Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten

Nemecko

Autor obsahu
Nemecko

1.1. Rechtsordnung – Quellen des Umweltrechts

1) Allgemeine Einführung in das System zum Schutz der Umwelt und der Verfahrensrechte von Personen (natürliche Personen, juristische Personen, NRO – Nichtregierungsorganisationen) in der jeweiligen nationalen Rechtsordnung

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Bundesstaat und besteht aus 16 Bundesländern (oder einfach "Ländern"). Nach der deutschen Verfassung, dem so genannten Grundgesetz (GG), ist die Staatsgewalt zwischen der Bundesebene und der Ebene der Länder aufgeteilt. Prinzipiell weist das Grundgesetz die Staatsgewalt nach Art. 30 GG, Art. 70 Abs. 1 GG (gesetzgebende Gewalt) und Art. 83 GG (vollziehende Gewalt) der Landesebene zu. Die Bundesebene hat nur dann Verwaltungs- und Gesetzgebungskompetenz, wenn die Verfassung dies ausdrücklich vorsieht. In der Praxis hat der Bund jedoch den größten Anteil an der Gesetzgebungskompetenz. Art. 73 Abs. 1 Nr. 1-14 GG weist der Bundesebene eine bedeutende Anzahl von ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnissen zu. In den Bereichen der konkurrierenden Gesetzgebung (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1-33 GG i. V. m. Art. 72 GG) können die Länder gesetzgeberisch tätig werden, solange und soweit der Bundesgesetzgeber seine Gesetzgebungskompetenz in dem jeweiligen Bereich nicht (oder noch nicht) ausgeübt hat. Art. 72 Abs. 3 GG nennt bestimmte Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz, in denen die Länder durch eigene Gesetzgebung von der Bundesgesetzgebung abweichen können.

Heute sind die meisten Umweltgesetze in Deutschland Bundesrecht. Sehr oft setzen diese Normen EU-Recht um. Mehr als zwei Drittel der Umweltgesetze in Deutschland gehen auf EU-Normen zurück.[1] Dies ist insbesondere der Fall in den Bereichen

  • Luftreinhaltung,
  • Lärmschutz,
  • Abfallwirtschaft,
  • Chemikalien,
  • Gentechnik und
  • nukleare Sicherheit.

Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung, in denen die Länder nach Art. 72 Abs. 3 GG von der Bundesgesetzgebung abweichen dürfen, sind

  • die Bewirtschaftung der Wasserressourcen (mit Ausnahme von Vorschriften, die sich auf Stoffe oder Anlagen beziehen),
  • Naturschutz und Landschaftspflege (mit Ausnahme der allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, des Rechts des Artenschutzes und des Meeresnaturschutzes) und
  • die Bodenverteilung und die Raumordnung.[2]

Das deutsche System der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist darauf ausgelegt, die Rechte des Einzelnen gegen die Ausübung öffentlicher Gewalt zu garantieren. Kläger müssen in der Regel eine Verletzung eines individuellen Rechts ("subjektiv öffentliches Recht") geltend machen, um Zugang zur Justiz zu erhalten, Art. 19 Abs. 4 GG.

Rechtsstreitigkeiten im öffentlichen Interesse sind eine Ausnahme von der allgemeinen Regel. Sie muss durch spezielle Gesetze begründet werden. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) ermöglicht es anerkannten Nichtregierungsorganisationen (siehe 1.4), juristischen und natürlichen Personen, die Verletzung wichtiger Umweltvorschriften anzufechten.

Der Grundgedanke der Aarhus-Konvention, wonach die "betroffene Öffentlichkeit" in allen Umweltangelegenheiten Zugang zu Gerichten haben soll, wird jedoch nicht durch eine umfassende innerstaatliche Regelung sichtbar gemacht.

Eine grüne actio popularis ist nicht etabliert.

2) Wichtigste Bestimmungen im Bereich des Umweltrechts und des Zugangs zu den Gerichten in der nationalen Verfassung (soweit einschlägig), einschließlich der Verfahrensrechte

Seit 1994 ist der Umweltschutz als Staatsziel in Artikel 20a GG verankert. Umweltschutz und Nachhaltigkeit haben damit Verfassungsrang erlangt. Nach dem Wortlaut des Artikels 20a sind der Staat und seine Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung verpflichtet, die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere zu schützen, auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen.

Dennoch wird Art. 20a GG bisher nicht als eine Rechtsvorschrift verstanden, die natürlichen oder juristischen Personen oder Vereinigungen ein individuelles Klagerecht in Umweltangelegenheiten einräumt.

Die wichtigste verfassungsrechtliche Bestimmung über den Zugang zu Gerichten ist Artikel 19 Abs. 4 GG. Dies ist eine Verfassungsgarantie, die sich nicht speziell auf Umweltfälle bezieht. Sie lautet: "Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen". Die Vorschrift spiegelt damit den traditionellen individualrechtsbasierten Ansatz des Zugangs zu Gerichten in Deutschland wider.

3) Rechtsakte, Gesetze, Erlasse usw. – wichtigste Bestimmungen im Bereich des Umweltrechts und des Zugangs zu den Gerichten, nationale Gesetze und Rechtsakte

Hinsichtlich des Zugangs zu Gerichten in Umweltangelegenheiten gilt die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) für Klagen von natürlichen und juristischen Personen. Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Person klagebefugt, wenn sie geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder dessen Versagung oder Unterlassung in ihren Rechten verletzt zu sein, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes durch Klage begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

Besondere Bestimmungen über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten für NGOs finden sich sowohl im Bundesrecht als auch in den jeweiligen Landesgesetzen.

Auf Bundesebene sind die wichtigsten Gesetzeswerke:

  • das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) und
  • das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG).

Eine Reihe von Bundesländern hat ergänzende Regelungen zum umweltrechtlichen Zugang zu Gerichten in ihre jeweiligen Naturschutzgesetze aufgenommen, siehe z.B.:

  • Baden-Württemberg: § 50 des Landesnaturschutzgesetzes (Gesetz des Landes Baden-Württemberg zum Schutz der Natur und zur Pflege der Landschaft, NatSchG BW)
  • Berlin: § 46 des Landesnaturschutzgesetzes (Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege von Berlin, NatSchG Bln)
  • Brandenburg: § 37 des Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (Brandenburgisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz, BbgNatSchAG)
  • MecklenburgVorpommern: § 30 des Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (Gesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Ausführung des Bundesnaturschutzgesetzes, NatSchAG MV)
  • Nordrhein-Westfalen: § 68 des Landesnaturschutzgesetzes (Gesetz zum Schutz der Natur in Nordrhein-Westfalen, LNatSchG NRW)
  • Rheinland-Pfalz: § 31 des Landesnaturschutzgesetzes (Landesnaturschutzgesetz Rheinland-Pfalz, LNatSchG Rheinland-Pfalz)
  • Sachsen: § 34 des Naturschutzgesetzes Sachsen (Sächsisches Naturschutzgesetz, SächsNatSchG),
  • Thüringen: § 29 des Naturschutzgesetzes Thüringen (Thüringer Gesetz zur Ausführung des Bundesnaturschutzgesetzes und zur weiteren landesrechtlichen Regelung des Naturschutzes und der Landschaftspflege, ThürNatG)

4) Beispiele für die nationale Rechtsprechung und die Rolle des Obersten Gerichtshofs in Umweltverfahren

In Deutschland gibt es kein oberstes Gericht, das für alle Zweige des Gerichtssystems zuständig ist. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und die Verfassungsgerichte der Länder fungieren nicht als oberste Gerichte, und sie sind nicht Teil des regulären Gerichtssystems. Ihre Zuständigkeit beschränkt sich auf verfassungsrechtliche Fragen, die sich aber auch in bestimmten Umweltfällen stellen können (z.B. zur Reichweite der Grundrechte oder des Staatsziels Umweltschutz aus Art. 20a GG).

Fälle, die Umweltfragen betreffen, fallen in der Regel in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte. Daher spielt das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig die wichtigste Rolle, wenn es um die Rechtsprechung in Umweltsachen geht, da es die letzte Instanz in diesem Zweig der Judikative ist. Für weitere Informationen über das Justizsystem siehe 1.2.

Drei aktuelle Grundsatzentscheidungen des BVerwG sind:

2018: "Luftqualität und Dieselfahrverbot"[3]

Entscheidung des BVerwG zu einem von einer Nichtregierungsorganisation erhobenen Klage, u.a. zu der Frage, ob ein Verbot von Dieselfahrzeugen die einzig geeignete Maßnahme sein kann, um die Luftverschmutzung schnellstmöglich in einem Umfang zu bekämpfen, der noch im Einklang mit dem geltenden Recht steht, und ob ein solches Verbot folglich erlassen werden muss, um den Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität und saubere Luft für Europa nachzukommen.

2019: "Klagebefugnis von Umweltverbänden"[4]

Entscheidung des BVerwG zu der Frage, ob eine Umweltorganisation in einer Konstellation klagebefugt ist, in der die NGO potentiell das Recht gehabt hätte, an einem nicht stattgefundenen Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung teilzunehmen, wenn die NGO behauptet, dass die Beteiligung ohne triftigen Grund unterlassen wurde. [5]

2020: "Gebiet von natürlicher Schönheit und Klagebefugnis von Umweltverbänden?”[6]

In einem anhängigen Verfahren richtet sich[7] eine Umwelt-NGO im Wege der Normenkontrolle gegen eine lokale Verordnung, die ein Landschaftsschutzgebiet von "außergewöhnlicher natürlicher Schönheit" festlegt. Erfordert das Verfahren zum Erlass einer solchen Verordnung eine Strategische Umweltprüfung ("SUP") oder zumindest eine begründete Entscheidung der zuständigen Behörde, keine solche durchzuführen? Wenn ja, hätte die Umwelt-NGO Zugang zu den Gerichten, um eine Verletzung des EU-Rechts zur SUP in einem Gerichtsverfahren nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) geltend zu machen. Das BVerwG hat daher ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV an den EuGH gerichtet.[8]

5) Können sich die Parteien des Verwaltungsverfahrens unmittelbar auf internationale Umweltabkommen berufen oder kann nur auf nationales Recht und die Gesetzgebung zur Umsetzung von EU-Recht Bezug genommen werden?

Internationale Umweltabkommen (z. B. die Espoo-Konvention) bedürfen einer Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber, um Teil der nationalen Rechtsordnung zu werden. Erst dann kann sich eine Person vor einem inländischen Gericht auf ihre Bestimmungen berufen.

Natürlich kann sich eine Partei auf EU-Recht berufen. Das nationale Gericht muss jedoch prüfen, ob die betreffende Bestimmung des EU-Rechts nach den Verträgen und/oder der Rechtsprechung des EuGH unmittelbare Wirkung entfalten soll. Daher kann auf begünstigende Bestimmungen in einer nicht ordnungsgemäß umgesetzten EU-Richtlinie verwiesen werden, wenn diese Bestimmung "unbedingt und hinreichend klar" ist.

Um ein Beispiel zu nennen: In der umweltrechtlichen Grundsatzentscheidung C-115/09 (BUND/Trianel) vom Mai 2011 hat der EuGH entschieden, dass der vom deutschen Gesetzgeber verwendete individualrechtliche Ansatz zur Begründung der Klagebefugnis von NGOs in Umweltangelegenheiten keine hinreichende Umsetzung der Zugangsklausel der Richtlinie 2003/35/EG darstellt. Infolgedessen konnten sich Umwelt-NGOs in Deutschland direkt auf die Bestimmungen über den Zugang zu Gerichten nach der Richtlinie 2003/35/EG berufen, wenn sie Klagen vor Gericht erhoben. Diese Rechtslage dauerte an, bis Deutschland eine Novelle des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) erließ, die die Klagebefugnis von NGOs erweiterte, um der Richtlinie 2003/35/EG zu entsprechen.

1.2. Gerichtliche Zuständigkeit

1) Anzahl der Ebenen im Gerichtssystem

Das deutsche Gerichtssystem hat in der Regel drei Ebenen oder Instanzen.

Sehr oft gehören die erste und zweite Instanz zur Justiz des jeweiligen Bundeslandes und die dritte Instanz ist ein Bundesgerichtshof.

Das Gerichtssystem hat mehrere Zweige. So ist die sogenannte ordentliche Gerichtsbarkeit für die Entscheidung von Fällen des Privat- und Strafrechts zuständig. Fälle, die Umweltfragen betreffen, sind sehr oft öffentlich-rechtliche Fälle und fallen daher in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte. Die Verwaltungsgerichte gehören zu einem eigenen Zweig der Justiz (Verwaltungsgerichtsbarkeit) und unterliegen zum Teil besonderen Verfahrensvorschriften, die in der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) festgelegt sind.

Die drei Ebenen der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit sind:

  • Verwaltungsgericht / mehrere in jedem Bundesland (Verwaltungsgericht, “VG”)
  • Oberverwaltungsgericht / eines für jedes Bundesland (Oberverwaltungsgericht, “OVG” oder Verwaltungsgerichtshof, „VGH”)
  • Bundesverwaltungsgericht / eines für Deutschland mit Sitz in Leipzig (Bundesverwaltungsgericht, “BVerwG”)

Das verwaltungsgerichtliche Verfahren beginnt in der Regel vor dem Verwaltungsgericht. Die unterlegene Partei hat eine eingeschränkte Berufungsmöglichkeit an das Oberverwaltungsgericht und danach eine eingeschränkte Revisionsmöglichkeit an das Bundesverwaltungsgericht zu Fragen des Bundesrechts.

Eine Reihe von wichtigen Umweltfällen (z.B.: Kernenergieprojekte oder Off-Shore-Windparks) beginnen beim Oberverwaltungsgericht, siehe § 48 Abs. 1 VwGO.[9] In diesen Fällen ist das Bundesverwaltungsgericht ein Gericht der zweiten Instanz.

Einige Umweltverfahren von grundsätzlicher Bedeutung beginnen (und enden) beim Bundesverwaltungsgericht. Beispiele sind große Infrastrukturprojekte wie Bundesfernstraßen (Bundesfernstraßengesetz), Projekte, die unter das Allgemeine Eisenbahngesetz fallen, oder Bundeswasserstraßen (Bundeswasserstraßengesetz). Die Planung solcher Großprojekte unterliegt einem förmlichen Verwaltungsverfahren, in dem die Öffentlichkeit und andere Behörden angehört werden müssen. Der abschließende Zulassungsentscheidung durch die Behörde wird „Planfeststellungsbeschluss” oder "Plangenehmigung" genannt. Alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben, die unter die in § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO genannten Rechtsakte fallen, können vor dem Bundesverwaltungsgericht angefochten werden, siehe § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO.

Wie bereits erwähnt, sind das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und die Verfassungsgerichte der Länder nicht Teil des gerichtlichen Instanzenzugs. Ihre Zuständigkeit ist auf verfassungsrechtliche Fragen beschränkt. Bürger können sich an die Verfassungsgerichte wenden, um geltend zu machen, dass sie in ihren verfassungsmäßigen Rechten verletzt sind, wobei für Umweltfälle vor allem das Grundrecht auf Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 GG) relevant ist. Die sogenannte Verfassungsbeschwerde ist von großer Bedeutung. Die Entscheidungen des BVerfG zu Verfassungsbeschwerden sind zahlreich und genießen ein hohes Ansehen als Eckpfeiler der Rechtsstaatlichkeit in Deutschland.

2) Zuständigkeitsregeln – Wie wird ermittelt, welches Gericht bei Zuständigkeitskonflikten zwischen verschiedenen nationalen Gerichten (in verschiedenen Mitgliedstaaten) zuständig ist?

Die Zuständigkeit ist im Vorfeld durch das Gesetz klar definiert.

Das Gericht muss seine Zuständigkeit von Amts wegen (ex officio) prüfen. Der Richter muss entscheiden, ob er für die Entscheidung der Sache zuständig ist oder nicht. Dies betrifft sowohl die sachliche Zuständigkeit (siehe oben, 1) als auch die örtliche Zuständigkeit, die sich nach § 52 Nr. 1-5 VwGO bestimmt. In Streitigkeiten über ein unbewegliches Vermögen oder ein örtliches Berechtigungs- oder Rechtsverhältnis liegt die örtliche Zuständigkeit ausschließlich bei dem Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk das Vermögen oder das Grundstück liegt oder die örtliche Berechtigung besteht (§ 52 Nr. 1 VwGO). Die übrigen Fälle der örtlichen Zuständigkeit sind in § 52 Nr. 2, 3 und 5 VwGO geregelt.

Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass es materiell, örtlich oder sachlich unzuständig ist, hat es die Parteien zur Sache zu hören und dann einen Verweisungsbeschluss zu fassen. Wird dieser Beschluss rechtskräftig, so ist er für das zur Entscheidung berufene Gericht bindend, auch wenn dieses einem anderen Gerichtszweig angehört, vgl. §§ 17a, § 17b Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).

Das deutsche Gerichtsverfassungsgesetz bietet keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Verweisung einer Rechtssache an das zuständige Gericht eines anderen Mitgliedstaates.

3) Besonderheiten in Bezug auf die Gerichtsreglemente im Umweltbereich (besondere Umweltgerichte), Beiträge von Laien, Fachrichter usw.

