen oder anderen Gegenständen sowie die Anhörung von Zeugen beantragen.

7) Wie wird der Begriff „rechtzeitig“ in den nationalen Rechtsvorschriften umgesetzt?

Nach Artikel 111 der Verfassung müssen Gerichtsverfahren innerhalb einer angemessenen Frist abgeschlossen werden. Dennoch benötigt das Verwaltungsgericht durchschnittlich drei Jahre, um eine Entscheidung zu treffen.[7]

8) Gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes? Wenn ja, welche Verfahrensanforderungen gelten für einen solchen vorläufigen Rechtsschutz? Gibt es für jeden Bereich neben den allgemeinen nationalen Vorschriften Sonderregelungen?

Der vorläufige Rechtsschutz kann nach den allgemeinen Vorschriften in Abschnitt 1.7.2 gewährt werden.

9) Wie hoch sind die Kosten für die Einreichung einer Klage auf Zugang zur Justiz in diesen Bereichen? Welche Folgen hat es, wenn man vor Gericht eine Niederlage erleidet? Wie wird sichergestellt, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sind und enthalten sie einen ausdrücklichen gesetzlichen Verweis auf das Erfordernis, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sein dürfen?

In italienischen Rechtssystem gibt es keine Rechtsvorschrift, wonach die Gerichte verpflichtet sind, übermäßig hohe Kosten zu vermeiden. Dennoch wird Artikel 1 und Artikel 7 der Verwaltungsprozessordnung auf den Grundsatz des ordnungsgemäßen Verfahrens hingewiesen, der als Vermeidung von übermäßig hohen Kosten ausgelegt wird. Die Kosten für den Zugang zu Gerichten in diesen Bereichen können nach den unter Abschnitt 1.7.3 dargelegten Vorschriften geschätzt werden. Im italienischen Rechtssystem gilt der Grundsatz, dass die unterlegene Partei die Kosten trägt (Artikel 91 der Zivilprozessordnung). Sollte der Kläger unterlegen sein, trägt er daher die Kosten. Allerdings kann das Gericht die von der unterlegenen Partei zu tragenden Kosten beschränken, wenn es zu der Auffassung gelangt, dass die der obsiegenden Partei entstandenen Kosten übermäßig hoch oder unnötig sind. Das Gericht kann auch entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen hat, falls eine Partei in einem Streitpunkt obsiegt hat, während die andere Partei in einem anderen Punkt erfolgreich war, oder aus „anderen außergewöhnlichen Gründen, die im Urteil dargelegt sind“ (Artikel 92 der Zivilprozessordnung).

1.2 Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen in Bezug auf die Verwaltungsverfahren, die zur Einhaltung der nationalen Durchführungsvorschriften für die Richtlinie über die strategische Umweltprüfung (SUP) 2001/42/EG zu befolgen sind[8]

1) Welche nationalen gesetzlichen Bestimmungen regeln die Klagebefugnis von Privatpersonen und NRO, die die Verfahren zur Annahme der Entscheidung, Handlung oder Unterlassung oder ihren Inhalt a) in einem Verwaltungsverfahren überprüfen lassen oder b) in einem Gerichtsverfahren vor einem nationalen Gericht anfechten wollen (insbesondere welche zu erfüllenden Voraussetzungen und welche etwaigen Fristen für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens)? Wie wirksam ist der Zugang zu nationalen Gerichten im Lichte der Rechtsprechung des EuGH und der einschlägigen nationalen Rechtsprechung ausgestaltet?

Das SUP-Verfahren (Valutazione Azione Strategica) kommt bei der Genehmigung strategischer Pläne und Programme zur Anwendung und dient der Erhaltung der Umwelt. Dieses Verfahren umfasst die folgenden Schritte: Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist (Screening), Erstellung eines Umweltberichts, Konsultation des Antragstellers, der Behörde und der interessierten Öffentlichkeit, Prüfung des Umweltberichts und der Ergebnisse der Konsultationen, Entscheidung über die Genehmigung im Wege des SUP-Verfahrens, Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Entscheidung und Überwachung der Umweltauswirkungen der genehmigten Tätigkeit (Titel II des Umweltschutzgesetzes). Dieses Verfahren gilt z. B. für Pläne/Programme, die für folgende Bereiche erstellt werden: Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Energie, Industrie, Verkehr, Abfallwirtschaft, Wasserwirtschaft, Telekommunikation, Tourismus, Raumordnung oder Bodennutzung sowie Pläne und Programme, die in den Anhängen II, II-bis, III und IV aufgeführt sind (Artikel 6 Absatz 2 des Umweltschutzgesetzes).

