Welches nationale Recht ist anwendbar?

Malta
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European Judicial Network
Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Rechtsquellen

1.1 Innerstaatliches Recht

Das maltesische Recht ist Gesetzesrecht, d. h. geschriebenes Recht. Auf der Website der Gesetzessammlung Laws of Malta sind die Rechtsvorschriften frei zugänglich. Seit dem Beitritt des Landes zur Europäischen Union im Jahr 2004 umfasst das maltesische Rechtssystem auch Rechtsakte der EU, die unmittelbar anwendbar sind oder in maltesisches Recht umgesetzt werden; sie haben Vorrang vor nationalen Rechtsvorschriften.

Das maltesische Recht kennt keine Bindung an Präjudizien, doch die Gerichte halten sich im Allgemeinen an frühere Urteile, insbesondere an Entscheidungen des Court of Appeal (Berufungsgericht) und des Constitutional Court (Verfassungsgericht) (beides höhere Instanzen).

1.2 Multilaterale Übereinkommen

  • Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation
  • Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen
  • Übereinkommen vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen
  • Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung
  • Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die Erleichterung des internationalen Zugangs zu den Gerichten
  • Übereinkommen vom 1. Juli 1985 über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung
  • Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen
  • Übereinkommen vom 16. Januar 1992 zum Schutz des archäologischen Erbes
  • Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption
  • Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern
  • Übereinkommen vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht
  • Übereinkommen vom 30. Juni 2005 über Gerichtsstandsvereinbarungen
  • Übereinkommen vom 23. November 2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen
  • Protokoll vom 23. November 2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht

Darüber hinaus hat Malta eine Reihe von UN-Konventionen unterzeichnet. Über den Stand der Ratifizierung kann man sich hier informieren.

1.3 Wichtige bilaterale Übereinkommen

Malta hat unseres Wissens keine bilateralen Übereinkommen geschlossen, die Rechtswahlklauseln enthalten.

2 Anwendung der Kollisionsregeln

2.1 Anwendung der Kollisionsnormen von Amts wegen

Richter können von Amts wegen keine Kollisionsregel anwenden. Dazu muss mindestens eine der Prozessparteien eine Gesetzeskollision geltend machen. Die Partei, die die Einrede vorgebracht hat, muss dem Gericht einen überzeugenden Nachweis für den Inhalt der ausländischen Rechtsnorm vorlegen. Wurde keine derartige Einrede erhoben oder kein überzeugender Nachweis erbracht, urteilt das Gericht nach maltesischem Recht.

2.2 Rück- und Weiterverweisung (Renvoi)

Unklar ist, welche Position Malta hinsichtlich der Rück- und Weiterverweisung einnimmt. Da es nur wenige kodifizierte Regeln zu Kollisionsnormen gibt, müssen die Gerichte häufig nicht kodifizierte Regeln des Internationalen Privatrechts anwenden, um festzustellen, welches Recht in dem betreffenden Fall anzuwenden ist. Die maltesischen Gerichte vertreten die Auffassung, dass bei fehlender gesetzlicher Regelung des Internationalen Privatrechts die Grundsätze des englischen Common Law anzuwenden seien. Daher halten sie sich an die englische Praxis der Rück- und Weiterverweisung. Demzufolge wird die Rück- und Weiterverweisung abgelehnt, wenn es um unerlaubte Handlungen, Versicherungen und Verträge geht. Anwendung findet sie, wenn es die Gültigkeit von Testamenten, Ansprüche auf ausländische Immobilien und familienrechtliche Angelegenheiten betrifft.

2.3 Änderung der Anknüpfung (conflit mobile)

In jeder Rechtswahlklausel ist der Zeitpunkt des Wechsels der Anknüpfung festzulegen.

2.4 Ausnahmen von der Anwendung der Kollisionsnormen (Ordre-public-Vorbehalt; Eingriffsnormen)

Maltesische Gerichte können sich weigern, ausländisches Recht anzuwenden, wenn es mit der öffentlichen Ordnung (ordre public) Maltas unvereinbar ist und wenn es sich um ausländisches Steuerrecht oder Strafrecht handelt.

2.5 Ermittlung fremden Rechts

Der Hinweis auf ausländisches Recht ist sachlich und nicht rechtlich zu belegen. Maltesische Gerichte sind zur Auslegung maltesischer Rechtsvorschriften befugt, doch sie dürfen selbst keine ausländischen Rechtsvorschriften auslegen. Mit der Auslegung ausländischer Rechtsvorschriften werden Sachverständige für ausländisches Recht vom Gericht beauftragt. Die Prozessparteien können zur Beweisführung Gutachten anderer Sachverständiger vorlegen.

Die Beweislast liegt bei der Partei, die die Einrede vorgebracht hat, d. h. bei dem Beklagten.

3 Kollisionsnormen

3.1 Vertragliche Schuldverhältnisse

Wenn es um vertragliche Schuldverhältnisse in Staaten außerhalb der EU geht, greift das Übereinkommen von Rom aus dem Jahr 1980 aufgrund des Gesetzes (Ratifizierung) zum Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Kapitel 482 der Gesetzessammlung Laws of Malta). Für vertragliche Schuldverhältnisse in EU-Staaten gilt die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I).

3.2 Außervertragliche Schuldverhältnisse

Das Kollisionsrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse regelt die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II).

3.3 Personalstatut – personenstandsbezogene Aspekte (Name, Wohnsitz, Familienstand)

Die maltesische Staatsangehörigkeit erwirbt ein Kind mit der Geburt, wenn die Mutter oder der Vater die maltesische Staatsangehörigkeit besitzt.