In Deutschland gibt es keine speziellen Umweltgerichte, die sich ausschließlich mit Umweltfragen befassen. In der Regel sind die Verwaltungsgerichte für umweltrechtliche Fälle zuständig, da diese Fälle typischerweise ein Handeln oder Unterlassen einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (z.B. Genehmigungs- oder Kontrollbehörde) betreffen. Die meisten Verwaltungsgerichte haben Kammern, die auf Umweltrecht spezialisiert sind.

Es ist zu beachten, dass Staatshaftungsfälle nicht in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fallen, sondern von den ordentlichen Gerichten zu entscheiden sind.

4) Umfang der Kontrolle der Richter bei Verwaltungsbeschwerden, Konzept des Tätigwerdens „von Amts wegen“ etc. Wo liegen die Grenzen? Vorschriften im Bereich des von Amts wegen erfolgenden Tätigwerdens von Gerichten

Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Kläger in seinen Rechten verletzt ist, hat das Gericht den Verwaltungsakt und einen etwaige Widerspruchsbescheid aufzuheben. Ist der Verwaltungsakt bereits vollzogen worden, kann das Gericht auf Antrag auch erklären, dass und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Diese Feststellung ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage ist und diese Frage spruchreif ist. Ist der Verwaltungsakt zuvor durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt worden, so hat das Gericht auf Antrag durch Urteil festzustellen, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig war, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat, § 113 Abs. 1 VwGO.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird, hat das Gericht bei Spruchreife die der Verwaltungsbehörde obliegende Verpflichtung zur Vornahme des beantragten Verwaltungsaktes auszusprechen. Andernfalls hat es die Verpflichtung zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts auszusprechen, § 113 Abs. 5 VwGO.

Auch das behördliche Ermessen ist nicht ohne überprüfbare gesetzliche Grenzen. Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat das Gericht auch zu prüfen, ob der Verwaltungsakt oder die Versagung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, § 114 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Ausübung des behördlichen Ermessens muss dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte unter Beachtung u.a. der betroffenen Grundrechte und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Hat die Verwaltung ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, gewährt § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO einen Anspruch auf eine erneute Bescheidung, bei der die Rechtsauffassung des Gerichts zu berücksichtigen ist.

Manchmal führen gerichtliche Verfahren dazu, dass das Gericht davon ausgeht, dass im Einzelfall der Ermessensspielraum der Verwaltung "auf Nullreduziert" ist, d.h. der Rechtsstaat nur noch ein bestimmtes Verwaltungshandeln zulässt. Ist dieser konkrete Verwaltungsakt identisch mit dem vom Kläger beantragten, ist die Befugnis des Gerichts nicht mehr durch den Grundsatz der Gewaltenteilung eingeschränkt. Das Verwaltungsgericht verpflichtet die öffentliche Verwaltung unmittelbar dazu, die beantragten Amtshandlungen vorzunehmen, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

1.3. Organisation der Justiz auf administrativer und gerichtlicher Ebene

1) System des Verwaltungsverfahrens (Ministerien und/oder spezielle staatliche Behörden)

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (das "BMU") ist für ein breites Spektrum staatlicher Politikbereiche in Umweltangelegenheiten zuständig, einschließlich der Vorbereitung von Gesetzen und der Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union in nationales Recht sowie des Erlasses von Verordnungen und Verwaltungsvorschriften.[10]

Es gibt vier Bundesämter im Umweltbereich:

  • Das Umweltbundesamt (UBA),
  • Das Bundesamt für Naturschutz (BfN),
  • Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS),
  • Bundesamt für die Sicherheit der kerntechnischen Entsorgung (BASE).

Sie sind spezialisiert auf Aufgaben wie die wissenschaftliche Unterstützung und Beratung des BMU, das Monitoring für spezifische Fragen auf Bundesebene wie Luftverschmutzung, Emissionen von Kernkraftwerken oder die Bewertung von Umweltrisiken in Bereichen wie Medizinprodukte und Biozide.[11]

Die Verwaltungskompetenz in Umweltangelegenheiten liegt in den meisten Fällen bei den Ländern. Die Länder vollziehen sowohl das Bundes- als auch das eigene Landesumweltrecht. Landesbehörden sind z.B. zuständig für die Erteilung von Baugenehmigungen und Genehmigungen für Anlagen, die Inspektion von Anlagen und die Durchsetzung des Umweltrechts bei Nichteinhaltung durch Bußgelder, Betriebsuntersagungen oder den Entzug von Genehmigungen.[12]

Der strukturelle Aufbau des Verwaltungssystems hängt vom jeweiligen Bundesland ab, da jedes Land die Autonomie hat, seine eigene Verwaltungsstruktur und -verfahren zu regeln. So haben einige Bundesländer eine Verwaltungshierarchie auf drei verschiedenen Ebenen eingeführt, während andere in diesem Zusammenhang ein zweistufiges System verwenden. Zusätzlich haben die Städte Berlin, Hamburg und Bremen, die jeweils ein eigenes Bundesland bilden, eigene Verwaltungsstrukturen eingeführt.[13]

Die Vielfalt der Verwaltungsverfahren und Rechtsbehelfe in den einzelnen Ländern führt dazu, dass der Zugang zum Recht von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein kann. [14]

2) Wie kann eine Verwaltungsentscheidung im Umweltbereich vor Gericht angefochten werden? Wann kann man mit dem rechtskräftigen Urteil rechnen?

Vor Erhebung einer Anfechtungsklage ist die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren (auch „Widerspruchsverfahren”) zu überprüfen. Einer solchen Überprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, es sei denn, dass ein Gesetz die Überprüfung vorschreibt, oder wenn der Abhilfebescheid oder die Widerspruchsentscheidung erstmals eine Beschwer enthält, § 68 Abs. 1 VwGO.

Dies gilt entsprechend für die Verpflichtungsklage, wenn der Antrag auf Erlass des Verwaltungsaktes abgelehnt wurde, § 68 Abs. 2 VwGO. Ein Verwaltungsakt ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.

Im Umweltrecht gibt es mehrere Bestimmungen, die das verwaltungsrechtliche Widerspruchsverfahren ausschließen.

Für den Bereich des Bundesumweltrechts ist dies u.a. der Fall für:

  • Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse:Siehe §§ 74 Abs. 1, 70 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz)
  • Klagen gegen Plangenehmigungen, siehe § 74 Abs. 6 Satz 3 VwVfG.

Das Landesrecht kann eigene Bestimmungen über die Notwendigkeit eines vorbereitenden Verwaltungsverfahrens enthalten, bevor man z. B. ein Gericht anrufen kann:

  • Nordrhein-Westfalen:§ 110 Gerichtsverfassungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen, JustG NRW)
  • Niedersachsen: § 80 Abs. 1 Niedersächsisches Justizvollzugsgesetz (Niedersächsisches Justizgesetz, NJG).
  • Bayern: In diesem Bundesland ist das Widerspruchsverfahren fakultativ und damit nicht zwingend, siehe § 15 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (BayAGVwGO).

Die allgemeine Frist für die Einlegung von Widersprüchen oder die Erhebung von Klagen beträgt

  • einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes an den Betroffenen, § 70 Abs. 1 VwGO (Verwaltungsrechtsbehelf), bzw. der Zustellung der Entscheidung über den Widerspruch, § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO (gerichtlicher Rechtsbehelf). Ist nach § 68 VwGO eine Entscheidung über den Widerspruch nicht erforderlich, so ist der Rechtsbehelf innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts oder der Bekanntgabe seiner Ablehnung einzulegen, § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
  • ein Jahr wenn die Rechtsbehelfsbelehrung nicht oder unrichtig erteilt worden ist, § 58 Abs. 2 VwGO

Besondere Fristen sind im Umweltrechtsbehelfsgesetz vorgesehen, nämlich

  • 1 Jahr, wenn die betroffene Öffentlichkeit von der behördlichen Entscheidung nicht unterrichtet wurde und auch keine öffentliche Bekanntmachung erfolgte. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Entscheidung der Vereinigung bekannt geworden ist oder hätte bekannt werden können, vgl. § 2 Abs. 3 Satz 1 UmwRG,
  • zwei Jahre, nach deren Ablauf NGOs von der Erhebung von Klagen gegen bestimmte umweltrechtliche Verwaltungsentscheidungen ausgeschlossen sind, § 2 Abs. 3 Satz 2 VwGO.[15] Die Frist beginnt und endet ohne Rücksicht auf die Kenntnis vom Bestehen des jeweiligen Verwaltungsakts.

Wann kann man mit der endgültigen Entscheidung rechnen?

Es gibt keine festen Fristen, innerhalb derer die Gerichte ein Urteil fällen müssen. Nachdem Deutschland durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kritisiert wurde, wurde im November 2011 ein neues Gesetz erlassen, das es den Verfahrensbeteiligten ermöglicht, das Gericht zu warnen, wenn die Verfahren übermäßig lange zu dauern drohen, und besonderen Schadensersatz zu verlangen, wenn das Verfahren zu lange dauert. [16]

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ergab sich für das Jahr 2018 eine durchschnittliche Dauer von 12,1 Monaten bei erstinstanzlichen Klageverfahren an den Verwaltungsgerichten, wobei die kürzeste durchschnittliche Dauer in einigen Bundesländern bei 6,3 Monaten lag und die längste durchschnittliche Dauer in anderen Bundesländern bei 19,6 Monaten. [17]

Für Verfahren, die auf der Ebene der Oberverwaltungsgerichte fortgeführt werden, beträgt die Dauer der Berufung im Bundesdurchschnitt 11,7 Monate, wobei in einigen Bundesländern mit 5,3 Monaten die kürzeste und in anderen Bundesländern mit 25,5 Monaten die längste durchschnittliche Dauer zu verzeichnen ist. [18]

Für das Jahr 2018 weist die Statistik des Bundesverwaltungsgerichts eine durchschnittliche Dauer von Revisionsverfahren (Revision) von rund 11,5 Monaten aus. [19]

3) Vorhandensein besonderer Umweltgerichte, Hauptaufgabe und Zuständigkeit

In Deutschland gibt es keine speziellen Gerichte, die sich ausschließlich mit Umweltfragen befassen. Im Allgemeinen sind die Verwaltungsgerichte für umweltrechtliche Fälle zuständig (siehe oben unter I.2). Einige Aspekte der Haftung fallen in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Die meisten Verwaltungsgerichte haben auf Umweltrecht spezialisierte Kammern.

4) Rechtsmittel gegen Verwaltungsentscheidungen zuständiger Behörden im Umweltbereich und Rechtsmittel gegen gerichtliche Anordnungen und Entscheidungen (Ebenen)

  • Rechtsbehelfe gegen eine Umweltverwaltungsentscheidung

Gegen erstinstanzliche Verwaltungsentscheidungen in Umweltangelegenheiten ist grundsätzlich das Widerspruchsverfahren eröffnet, das nach der allgemeinen Regelung in § 68 VwGO zwingend vorgeschrieben ist, soweit das Gesetz nicht etwas anderes bestimmt (siehe oben unter 1.3.2). Verwaltungsentscheidungen müssen dem Adressaten alle erforderlichen Informationen über den Rechtsbehelf, die einzuhaltende Frist und die Stelle, bei der der Rechtsbehelf einzulegen ist, mitteilen, vgl. § 58 Abs. 1 VwGO. Bleibt ein notwendiges verwaltungsgerichtliches Vorverfahren erfolglos, kann der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten beschritten werden.

  • Rechtsbehelfe gegen Gerichtsentscheidungen

Gerichtsentscheidungen, die keine Urteile sind, können mit der Beschwerde angefochten werden, vgl. §§ 146 ff. VwGO.

Urteile der Verwaltungsgerichte können mit der Berufung – Rügen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht – zum Oberverwaltungsgericht angefochten werden, vgl. § 124 Abs. 1 VwGO. Die Verwaltungsgerichte lassen die Berufung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 VwGO zu

  • wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
  • wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
  • wenn die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung ist,
  • wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, oder
  • wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Wird die Berufung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Urteil des Verwaltungsgerichts nicht zugelassen, ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen, § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO. Das Oberverwaltungsgericht versagt die Zulassung der Berufung durch einen Nichtzulassungsbeschluss, wenn keiner der obigen Gründe vom Kläger dargelegt werden kann. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, vgl. § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung durch Beschluss zu, so führt es das Berufungsverfahren unter Berücksichtigung aller vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte fort.

Gegen Urteile des Oberverwaltungsgerichts steht den Parteien der Rechtsmittelweg zum Bundesverwaltungsgericht (Revision) offen. Dieser Rechtsbehelf muss vom Oberverwaltungsgericht oder auf Antrag vom Bundesverwaltungsgericht selbst zugelassen werden.

Gegen das Urteil eines Verwaltungsgerichts steht den Betroffenen unter Umgehung der Berufungsinstanz die Sprungrevision zu, wenn der Kläger und der Beklagte mit der Einlegung der Sprungrevision anstelle der Berufung schriftlich einverstanden sind und sie vom Verwaltungsgericht im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird, § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO - Sprungrevision.

Darüber hinaus steht den Beteiligten gegen das Urteil eines Verwaltungsgerichts die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu, wenn die Berufung durch Bundesrecht ausgeschlossen ist. Die Revision kann nur eingelegt werden, wenn das Verwaltungsgericht sie zugelassen hat oder wenn das Bundesverwaltungsgericht sie auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin zugelassen hat, § 135 Satz 1 VwGO.

In einigen Umweltrechtssachen, insbesondere in Fällen, die Infrastrukturprojekte betreffen, ist das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der ersten Instanz zuständig, vgl. § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO. Dies bedeutet, dass es nur eine Instanz gibt, in der alle tatsächlichen und rechtlichen Aspekte des Falles geprüft werden. Ein weiteres Revisionsverfahren ist nicht möglich, siehe 1.2.1.

5) Außerordentliche Rechtsmittel. Vorschriften im Umweltbereich. Vorschriften für Vorabentscheidungsersuchen

In Umweltangelegenheiten gibt es keine außerordentlichen Rechtsbehelfe oder Überprüfungsmöglichkeiten.

Ist sich ein Gericht über die Auslegung oder Gültigkeit eines von der Europäischen Union erlassenen Rechtsakts unsicher, setzt es das Verfahren analog zu § 94 VwGO aus und legt die Angelegenheit dem EuGH vor und ersucht um eine Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV. Nach der Entscheidung des EuGH über die Auslegung oder Gültigkeit der fraglichen Bestimmungen setzt das nationale Gericht sein eigenes Verfahren fort.

Nach der Statistik des EuGH haben die deutschen nationalen Gerichte mit insgesamt 2249 Ersuchen zwischen 1952 und 2017 den höchsten Anteil an Vorabentscheidungsersuchen, davon 149 Ersuchen im Jahr 2017.[20]

6) Gibt es außergerichtliche Lösungen zur Beilegung von Konflikten in Umweltangelegenheiten (Mediation usw.)?

Alternative Streitbeilegung (ADR) wird in Deutschland in Umweltangelegenheiten noch nicht sehr häufig eingesetzt. Einige bekannte Mediationsverfahren fanden im Zuge von großen Infrastrukturzulassungsverfahren statt, z.B.

  • Flughafen Berlin Brandenburg (“Willy Brandt“),
  • Flughafen Frankfurt,
  • Hauptbahnhof Stuttgart (“Stuttgart 21“)[21].

Allerdings waren die ADR-Verfahren in diesen Fällen nicht bindend und in jedem der Fälle folgten auf die Verwaltungsentscheidung mehrere Klagen.

Bemerkenswert ist, dass die deutsche Justiz ein fakultatives Mediationsverfahren während des Rechtsstreits vorsieht, das durch den Güterichter durchgeführt wird.

7) Wie können andere Akteure helfen (Ombudsperson (soweit einschlägig), Staatsanwalt)?

Andere Akteure spielen in Deutschland kaum eine Rolle. Ombudsleute gibt es nur im privaten Bereich – etwa bei Tageszeitungen etc. – und sind nicht auf Umweltfragen spezialisiert. Einige Datenschutzbeauftragte sind auch für den Zugang zu Informationen nach den Informationsfreiheitsgesetzen (Bund und Länder) und in nur wenigen Bundesländern auch für die Regelungen zum Zugang zu Umweltinformationen zuständig.[22] Sie fungieren als Vermittler zwischen denjenigen, die über Informationen verfügen, und denjenigen, die den Zugang zu Informationen beantragen. Auf Bundesebene hat der Deutsche Bundestag im Dezember 2020 ein neues Gesetz beschlossen (das im Frühjahr 2021 in Kraft treten wird) - auf dieser Grundlage wird der Bundesbeauftragte für den Datenschutz auch für Anfragen zuständig sein, die sich auf das Umweltinformationsgesetz (UIG) beziehen.

1.4. Wie kann man Klage erheben?

1) Wer kann eine Verwaltungsentscheidung im Umweltbereich anfechten (Relevanz des Konzepts der betroffenen Öffentlichkeit und NRO)?

Im Allgemeinen können Einzelpersonen, juristische Personen und NGOs Verwaltungsentscheidungen anfechten. Dies gilt im Prinzip auch für Ad-hoc-Gruppen von Bürgern oder ausländischen Personen.

2) Gelten in den sektorspezifischen Rechtsvorschriften (Naturschutz, Wasserwirtschaft, Abfall, UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung), IVU/IED (Richtlinie über Industrieemissionen) usw.) unterschiedliche Regelungen?

Es gelten unterschiedliche Regeln für Einzelpersonen und NGOs, aber auch je nach sektoraler Gesetzgebung, siehe 1.4. 3) und 1.8.1 - 1.8.3, sowie 2.1 - 2.4.