Gemäß den in Abschnitt 1.4.2 dargelegten allgemeinen Vorschriften zur Klagebefugnis können Einzelpersonen und NRO, die ein berechtigtes Interesse haben oder deren Rechte verletzt werden könnten, sowohl gerichtliche als auch außergerichtliche Rechtsmittel einlegen, um die Entscheidung, Handlung oder Unterlassung anzufechten. Die Entscheidung über die SUP-Screening kann nach den allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsverfahrens angefochten werden. Der SUP-Umweltbericht kann nur zusammen mit der endgültigen Entscheidung über das SUP-Verfahren überprüft werden. Gegen diese Verwaltungsentscheidungen kann innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung der Entscheidung, die die Interessen der betroffenen Person berührt, ein Rechtsmittel bei dem der Behörde, welche die Entscheidung erlassen hat, hierarchisch übergeordneten Organ eingelegt werden. Dieses Verfahren muss binnen 90 Tagen mit dem endgültigen Erlass einer neuen Verwaltungsentscheidung abgeschlossen werden. Diese Entscheidung kann wiederum vor dem TAR und dem Staatsrat angefochten werden (Artikel 20 des Gesetzes Nr. 1034/1971). Rechtsbehelfe können innerhalb von 60 Tagen ab dem Datum der Zustellung der Entscheidung an die betroffene Partei bzw. der Veröffentlichung der Entscheidung eingelegt werden (Artikel 2 und 21 des Gesetzes Nr. 1034/1971 in geänderter Fassung).

Wie in Abschnitt 1.4.2 erörtert, gelten anerkannte NRO als Träger eines berechtigten Interesses an Umweltentscheidungen. Verwaltungsgerichte können auf Einzelfallbasis auch Organisationen oder Ad-hoc-Gruppen Klagebefugnis zuerkennen. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Klagebefugnis von Einzelpersonen scheint sich auf vage und flexible Konzepte wie das der „vicinitas“ zu stützen. Der Zugang zu Gerichten zur Anfechtung von SUP-Entscheidungen ist daher flexibel genug, um im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH zu stehen.

2) Wie weit reicht der Umfang der verwaltungsbehördlichen Überprüfung (soweit einschlägig) und der gerichtlichen Überprüfung (soweit einschlägig)? Wird sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit abgedeckt?

Im Rahmen einer Verwaltungsbeschwerde wird nicht nur die Rechtmäßigkeit, sondern auch die Begründetheit – die Angemessenheit – der Entscheidung überprüft. Die Verfassungsgerichte können sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit der Entscheidung untersuchen.

3) Besteht das Erfordernis, vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens das Verwaltungsverfahren auszuschöpfen?

Verwaltungsrechtsbehelfe müssen nicht ausgeschöpft werden, bevor ein Fall vor Gericht gebracht wird (Artikel 20 des Gesetzes Nr. 1034/1971).

4) Ist es für die Klagebefugnis vor den nationalen Gerichten erforderlich, an der Phase der öffentlichen Konsultation im Verwaltungsverfahren teilzunehmen – Stellungnahmen abzugeben, an Anhörungen teilzunehmen usw.?

Das SUP-Verfahren für die öffentliche Konsultation ähnelt dem UVP-Verfahren: Die Bekanntmachung wird im GU oder BUR veröffentlicht und die Öffentlichkeit kann innerhalb von 60 Tagen Stellung nehmen. Die Stellungnahmen der Öffentlichkeit werden bei der endgültigen Entscheidung berücksichtigt, der eine begründete Stellungnahme beigefügt werden muss. Gemäß dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung ist die italienische Staatsbürgerschaft keine Voraussetzung für die Teilnahme an der Konsultation.

Die Klagebefugnis vor den Verwaltungsgerichten setzt jedoch keine Teilnahme an der öffentlichen Konsultation voraus. Klagebefugnis hat vielmehr jede Person, deren Interessen von der Entscheidung berührt sind (Artikel 7 der Verwaltungsprozessordnung).

5) Gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes? Wenn ja, welche Verfahrensanforderungen gelten für einen solchen vorläufigen Rechtsschutz? Gibt es für jeden Bereich neben den allgemeinen nationalen Vorschriften Sonderregelungen?

Der vorläufige Rechtsschutz kann nach den allgemeinen Vorschriften in Abschnitt 1.7.2 gewährt werden.