Im Gegensatz zur Staatsangehörigkeit kann der gewöhnliche Aufenthalt nach Erreichen der Volljährigkeit frei gewählt werden. Als gewöhnlicher Aufenthalt gilt der Wohnort, an dem die Person ihren Gerichtsstand hat und beabsichtigt, auf unbestimmte Zeit oder dauerhaft zu leben.

Das Eingehen bestimmter Verpflichtungen, z. B. die Eheschließung, das Schließen von Verträgen, die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit oder die Errichtung eines Testaments, unterliegen den an diesem Ort geltenden Rechtsvorschriften.

3.4 Begründung des Eltern-Kind-Verhältnisses samt Adoption

3.4.1 Begründung des Eltern-Kind-Verhältnisses

Die elterliche Verantwortung für ein Kind regelt das maltesische Zivilgesetzbuch. Die elterliche Sorge endet von Gesetzes wegen mit Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes. Die maltesische Rechtsprechung wird bestimmt von der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (Brüssel IIa). Hierauf wird in dem entsprechenden Abschnitt genauer eingegangen.

3.4.2 Adoption

Adoptionen sind ebenfalls im maltesischen Zivilgesetzbuch geregelt, das die maltesischen Gerichte in ihrem Zuständigkeitsbereich anwenden. Auslandsadoptionen werden nach maltesischem Recht gemäß dem Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption anerkannt.

3.5 Ehe, eheähnliche und partnerschaftsähnliche Gemeinschaften, Scheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, Unterhaltspflichten

3.5.1 Ehe

Die Gültigkeit einer Ehe bestimmt das Recht des Ortes, an dem die Ehe geschlossen wird. Die Voraussetzungen für die Eheschließung in Malta finden sich in Kapitel 255 (Ehestandsgesetz) der Gesetzessammlung Laws of Malta. In dem Gesetz sind u. a. Ehehindernisse geregelt. So ist eine Ehe beispielsweise ungültig, wenn ein Ehegatte zum Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte.

In Malta gilt das Gesetz des Ortes, an dem die Eheleute ihren Wohnsitz haben.

3.5.2 Eheähnliche und partnerschaftsähnliche Gemeinschaften

Eingetragene Partnerschaften regelt Kapitel 530 (Gesetz über eingetragene Partnerschaften) der Gesetzessammlung Laws of Malta, das wiederum auf Kapitel 255 verweist. Folglich gelten für eingetragene Partnerschaften die gleichen Formvorschriften und Voraussetzungen wie nach Kapitel 255.

3.5.3 Scheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes

Ehescheidungen werden von maltesischen Gerichten nur nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung vorgenommen. Hierauf wird in dem entsprechenden Abschnitt genauer eingegangen.

3.5.4 Unterhaltspflichten

In Malta gilt die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen. Hierauf wird in dem entsprechenden Abschnitt genauer eingegangen.

3.6 Ehegüterrecht

In Malta ist das Recht des Ortes maßgeblich, an dem sich die eheliche Wohnung befindet (lex situs). Nach Artikel 1316 Zivilgesetzbuch gilt für jede in Malta geschlossene Ehe der gesetzliche Güterstand der Gütergemeinschaft. Wenn Eheleute, deren Ehe in einem anderen Land geschlossen wurde, nach Malta umsiedeln, tritt mit Anmeldung ihres Wohnsitzes die Gütergemeinschaft ein, sofern sie diese Güterstandsregelung nicht vorher vertraglich ausgeschlossen haben.

3.7 Rechtsnachfolge von Todes wegen, Testamente

Auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen und auf Testamente wenden die maltesischen Gerichte das common law an. Wenn kein Testament vorliegt, gilt in Bezug auf alle beweglichen Güter das Recht am letzten Wohnsitz des Erblassers und in Bezug auf Immobilien das Recht an deren Standort. Hinsichtlich der Testierfähigkeit gilt das Recht am Wohnsitz des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Ein Erbe kann bewegliche Güter in Besitz nehmen, wenn er dazu nach dem an seinem Wohnsitz oder am Wohnsitz des Erblassers geltenden Recht berechtigt ist. Voraussetzung für die Formgültigkeit eines Testaments ist die Einhaltung der Rechtsvorschriften, die am Ort und zum Zeitpunkt der Testamentsvollstreckung (dies ist im Allgemeinen der Ort, an dem das Testament vor Zeugen unterzeichnet wurde), am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort oder aufgrund der Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentsvollstreckung oder am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort oder aufgrund der Staatsangehörigkeit des Erblassers im Zeitpunkt des Todes gelten. Wenn Immobilien zu vererben sind, ist ein Testament auch dann formgültig, wenn es den am Standort der Immobilien geltenden Rechtsvorschriften entspricht.

3.8 Dingliche Rechte

3.9 Insolvenz

Malta unterliegt der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren in der geänderten Fassung. Die Verordnung enthält u. a. die maßgeblichen Vorschriften für Verfahren, die den vollständigen oder teilweisen Vermögensbeschlag gegen den Schuldner und die Bestellung eines Insolvenzverwalters zur Folge haben, wenn die hauptsächlichen Interessen des Schuldners in einem EU-Mitgliedstaat liegen. Maltesisches Recht gilt immer dann, wenn die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 nicht greift und ein maltesisches Gericht zuständig ist, insbesondere wenn das betreffende Unternehmen seinen Sitz in Malta hat.

Letzte Aktualisierung: 11/04/2018

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