3) Ständige Vorschriften für NRO und Privatpersonen (in Verwaltungsverfahren und auf Ebene der Justiz, für Organisationen mit Rechtspersönlichkeit, Ad-hoc-Gruppen von Vertretern der Öffentlichkeit, für ausländische NRO usw.)

Regelungen zur Rechtsbehelfsbefugnis für natürliche und juristische Personen

Einzelpersonen und andere juristische Personen sind nur dann klagebefugt, wenn sie geltend machen können, dass ihre "eigenen Rechte" (wie Gesundheit oder Eigentum) durch die Verwaltungsentscheidung möglicherweise verletzt worden sind, vgl. § 42 Abs. 2 VwGO. Mit anderen Worten: Die Klagebefugnis ist zu verneinen, wenn eine "mögliche oder denkbare" Verletzung eines solchen Individualrechts prima facie ausgeschlossen werden kann.

Das Konzept des Individualrechtsschutzes hat zwei wichtige Konsequenzen.

Erstens kann sich der Kläger weder auf die Verletzung der Rechte eines anderen noch auf die "Rechte der Natur" berufen; eine actio popularis, die von einer Einzelperson eingeleitet wird, ist offensichtlich unzulässig.

Zweitens, wenn der einzelne Kläger ein Dritter ist, z.B. der Nachbar einer genehmigten Industrieanlage, muss er eine mögliche Verletzung seiner eigenen Rechte darlegen.

Genauer gesagt muss der Kläger eine mögliche Verletzung eines individuellen Rechts (subjektiv öffentliches Recht) nachweisen, indem er sich auf eine Verletzung des öffentlichen Rechts beruft, das nicht nur das öffentliche Interesse, sondern - "zumindest auch" - die spezifischen privaten Interessen des Klägers, der die Klage erhoben hat, schützen soll.

Dieses Rechtskonzept ist ein Eckpfeiler der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland. Es wird als "Schutznormtheorie" bezeichnet und führt zu zwei verschiedenen Kategorien des deutschen öffentlichen Rechts:

  • Rechtsnormen, die das private Interesse des klagebefugten Dritten schützen (drittschützende Normen) und
  • Rechtsnormen, die die privaten Interessen des Dritten nicht schützen (Normen ohne drittschützende Wirkung).

In den letzten 60 Jahren haben deutsche Verwaltungsgerichte eine detaillierte Rechtsprechung zu der Frage entwickelt, "ob" und "für wen" eine bestimmte Vorschrift des öffentlichen Rechts als "schützend" gilt und damit Klagebefugnis verleiht. Alle wichtigen Vorschriften sind erfasst; deutsche Gesetzeskommentare haben sehr oft ein eigenes Kapitel zu dieser Frage.

Diese Grundsätze des deutschen Verfahrensrechts gelten auch in umweltrechtlichen Fällen: Die individuelle Klagebefugnis ist gegeben, wenn die öffentliche Verwaltung durch die Genehmigung (z.B.) einer Industrieanlage die öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die die Gesundheit oder das Eigentum des einzelnen Klägers schützen sollen, nicht beachtet hat. Der Kläger kann sich z.B. auf die öffentlich-rechtlichen Normen gegen schädliche Umwelteinwirkungen (Luftverschmutzung, Lärm, Geruch etc.) und die baurechtlichen Vorgaben (Abstände zwischen Gebäuden, Art der Nutzung nach dem verbindlichen Bebauungsplan) berufen. Geht es dem Einzelkläger nur um ein bloßes öffentliches Interesse ("Gefahr für den Schutz von Flora und/oder Fauna"), ist die Klage als eindeutig unzulässig anzusehen. In diesem Fall fehlt es dem Einzelkläger an der Klagebefugnis.

Das Bundesverwaltungsgericht wendet diesen Rechtsgedanken grundsätzlich auch bei Klagen von Einzelpersonen nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) an. Nach § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG können sowohl Privatpersonen als auch Umwelt-NGOs die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens verlangen, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht durchgeführt wurde oder das Verfahren mit schwerwiegenden Mängeln behaftet war. Privatpersonen können jedoch nicht allein mit der Behauptung klagen, dass eine UVP nicht (korrekt) durchgeführt wurde, da eine UVP ausschließlich im öffentlichen Interesse durchgeführt wird. Daher müssen Privatkläger immer auch eine Verletzung ihrer individuellen Rechte behaupten, um die Hürde der Klagebefugnis zu überwinden. Haben sie diese Hürde jedoch überwunden, kann sich der Einzelkläger erfolgreich auf eine Verletzung der UVP-Pflicht berufen. In diesem Fall hängt die Begründetheit der Klage nicht von einer tatsächlichen Verletzung der individuellen Rechte ab. Diese bemerkenswerte Diskrepanz zwischen einer privaten Interessenabwägung auf der Stufe der Zulässigkeit und einer öffentlichen Interessenabwägung auf der Stufe der Begründetheit erscheint in der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit durchaus ungewöhnlich.

Es ist noch nicht vom EuGH entschieden worden, ob die Aarhus-Konvention und die entsprechenden europäischen Rechtsakte einen solchen gespaltenen Ansatz für den Zugang zu Gerichten für natürliche und andere juristische Personen zulassen.

Für NGOs geltende Regelungen zur Rechtsbehelfsbefugnis

Anerkannten Umweltorganisationen wird in allen in § 1 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) ausdrücklich genannten Fällen eine Klagebefugnis eingeräumt.

Dazu gehören z.B. Genehmigungsverfahren für Projekte, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erfordern, oder für Industrieanlagen, die unter die Richtlinie über Industrieemissionen fallen.

Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und einige Landesnaturschutzgesetze[23] räumen anerkannten Naturschutzorganisationen in bestimmten Bereichen des Naturschutzes eine Klagebefugnis ein, vgl. § 64 BNatSchG. In diesen Fällen können anerkannte NGOs z.B. Entscheidungen über die Erteilung einer Ausnahme von den Vorschriften zum Schutz von Natura 2000-Gebieten oder für Meeresschutzgebiete anfechten.

Um die besonderen Verfahrensrechte anerkannter Umweltorganisationen in Anspruch nehmen zu können, müssen NGOs den Status einer amtlich anerkannten Umwelt- oder Naturschutzorganisation erlangen. Dazu müssen NGOs die in § 3 UmwRG bzw. den Landesnaturschutzgesetzen festgelegten Voraussetzungen erfüllen und die Anerkennung bei der zuständigen Bundes- oder Landesbehörde beantragen. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.[24] Einige wichtige Voraussetzungen des § 3 UmwRG sind, dass sich die Organisation dem Umweltschutz verpflichtet fühlt, seit mindestens drei Jahren im Umweltschutz tätig ist und jeder Person, die bereit ist, die Umweltarbeit der Organisation zu unterstützen, die Mitgliedschaft und das Stimmrecht in der internen Mitgliederversammlung gewährt.

Für NGOs, die bundesweit oder auf dem Gebiet mehrerer Staaten tätig sind, sowie für ausländische NGOs ist die zuständige Anerkennungsbehörde das Umweltbundesamt (UBA). Ist eine NGO nur auf dem Gebiet eines Bundeslandes tätig, muss das Anerkennungsverfahren bei der jeweiligen Landesbehörde abgeschlossen werden. [25]

Für Ad-hoc-Gruppen von Bürgern gelten die gleichen Regeln wie für Einzelpersonen, es sei denn, sie lassen sich erfolgreich als anerkannte Umweltorganisationen registrieren.

Für ausländische Personen gelten die gleichen Regeln wie für inländische Personen. Dies gilt auch für ausländische NGOs, es sei denn, sie lassen sich erfolgreich als anerkannte Umweltorganisationen nach § 3 Abs. 1 und 2 UmwRG[26] registrieren.

4) Welche Regeln gelten für Übersetzungs- und Dolmetschleistungen, wenn ausländische Parteien beteiligt sind?

Gemäß § 184 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), § 55 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist die Gerichts- und Verhandlungssprache Deutsch. Die einzige Ausnahme betrifft bestimmte Gebiete des Landes Brandenburg, in denen die sorbischsprachige Minderheit das Recht hat, ihre Sprache zu verwenden.

Nach § 185 GVG und § 55 VwGO ist in der mündlichen Verhandlung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Übersetzung bereitzustellen, wenn unter der Beteiligung von Personen verhandelt wird, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Abgesehen von dieser allgemeinen Regelung gibt es keine weiteren gesetzlichen Vorgaben zur Übersetzung. In der Regel wählen die Gerichte einen Dolmetscher aus einer Liste von registrierten und gerichtlich zertifizierten Dolmetschern aus. In verwaltungsgerichtlichen Verhandlungen können die Kosten für das Dolmetschen als Gerichtskosten (Auslagen) angesehen werden und müssten dann von der unterlegenen Partei getragen werden.

1.5. Beweismittel und Sachverständige in den Verfahren

Überblick über spezifische Vorschriften in Verwaltungsangelegenheiten im Umweltbereich, Kontrolle der Gerichte, Hinzuziehung eines Sachverständigen im Verfahren usw.

1) Beweiswürdigung – Gibt es Grenzen bei der Beweiserhebung oder -würdigung? Kann das Gericht Beweismittel von Amts wegen anfordern?

Wenn Verwaltungsgerichte in Umweltsachen entscheiden, sind sie nicht auf die Informationen beschränkt, die die Parteien beibringen. Die Gerichte können (und müssen, wenn nötig) den Sachverhalt von Amts wegen erforschen und auch selbst Beweise erheben. Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, siehe § 86 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der gleiche Grundsatz gilt für das Verwaltungsverfahren (Untersuchungsgrundsatz), siehe § 24 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG).

Dennoch ist es Sache der Parteien, den Sachverhalt aufzuklären. Sie sind zur Mitwirkung verpflichtet, vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dazu ist es häufig erforderlich, dass die Parteien auf Sachverständigengutachten zurückgreifen. So arbeiten sowohl Umweltverbände als auch die anderen Streitparteien mit Sachverständigen auf den jeweiligen Gebieten zusammen und bezahlen diese für die Beweisführung.

2) Kann man neue Beweismittel einführen?

Nach § 6 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) muss der Antragsteller innerhalb von 10 Wochen nach Klageerhebung die vollständige Klagebegründung mit allen relevanten Tatsachen und Beweismitteln einreichen.

Im Gegensatz zu den allgemeinen Regelungen des Verwaltungsprozessrechts und zur Situation vor der Novellierung des UmwRG im Jahr 2017, als die Fristverlängerung mehr oder weniger im Ermessen des Gerichts lag, ist die Frist des § 6 UmwRG streng und kann nur unter eindeutig außergewöhnlichen Umständen übergangenbzw. verlängert werden, wenn der Kläger im vorangegangenen Verwaltungsverfahren keine Möglichkeit der Mitwirkung hatte, § 6 Satz 4 UmwRG, oder wenn der Kläger die Verzögerung hinreichend entschuldigen kann, § 6 Satz 2 UmwRG.

3) Wie kann man Sachverständigengutachten im Rahmen eines Verfahrens einholen? Öffentlich zugängliche Listen und Sachverständigenregister

Grundsätzlich steht es den Beteiligten frei, Beweismittel in Form eines Gutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl einzuführen. Es ist Sache der Parteien, Sachverständige zu wählen, die für die betreffende Angelegenheit qualifiziert sind. Das Gericht kann die Parteien nicht daran hindern, einen bestimmten Sachverständigen für den Beweis in Form eines Gutachtens zu wählen. Ist das Gericht jedoch nicht von der fachlichen Qualifikation des Sachverständigen oder der Qualität des Gutachtens selbst überzeugt, wird es dieses Gutachten bei der Entscheidung des Falles nicht berücksichtigen.

Eine hilfreiche Quelle ist die Online-Publikation des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU Bayern) von 2017 über Labore und Sachverständige in Umweltfragen wie Boden, Altlasten, Abfall, Wasser, Luft, Lärm, Strahlung [27].

Auch das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) liefert Informationen online[28].

Die folgenden Listen sind öffentlich zugänglich:

  • Bundesverband der Sachverständigen und Gutachter[29];
  • das von den Industrie- und Handelskammern[30] (IHK) zur Verfügung gestellte Verzeichnis der Sachverständigen.

Siehe auch 1.3.3 und 1.6.2.

3.1) Ist das Sachverständigengutachten für Richter bindend, gibt es einen gewissen Ermessensspielraum?

Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es ist daher Sache des Gerichts, die Gutachten zu bewerten. Die Gerichte sind unabhängig und frei in der Beweiswürdigung, in der Beurteilung, ob ein Rechtsverstoß vorliegt und in der Bewertung der Schwere des Verstoßes. Im Urteil müssen die Gründe genannt werden, die für die gerichtliche Entscheidung maßgeblich waren. Das Urteil darf nur auf solche Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, zu denen die Betroffenen angehört worden sind.

3.2) Vorschriften für die Hinzuziehung von Sachverständigen durch das Gericht

Das Gericht ist in der Wahl des Sachverständigen frei und nicht an den Vorschlag der Parteien gebunden. Technisch gesehen muss der Sachverständige keine bestimmten, gesetzlich festgelegten Qualifikationen erfüllen, es reicht aus, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass der Sachverständige im Allgemeinen und für die Materie des konkreten Falles ausreichend qualifiziert ist. In der Praxis wählen die Gerichte die Sachverständigen jedoch aus einer Liste von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen aus. Das Gericht ist in der Bewertung des Inhalts des Gutachtens frei und nicht an die Schlussfolgerungen des Gutachtens gebunden.

3.3) Vorschriften für die Hinzuziehung von Sachverständigen durch die Parteien

Grundsätzlich steht es den Parteien frei, Beweismittel in Form eines Gutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl einzuführen. Es ist Sache der Parteien, Sachverständige zu wählen, die für die betreffende Angelegenheit qualifiziert sind. Das Gericht kann die Parteien nicht daran hindern, einen bestimmten Sachverständigen für den Beweis in Form eines Gutachtens zu wählen. Ist das Gericht jedoch nicht von der fachlichen Qualifikation des Sachverständigen oder der Qualität des Gutachtens selbst überzeugt, wird es dieses Gutachten bei der Entscheidung des Falles nicht berücksichtigen.

Die Kosten für die Erstellung des Gutachtens oder für die Anwesenheit des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung trägt die Partei, die sich auf den jeweiligen Sachverständigen beruft, es sei denn, das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass das Gutachten oder die Anwesenheit des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung insgesamt oder in einem bestimmten Umfang[31] erforderlich war, vgl. § 162 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann der Fall, wenn sich die Partei, die sich auf den Sachverständigen beruft, nicht auf ausreichende eigene Sachkunde zum Nachweis ihrer Argumentation stützen kann.[32] Ob dies der Fall ist, ist aus der Sicht einer vernünftig handelnden Partei zu beurteilen, die ihre Interessen nach bestem Wissen und Gewissen vertreten würde und dabei bestrebt ist, die Kosten in einem angemessenen Rahmen zu halten.[33]

3.4) Welche Verfahrenskosten sind zu entrichten, auch für Sachverständigengutachten und Zeugenvernehmungen?

Spezielle Verfahrensgebühren, die für Gutachten anfallen, gibt es nicht. Die allgemeinen Verfahrensgebühren werden unabhängig vom tatsächlichen Aufwand des Gerichts nach dem geschätzten Streitwert berechnet. Hat das Gericht dennoch einen Sachverständigen beauftragt, wird dieser nach den Sätzen des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern, Übersetzern usw. bezahlt. (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, JVEG). Das Gericht kann beschließen, dass diese Kosten (Auslagen) von der unterlegenen Partei getragen werden müssen. Diese Kosten können die Verfahrensgebühren übersteigen, insbesondere wenn der Streitwert relativ niedrig ist.

1.6. Rechtsberufe und mögliche Akteure, Verfahrensbeteiligte

1) Die (obligatorische) Rolle der Rechtsanwälte. Kontaktaufnahme mit Rechtsanwälten (öffentlich zugänglicher Internetlink zum Anwaltsverzeichnis oder zur Website der Anwaltskammer). Auf Umweltrecht spezialisierte Rechtsanwälte

Handelt es sich bei dem erstinstanzlichen Gericht um ein Verwaltungsgericht (VG), besteht kein Anwaltszwang. Ist das erstinstanzliche Gericht ein Oberverwaltungsgericht (OVG oder Verwaltungsgerichtshof, VGH) oder das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), besteht Anwaltszwang.

Allerdings werden fast alle Prozesse in Umweltangelegenheiten mit anwaltlicher Hilfe geführt, denn ähnlich wie in anderen Bereichen des Verwaltungsrechts sind Umweltverfahren so komplex, dass Laien nicht alle Rechtsfolgen überblicken können. Spezialisierte Umweltanwälte beraten in allen Phasen des Verfahrens, oft beginnend mit der Anhörung der Öffentlichkeit während des Verwaltungsverfahrens. Die anwaltliche Vertretung spielt eine entscheidende Rolle für den Erfolg des Verfahrens. Die Leistung der Umweltanwälte geht oft weit über die übliche Rechtsberatung hinaus. Sie arbeiten sehr eng mit den Klägern zusammen; oft werden Stellungnahmen von Umweltanwälten und anderen Fachleuten zu den betreffenden Themen mitverfasst.