6) Wie hoch sind die Kosten für die Einreichung einer Klage auf Zugang zum Recht in diesen Bereichen? Welche Folgen hat es, wenn man vor Gericht eine Niederlage erleidet? Wie wird sichergestellt, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sind und enthalten sie einen ausdrücklichen gesetzlichen Verweis auf das Erfordernis, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sein dürfen?

Die Kosten für den Zugang zu Gerichten in diesen Bereichen können nach den unter Abschnitt 1.7.3 dargelegten Vorschriften geschätzt werden.

1.3 Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen in Bezug auf die Verwaltungsverfahren, die zur Erfüllung der obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Artikel 7 des Übereinkommens von Aarhus in Bezug auf Pläne und Programme, die nicht den in der Richtlinie 2001/42/EG über die strategische Umweltprüfung (SUP) festgelegten Verfahren unterzogen wurden, zu befolgen sind[9]

1) Welche nationalen gesetzlichen Bestimmungen regeln die Klagebefugnis von Privatpersonen und NRO, die die Verfahren zur Annahme der Entscheidung, Handlung oder Unterlassung oder ihren Inhalt a) in einem Verwaltungsverfahren überprüfen lassen oder b) in einem Gerichtsverfahren vor einem nationalen Gericht anfechten wollen (insbesondere welche zu erfüllenden Voraussetzungen und welche etwaigen Fristen für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens)? Wie wirksam ist der Zugang zu nationalen Gerichten im Lichte der Rechtsprechung des EuGH und der einschlägigen nationalen Rechtsprechung ausgestaltet?

Nach Artikel 7 des Aarhus-Übereinkommens ist die Öffentlichkeit bei umweltbezogenen Plänen, Programmen und Politiken in angemessenem Umfang zu beteiligen. In Italien wird die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Entscheidungsfindung über Pläne und Programme hauptsächlich durch die Anwendung des SUP-Verfahrens gewährleistet. Tatsächlich besteht eine wichtige neuere Praxis der Behörden darin, das SUP-Verfahren, einschließlich der Anforderungen an die Öffentlichkeitsbeteiligung, auch in Situationen anzuwenden, in denen noch ein Beurteilungsspielraum besteht.[10] Darüber hinaus wurde in Italien die Öffentlichkeitsbeteiligung bei Plänen und Programmen mit besonderer Bedeutung auf lokaler Ebene entwickelt, selbst in Situationen, in denen das SUP-Verfahren nicht durchgeführt wird. Beispiele:

  • Lokale Agenda 21 Der Beteiligungsprozess zur Agenda 21 erfolgt in zwei wesentlichen Phasen, und zwar durch a) die Einrichtung eines speziellen „lokalen Forums für die Agenda 21“, an dem sich die lokalen territorialen Interessenträger beteiligen können, die an der Durchführung eines spezifischen „lokalen Agenda-21-Projekts“ interessiert sind, b) die Ausarbeitung eines Agenda-21-Aktionsplans – eines strategischen Dokuments, das sich an alle Beteiligten richtet (lokale Behörden, Unternehmen, Organisationen, Verbände, Schulen, Medien).
  • Nach dem Gesetz Nr. 394/1991 über Naturschutzgebiete (auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene eingerichtete Parks) soll die Öffentlichkeit an der Planung der Einrichtung und Verwaltung von Parks beteiligt werden.
  • Nach dem Gesetzesvertretenden Dekret Nr. 267/2000 (über die lokale Verwaltung) sind die Gemeinden und Provinzen verpflichtet, die Beteiligung der Öffentlichkeit und den Zugang zu Informationen durch ihre Satzungen zu fördern.

Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist auch bei der lokalen Entscheidungsfindung über Planentwürfe vorgesehen, z. B. bei der Abwasserbewirtschaftung, bei Wasserschutzplänen (Piani di tutela delle acque), bei der Vermeidung von Lärm und Luftverschmutzung, bei der Raumordnung, bei Strukturinterventionen, bei der Bodennutzung, bei der Bewirtschaftung von Wassereinzugsgebieten und bei der lokalen/regionalen Entwicklung. [11]
Darüber hinaus ist anzumerken, dass sich Artikel 7 des Aarhus-Übereinkommens auch auf Pläne beziehen kann, die, wie die hier aufgeführten, kein SUP-Verfahren durchlaufen, aber im Gegensatz dazu (zumindest im Prinzip) keinen Umweltbezug aufweisen. So hat das italienische Ministerium für Hochschule und Forschung vor Kurzem einen Aufruf zur öffentlichen Konsultation zum Nationalen Forschungsprogramm 2021-2027 (NFP) veröffentlicht. Mit dem NFP 2021-2027 beabsichtigt das Ministerium, einen partizipativen strategischen Planungsprozess in Gang zu setzen, um zur nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft beizutragen und auf dringende Anfragen zu reagieren. [12]