1.1 Gibt es die Möglichkeit eines Pro-bono-Beistands?

Deutsche Rechtsanwälte dürfen nach § 49b der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) nur unter bestimmten Voraussetzungen auf Gebühren verzichten. Umweltorganisationen beauftragen in der Regel regelmäßig Spezialisten und bezahlen die Anwälte aus ihren Mitteln.

1.2 Falls ein Pro-bono-Beistand besteht – welche sind die zentralen Bestandteile des Verfahrens, um ihn zu erhalten?

Nach dem Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz - BerHG) haben Rechtsuchende Anspruch auf Beratungshilfe zur Wahrnehmung ihrer Rechte außerhalb des gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Schlichtungsverfahren. Rechtsuchende können beim Amtsgericht einen Berechtigungsschein beantragen. Wird Prozesskostenhilfe bewilligt, muss die Person maximal 15 Euro an den Anwalt zahlen. Voraussetzungen der Gewährung von Beratungshilfe sind:, Die Verfahrensbeteiligten können nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen (die sich nach den Maßstäben der Prozesskostenhilfe nach der Zivilprozessordnung bestimmen) die erforderlichen Mittel nicht aufbringen kann; andere Möglichkeiten der Hilfeleistung, deren Inanspruchnahme der Prozesspartei zugemutet werden kann, bestehen nicht; die Inanspruchnahme der Beratungshilfe erscheint nicht mutwillig. Beratungshilfe besteht aus Beratung und notwendiger Vertretung (§ 2 Abs. 1 BerHG).

In Bezug auf die Prozesskostenhilfe für Gerichtsverfahren: Siehe Erläuterungen zu den Fragen 3) und 4) unter Punkt 1.7.3. Die entsprechenden Bestimmungen sind in § 166 VwGO und §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung niedergelegt. Das deutsche Recht sieht eine Mittel- und eine Begründetheitsprüfung vor. Vorbehaltlich weiterer Einzelheiten lauten die Voraussetzungen wie folgt: Ist ein Beteiligter nach seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens und – soweit erforderlich – die Kosten eines Rechtsanwalts ganz oder teilweise zu tragen, so kann er bei Gericht Prozesskostenhilfe beantragen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Zur Prüfung des Antrags sind die Beteiligten verpflichtet, eine Erklärung über ihre wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse abzugeben, z. B. Familienverhältnisse, Berufstätigkeit, Vermögensverhältnisse, Erwerbsfähigkeit, finanzielle Belastungen und mögliche Rechtsschutzversicherungen.

1.3 An wen sollte sich der Antragsteller für einen Pro-Bono-Beistand wenden?

Eine Möglichkeit ist, eine Umwelt-NGO zu kontaktieren, die in dem betreffenden Gebiet aktiv ist. Die NGO könnte bereit sein, den betreffenden Fall zu übernehmen, oder kann möglicherweise bei einigen Aspekten des Falles helfen.

Anwälte können über eine Internetrecherche gefunden werden. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) stellt ein Verzeichnis aller in Deutschland zugelassenen Rechtsanwälte zur Verfügung (Bundesweites Amtliches Anwaltsverzeichnis). Allerdings ist die Suchfunktion des Registers im Hinblick auf die Fachgebiete der Rechtsanwälte eingeschränkt. Dennoch haben fast alle Anwälte eine Webseite, die Auskunft über ihre Spezialisierung gibt. Einige Umweltanwälte sind Teil des Netzwerks IDUR - InformationsdienstUmweltrecht.

Eine weitere Website, die mehrere Umweltanwälte auflistet, ist umweltanwaelte.de.

2) Sachverständigenregister oder öffentlich zugängliche Websites von Anwaltskammern oder Verzeichnisse, die die Kontaktdaten von Sachverständigen enthalten

Eine hilfreiche Quelle ist die folgende Online-Publikation des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU Bayern) von 2017 zu Laboren und Sachverständigen in Umweltfragen wie Boden, Altlasten, Abfall, Wasser, Luft, Lärm, Strahlung. [34]

Auch das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) liefert Informationen online.[35]

Die folgenden Listen sind öffentlich zugänglich:

  • Bundesverband der Sachverständigen und Gutachter [36]
  • Expertenverzeichnis der Handelskammern (IHK - Industrie- und Handelskammern)[37]

3) Liste der in diesem Bereich tätigen NRO, Links zu Websites, über die diese NRO erreichbar sind

Eine aktuelle Liste aller auf Bundesebene anerkannten Umweltorganisationen mit Links zu den für das Anerkennungsverfahren auf Landesebene zuständigen Landesbehörden wird vom Umweltbundesamt (UBA) veröffentlicht[38].

Zu den aktivsten Nichtregierungsorganisationen im Bereich der Umweltgerichtsbarkeit gehören der BUND und der NABU sowie deren regionale Organisationen.

4) Liste der internationalen NRO, die in dem Mitgliedstaat tätig sind

Bei den internationalen NGOs, die in Deutschland in der Umweltprozessführung tätig sind, spielen Friends of the Earth /BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. ) und deren Regionalorganisationen eine entscheidende Rolle.

Auch die andere aktiv prozessierende NGO in Deutschland, der NABU, ist als Partner von BirdLife International international vernetzt.

Die folgenden in Deutschland tätigen internationalen Umwelt-NGOs führen regelmäßig keine Umweltverfahren durch, da sie nicht als anerkannte Umweltorganisationen nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) registriert sind:

1.7. Garantien für wirksame Verfahren

1.7.1. Prozessuale Fristen

1) Frist für die Anfechtung einer (nicht gerichtlichen) Verwaltungsentscheidung im Umweltbereich durch eine (übergeordnete oder gleichrangige) Verwaltungsbehörde

Ist der Widerspruch zwingend vorgeschrieben, vgl. § 68 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO, siehe auch oben unter 1.3.2), beträgt die Frist zu seiner Einlegung einen Monat nach Zustellung des Verwaltungsakts, vgl. §§ 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 58 VwGO.

Die Bestimmung dieser Frist folgt den Regeln des § 57 Abs. 2 VwGO, des § 222 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) und der §§ 187 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Frist zur Einlegung eines Rechtsbehelfs läuft mit einigen Ausnahmen mit Ablauf des Tages ab, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht, § 188 Abs. 2 Satz 1 BGB. Wurde der Bescheid z.B. am 23. Oktober zugestellt, läuft die einmonatige Frist mit Ablauf des Tages des 23. November ab.

Die Frist für die Einlegung eines Widerspruchs oder eines anderen Rechtsbehelfs wird nur in Gang gesetzt, wenn der Betroffene schriftlich oder in elektronischer Form über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf eingelegt werden soll, den Sitz und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist, § 58 Abs. 1 VwGO. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erfolgt, ist die Einlegung des Widerspruchs innerhalb eines Jahres nach Zustellung, Bekanntgabe oder Verkündung zulässig, es sei denn, die Einlegung war vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich oder es erfolgte eine schriftliche oder elektronische Mitteilung, dass ein Widerspruch nicht möglich sei, § 58 Abs. 2 VwGO.

Wurde die betroffene Öffentlichkeit von der Verwaltungsentscheidung nicht benachrichtigt und erfolgte auch keine öffentliche Bekanntmachung, so ist die Entscheidung innerhalb eines Jahres von dem Tag an anzufechten, an dem sie nach § 58 Abs. 2 VwGO und § 2 Abs. 3 Satz 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) bekannt geworden ist oder hätte bekannt werden können.

Wenn es um eine Verwaltungsentscheidung geht, die unter die Kategorien des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 oder Nr. 6 UmwRG[41] fällt, gilt für Nichtregierungsorganisationen eine Ausschlussfrist für die Anfechtung einer Verwaltungsentscheidung in Höhe von zwei Jahren seit Erlass der Verwaltungsentscheidung, unabhängig davon, ob die Umweltorganisation die Entscheidung kannte oder hätte kennen können, § 2 Abs. 3 Satz 2 UmwRG.

2) Frist für Entscheidung eines Verwaltungsorgans

Für Entscheidungen in behördlichen Genehmigungsverfahren gelten Zustellungsfristen. In Genehmigungsverfahren für allgemeine Industrieanlagen gilt z. B. für Großvorhaben eine Frist von sieben Monaten und für kleinere Vorhaben eine Frist von drei Monaten, siehe § 10 Abs. 6a Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die bei der zuständigen Behörde eingereichten Antragsunterlagen vollständig sind. Die Behörde kann die Frist um bis zu drei weitere Monate verlängern, wenn sie einen triftigen Grund nachweisen kann.

In Genehmigungsverfahren für Großprojekte wie Nationalstraßen, Eisenbahnen und Wasserstraßen gibt es keine festen Fristen. In solchen Fällen müssen Entscheidungen "innerhalb angemessener Zeit" oder "in effizienter Weise" getroffen werden.

Ist über einen Widerspruch oder einen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes ohne hinreichenden Grund nicht innerhalb einer angemessenen Frist in der Sache entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig (siehe 1.3.2). Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit der Stellung des Antrags auf Erlass des Verwaltungsakts erhoben werden, es sei denn, dass wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist erforderlich ist. Liegt ein hinreichender Grund vor, aus dem über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht vollzogen worden ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm gesetzten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist vollzogen, so wird die Hauptsache für erledigt erklärt.

In dringenden Fällen kann der Antragsteller bereits vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung beantragen, um zu verhindern, dass die Durchsetzung seines individuellen Rechts durch die Untätigkeit der Verwaltung verhindert oder erheblich erschwert wird, vgl. §§ 80 Abs. 5, 123 VwGO.

3) Ist es möglich, Verwaltungsentscheidungen der ersten Ebene unmittelbar vor Gericht anzufechten?

Antragsteller müssen sehr sorgfältig prüfen, ob eine direkte Anrufung des Gerichts zulässig ist oder nicht, da es zwingend erforderlich sein kann, dass der Antragsteller – bevor er vor Gericht geht – in einem Vorverfahren innerhalb der Verwaltung selbst Rechtsschutz suchen muss (Vorverfahren oder Widerspruchsverfahren). Ein Verwaltungsakt muss am Ende eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten.

Der gesetzliche Rahmen für das verwaltungsrechtliche Widerspruchsverfahren findet sich in den §§ 68 ff. VwGO. Die Vorschriften unterstreichen, dass die erfolglose Durchführung eines Widerspruchsverfahrens Voraussetzung für die Zulässigkeit eines gerichtlichen Verfahrens ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO.

Im Bereich des öffentlichen Umweltrechts gibt es mehrere Bestimmungen, die eine direkte Klage vor Gericht ermöglichen, indem sie das verwaltungsrechtliche Widerspruchsverfahren ausschließen oder klarstellen, dass es in dem jeweiligen Rechtsgebiet nicht zwingend erforderlich ist.

Das Bundesrecht eröffnet z.B. für große Infrastrukturprojekte einen direkten Zugang zu Gericht:

  • Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse: Siehe §§ 74 Abs. 1, 70 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz)
  • Klagen gegen Plangenehmigungen: siehe § 74 Abs. 6 Satz 3 VwVfG.

Das Landesrecht kann eigene Bestimmungen über die Notwendigkeit eines vorbereitenden Verwaltungsverfahrens vor dem Zugang zu einem Gericht enthalten, z. B.:

  • Nordrhein-Westfalen:§ 110 Gerichtsverfassungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen, JustG NRW)
  • Niedersachsen: § 80 Abs. 1 Niedersächsisches Justizvollzugsgesetz (Niedersächsisches Justizgesetz, NJG).
  • Bayern: In diesem Bundesland ist das Widerspruchsverfahren fakultativ und damit nicht zwingend, siehe § 15a des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (BayAGVwGO).

Die allgemeine Frist für die Einlegung von Widersprüchen oder, falls ausgeschlossen, für die Erhebung von Klagen vor Gericht beträgt

  • einen Monat nach Zustellung des angefochtenen Bescheides, vgl. § 74 VwGO;
  • ein Jahr wenn die Rechtsbehelfsbelehrung fehlte oder unrichtig war, § 58 Abs. 2 VwGO.

Besondere Fristen sind im Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) vorgesehen, nämlich

  • 1 Jahr, wenn die betroffene Öffentlichkeit von der behördlichen Entscheidung nicht unterrichtet wurde und auch keine öffentliche Bekanntmachung erfolgte. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Entscheidung dem Antragsteller bekannt geworden ist oder hätte bekannt werden können, vgl. § 2 Abs. 3 Satz 1 UmwRG,
  • 2 Jahre, nach deren Ablauf NGOs von der Erhebung von Klagen gegen bestimmte umweltrechtliche Verwaltungsentscheidungen ausgeschlossen sind, § 2 Abs. 3 Satz 2 VwGO.[42] Die Frist beginnt und endet ohne Rücksicht auf die Kenntnis vom Bestehen des jeweiligen Verwaltungsakts.

4) Müssen die nationalen Gerichte bei der Urteilsverkündung eine Frist einhalten?

Es gibt keine festen Fristen, innerhalb derer die Gerichte ein Urteil fällen müssen. Nachdem Deutschland hierfür im November 2011 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kritisiert wurde, wurden neue Gesetze erlassen, die es den Parteien eines Gerichtsverfahrens ermöglichen, ein Gericht zu warnen, wenn die Verfahren drohen, übermäßig lange zu dauern, und besonderen Schadensersatz zu verlangen, wenn das Verfahren zu lange dauert.[43]

Die wesentlichen Bestimmungen finden sich in § 198 und den folgenden §§ des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG).

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2018 betrug die Verfahrensdauer in der ersten Instanz bei den Verwaltungsgerichten (VG) im Bundesdurchschnitt 12,1 Monate, wobei in einigen Bundesländern 6,3 Monate die kürzeste und in anderen Bundesländern 19,6 Monate die längste durchschnittliche Verfahrensdauer waren. Für Verfahren, die auf der Ebene der Oberverwaltungsgerichte fortgeführt werden, beträgt die Dauer der Berufungsverfahren im Bundesdurchschnitt 11,7 Monate, wobei in einigen Bundesländern 5,3 Monate die kürzeste und in anderen Bundesländern 25,5 Monate die längste durchschnittliche Verfahrensdauer darstellen. [44]

Für das Jahr 2018 weist die Statistik des Bundesverwaltungsgerichts eine durchschnittliche Dauer von Revisionsverfahren von rund 11,5 Monaten aus. [45]

5) Fristen während des Verfahrens (für Parteien, für die Vorlage von Beweismitteln, andere mögliche Fristen usw.)

Neben den unter 1) und 3) beschriebenen Fristen gibt es eine besondere Frist, die während Umweltrechtssachen zu beachten ist.

Nach § 6 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) muss der Antragsteller innerhalb von 10 Wochen nach Erhebung der Klage die vollständige Klagebegründung mit allen relevanten Tatsachen und Beweismitteln einreichen.

Im Gegensatz zu den allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensrechts und zur Situation vor der Novellierung des UmwRG im Jahr 2017, als die Verlängerung der Frist mehr oder weniger im Ermessen des Gerichts lag, ist die Frist des § 6 UmwRG streng und kann nur unter außergewöhnlichen Umständen außer Acht gelassen werden.

Die gleiche zeitliche Begrenzung wurde für spezielle sektorale Gesetze eingeführt, z.B. für Bundesstraßen, siehe § 17e Bundesfernstraßengesetz (FStrG).

Im gerichtlichen Verfahren können sich individuelle Fristen ergeben, wenn das Gericht die Parteien auffordert, ihr Vorbringen zu substantiieren. Diese Fristen kann das Gericht nach § 87b Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) selbständig setzen.

1.7.2. Einstweilige Anordnungen und vorbeugende Maßnahmen, Vollstreckung von Urteilen

1) Wann entfaltet ein Rechtsbehelf gegen eine Verwaltungsentscheidung aufschiebende Wirkung?

Grundsätzlich haben sowohl behördliche als auch gerichtliche Rechtsbehelfe gegen einen Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung, vgl. § 80 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). [46]

Allerdings sieht § 80 Abs. 2 VwGO wichtige Ausnahmen von dieser Regel vor. Der Bescheid ist sofort vollziehbar, der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung

  1. bei der Anforderung öffentlicher Abgaben und Kosten,
  2. bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
  3. in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, oder
  4. in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.

Beispiele, bei denen die aufschiebende Wirkung durch Bundesrecht ausgeschlossen ist, sind:

  • § 14e Abs. 2 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) und
  • § 17e Abs. 2 Bundesfernstraßengesetz (FStrG).

Ordnet die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, dessen sofortige Vollziehung an, so ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft, § 80 Abs. 3 VwGO. Eine Anordnung der sofortigen Vollziehung, die die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs beseitigt, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle.

Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist bereits vor Erhebung der Anfechtungsklage statthaft. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung bereits vollzogen, kann das Gericht die Aufhebung des Vollzugs anordnen, vgl. § 80 Abs. 5 VwGO.

2) Besteht die Möglichkeit, im Rahmen des Widerspruchsverfahrens bei der Behörde oder der übergeordneten Behörde vorläufigen Rechtsschutz zu erhalten?

Ja, während eines Widerspruchsverfahrens kann der Antragsteller von der Verwaltung "die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung" verlangen, soweit bundesrechtlich nichts anderes bestimmt ist, vgl. § 80 Abs. 4 VwGO.

3) Besteht die Möglichkeit, während des Verfahrens vorläufigen Rechtsschutz zu erhalten, und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? Gibt es eine Frist für die Stellung eines solchen Antrags?

Der Antrag kann während des Widerspruchsverfahrens gestellt werden. Da der Antrag in der Regel auf die Dringlichkeit der Angelegenheit gestützt wird (d.h. es könnten irreversible Schäden entstehen, wenn das Projekt während der Zeit, die für die Beurteilung der Begründetheit der Beschwerde benötigt wird, realisiert wird, wie z.B. gefällte Bäume usw.), gibt es keine festen Fristen für den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Am effizientesten ist es, den Antrag mit dem Widerspruch gegen den Verwaltungsbescheid zu verbinden.

4) Erfolgt die sofortige Vollstreckung einer Verwaltungsentscheidung unabhängig von der Einlegung eines Rechtsmittels? Unter welchen Voraussetzungen?

Besteht keine aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 2 VwGO, siehe 1.7.2.1), ist der Bescheid wirksam und vollziehbar und kann unabhängig von einem anhängigen Widerspruchs- oder Klageverfahren sofort vollstreckt oder vollzogen werden.

In diesen Fällen besteht die Möglichkeit, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bei der Verwaltung, vgl. § 80 Abs. 4 VwGO, oder bei Gericht, vgl. § 80 Abs. 5 VwGO, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu beantragen (siehe 1.7.2.5).

5) Wird die Verwaltungsentscheidung ausgesetzt, wenn sie vor Gericht angefochten wird?

Siehe oben 1), Seite 30-31.

6) Besteht für die nationalen Gerichte die Möglichkeit, (vorbehaltlich einer Sicherheitsleistung) eine einstweilige Verfügung zu erlassen? Kann gegen den Beschluss betreffend den vorläufigen Rechtsschutz oder die Sicherheitsleistung ein gesonderter Rechtsbehelf eingelegt werden?

Im Allgemeinen sehen gerichtliche Verfahren die Möglichkeit eines einstweiligen Rechtsschutzes vor. In Umweltangelegenheiten spielt dieser Rechtsbehelf eine wichtige Rolle, z. B. wenn es um irreversible Schäden an natürlichen Ressourcen geht. Der Antrag im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich gegen die behördliche Entscheidung mit dem Ziel, die aufschiebende Wirkung durch gerichtliche Anordnung wiederherzustellen, vgl. § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) oder den Erlass einer einstweiligen Verfügung bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verlangen, vgl. § 123 VwGO.

Damit ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zulässig ist, muss der Kläger nachweisen, dass der Anspruch auch als reguläre Klage im Hauptsacheverfahren zulässig wäre, d.h. der Kläger muss alle Voraussetzungen, z.B. zur Klagebefugnis, erfüllen, die für die Beurteilung der Hauptsache gelten würden. Darüber hinaus muss der Kläger, um einstweiligen Rechtsschutz zu erlangen, nachweisen, dass eine vorläufige Entscheidung notwendig ist (und es nicht zumutbar ist, die gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten). Diese Dringlichkeit kann sich aus verschiedenen Umständen ergeben. So kann die Dringlichkeit z.B. darauf beruhen, dass, wenn das Projekt nicht vor der gerichtlichen Hauptentscheidung gestoppt wird, ein irreversibler Schaden entstehen würde (z.B. Baumfällungen, Zerstörung der Naturlandschaft etc.). Da ein Anspruch auf einstweilige Anordnungen nur in dringenden Fällen geltend gemacht werden kann, gibt es keine feste Frist.

Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden, § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO.

Gegen eine gerichtliche Entscheidung (Gewährung oder Versagung von einstweiligem Rechtsschutz) ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht möglich, vgl. § 146 VwGO.

1.7.3. Kosten – Prozesskostenhilfe – Pro-Bono-Beistand, sonstige Formen der finanziellen Unterstützung

1) Wie können die Kosten berechnet werden, die im Zusammenhang mit der Einleitung eines Verfahrens entstehen – Verwaltungskosten, Gerichtskosten, Kosten für die Einleitung eines Verfahrens, Sachverständigenhonorare, Anwaltshonorare, Kosten für Rechtsmittel usw.

Bei der Suche nach Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten entstehen den Parteien die folgenden Kosten:

Kosten für administrative Widerspruchsverfahren

In einigen Umweltangelegenheiten müssen Personen, die Gerechtigkeit suchen, zunächst ein behördliches Widerspruchsverfahren einleiten (siehe oben unter 1.3.2). Um ein solches Verfahren einzuleiten, müssen sie eine Widerspruchsschrift bei der zuständigen Behörde einreichen, in der sie erklären, warum die Entscheidung oder Handlung der Behörde ihre Rechte verletzt. Die Kosten für dieses Verfahren sind relativ gering.

In einigen Umweltangelegenheiten, insbesondere bei großen Infrastrukturplanungsverfahren, gibt es jedoch kein administratives Widerspruchsverfahren. Stattdessen muss direkt ein Gerichtsverfahren gegen die zuständige Behörde angestrengt werden.

Gerichtsgebühren in gerichtlichen Verfahren

Die Gerichtsgebühren in Umweltsachen sind abhängig von der Anzahl der Instanzen und der Art der Rechtsmittel.

Es gibt:

  • Gebühren für die Einleitung eines Verfahrens.
  • Gebühren für Widerspruchsverfahren.
  • Gebühren für einstweilige Rechtsschutzverfahren: Wenn ein Fall so dringlich ist, dass die Dauer eines Hauptsacheverfahrens zu einem großen Schaden führen würde, können Antragsteller eine einstweilige Verfügung, auch vorläufiger Rechtsschutz genannt, beantragen. Auch für diese Fälle fallen Gerichtsgebühren an.
  • Anwaltskosten können einen erheblichen Teil der Prozesskosten ausmachen. Wenn die Kläger nach der endgültigen Gerichtsentscheidung unterliegen, müssen sie möglicherweise nicht nur für ihre eigenen Anwaltskosten aufkommen, sondern können dazu verurteilt werden, (einen Teil der) Anwaltskosten des Beklagten zu tragen. Normalerweise werden Behörden versuchen, Anwaltskosten zu vermeiden und sich durch ihre Mitarbeiter vertreten lassen. Unter bestimmten Umständen können jedoch auch andere private Beteiligte wie Betreiber oder Investoren in Gerichtsverfahren beigeladen werden. Dies ist dann erforderlich, wenn die Entscheidung des Gerichts unmittelbare Rechtsfolgen für diese Beteiligten hat, § 65 Abs. 2 VwGO. Ein typisches Beispiel wäre der Betreiber einer Anlage, dessen Genehmigung vor Gericht angefochten wird. Diese sind in der Regel anwaltlich vertreten, was zu Kosten führen kann, die von der unterlegenen Partei zu tragen sind.
  • Kosten für Beweismittel, Sachverständigengebühren: In Umweltangelegenheiten müssen viele Tatsachen, die für die Entscheidung des Falles erheblich sind (Beweiserhebung), von Spezialisten ermittelt werden. Je mehr Fähigkeiten und Zeit für die Analyse und Darstellung der relevanten Fakten erforderlich sind, desto höher sind die Kosten für wissenschaftliche Analysen und Sachverständige. Die Kosten für die Beweisführung in einem typischen Umweltfall sind schwer abzuschätzen. Im Durchschnitt bewegen sich die Kosten für ein Beweismittel in Form eines Sachverständigengutachtens zwischen mindestens 5 000 EUR und 25 000 EUR. Bei umfangreichen Verfahren, in denen mehrere Gutachten für verschiedene Sachverhalte erforderlich sind, kann der Gesamtbetrag deutlich höher sein. Bei den genannten Kosten handelt es sich um Schätzungen für von den Parteien in Anspruch genommene Sachverständigengutachten. Wird ein Sachverständiger vom Gericht hinzugezogen, werden die Kosten nach dem Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern, Übersetzern usw. berechnet. (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, JVEG).

Schätzung der Kosten für ein Gerichtsverfahren:

Sowohl die Gerichts- als auch die Anwaltsgebühren richten sich nach dem "Streitwert". Die Gebühren sind im Gerichtskostengesetz (GKG) bzw. im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird der Streitwert durch das Gericht bestimmt. Das bedeutet, dass das Gericht beurteilt, wie sich das Interesse an der Sache in Geld ausdrücken lässt. Je höher der vom Gericht festgesetzte Streitwert ist, desto höher sind auch die Gerichtsgebühren und andere damit verbundene Kosten (z. B. Anwaltskosten), die in gewissem Umfang auf der Grundlage des Streitwerts ermittelt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht gibt eine Hilfestellung bei der Streitwertfestsetzung in Form eines Streitwertkatalogs. Dieser Katalog macht die Gerichts- und Anwaltskosten berechenbar. Für Klagen von Umweltverbänden schlägt der Katalog einen Streitwert zwischen EUR 15.000 und EUR 30.000 vor. Auf dieser Grundlage[47] können für einen gewöhnlichen Fall die Gerichtsgebühren für die Einleitung eines Verfahrens zwischen 879 EUR und 1.218 EUR und die gesetzlichen Anwaltsgebühren jeder Partei für das erstinstanzliche Verfahren zwischen 1.957,55 EUR und 2.591,23 EUR liegen. Die genaue Höhe der Gebühren hängt von zahlreichen Faktoren ab, z. B. von der Anzahl der Beteiligten. Die Kosten für den eigenen Anwalt können deutlich höher ausfallen, da sich die meisten Experten nicht an der gesetzlichen Gebührenordnung für Rechtsanwälte orientieren, sondern individuelle Verträge mit Stundensätzen abschließen, die in der Summe die gesetzliche Gebühr übersteigen können. Hinzu kommen die Kosten für die Erbringung von Beweismitteln und Gutachten.

2) Kosten für vorläufigen Rechtsschutz/einstweilige Verfügungen, ist eine Sicherheitsleistung erforderlich?

Der Streitwert sowie die Gerichtsgebühren belaufen sich in der Regel auf ca. 50% der Gebühren für das Hauptsacheverfahren. Allerdings endet ein Verfahren in der Regel nicht in diesem Zwischenstadium. Die Kosten für den einstweiligen Rechtsschutz folgen der gleichen Logik wie diejenigen im Hauptsacheverfahren, sie sind zusätzliche Kosten, die zu den Kosten des Hauptsacheverfahrens hinzukommen. Kautionen fallen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes/der einstweiligen Verfügung normalerweise nicht an.

3) Gibt es Prozesskostenhilfe für natürliche Personen?

Nach § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) und § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) muss der Einzelne, um Prozesskostenhilfe zu erhalten, darlegen, dass ihm die finanziellen Mittel fehlen, um einen Prozess ohne Prozesskostenhilfe zu führen, dass die von ihm angestrebte Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und dass sie nicht mutwillig ist. Zur Prozesskostenhilfe in außergerichtlichen Angelegenheiten siehe die Ausführungen unter Punkt 1.6-1)-1.2 oben.

4) Gibt es Prozesskostenhilfe für Vereinigungen, juristische Personen, NRO mit oder ohne Rechtspersönlichkeit? Wenn ja, wie kann Prozesskostenhilfe beantragt werden? Gibt es Pro-Bono-Beistand?

Nach § 116 der Zivilprozessordnung (ZPO) und § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) können auch juristische Personen (also auch Umweltorganisationen[48]) Prozesskostenhilfe beantragen, wenn sie ihren Sitz oder Wohnsitz in Deutschland oder einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR haben. Sie können um finanzielle Unterstützung bitten, wenn sie einen Fall vor Gericht bringen wollen und ihnen die Mittel dazu fehlen. Als zusätzliche Voraussetzung müssen juristische Personen, wie z.B. Umweltorganisationen, nachweisen, dass das Unterlassen der Klage dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen würde. Zur Prozesskostenhilfe in außergerichtlichen Angelegenheiten siehe die Erläuterung unter Punkt 1.6-1)-1.2 oben.

5) Gibt es andere Finanzierungsmechanismen zur finanziellen Unterstützung?

Es gibt keine anderen regelmäßigen Mechanismen, um finanzielle Unterstützung zu leisten. Manchmal starten Einzelpersonen, Ad-hoc-Gruppen von Bürgern oder Umweltorganisationen öffentliche Fundraising-Kampagnen, um die Kosten für einen bestimmten Fall zu decken. In letzter Zeit ist auch Crowdfunding eine beliebte Methode.

6) Gilt das Prinzip, dass der unterlegenen Partei die Kosten aufgebürdet werden? Wie wird es von den Gerichten angewandt? Gibt es Ausnahmen?

In Umweltsachen gelten die allgemeinen Regeln für verwaltungsgerichtliche Verfahren. Eine dieser Regeln ist das "Verliererprinzip" in § 154 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Demnach muss die unterlegene Partei alle Gerichtskosten tragen, ihren eigenen Anwalt bezahlen und auch die Anwaltskosten der obsiegenden Partei tragen. Die Anwaltskosten der gegnerischen Partei müssen hingegen nur in der gesetzlich festgelegten Höhe übernommen werden. Da Behörden oft durch eigene Mitarbeiter und nicht durch Anwälte vertreten werden, können ihre Kosten zudem geringer ausfallen.

Im Hinblick auf Beweismittel und Sachverständigengebühren gilt das "Verliererprinzip" nicht in vollem Umfang:

Kosten für Beweiserhebungen, die vom Gericht angeordnet wurden, sind von der unterlegenen Partei zu tragen. Kosten für Beweise und Sachverständigengutachten, die von einer der Parteien eingeführt wurden, werden in der Regel von der Partei getragen, die die Beweise eingeführt hat. Die obsiegende Partei erhält nicht automatisch eine Erstattung. Das Gericht kann jedoch entscheiden, dass die unterlegene Partei die Kosten für Beweise der anderen Partei insgesamt tragen muss. Für Umweltorganisationen stehen in der Praxis die Chancen gut, dass die von ihnen in Auftrag gegebenen Privatgutachten erstattet werden. [49]

7) Kann das Gericht eine Befreiung von Verfahrenskosten, Abgaben, Einreichungsgebühren, Kostenfestsetzung usw. vorsehen? Sonstige nationale Merkmale im Zusammenhang mit diesem Thema?

Es gibt keine Befreiung von Verfahrens- oder damit verbundenen Kosten in Umweltangelegenheiten.

1.7.4. Zugang zu Informationen im Rahmen des Zugangs zu den Gerichten - Regelungen im Zusammenhang mit der Richtlinie 2003/4/EG

1) Wo sind die nationalen Vorschriften über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten zu finden? Gibt es andere Formen der strukturierten Verbreitung?

Informationen zum Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten finden Sie auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit "BMU") und des Umweltbundesamtes ("UBA").

Das BMU gibt einen Überblick über die Hintergründe des Zugangs zu Gerichten in Umweltangelegenheiten und verweist auf das "Handbuch über den Zugang zu Gerichten nach der Aarhus-Konvention des Regionalen Umweltzentrums für Mittel- und Osteuropa (2003)" sowie auf das nationale Umweltinformationsgesetz (UIG) und Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG).[50]

Das UBA informiert auf seiner Website über das Anerkennungsverfahren von Umweltorganisationen zur Erlangung der Klagebefugnis in Umweltangelegenheiten und stellt eine Liste aller auf Bundesebene anerkannten Umweltorganisationen bereit. Es listet vom UBA in Auftrag gegebene Forschungsberichte und andere wissenschaftliche Studien zum Thema des Zugangs zu Gerichten auf und gibt einen Überblick über bedeutsame Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG). Die meisten Informationen sind in deutscher Sprache verfasst. Das UBA stellt außerdem eine im Mai 2018 veröffentlichte Broschüre des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und des Umweltbundesamtes zur Verfügung, die nützliche Informationen für die Öffentlichkeit und Umweltorganisationen enthält,[51] darunter eine Beschreibung der verfügbaren Rechtsmittel und Informationen zu den Kosten.

Das Unabhängige Institut für Umweltfragen (UfU) betreibt eine Website zur Umweltbeteiligung, die auch eine Rubrik zum Zugang zu Gerichten enthält.[52] Im Jahr 2017 veröffentlichte das UBA eine vom UfU durchgeführte Studie zum Zugang zu Gerichten durch Umweltverbände.[53] Sowohl die Website als auch die Studie sind in deutscher Sprache verfasst.

2) Wie werden diese Informationen in den verschiedenen Umweltverfahren zur Verfügung gestellt? Bei wem sollte der Antragsteller Informationen anfordern?

Verwaltungsbescheide müssen eindeutig angeben, ob ein Rechtsbehelf möglich ist, und wenn ja, die Behörde oder das Gericht nennen, das für die Entgegennahme des Rechtsbehelfs zuständig ist, sowie die Rechtsbehelfsfrist.

Am Ende des Bescheides befindet sich ein besonderer Abschnitt mit der Überschrift "Rechtsbehelfsbelehrung" oder "Rechtsmittelbelehrung". Fehlt diese Belehrung oder ist sie unrichtig, beginnt die Rechtsmittelfrist nach § 58 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht zu laufen, so dass ein Rechtsmittel innerhalb eines Jahres nach Zustellung, Eröffnung oder Verkündung möglich ist, § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Siehe auch den folgenden Abschnitt 3).

3) Was sind die sektorspezifischen Rechtsvorschriften (Umweltverträglichkeitsprüfung), IVU/IED (Richtlinie über Industrieemissionen), Pläne und Programme usw.)?