Der Zugang zu Gerichten bedeutet, dass die Öffentlichkeit, die ein berechtigtes Interesse an einer Verwaltungsentscheidung hat (Einzelpersonen und Organisationen), nicht nur an der Entscheidungsfindung teilnehmen, sondern auch jede rechtswidrige Entscheidung einer Behörde vor den Verwaltungsgerichten anfechten kann (Gesetz Nr. 1034/1971 und Gesetz Nr. 241/1990). Lediglich politische Akte können vor dem Verwaltungsgericht nicht angefochten werden. Die Öffentlichkeit kann auch eine verwaltungsbehördliche Überprüfung beantragen (Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 1199/1971). Eine Entscheidung kann als rechtswidrig angesehen werden, wenn sie mit den Rechtsvorschriften über den Beurteilungsspielraum der Verwaltung, einschließlich der Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung, unvereinbar ist. [13] Gegen diese Verwaltungsentscheidungen kann innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung der Entscheidung, die die Interessen der betroffenen Person berührt, ein Rechtsmittel bei dem der Behörde, welche die Entscheidung erlassen hat, hierarchisch übergeordneten Organ eingelegt werden. Dieses Verfahren muss binnen 90 Tagen mit dem endgültigen Erlass einer neuen Verwaltungsentscheidung abgeschlossen werden. Diese Entscheidung kann wiederum vor dem TAR und dem Staatsrat angefochten werden (Artikel 20 des Gesetzes Nr. 1034/1971). Rechtsbehelfe können innerhalb von 60 Tagen ab dem Datum der Zustellung der Entscheidung an die betroffene Partei bzw. der Veröffentlichung der Entscheidung eingelegt werden (Artikel 2 und 21 des Gesetzes Nr. 1034/1971 in geänderter Fassung).

In Anbetracht der bereitgestellten Ressourcen ist es schwierig, mit Sicherheit festzustellen, ob der Zugang zu Gerichten in diesem Fall wirksam ist. Die in Abschnitt 1.4.2 genannten Anforderungen für die Zuerkennung der Klagebefugnis könnten jedoch als ausreichend flexibel angesehen werden, um mit der Rechtsprechung des EuGH in Einklang zu stehen. Es ist jedoch anzumerken, dass das Konzept der vicinitas aufgrund der ihm innewohnenden Flexibilität einen einzelfallbezogenen Ansatz zulässt, der von den Verwaltungsgerichten zuweilen als etwas restriktiv angesehen werden kann.[14]

2) Wie weit reicht der Umfang der verwaltungsbehördlichen Überprüfung (soweit einschlägig) und der gerichtlichen Überprüfung (soweit einschlägig)? Wird sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit abgedeckt?

Im Rahmen einer Verwaltungsbeschwerde wird nicht nur die Rechtmäßigkeit, sondern auch die Begründetheit – die Angemessenheit – der Entscheidung überprüft. Die Verfassungsgerichte können sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit der Entscheidung untersuchen.

3) Besteht das Erfordernis, vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens das Verwaltungsverfahren auszuschöpfen?

Verwaltungsrechtliche Rechtsbehelfe müssen nicht ausgeschöpft werden, bevor ein Fall vor Gericht gebracht wird (Artikel 20 des Gesetzes Nr. 1034/1971).

4) Ist es für die Klagebefugnis vor den nationalen Gerichten erforderlich, an der Phase der öffentlichen Konsultation im Verwaltungsverfahren teilzunehmen – Stellungnahmen abzugeben, an Anhörungen teilzunehmen usw.?

Die Klagebefugnis vor den Verwaltungsgerichten setzt keine Teilnahme an der öffentlichen Konsultation voraus. Klagebefugnis hat vielmehr jede Person, deren Interessen von der Entscheidung berührt sind (Artikel 7 der Verwaltungsprozessordnung).

5) Gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes? Wenn ja, welche Verfahrensanforderungen gelten für einen solchen vorläufigen Rechtsschutz? Gibt es für jeden Bereich neben den allgemeinen nationalen Vorschriften Sonderregelungen?

Der vorläufige Rechtsschutz kann nach den allgemeinen Vorschriften in Abschnitt 1.7.2 gewährt werden.

6) Wie hoch sind die Kosten für die Einreichung einer Klage auf Zugang zum Recht in diesen Bereichen? Welche Folgen hat es, wenn man vor Gericht eine Niederlage erleidet? Wie wird sichergestellt, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sind und enthalten sie einen ausdrücklichen gesetzlichen Verweis auf das Erfordernis, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sein dürfen?