Bei Vorhaben, die unter das Regime des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) fallen, ist die Genehmigung schriftlich zu erteilen und entweder dem Antragsteller und allen Beteiligten, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen oder öffentlich bekannt zu machen, § 10 Abs. 7, 8 BImSchG. Die schriftliche Genehmigung muss eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, die in der Regel in einem besonderen Abschnitt am Ende der Genehmigung mit der Überschrift "Rechtsbehelfsbelehrung" enthalten ist, vgl. § 10 Abs. 8 BImSchG.

Bei Vorhaben, die unter das Regime der IE-RL fallen, muss die Genehmigung zusätzlich im Internet veröffentlicht werden, § 10 Abs. 8a BImSchG; dies schließt die Rechtsbehelfsbelehrung ein.

Bei Vorhaben, die unter das Regime des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) fallen, ist die Genehmigung durch öffentliche Bekanntmachung zu veröffentlichen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zur Einsichtnahme auszulegen, § 27 UVPG, § 74 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes (VwVfG).

Bei Plänen und Programmen, die unter das Regime des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) – das auch die SUP-Richtlinie umsetzt – fallen, ist der beschlossene Plan oder das beschlossene Programm zusammen mit mehreren Unterlagen einschließlich einer Rechtsbehelfsbelehrung zur Einsichtnahme auszulegen, es sei denn, über die Annahme des Plans oder Programms wurde durch Gesetz entschieden, § 44 Abs. 2 Satz 4 UVPG.

4) Müssen Verwaltungsentscheidungen und Urteile Angaben zu möglichen Rechtsmitteln enthalten?

Im Umweltbereich gibt es hierzu keine besonderen Regelungen. Es gilt die allgemeine Regelung, siehe § 58 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO):

„Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.“

So findet sich am Ende des Bescheides ein besonderer Abschnitt mit der Überschrift "Rechtsbehelfsbelehrung" oder "Rechtsmittelbelehrung". Fehlt diese Belehrung oder ist sie unrichtig, beginnt die Rechtsmittelfrist nach § 58 Abs. 1 VwGO nicht zu laufen, so dass ein Rechtsmittel innerhalb eines Jahres nach Zustellung, Bekanntgabe oder Verkündung möglich ist, § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

5) Stehen ausländischen Beteiligten Übersetzungs- und Dolmetschleistungen zur Verfügung? Welche Vorschriften gelten?

Laut Gesetz ist Deutsch in gerichtlichen und gerichtlichen Verfahren zu verwenden, siehe § 184 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), § 55 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nehmen Personen an einer Gerichtsverhandlung teil, die keine Deutschkenntnisse haben, wird ein Dolmetscher hinzugezogen, § 185 (1) Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG).

Auch in Verwaltungsverfahren muss die deutsche Sprache verwendet werden, siehe § 23 (1) Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Daher sind im Allgemeinen ausländische Einzelpersonen oder NGOs verpflichtet, selbst für die Übersetzung zu sorgen. Bei grenzüberschreitenden Verfahren gelten abweichende Regeln, siehe 1.8.4.

1.8. Besondere Verfahrensvorschriften

1.8.1. Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) - Vorschriften im Zusammenhang mit der Richtlinie 2003/35/EG

Im Bereich der UVP wird der Zugang zu Gerichten bei Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben im Sinne des § 2 Abs. 6 UVPG gewährt, die u. a. Vorhaben im Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie erfassen, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG). Der Zugang zu den Gerichten ist gegeben, sobald die Möglichkeit besteht, dass eine UVP-Pflicht bestehen könnte.

1) Vorschriften über die Klagebefugnis und den Zugang zu Gerichten im Zusammenhang mit Screening (Voraussetzungen, Frist, betroffene Öffentlichkeit)

Screening- (wie auch Scoping-) Entscheidungen können nicht separat vor Gericht angefochten werden, sondern nur zusammen mit dem Verwaltungsakt, der die UVP voraussetzt, vgl. § 44a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO): Nach § 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbständiger Teil des behördlichen Genehmigungsverfahrens.

2) Vorschriften über die Klagebefugnis in Bezug auf Scoping (Voraussetzungen, Frist, betroffene Öffentlichkeit)

Scoping-Entscheidungen können nicht separat vor Gericht angefochten werden, sondern nur zusammen mit dem Verwaltungsakt, der die UVP voraussetzt, wie z. B. eine Genehmigung oder die Annahme eines Plans, siehe 1.8.1 1).

3) In welcher (welchen) Phase(n) kann die Öffentlichkeit Verwaltungsentscheidungen, die Umweltprojekte zum Gegenstand haben, anfechten? Gibt es eine Frist für die Anfechtung von Entscheidungen?

Sowohl Screening- als auch Scoping-Entscheidungen können nicht separat vor Gericht angefochten werden, sondern nur zusammen mit dem Verwaltungsakt, der die UVP voraussetzt, siehe 1.8.1 1) und 2). Die Verwaltungsentscheidungen über Umweltprojekte können also erst im Stadium der endgültigen Zulassung angefochten werden.[54] Es gelten die regelmäßigen Fristen des Verwaltungsrechts, zusätzlich gelten die Fristen des § 2 Abs. 3 Satz 1 UmwRG und des § 6 UmwRG, siehe 1.7.1 3).

4) Kann man die rechtskräftige Genehmigung anfechten? Unter welchen Voraussetzungen, wenn es sich um eine Privatperson, eine NRO oder eine ausländische NRO handelt?

Es gelten die allgemeinen Regeln, siehe 1.4.

5) Umfang der gerichtlichen Kontrolle – Kontrolle der materiell-rechtlichen/verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit. Kann das Gericht von Amts wegen tätig werden?

Generell verpflichtet Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Gerichte zur Überprüfung aller tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einer Verwaltungsentscheidung.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwRG und § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG gilt für Klagen von NGOs der volle Umfang der objektiven Rechtskontrolle.

Der Umfang der gerichtlichen Kontrolle ist begrenzt, wenn der Gesetzgeber der zuständigen Verwaltungsbehörde einen Ermessensspielraum einräumt. Ermächtigt das Gesetz die Behörde, zwischen verschiedenen Möglichkeiten zu wählen, muss das Gericht dies hinnehmen und ist in seiner gerichtlichen Kontrolle eingeschränkt. Es kann nur prüfen, ob das Ermessen von der Verwaltung rechtlich korrekt ausgeübt worden ist. Ein Ermessensfehler liegt vor, wenn der Ermessensspielraum überschritten oder der Zweck der Ermächtigung missachtet wurde, vgl. § 114 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Diese Regel gilt ohne besondere Regelungen im Bereich des Umweltrechts.[55]

Es gibt noch eine weitere Ausnahme von der vollen gerichtlichen Überprüfung, die im Umweltrecht in gewissem Umfang relevant ist. Die Verwaltung genoss bisher einen Beurteilungsspielraum bei der Auslegung bestimmter gesetzlicher Vorschriften (behördliche Einschätzungsprärogative). Im Falle einer solchen Einschätzungsprärogative prüft ein Gericht nur, ob die Behörde

  • die Verfahrensregeln eingehalten hat,
  • zeigt ein korrektes Verständnis des Rechtsbegriffs, um den es geht,
  • den Sachverhalt richtig und umfassend ermittelt hat,
  • Beurteilungsmaßstäbe, insbesondere das Willkürverbot, beachtet hat,

und der Ermessensspielraum müsse sich unmittelbar aus einer Rechtsvorschrift oder aus der Auslegung ergeben.[56]

Ein Beispiel im Bereich der UVP ist § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG, der explizit einen Einschätzungsprärogative durch Einschränkung der gerichtlichen Überprüfung vorsieht. Behörden hatten also einen Einschätzungsspielraum bei der Entscheidung, ob ein Vorhaben UVP-pflichtig ist oder nicht, wenn sich diese Entscheidung aus einer Vorprüfung nach § 7 UVPG ergab. Hatte eine Behörde entschieden, dass ein Vorhaben nicht UVP-pflichtig ist, und hatte sie eine Vorprüfung nach § 7 UVPG durchgeführt, so war die gerichtliche Überprüfung des Genehmigungsbescheides auf die Frage beschränkt, ob die Vorprüfung den Anforderungen des § 7 UVPG entsprach und ob das Ergebnis vertretbar ist.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2018 im Bereich des Naturschutzes die Praxis dieses Spielraums kritisiert.[57] Das BVerfG führte aus, dass sich die Begrenzung des gerichtlichen Prüfungsumfangs nicht aus einer der Verwaltung eingeräumten Einschätzungsprärogative ergebe, sondern dass das Gericht die Bewertung der Verwaltung als Grundlage für seine Entscheidung über die in Rede stehende wissenschaftlich-praktische Frage heranziehen könne, wenn das Gericht nach weitest möglicher Aufklärung an die Grenze des Erkenntnisstandes naturschutzfachlicher Wissenschaft und Praxis gelangt sei. Das Gericht führte weiter aus, dass es Sache des Gesetzgebers sei, auf Dauer zumindest Maßstäbe für die zugrundeliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen vorzusehen.[58]

Wenn Verwaltungsgerichte in Umweltsachen entscheiden, sind sie nicht auf die Angaben der Parteien beschränkt. Die Gerichte können (und müssen ggf.) den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln und nach dem Untersuchungsgrundsatz auch selbst Beweise erheben, vgl. § 86 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Gerichte sind in ihrer Beweiswürdigung nach ihrer aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung frei, vgl. § 108 VwGO. Es ist Sache des Gerichts, die Gutachten zu bewerten – egal ob es sich um von den Parteien eingebrachte Sachverständigengutachten oder um Gutachten von gerichtlich bestellten Sachverständigen handelt.

6) In welchem Stadium können Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden?

Verwaltungsentscheidungen über Umweltvorhaben können in der Phase der endgültigen Genehmigung angefochten werden, siehe § 44a VwGO.

7) Besteht das Erfordernis, vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens das Verwaltungsverfahren auszuschöpfen?

Es gelten die regulären Regeln, siehe 1.3.2. und 1.1.7 3).

8) Ist es für eine Klagebefugnis vor den nationalen Gerichten erforderlich, sich an der Phase der öffentlichen Konsultation im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zu beteiligen – Stellungnahmen abzugeben, an Anhörungen teilzunehmen usw., wobei nicht die in Ziffer 12 genannte Voraussetzung gemeint ist?

Handelt es sich um ein UVP-pflichtiges Genehmigungsverfahren, ist eine Beteiligung der Öffentlichkeit in der Anhörungsphase des Verwaltungsverfahrens nicht erforderlich, vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 4 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG).[59]

§ 5 UmwRG sieht vor, dass, wenn eine Einzelperson oder ein Verband erstmals im gerichtlichen Verfahren Bedenken erhebt und dies in missbräuchlicher oder unredlicher Weise geschieht, diese Bedenken vom Gericht unberücksichtigt zu lassen sind. In § 5 UmwRG werden die vom EuGH vorgesehenen Einschränkungen übernommen.[60] Bisher haben nationale Gerichte dieser Rechtsnorm keine große Bedeutung beigemessen und es ist noch offen, ob sie in der Praxis an Bedeutung gewinnen wird.

9) Fair, ausgewogen – wie werden diese Begrifflichkeiten im nationalen Rechtssystem angewandt?

Die nationale Gerichtsbarkeit nutzt den durch die in Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Grundsätze eines effektiven Verfahrens vorgegebenen Rahmen, um ein faires und gerechtes Verfahren im Sinne von Art. 9 Abs. 4 der Aarhus Konvention zu gewährleisten.

10) Wie wird der Begriff „rechtzeitig“ in den nationalen Rechtsvorschriften umgesetzt?

Der Begriff der "Rechtzeitigkeit" ist ein wesentlicher Bestandteil der verfassungsrechtlichen Garantie eines effektiven Rechtsschutzes, die in Art. 19 Abs. 4 GG verankert ist. Es gibt keine festen Fristen, innerhalb derer die Gerichte ein Urteil fällen müssen.

Nachdem Deutschland im November 2011 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kritisiert worden war, wurde ein neues Gesetz verabschiedet, das es den Parteien eines Gerichtsverfahrens ermöglicht, ein Gericht zu warnen, wenn die Verfahren drohen, übermäßig lange zu dauern, und besonderen Schadensersatz zu verlangen, wenn das Verfahren zu lange dauert.[61] Die wesentlichen Bestimmungen finden sich in den §§ 198 ff. des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG).

11) Gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes? Wenn ja, welche Verfahrensanforderungen gelten für einen solchen vorläufigen Rechtsschutz? Gibt es für diesen Bereich neben den allgemeinen nationalen Vorschriften Sonderregelungen?

Der einstweilige Rechtsschutz richtet sich nach den allgemeinen Regeln, siehe 1.7.2 6).

1.8.2. Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU)/Richtlinie über Industrieemissionen (IED) – Bestimmungen im Zusammenhang mit der Richtlinie 2003/35/EG

1) Länderspezifische Richtlinie über Industrieemissionen (IED)-Vorschriften betreffend den Zugang zu Gerichten

Die IE-RL wurde 2013 durch Anpassungen an die bestehenden sektoralen Umweltgesetze in das deutsche nationale Recht umgesetzt, vor allem an

  • Das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG),
  • Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) und
  • Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG).

Aus diesem Grund gibt es kein spezifisches, eigenständiges IE-RL-Verfahren, sondern die Anforderungen der IE-RL sind in die allgemein gültigen Genehmigungsverfahren integriert. Der Zugang zu den Gerichten im Anwendungsbereich der IE-RL wird in der Vielzahl der Fälle dadurch gewährt, dass die Anforderungen der IE-RL Bestandteil der Zulassungsverfahren für die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) genannten Vorhaben sind. Für die in Nr. 2 genannten Vorhaben und Genehmigungsverfahren gelten die gleichen Regeln wie für die in Nr. 1 genannten, so dass die unter 1.8.1 gegebenen Antworten in der Regel auch für 1.8.2 gültig sind.

2) Ständige Vorschriften: In welchen Phasen können Entscheidungen angefochten werden (von einer NRO, einer ausländischen NRO, einem Bürger)? Ist die rechtskräftige Entscheidung anfechtbar?

Es gibt keinen spezifischen, eigenständigen IE-RL-Prozess oder -Verfahren, sondern die Anforderungen der IE-RL sind in die allgemein gültigen Zulassungsverfahren integriert. Es gelten die allgemeinen Regelungen zur Klagebefugnis, siehe 1.7.2. Nur die endgültige Entscheidung ist anfechtbar, wobei die allgemeinen Regeln gelten.

3) Vorschriften über die Klagebefugnis und den Zugang zu Gerichten im Zusammenhang mit Screening (Voraussetzungen, Frist, betroffene Öffentlichkeit)

Es gibt keinen spezifischen, eigenständigen IE-RL-Prozess oder -Verfahren, sondern die Anforderungen der IE-RL sind in die allgemeingültigen Zulassungsverfahren integriert. Es gelten die allgemeinen Regelungen zur Klagebefugnis, siehe 1.7.2. Nur die endgültige Entscheidung ist anfechtbar, wobei die allgemeinen Regeln gelten.

Screening-Entscheidungen können nicht separat vor Gericht angefochten werden, sondern nur zusammen mit dem Verwaltungsakt, der über die endgültige Genehmigung entscheidet.

4) Vorschriften über die Klagebefugnis in Bezug auf Scoping (Voraussetzungen, Frist, betroffene Öffentlichkeit)

Es gibt keinen spezifischen, eigenständigen IE-RL-Prozess oder -Verfahren, sondern die Anforderungen der IE-RL sind in die allgemeingültigen Zulassungsverfahren integriert. Es gelten die allgemeinen Regelungen zur Klagebefugnis, siehe 1.7.2. Nur die endgültige Entscheidung ist anfechtbar, wobei die allgemeinen Regeln gelten.

Scoping-Entscheidungen können nicht separat vor Gericht angefochten werden, sondern nur zusammen mit dem Verwaltungsakt, der die endgültigen Zulassung gewährt.

5) In welcher (welchen) Phase(en) kann die Öffentlichkeit Verwaltungsentscheidungen, die Umweltprojekte zum Gegenstand haben, anfechten? Gibt es eine Frist für die Anfechtung von Entscheidungen?

Es gibt keinen spezifischen, eigenständigen IE-RL-Prozess oder -Verfahren, sondern die Anforderungen der IE-RL sind in die allgemeingültigen Zulassungsverfahren integriert. Es gelten die allgemeinen Regelungen zur Klagebefugnis, siehe 1.7.2. Nur die endgültige Entscheidung ist anfechtbar, wobei die allgemeinen Regeln gelten. Es gelten die regelmäßigen Fristen des Verwaltungsrechts, zusätzlich gelten die Fristen des § 2 Abs. 3 Satz 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) und des § 6 UmwRG, siehe 1.7.1 3).

6) Kann die Öffentlichkeit die rechtskräftige Genehmigung anfechten?

(Nur) die endgültige Entscheidung ist nach den allgemeinen Regeln anfechtbar.

7) Umfang der gerichtlichen Kontrolle – Kontrolle der materiell-rechtlichen/verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit. Kann das Gericht von Amts wegen tätig werden? Können Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden?

Siehe 1.8.1. 5).

8) In welcher Phase ist eine Anfechtung möglich?

Siehe 1.8.2. 5).

9) Besteht das Erfordernis, vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens das Verwaltungsverfahren auszuschöpfen?

Es gelten die allgemeinen Regeln, siehe 1.3.2. und 1.1.7 3).

10) Ist es für die Klagebefugnis vor den nationalen Gerichten erforderlich, an der Phase der öffentlichen Konsultation im Rahmen des Verwaltungsverfahrens teilzunehmen – Stellungnahmen abzugeben, an Anhörungen teilzunehmen usw.?

Für die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) aufgeführten und genannten Vorhaben ist eine Beteiligung der Öffentlichkeit in der Anhörungsphase des Verwaltungsverfahrens nicht erforderlich, vgl. § 7 Abs. 4 UmwRG. [62]

§ 5 UmwRG sieht vor, dass, wenn eine Einzelperson oder ein Verband erstmals im gerichtlichen Verfahren Bedenken erhebt und dies in missbräuchlicher oder unredlicher Weise geschieht, diese Bedenken vom Gericht unberücksichtigt bleiben sollen. § 5 UmwRG übernimmt die vom EuGH[63] vorgesehenen Einschränkungen. Bisher haben die nationalen Gerichte dieser Rechtsnorm keine große Bedeutung beigemessen und es ist noch offen, ob sie in der Praxis an Bedeutung gewinnen wird.

11) Fair, ausgewogen – wie werden diese Begrifflichkeiten im nationalen Rechtssystem angewandt?

Die nationale Rechtsprechung nutzt den Rahmen der in Art. 19 Abs. 4 GG verankerten verfassungsrechtlichen Rechtsweggarantie, um ein faires und gerechtes Verfahren im Sinne von Art. 9 Abs. 4 der Aarhus Konvention zu gewährleisten.

12) Wie wird der Begriff „rechtzeitig“ in den nationalen Rechtsvorschriften umgesetzt?

In der Tat im Zusammenhang mit Entscheidungen nach der IE-RL und/oder der Anfechtung von Entscheidungen nach der IE-RL (Screening, Scoping, Genehmigung).

Der Begriff der Rechtzeitigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil der verfassungsrechtlichen Garantie effektiven Rechtsschutzes, die in Art. 19 Abs. 4 GG verankert ist. Es gibt keine festen Fristen, innerhalb derer die Gerichte ein Urteil fällen müssen. Nachdem Deutschland im November 2011 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kritisiert worden war, wurde ein neues Gesetz erlassen, das es den Parteien eines Gerichtsverfahrens ermöglicht, ein Gericht zu warnen, wenn das Verfahren übermäßig lange zu dauern droht, und besonderen Schadensersatz zu verlangen, wenn das Verfahren zu lange dauert.[64] Die wesentlichen Bestimmungen finden sich in den §§ 198 ff. des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG).

13) Gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes? Wenn ja, welche Verfahrensanforderungen gelten für einen solchen vorläufigen Rechtsschutz? Gibt es für diesen Bereich neben den allgemeinen nationalen Vorschriften Sonderregelungen?

Die Anforderungen der IE-RL sind in die allgemein gültigen Genehmigungsverfahren integriert, einstweiliger Rechtsschutz ist nach den allgemeinen Regeln möglich, siehe 1.7.2 6).

14) Werden der Öffentlichkeit Informationen über den Zugang zu Gerichten in strukturierter und zugänglicher Weise bereitgestellt?

Es gibt keine spezifischen Informationsdefizite bezüglich des Zugangs zur Justiz in Bezug auf die Anforderungen der IE-RL.

1.8.3. Umwelthaftung[65]

Länderspezifische Rechtsvorschriften betreffend die Anwendung der Umwelthaftungsrichtlinie 2004/35/EG, Artikel 12 und 13

1) Welche Voraussetzungen müssen natürliche oder juristische Personen (einschließlich der im Umweltbereich tätigen NRO) erfüllen, um die von der zuständigen Behörde im Bereich der Umweltsanierung getroffene Entscheidung von einem Gericht oder einer anderen unabhängigen und unparteiischen Stelle gemäß Artikel 13 Absatz 1 der Umwelthaftungsrichtlinie überprüfen zu lassen?

In Deutschland wurde die Umwelthaftungsrichtlinie durch das Umweltschadensgesetz (USchadG) umgesetzt. Dieses Gesetz lehnt sich eng an den Wortlaut der Richtlinie an.[66] Das USchadG ist ein Rahmengesetz, das Mindeststandards setzt. Spezifischere gesetzliche Regelungen mit strengeren Anforderungen gehen den Bestimmungen des USchadG vor, § 1 Abs. 2 USchadG. [67]

Die Regelungen zur Klagebefugnis für ein Vorgehen gegen Entscheidungen zur Umweltsanierung, die in den Anwendungsbereich des USchadG fallen, unterscheidet sich nicht von den Regelungen zur Klagebefugnis in anderen Umweltfällen[68], siehe 1.4. 3) zu weiteren Einzelheiten. Im Allgemeinen gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).[69] Privatpersonen sind klagebefugt, wenn sie eine Beeinträchtigung ihrer eigenen Rechte geltend machen können, siehe § 42 Abs. 2 VwGO.

Nach § 11 Abs. 2 USchadG sind NGOs (staatlich anerkannte Umweltverbände) befugt, Handlungen oder Unterlassungen von Behörden auf der Grundlage von § 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) anzugreifen, siehe auch 1.4. 3) zu weiteren Details [70]. Ihre Klagebefugnis erstreckt sich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG nur auf Fälle, in denen die Vereinigung eine Verletzung umweltbezogener Vorschriften im Sinne des § 1 Abs. 4 UmwRG geltend macht.

2) Welche Frist gilt für die Einlegung von Rechtsmitteln?

Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für Klagen gegen Handlungen oder Unterlassungen nach dem USchadG sind im Allgemeinen die gleichen wie bei anderen umweltbezogenen Handlungen[71], siehe 1.7.1. Das bedeutet, dass zunächst ein Widerspruch auf der Verwaltungsebene eingelegt werden muss; wird der Widerspruch zurückgewiesen, beträgt die allgemeine Klagefrist einen Monat, § 74 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Darüber hinaus gelten die Fristen des § 2 Abs. 3 Satz 1 UmwRG (ein Jahr, wenn die betroffene Öffentlichkeit von der behördlichen Entscheidung nicht benachrichtigt wurde und auch keine öffentliche Bekanntmachung erfolgte; die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Entscheidung dem Antragsteller bekannt geworden ist oder hätte bekannt werden können) und des § 6 UmwRG (10 Wochen zur Begründung eines NGO-Antrags und zur Vorlage von Beweisen), siehe 1.7.1 3).

3) Gibt es Anforderungen an die Bemerkungen, die der Aufforderung zum Tätigwerden gemäß Artikel 12 Absatz 2 der Umwelthaftungsrichtlinie beigefügt sind, und wenn ja, welche?

Die Bestimmungen zur Aufforderung zum Tätigwerden im Sinne von Artikel 12 UH-RL werden durch § 10 USchadG umgesetzt. Diese Vorschrift gibt Einzelpersonen und Umweltverbänden das Recht, eine Antrag auf Tätigwerden zu stellen, und verlangt vom Antragsteller, dass er in glaubhafter Weise darlegt, dass ein Umweltschaden vorliegt. [72]

4) Gibt es spezifische Anforderungen an die „Plausibilität“ für den Nachweis, dass Umweltschäden aufgetreten sind, und wenn ja, welche?

Hinsichtlich des Plausibilitätserfordernisses trägt der Antragsteller, der den Antrag auf Tätigwerden gestellt hat, die Beweislast und ist zur Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden verpflichtet. Während der Antragsteller verpflichtet ist, Beweise dafür vorzulegen, dass der Eintritt eines Umweltschadens "glaubhaft" ist, ist die zuständige Behörde verpflichtet, alle ihr vorliegenden eigenen Informationen zu berücksichtigen. Das Plausibilitätserfordernis muss nicht nur aufgrund der Angaben des Antragstellers erfüllt sein. Sind die vom Antragsteller vorgelegten Informationen jedoch unzureichend und verfügt die Behörde nicht über zusätzliche Beweise, die das Vorliegen eines Umweltschadens bestätigen, kann der Antrag abgelehnt werden.[73]

5) Muss die zuständige Behörde bei der Mitteilung ihrer Entscheidung an die berechtigten natürlichen oder juristischen Personen (einschließlich der im Umweltbereich tätigen, berechtigten NRO) eine bestimmte Form oder bestimmte Fristen beachten? Falls ja, welche?

Negative Bescheide sind nach deutschem Recht Verwaltungsakte, sie müssen begründet werden, über die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel informieren und dem Antragsteller bekanntgegeben werden. [74]

Entscheidet die zuständige Behörde, den Antrag weiterzuverfolgen, so stellt diese Entscheidung keinen Verwaltungsakt dar. Die zuständige Behörde benachrichtigt die nach § 10 USchadG antragsberechtigten Betroffenen und Vereinigungen über die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen und gibt ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme, § 8 Abs. 4 USchadG. Die Benachrichtigung kann in Form einer öffentlichen Bekanntmachung erfolgen und § 8 Abs. 4 USchadG legt keine Frist für Stellungnahmen fest, sondern bestimmt, dass die Behörde die "rechtzeitig" eingehenden Stellungnahmen bei der Entscheidung über die Abhilfemaßnahmen zu berücksichtigen hat.

6) Gewährt der Mitgliedstaat eine Erweiterung des Rechts, die zuständige Behörde im Fall einer unmittelbaren Gefahr von Umweltschäden zum Tätigwerden aufzufordern?

Deutschland hat die Berechtigung, ein Tätigwerden der zuständigen Behörde zu verlangen, nicht auf Fälle der unmittelbaren Gefahr eines solchen Schadens ausgedehnt. Nach § 10 USchadG können Personen, die von einem Umweltschaden betroffen sind, oder Nichtregierungsorganisationen nur Maßnahmen im Hinblick auf bereits eingetretene Schäden verlangen.

Trotz der fehlenden Verpflichtung hat eine Behörde jedoch die Möglichkeit, im Fall einer unmittelbaren Gefahr zu handeln. Wenn Einzelpersonen oder NGOs einer Behörde Hinweise auf eine unmittelbar drohenden Gefahr zur Kenntnis bringen, kann die Behörde den Betreiber auffordern, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Allerdings ist, wie oben ausgeführt, mangels einer Verpflichtung zum Handeln in diesem Fall ein Tätigwerden der Behörde aufgrund von § 10 USchadG nicht durchsetzbar.[75]

7) Welche sind die vom Mitgliedstaat benannten zuständigen Behörden?

Das USchadG bestimmt nicht die zuständigen Behörden. Die Zuständigkeit der Behörden wird von den Bundesländern zugewiesen. Grundsätzlich ist die Behörde, die in einem bestimmten Bereich zuständig ist, auch für den Vollzug des USchadG in diesem Bereich zuständig. [76]

8) Verlangt der Mitgliedstaat, dass das Verwaltungsverfahren vor der Einleitung des Gerichtsverfahrens ausgeschöpft wird?

Verlangt eine Einzelperson oder eine NGO von der zuständigen Behörde ein Tätigwerden nach § 10 USchaG und lehnt die Behörde dies in ihrem Bescheid ab, ist das Widerspruchsverfahren nach der allgemeinen Regel des § 68 VwGO der gerichtlichen Überprüfung zwingend vorgeschaltet.

1.8.4. Grenzüberschreitende Verfahrensvorschriften in Umweltverfahren

1) Gibt es Vorschriften für die Einbeziehung anderer Länder? In welcher Phase des Verfahrens besteht die Möglichkeit, Umweltentscheidungen anzufechten?

Für den Fall, dass ein Vorhaben voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt eines anderen Landes haben wird, muss eine grenzüberschreitende UVP durchgeführt werden. Die zuständigen ausländischen Behörden sind "frühzeitig" zu benachrichtigen, § 54 Abs. 1 Satz 1 UVPG[77], siehe auch 1.8.4 6). Ist die Entscheidung über ein Vorhaben getroffen, ist die erlassende deutsche Behörde verpflichtet, die Entscheidung an die beteiligten ausländischen Behörden weiterzuleiten, vgl. § 57 Abs. 1 UVPG. Nur die endgültige Entscheidung ist anfechtbar.

Für Pläne und Programme im grenzüberschreitenden Zusammenhang legt das SUP-Protokoll[78] in Artikel 10 Abs. 1 fest, dass, wenn eine Vertragspartei des Protokolls der Auffassung ist, dass die Durchführung eines Plans oder Programms voraussichtlich erhebliche grenzüberschreitende Umweltauswirkungen haben wird, diese Vertragspartei die betroffene Partei so früh wie möglich vor der Annahme des Plans oder Programms zu benachrichtigen hat. Diese Forderung ist in § 60 Abs. 1 UVPG in deutsches Recht umgesetzt.

Nach Artikel 11 Abs. 2 des SUP-Protokolls sind nach der Verabschiedung eines Plans oder Programms die nach Artikel 10 konsultierten Parteien zu unterrichten. Diese Forderung ist in § 61 UVPG in deutsches Recht umgesetzt.

2) Begriff der „betroffenen Öffentlichkeit“?

In den Fällen der grenzüberschreitenden UVP bzw. SUP nach § 56 UVPG bzw. § 61 UVPG wird der Begriff der betroffenen Öffentlichkeit – ebenso wie in den nationalen Fällen – durch § 2 Abs. 9 UVPG definiert. Er umfasst alle Personen, deren Belange durch eine Genehmigungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden, also auch Verbände und Umwelt-NGOs, deren satzungsgemäße Interessen durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden.

3) Sind NRO des betroffenen Landes klagebefugt? Wann und vor welchem Gericht sollten sie ihre Rechtsmittel einlegen? Welche Verfahrensunterstützung können sie in Anspruch nehmen (Prozesskostenhilfe, Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, einstweilige Anordnungen, Pro bono)?

Ausländische NGOs haben grundsätzlich die gleichen Rechte zur Anfechtung von Verfahrenshandlungen und -entscheidungen in Umweltangelegenheiten wie inländische NGOs.[79] Um die besonderen Verfahrensrechte von anerkannten Umweltorganisationen wahrnehmen zu können, müssen NGOs die Voraussetzungen des § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) erfüllen und einen Antrag auf Anerkennung stellen. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.[80] Im Falle von ausländischen NGOs ist das Umweltbundesamt (UBA) für das Anerkennungsverfahren zuständig. Das zuständige Gericht ist dasselbe wie für inländische NGOs und wird in der Rechtsbehelfsbelehrung genannt, die mit dem Bescheid veröffentlicht wird, § 57 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UVPG. Näheres siehe Abschnitt 1.4, u. a. zur Schutzmaßnahme für ausländische Vereinigungen in § 2 Abs. 2 Satz 2 UmwRG.

Der einstweilige Rechtsschutz richtet sich nach den allgemeinen Regeln, siehe 1.7.2 6).

Nach § 116 Zivilprozessordnung (ZPO) und § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) können auch juristische Personen (d.h. auch Umweltorganisationen) Prozesskostenhilfe beantragen, wenn sie ihren Sitz oder Wohnsitz in Deutschland oder in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR haben. Näheres dazu siehe Abschnitt 1.7.3. 4) und 5).

4) Sind natürliche Personen des betroffenen Landes klagebefugt? Welche Verfahrensunterstützung können sie in Anspruch nehmen (Prozesskostenhilfe, Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, einstweilige Anordnungen, Pro bono)?

Grundsätzlich gelten für den Zugang der betroffenen ausländischen Öffentlichkeit zu den Gerichten die gleichen Regeln wie für die inländische Öffentlichkeit, siehe 1.4 3). Bei Personen, die z.B. als Nachbarn von einem Projekt betroffen sind, wird vermutet, dass die Voraussetzung der Klagebefugnis erfüllt ist. [81]

5) In welcher Phase werden die Informationen der betroffenen Öffentlichkeit (einschließlich der oben genannten Parteien) zur Verfügung gestellt?

Für Informationen zum Vorhaben und zur Öffentlichkeitsbeteiligung: siehe 6).

Information über die Entscheidung und Zugang zum Recht: Nach der Entscheidung (positiv oder negativ) ist die erlassende deutsche Behörde verpflichtet, die Entscheidung an die beteiligten ausländischen Behörden weiterzuleiten, vgl. § 57 Abs. 1, § 61 Abs. 2 UVPG (Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, UVPG).[82] Während § 57 Abs. 1 Satz 1 UVPG ausdrücklich nur die Übermittlung einer positiven Entscheidung vorschreibt, erfordern die Ziele des Gesetzes auch die Übermittlung von Ablehnungen.[83]

6) Welche Fristen gelten für die Beteiligung der Öffentlichkeit, einschließlich des Zugangs zur Justiz?

Wenn ein Projekt voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt eines anderen Staates haben wird, sind die zuständigen ausländischen Behörden „frühzeitig“ zu benachrichtigen, vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 UVPG. Erklärt der andere Staat, dass er sich beteiligen will, wird ein grenzüberschreitendes Beteiligungsverfahren durchgeführt, § 54 Abs. 5 UVPG, nach den Regeln der §§ 55 - 57 UVPG.

Will der andere Staat nicht mitwirken, kann die betroffene Öffentlichkeit aus diesem Land am inländischen Beteiligungsverfahren teilnehmen, § 54 Abs. 6 UVPG, nach den Regeln der §§ 18 - 22 UVPG, so dass für ausländische Beteiligte die gleichen Fristen gelten wie für inländische Akteure, siehe auch Abschnitt 1.7.1.