Die Kosten für den Zugang zu Gerichten in diesen Bereichen können nach den unter Abschnitt 1.7.3 dargelegten Vorschriften geschätzt werden.

1.4 Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen, die auch Pläne und Programme betreffen, die nach dem EU-Umweltrecht ausgearbeitet werden müssen[15]

1) Welche nationalen gesetzlichen Bestimmungen regeln die Klagebefugnis von Privatpersonen und NRO, die den Inhalt des Plans a) einer verwaltungsbehördlichen Überprüfung unterziehen und b) vor einem nationalen Gericht anfechten wollen (insbesondere in Bezug auf die zu erfüllenden Voraussetzungen und die Fristen für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens)? Wie wirksam ist der Zugang zu nationalen Gerichten im Lichte der Rechtsprechung des EuGH und der einschlägigen nationalen Rechtsprechung ausgestaltet?

Jede Person oder Personengruppe, deren Recht oder berechtigtes Interesse durch eine Entscheidung, Handlung oder Unterlassung einer Behörde im Zusammenhang mit Plänen und Programmen, die nach dem EU-Umweltrecht zu erstellen sind, verletzt wurde, kann nach den allgemeinen Verwaltungsverfahrensvorschriften sowohl gerichtliche als auch außergerichtliche Rechtsbehelfe in Anspruch nehmen. Gegen diese Verwaltungsentscheidungen kann innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung der Entscheidung, die die Interessen der betroffenen Person berührt, ein Rechtsmittel bei dem der Behörde, welche die Entscheidung erlassen hat, hierarchisch übergeordneten Organ eingelegt werden. Dieses Verfahren muss binnen 90 Tagen mit dem endgültigen Erlass einer neuen Verwaltungsentscheidung abgeschlossen werden. Diese Entscheidung kann wiederum vor dem regionalen Verwaltungsgericht und dem Staatsrat angefochten werden (Artikel 20 des Gesetzes Nr. 1034/1971). Rechtsbehelfe können innerhalb von 60 Tagen ab dem Datum der Zustellung der Entscheidung an die betroffene Partei bzw. der Veröffentlichung der Entscheidung eingelegt werden (Artikel 2 und 21 des Gesetzes Nr. 1034/1971 in geänderter Fassung).

Hinsichtlich der Frage, ob der Zugang zu Gerichten wirksam ist oder nicht, sollten die in Abschnitt 1.4.2 genannten Anforderungen für die Zuerkennung der Klagebefugnis flexibel genug sein, um der Rechtsprechung des EuGH Rechnung zu tragen. Wenn beispielsweise die für die Luftqualitätsvorschriften zuständige Behörde keinen Luftqualitätsplan für eine Gemeinde erstellt hat und damit gegen die EU-Luftqualitätsnormen verstößt, kann ein Bürger oder eine im Umweltschutz tätige NRO eine Beschwerde bei der Gemeinde (oder bei der lokalen Ombudsperson, wenn es eine solche gibt) einreichen.[16] Wenn dies keine Wirkung zeigt, kann sich der betroffene Bürger oder die NRO an das TAR wenden.

2) Hat die Form, in der der Plan oder das Programm angenommen wird, eine Auswirkung auf die Klagebefugnis (siehe auch Abschnitt 2.5)?

Die Form, in der der Plan oder das Programm angenommen wird, hat eine Auswirkung auf die Klagebefugnis. Wenn ein bestimmter Plan oder ein bestimmtes Programm in Form einer allgemeinen Maßnahme erlassen wird, können Privatpersonen nur gegen jene Teile der Maßnahme, die ihre berechtigten Interessen oder Rechte unmittelbar beeinträchtigt, gerichtlich vorgehen. In diesem Fall kann die Allgemeinheit der Vorschriften den Nachweis der Klagebefugnis erschweren.

Wenn ein bestimmter Plan oder ein bestimmtes Programm in Form eines Rechtsakts erlassen wird, sind die Empfänger dieser Rechtsakte leicht zu erkennen, und der Rechtsakt kann sich unmittelbar auf ihre subjektive Rechtslage auswirken. Für sie kann der Nachweis der Klagebefugnis einfacher ausfallen.

3) Wie weit reicht der Umfang der verwaltungsbehördlichen Überprüfung (soweit einschlägig) und der gerichtlichen Überprüfung (soweit einschlägig)? Wird sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit abgedeckt?