7) Wie werden den Parteien Informationen über den Zugang zu denn Gerichten zur Verfügung gestellt?

Die Entscheidung, die den ausländischen Behörden vorgelegt wird, muss eine Übersetzung der Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Die deutschen Behörden haben darauf hinzuwirken, dass die betroffene ausländische Öffentlichkeit von der Entscheidung der zuständigen ausländischen Behörde unterrichtet wird, § 57 UVPG.

8) Stehen ausländischen Beteiligten Übersetzungs- und Dolmetschleistungen zur Verfügung? Welche Vorschriften gelten?

Die Behörde muss die Bekanntmachung sowie andere im Beteiligungsverfahren relevante Unterlagen in der Sprache des Nachbarstaates zur Verfügung stellen, § 55 UVPG (Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung). Ebenso haben ausländische Behörden und die ausländische Öffentlichkeit das Recht, ihre Stellungnahmen in ihrer eigenen Sprache abzugeben, § 56 Abs. 4 UVPG.

Die Entscheidung kann in deutscher Sprache vorgelegt werden, wobei die für die ausländischen Behörden und die ausländische Öffentlichkeit besonders bedeutsamen Abschnitte sowie die Rechtsbehelfsbelehrung in einer Übersetzung vorzulegen sind, § 57 UVPG. Zu den Abschnitten von besonderer Bedeutung gehören nach dem Gesetz Angaben darüber, wie die voraussichtlichen grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen des Vorhabens und die Stellungnahmen der ausländischen Behörden und der ausländischen Öffentlichkeit in den Entscheidungen berücksichtigt worden sind und welche Abhilfemaßnahmen zum Ausgleich der grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen getroffen worden sind.

9) Gibt es sonstige einschlägige Vorschriften?

Deutschland hat mit einigen seiner Nachbarländer Abkommen geschlossen, um die Anforderungen der Espoo-Konvention zu konkretisieren und konkrete Regeln und Verfahren festzulegen:



[1] Umweltbundesamt, Ein Leitfaden für die Umweltverwaltung in Deutschland, 2019, S. 42

[2] Für ausführlichere Informationen in englischer Sprache siehe Umweltbundesamt, Fußnote 1, S. 39.

[3] Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 27. Februar 2018, - 7 C 26/16

[4] Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 26. September 2019, - 7 C 5/18

[5] Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 26. September 2019, - 7 C 5/18

[6] Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 4. Mai 2020, - 4 CN 4.18

[7] Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 4. Mai 2020, - 4 CN 4.18

[8] Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), Rechtssache C-300/20.

[9] Die Liste wurde kürzlich durch das Investitionsbeschleunigungsgesetz vom 3.12.2020, BGBl. I S. 2694, erweitert.

[10] Für ausführliche Informationen in englischer Sprache siehe Umweltbundesamt (Hrsg.)(2019). A Guide to Environmental Administration in Germany. S. 46

[11] Für detaillierte Informationen in englischer Sprache siehe Umweltbundesamt (Hrsg.) (2019). A Guide to Environmental Administration in Germany. S. 47 ff.

[12] Für ausführliche Informationen in englischer Sprache siehe Umweltbundesamt (Hrsg.)(2019). A Guide to Environmental Administration in Germany. S. 51.

[13] Für detaillierte Informationen in englischer Sprache siehe Umweltbundesamt (Hrsg.) (2019). A Guide to Environmental Administration in Germany. S. 52.

[14] Für detaillierte Informationen in englischer Sprache siehe Umweltbundesamt (Hrsg.) (2019). A Guide to Environmental Administration in Germany. S. 53 ff.

[15] D.h. u.a. über (förmliche) Verwaltungsakte zur Genehmigung von Vorhaben und öffentlich-rechtliche Verträge über Vorhaben, wenn sie auf umweltrechtlichen Bestimmungen beruhen, die entweder auf Bundesrecht, auf Landesrecht oder auf unmittelbar geltendem EU-Recht beruhen.

[16] Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren v.24.11.2011, BGBl. I, S. 2302.

[17] Statistisches Bundesamt (Destatis) (2019) Rechtspflege Verwaltungsgerichte 2018. Fachserie 10 Reihe 2.4. S. 23 und S. 26 f., die Zahlen beziehen sich auf alle Fälle, ausgenommen Asylverfahren.

[18] Statistisches Bundesamt (Destatis) (2019) Rechtspflege Verwaltungsgerichte 2018. Fachserie 10 Reihe 2.4. p. 120 f., die Zahlen beziehen sich auf alle Fälle, ausgenommen Asylverfahren.

[19] Statistischer Bericht des Bundesverwaltungsgerichts für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2018. S. 69.

[20] Gerichtshof der Europäischen Union. (2018). Jahresbericht 2017 Judicial Activity Synopsis of the judicial activity of the Court of Justice and the General Court. S. 121 ff. (123).

[21] Verfahrensdokumentation, siehe Dr. Heiner Geißler. Schlichtung S21. (auf deutscher Sprache).

[22] Die englischsprachige Website des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, eine Übersicht über die Datenschutzbeauftragten der Länder (letzter Zugriff am 5.5.2020).

[23] Baden-Württemberg: § 50 Abs. 1, § 49 Abs. 1 Naturschutzgesetz Baden-Württemberg, NatSchG BW; Brandenburg: § 37 Abs. 1, § 36 Abs. 2 Brandenburgisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz, NaturschutzBbgNatSchAG; Mecklenburg-Vorpommern: § 30 Abs. 5, § 19 Abs. 1, § 23 Abs. 4, 5 Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern, NatSchAG MV; Nordrhein-Westfalen: § 68, § 66 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz Nordrhein-Westfalen, LNatSchG NRW; Thüringen: § 46 Thüringer Naturschutzgesetz, ThürNatSchG.

[24] Hilfreiche Informationen zum Anerkennungsantrag finden sich auf der Internetseite des UBA: Umweltbundesamt (30. Dezember 2019). Hinweise zur Antragstellung.

[25] Eine aktuelle Liste aller auf Bundesebene anerkannten Umweltorganisationen, einschließlich Links zu den zuständigen Landesbehörden für die Anerkennung auf Länderebene, wird vom UBA veröffentlicht, siehe Umweltbundesamt. (15. April 2020). Vom Bund anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigungen.

[26] Ausländische NGOs genießen das Privileg des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UmwRG, wonach der Antrag auf Anerkennung einer ausländischen NGO so behandelt wird, als sei er bereits bewilligt worden, solange es keine negative Entscheidung über ihren Antrag gibt.

[27] Bayerisches Landesamt für Umwelt. (2017). UmweltWissen – PraxisLabore und Sachverständige im Umweltbereich.

[28] ReSyMeSa - Modul Immissionsschutz

[29] Bundesverband Deutscher Sachverständiger und Fachgutachter e.V. Der gerichtliche Sachverständige

[30] IHK. Willkommen beim bundesweiten Sachverständigenregister

[31] Die Entscheidung, in welcher Höhe die Kosten erforderlich waren, liegt ebenfalls im Ermessen des Gerichts, die Kostenvorschriften des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern, Übersetzern etc. (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, JVEG) finden keine Anwendung.

[32] BVerwG, Beschluss vom 11. April 2001 - 9 KSt 2.01 u.a. -, NVwZ 2001, 919.

[33] BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 2008 - 4 KSt 2000.08.

[34] Bayerisches Landesamt für Umwelt. (2017). UmweltWissen – PraxisLabore und Sachverständige im Umweltbereich.

[35] ReSyMeSa - Modul Immissionsschutz

[36] Bundesverband Deutscher Sachverständiger und Fachgutachter e.V. Der gerichtliche Sachverständige

[37] IHK. Bundesweites Verzeichnis der Sachverständigen

[38] Umweltbundesamt. (15. April 2020). Vom Bund anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigungen.

[39] Der WWF hat eine Mitteilung an das Aarhus Compliance Committee bezüglich der Nichtanerkennung der NGO im Sinne von § 3 UmwRG gerichtet, ACCC/C/2016/137 Deutschland, mit der Bitte um Prüfung, ob das Kriterium des § 3 UmwRG, das verlangt, dass jede NGO, die sich registrieren lässt, jeder Person die Möglichkeit geben muss, Mitglied der Organisation mit vollem Stimmrecht zu werden, mit der Aarhus Konvention, u.a. mit Artikel 9 Abs. 2, in Einklang steht. Der Fall ist seit 2016 anhängig.

[40] Greenpeace hat beim Verwaltungsgericht Halle (Aktenzeichen 2 A 583/16 HAL‑) eine Klage zur Frage der Anerkennung im Sinne des § 3 UmwRG eingereicht. Das Verfahren ist mit Zustimmung aller Beteiligten im Hinblick auf das anhängige Verfahren des WWF vor dem ACCC vorläufig ausgesetzt worden, (siehe Fußnote oben), siehe Wegener, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2019, S. 3, Abschnitt XIII.

[41] D.h. u.a. über (förmliche) Verwaltungsakte und öffentlich-rechtliche Verträge über die Zulassung von Vorhaben, die unter Anwendung umweltrechtlicher Bestimmungen zustande kommen, die entweder auf Bundesrecht, auf Landesrecht oder auf unmittelbar geltendem EU-Recht beruhen.

[42] D.h. u.a. über (förmliche) Verwaltungsakte und öffentlich-rechtliche Verträge über die Zulassung von Vorhaben, die unter Anwendung umweltrechtlicher Bestimmungen zustande kommen, die entweder auf Bundesrecht, auf Landesrecht oder auf unmittelbar geltendem EU-Recht beruhen.

[43] Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren v. 24.11.2011, BGBl. I, S. 2302.

[44] Statistisches Bundesamt (Destatis). (2019). Rechtspflege Verwaltungsgerichte 2018. Fachserie 10 Reihe 2.4. S. 26 und S. 121, die Zahlen beziehen sich auf alle Fälle, ausgenommen diejenigen bei Asylkammern.

[45] (2019). Geschäftsbericht des Bundesverwaltungsgerichts für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2018. S. 69.

[46] Die aufschiebende Wirkung tritt nicht ein, wenn ein Verwaltungsakt nichtig ist. Ebenso besteht keine aufschiebende Wirkung, wenn die Frist für den Rechtsbehelf abgelaufen ist, bevor der Rechtsbehelf erhoben wurde, denn in diesem Fall ist der Verwaltungsakt bereits wirksam und bestandskräftig und kann nicht mehr angefochten werden.

[47] Nr. 1.2 und genauer auch Nr. 34.4 des Streitwertkatalogs, siehe Bundesverwaltungsgericht. Streitwertkatalog 2013 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen.

[48] Das OVG Münster hat im Jahr 2008 in seiner Entscheidung OVG Münster, Beschluss vom 30. April 2008 - 8 D 20/08 entschieden, dass der Prozesskostenhilfeantrag einer Umweltorganisation unbegründet war, weil die Organisation es in der Vergangenheit versäumt hatte, eine finanzielle Rücklage für juristische Zwecke zu bilden und sie die Möglichkeit hatte, insbesondere für das in Rede stehende Verfahren zu versuchen, Mittel aufzubringen. Das Gericht stellte fest, dass es der Organisation nicht an Mitteln mangelte, es sei denn, sie hätte ihre gesamten vorhandenen Mittel zur Finanzierung des Verfahrens einsetzen müssen. Außerdem, so das Gericht, muss auch das persönliche Vermögen der Mitglieder der Organisation berücksichtigt werden, bevor die Gewährung von Prozesskostenhilfe in Betracht gezogen wird. Ausgehend von diesem Urteil, bei dem das Gericht strenge Maßstäbe anlegte, um zu entscheiden, ob der Verband das Kriterium der "Mittellosigkeit" erfüllt, wird in einer Studie zur Entwicklung des Zugangs zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Schmidt, A. et al. (2017), Die Umweltverbandsklage in der rechtspolitischen Debatte, S. 217) in Frage gestellt, ob Umwelt-NGOs in der Praxis überhaupt Prozesskostenhilfe gewährt wird. Bislang scheint es keine weiteren Untersuchungen zu der Frage zu geben, ob Umwelt-NGOs überhaupt Prozesskostenhilfe beantragt und erhalten haben.

[49] Schmidt, A. et al. (2017). Die Umweltverbandsklage in der rechtspolitischen Debatte, S. 213 ff., S. 215.

[50] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. (20. November 2015). Zugang zu Gerichten

[51] Umweltbundesamt, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. (2018). Beteiligungsrecht im Umweltschutz. Was bringt Ihnen die Aarhus-Konvention? pp. 30 et seq.

[52] Allgemeine Informationen: Unabhängiges Institut für Umweltfragen – UfU e.V. (2020). Beteiligung in Umweltfragen; Weitere Informationen und Links: ibid., http://www.umwelt-beteiligung.de/umweltklagen/weiterfuehrende-informationen-uk/.

[53] Umweltbundesamt. (2017). Die Umweltverbandsklage in der rechtspolitischen Debatte. TEXTE 99/2017 Umweltforschungsplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit.

[54] Eine Ausnahme hiervon besteht in § 17 Abs. 3, § 19 Abs. 2 des Gesetzes zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle (StandAG).

[55] Groß. (2018). In Rehbinder/Schink. Grundzüge des Umweltrechts. (5. Aufl.., 4. Rechtsschutz im Umweltrecht, Rn. 66 ff.).

[56] Groß (2018), in: Rehbinder/Schink, Grundzüge des Umweltrechts (5. Aufl., 4. Rechtsschutz im Umweltrecht, Rn. 66 ff.).

[57] BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2018 (Az. 1 BvR 2523/13, 1 BvR 595/14).

[58] BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2018 (Az. 1 BvR 2523/13, 1 BvR 595/14).

[59] Bei Plänen und Programmen ist dies jedoch gemäß §§ 1 Abs.1 und 4, § 7 Abs. 3 UmwRG der Fall, siehe 2.2. und 2.4.

[60] In seinem Urteil vom 15. Oktober 2015, Rechtssache C-137/14, stellte der Gerichtshof fest, , dass einige Aspekte der früheren nationalen Verfahrensvorschriften über den Zugang zu Gerichten nicht mit den Verpflichtungen Deutschlands aus Artikel 11 der Richtlinie 2011/92/EU und Artikel 25 der Richtlinie 2010/75/EU übereinstimmen.

[61] Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren v. 24.11.2011, BGBl. I, S. 2302.

[62] Bei Plänen und Programmen ist dies jedoch nach §§ 1 Abs. 1 und 4, § 7 Abs. 3 UmwRG noch der Fall, siehe 2.2. und 2.4.

[63] In seinem Urteil vom 15. Oktober 2015, Rechtssache C-137/14, stellte der Gerichtshof fest, dass einige Aspekte der früheren nationalen Verfahrensvorschriften über den Zugang zu Gerichten nicht mit den Verpflichtungen Deutschlands aus Artikel 11 der Richtlinie 2011/92/EU und Artikel 25 der Richtlinie 2010/75/EU übereinstimmen.

[64] Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren v. 24.11.2011, BGBl. I, S. 2302.

[65] Siehe auch Rechtssache C-529/15.

[66] Landmann/Rohmer UmweltR/Beckmann/Wittmann/ USchadG, Vorb. Rn. 30, 31.

[67] Landmann/Rohmer UmweltR/Beckmann/Wittmann/ USchadG, Vorb. Rn. 25.

[68] Landmann/Rohmer UmweltR/Beckmann/Wittmann/ USchadG, § 11 Rn. 7-10.

[69] Landmann/Rohmer UmweltR/Beckmann/Wittmann/ USchadG § 11 Rn. 7-10.

[70] Groß. (2018). In Rehbinder/Schink. Grundzüge des Umweltrechts. 5. Aufl., 4. Rechtsschutz im Umweltrecht, Rn. 31.

[71] Landmann/Rohmer UmweltR/Beckmann/Wittmann/ USchadG, (§ 11 Rn. 7-10).

[72] Beckmann/Wittmann. (2019). In Landmann/Rohmer. UmweltR/ USchadG. (§ 10 Rn. 3-8).

[73] Beckmann/Wittmann. (2019). In Landmann/Rohmer. UmweltR/ USchadG. (§ 10 Rn. 3-8).

[74] Beckmann/Wittmann. (2019). In Landmann/Rohmer. UmweltR/ USchadG. (§ 10 Rn. 3-8).

[75] Beckmann/Wittmann. (2019). In Landmann/Rohmer. UmweltR/ USchadG. (§ 10 Rn. 1, 2).

[76] Beckmann/Wittmann. (2019). In Landmann/Rohmer. UmweltR/ USchadG. (§ 7 Rn. 3).

[77] Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo-Konvention)

[78] UNECE-Protokoll über die strategische Umweltprüfung zur Konvention über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen

[79] Schink/Reidt/Mitschang/Dippel. (2018). UVPG (1. Aufl., § 56 Rn 10).

[80] Hilfreiche Information zum Anerkennungsantrag ist auf der Internetseite des UBA aufgeführt.

[81] Schink/Reidt/Mitschang/Dippel. (2018). UVPG (1. Aufl., § 57 Rn 1-5).

[82] Schink/Reidt/Mitschang/Dippel. (2018). UVPG (1. Aufl., § 57 Rn. 1-5).

[83] Schink/Reidt/Mitschang/Dippel. (2018). UVPG (1. Aufl., § 57 Rn. 1).

Letzte Aktualisierung: 29/07/2021

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