Im Rahmen einer Verwaltungsbeschwerde wird nicht nur die Rechtmäßigkeit, sondern auch die Begründetheit – die Angemessenheit – der Entscheidung überprüft. Die Verfassungsgerichte können sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit der Entscheidung untersuchen.

4) Besteht das Erfordernis, vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens das Verwaltungsverfahren auszuschöpfen?

Verwaltungsrechtsbehelfe müssen nicht ausgeschöpft werden, bevor ein Fall vor Gericht gebracht wird (Artikel 20 des Gesetzes Nr. 1034/1971).

5) Ist es für die Klagebefugnis vor den nationalen Gerichten erforderlich, an der Phase der öffentlichen Konsultation im Verwaltungsverfahren teilzunehmen – Stellungnahmen abzugeben, an Anhörungen teilzunehmen usw.?

Die Klagebefugnis vor den Verwaltungsgerichten setzt keine Teilnahme an der öffentlichen Konsultation voraus. Klagebefugnis hat vielmehr jede Person, deren Interessen von der Entscheidung berührt sind (Artikel 7 der Verwaltungsprozessordnung).

6) Gibt es Gründe/Argumente, die in der Phase der gerichtlichen Überprüfung präkludiert sind?

Es gibt keine Gründe/Argumente, die in der Phase der gerichtlichen Überprüfung präkludiert sind.

7) Fair, ausgewogen – wie werden diese Begrifflichkeiten im nationalen Rechtssystem angewandt?

Im italienischen Rechtssystem ist die Verwaltungsgerichtsbarkeit durch den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens, die Gleichheit der Parteien und ein ordnungsgemäßes Verfahren (Artikel 2 der Verwaltungsprozessordnung) gekennzeichnet, in Übereinstimmung mit Artikel 111 der Verfassung und der Rechtsprechung des EGMR[17] und des EuGH. Gemäß Artikel 2 und Artikel 111 der Verfassung müssen die Parteien gleichberechtigt sein. Bei der Anfechtung einer Verwaltungsentscheidung im Umweltbereich können die Parteien daher beim Gericht die Bestellung eines Sachverständigen, die Prüfung von Personen oder Sachen, die Vorlage von Unterlagen oder anderen Gegenständen sowie die Anhörung von Zeugen beantragen.

8) Wie wird der Begriff „rechtzeitig“ in den nationalen Rechtsvorschriften umgesetzt?

Nach Artikel 111 der Verfassung müssen Gerichtsverfahren innerhalb einer angemessenen Frist abgeschlossen werden. Dennoch benötigt das Verwaltungsgericht durchschnittlich drei Jahre, um eine Entscheidung zu treffen.[18]

9) Gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes? Wenn ja, welche Verfahrensanforderungen gelten für einen solchen vorläufigen Rechtsschutz? Gibt es für jeden Bereich neben den allgemeinen nationalen Vorschriften Sonderregelungen?

Der vorläufige Rechtsschutz kann nach den allgemeinen Vorschriften in Abschnitt 1.7.2 gewährt werden.

10) Wie hoch sind die Kosten für die Einreichung einer Klage auf Zugang zum Recht in diesen Bereichen? Welche Folgen hat es, wenn man vor Gericht eine Niederlage erleidet? Wie wird sichergestellt, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sind und enthalten sie einen ausdrücklichen gesetzlichen Verweis auf das Erfordernis, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sein dürfen?

Die Kosten für den Zugang zum Recht in diesen Bereichen können nach den unter Abschnitt 1.7.3 dargelegten Vorschriften geschätzt werden.

1.5 Exekutive Vorschriften und/oder allgemein anwendbare rechtsverbindliche normative Instrumente zur Umsetzung des EU-Umweltrechts und damit verbundener EU-Rechtsakte[19]

1) Welche nationalen gesetzlichen Bestimmungen regeln die Klagebefugnis von Privatpersonen und NRO, die das Verfahren zur Annahme der Entscheidung, Handlung oder Unterlassung des nationalen Rechtsakts oder ihren Inhalt a) einer verwaltungsbehördlichen Überprüfung unterziehen und b) vor einem nationalen Gericht anfechten wollen (insbesondere welche zu erfüllenden Voraussetzungen und welche etwaigen Fristen für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens)? Wie wirksam ist der Zugang zu nationalen Gerichten im Lichte der Rechtsprechung des EuGH und der einschlägigen nationalen Rechtsprechung ausgestaltet?

Die EU-Rechtsvorschriften werden in Italien hauptsächlich durch folgende Maßnahmen umgesetzt:

  1. Primärrecht (legge di rango ordinario): z. B. parlamentarisches Gesetz, regional Recht, Gesetz, gesetzesvertretendes Dekret),
  2. Sekundärrecht: z. B. regionale Durchführungsverordnungen.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zwischen zwei verschiedenen Situationen zu unterscheiden, je nachdem, welche Art von Rechtsakt zur Umsetzung von EU-Recht herangezogen wird:

Primärrecht: Natürliche und juristische Personen, die ein berechtigtes Interesse haben oder deren Rechte durch eine Verwaltungsentscheidung verletzt werden könnten, die auf der Grundlage eines Primärrechts getroffen wurde, das mit den EU-Verträgen, Verordnungen oder dem Recht der Selbstverwaltung in Widerspruch steht, können den Rechtsakt anfechten und den Richter auffordern, den Verwaltungsakt im konkreten Fall nicht anzuwenden.

Primärrecht, das im Widerspruch zu EU-Verträgen, Verordnungen oder zum Recht der Selbstverwaltung steht, kann an sich auch vor Gericht angefochten werden. Natürliche und juristische Personen können das Gericht auffordern, die widersprüchliche nationale Rechtsvorschrift nicht anzuwenden, die widersprüchliche nationale Rechtsvorschrift im Einklang mit dem EU-Recht auszulegen oder den Fall an den Verfassungsgerichtshof zu verweisen (das TAR kann z. B. das widersprüchliche parlamentarische Gesetz nicht außer Acht lassen, kann aber den Fall an den Verfassungsgerichtshof verweisen). Die Antragsteller können auch das Gericht oder den Verfassungsgerichtshof ersuchen, den Fall an den EuGH zu verweisen.

Sekundärrecht: Natürliche oder juristische Personen, die ein berechtigtes Interesse haben oder deren Rechte durch die Maßnahmen beeinträchtigt werden könnten, können das abgeleitete Recht nach den allgemeinen Verwaltungsprozessgrundsätzen anfechten und den Richter auffordern, die widersprüchliche Norm nicht anzuwenden oder die Sache an den EuGH zu verweisen. Der auf der Grundlage des widersprüchlichen Sekundärrechts erlassene Verwaltungsakt wird vom Gericht ganz oder teilweise für nichtig erklärt.

2) Wie weit reicht der Umfang der verwaltungsbehördlichen Überprüfung (soweit einschlägig) und der gerichtlichen Überprüfung (soweit einschlägig)? Wird sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit abgedeckt?

Die Verfassungsgerichte können sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit der Entscheidung untersuchen. Das Verfassungsgericht kann die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes oder einer Verwaltungsregelung zur Umsetzung oder Durchführung des EU-Rechts überprüfen.

3) Besteht das Erfordernis, vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens das Verwaltungsverfahren auszuschöpfen?

Verwaltungsrechtsbehelfe müssen nicht ausgeschöpft werden, bevor ein Fall vor Gericht gebracht wird.

4) Ist es für die Klagebefugnis vor den nationalen Gerichten erforderlich, an der Phase der öffentlichen Konsultation im Verwaltungsverfahren teilzunehmen – Stellungnahmen abzugeben, an Anhörungen teilzunehmen usw.?

Die Klagebefugnis vor den Verwaltungsgerichten setzt keine Teilnahme an der öffentlichen Konsultation voraus. Klagebefugnis hat vielmehr jede Person, deren Interessen von der Entscheidung berührt sind.

5) Gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes? Wenn ja, welche Verfahrensanforderungen gelten für einen solchen vorläufigen Rechtsschutz? Gibt es für jeden Bereich neben den allgemeinen nationalen Vorschriften Sonderregelungen?

Der vorläufige Rechtsschutz kann nach den allgemeinen Vorschriften in Abschnitt 1.7.2 durch den Verwaltungsrichter angeordnet werden. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist vor dem Bundesverfassungsgericht ausgeschlossen.

6) Wie hoch sind die Kosten für die Einreichung einer Klage auf Zugang zum Recht in diesen Bereichen? Welche Folgen hat es, wenn man vor Gericht eine Niederlage erleidet? Wie wird sichergestellt, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sind und enthalten sie einen ausdrücklichen gesetzlichen Verweis auf das Erfordernis, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sein dürfen?

Die Kosten für den Zugang zum Recht in diesen Bereichen können nach den unter Abschnitt 1.7.3 dargelegten Vorschriften geschätzt werden. Natürliche und juristische Personen haben keine Klagebefugnis vor dem Verfassungsgerichtshof, sodass ihnen auch keine Kosten entstehen.

7) Ist es möglich, einen damit verbundenen EU-Rechtsakt im Hinblick auf ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 267 AEUV vor einem nationalen Gericht anzufechten, und wenn ja, wie?[20]

Ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 267 AEUV ist nach den in Abschnitt 1.3.5 dargelegten Bestimmungen möglich.



[1] Diese Kategorie von Fällen entspricht der jüngsten Rechtsprechung des EuGH, z. B. in den Rechtssachen C-664/15, Protect und C-240/09, slowakischer Braunbär, wie in der Mitteilung der Kommission C/2017/2616 über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten beschrieben.

[2] Siehe z. B. die Rechtssachen C-664/15, Protect und C-240/09, slowakischer Braunbär, Rn. 15 sowie die Rechtssachen C-243/15, Lesoochranárske zoskupenie VLK/Obvodný úrad Trenčín (Slovak Bears II) und C-127/02, Waddenzee, Rn. 66-70.

[3] Institut für Europäische Umweltpolitik, Development of an assessment framework on environmental governance in the EU Member States. Environmental Governance Assessment Italy (Entwicklung eines Bewertungsrahmens für die Umweltpolitik in den EU-Mitgliedstaaten. Die Bewertung der Umweltpolitik in Italien) (Februar 2019), S. 49 [Zugriff am 9.4.2020]; siehe auch Caranta, R. (2013) Study on the Implementation of Articles 9.3 and 9.4 of the Aarhus Convention in Italy, S. 12 und Milieu Report, Study on EU implementation of the Aarhus Convention in the area of access to justice in environmental matters Final report, September 2019.

[4] Caranta, R. (2013) Study on the Implementation of Articles 9.3 and 9.4 of the Aarhus Convention in Italy, S. 12.

[5] Caranta, R. (2013) Study on the Implementation of Articles 9.3 and 9.4 of the Aarhus Convention in Italy, S. 12.

[6] In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Italien bereits mehrfach gegen Artikel 6 Absatz 1 EMRK verstoßen hat. Siehe z. B. Cocchiarella/Italien, Antrag Nr. 64886/01, Urteil vom 29. März 2006.

[7] Siehe diesbezüglich den EU-Justizbarometer 2018; siehe auch CEPEJ-Indikatoren für die Effizienz.

[8] Die SUP-Richtlinie bezieht sich auf Pläne und Programme. Diese werden auch in Artikel 7 und Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Aarhus geregelt.

[9] Siehe Feststellungen unter ACCC/C/2010/54 in Bezug auf einen Plan, der nicht einer SUP unterzogen wurde, für den jedoch eine obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung nach Artikel 7 des Übereinkommens von Aarhus gilt.

[10] 4. aktualisierte nationale Umsetzungsberichte, S. 28.

[11] 4. aktualisierte nationale Umsetzungsberichte, S. 28.

[12] Für weitere Informationen siehe „Programma Nazionale per la Ricerca 2021-2027“.

[13] Ebenda.

[14] Caranta, R. (2013) Study on the Implementation of Articles 9.3 and 9.4 of the Aarhus Convention in Italy, S. 12.

[15] Diese fallen sowohl in den Anwendungsbereich von Artikel 7 als auch von Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Aarhus. Siehe auch einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wie z. B. die Rechtssache C-237/97, Janecek, die verbundenen Rechtssachen C-128/09 bis C-131/09, Boxus, und die Rechtssache C-182/10, Solvay, auf die in der Mitteilung C/2017/2616 der Kommission über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten Bezug genommen wird.

[16] Siehe Caranta, R. (2013) Study on the Implementation of Articles 9.3 and 9.4 of the Aarhus Convention in Italy, S. 19.

[17] In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Italien bereits mehrfach gegen Artikel 6 Absatz 1 EMRK verstoßen hat. Siehe z. B. Cocchiarella/Italien, Antrag Nr. 64886/01, Urteil vom 29. März 2006.

[18] Siehe diesbezüglich den EU-Justizbarometer 2018; siehe auch CEPEJ-Indikatoren für die Effizienz.

[19] Solche Rechtsakte fallen in den Anwendungsbereich von Artikel 8 und Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Aarhus. Ein Beispiel für einen solchen Rechtsakt ist die Entscheidung der nationalen Verwaltung, die der Rechtssache C-281/16, Vereniging Hoekschewaards Landschap, EU:C:2017:774 zugrunde lag.

[20] Ein Beispiel für ein solches Vorabentscheidungsersuchen findet sich in der Rechtssache C-281/16, Vereniging Hoekschewaards Landschap, EU:C:2017:774.

Letzte Aktualisierung: 28/04/2022

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