Charta der Grundrechte: bewährte Verfahren der Mitgliedstaaten

Litauen

Staatliche Politik, mit der die Anwendung und der Bekanntheitsgrad der Charta bei Gesetzgebern, Verwaltung, Strafverfolgungsbehörden und Justiz gefördert werden.

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Litauen

Artikel 9 Absatz 4 des Gesetzes über die Grundsätze der Rechtsetzung (Teisėkūros pagrindų įstatymas) bildet die Grundlage dafür, dass die Vereinbarkeit von Gesetzesentwürfen mit der Charta im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens geprüft wird. Darin ist vorgesehen, dass die von der Regierung beauftragten Stellen Schlussfolgerungen zur Vereinbarkeit von Gesetzesentwürfen mit dem EU-Recht, mit Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union, mit internationalen Verträgen, die die Republik Litauen unterzeichnet hat, mit der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und mit Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte abgeben. Diese Schlussfolgerungen werden auch der Einrichtung übermittelt, die den Rechtsakt erlässt. In dieser Bestimmung wird das Erfordernis der Einhaltung der Charta zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber das Erfordernis, die Einhaltung des EU-Rechts zu gewährleisten, schließt auch die Einhaltung der Charta ein. Aus der Praxis ergibt sich, dass die Bestimmung so verstanden wird. So stellte beispielsweise die Abteilung Europäisches Recht (Europos teisės departamentas) in ihren Schlussfolgerungen zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des litauischen Gesetzes über die Wahlen zum Europäischen Parlament (Lietuvos Respublikos rinkimų į Europos Parlamentą įstatymo pakeitimo įstatymo projektas) fest, dass die Bestimmungen, durch die die Ausübung des in Artikel 39 Absatz 1 der Charta verankerten aktiven und passiven Wahlrechts bei den Wahlen zum Europäischen Parlament eingeschränkt wird (die Bestimmung, wonach ein und dieselbe Person nicht mehr als zweimal hintereinander in das Europäische Parlament gewählt werden kann), die jedoch nicht die in Artikel 52 der Charta festgelegten Voraussetzungen für eine solche Einschränkung erfüllen (Einschränkungen müssen gesetzlich vorgesehen sein, den Wesensgehalt der betreffenden Rechte achten und verhältnismäßig sein), als mit dem EU-Recht unvereinbar angesehen werden sollten (https://e-seimas.lrs.lt/portal/legalAct/lt/TAK/325a8fb0199811e9bd28d9a28a9e9ad9?positionInSearchResults=1&searchModelUUID=2d93c2bd-31b3-4e97-b94e-d931ddae3ca2).

Instrumente, die zum besseren Verständnis der Charta und ihres Anwendungsbereichs beitragen

Auf der Website des Justizministeriums (Teisingumo ministerija) wurde ein Leitfaden zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Europos Sąjungos Teisingumo Teismo praktikos vadovas) veröffentlicht, der auch Informationen zu Fragen der Anwendung der Charta enthält. Auf der Website ist ferner ein Link zu den auf der Website der Europäischen Kommission veröffentlichten Informationen über den Schutz der durch das EU-Recht gewährten Rechte verfügbar (https://tm.lrv.lt/lt/veiklos-sritys-1/es-reikalu-koordinavimas/es-teises-perkelimas-ir-igyvendinimas mit Verlinkung zu https://ec.europa.eu/info/about-european-commission/contact/problems-and-complaints/help-defending-your-rights/individuals_de). Es wird auch ein Link zu dem von der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte herausgegebenen Handbuch zur Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Rahmen der nationalen Gesetzgebung und Politikgestaltung zur Verfügung gestellt, sobald das Handbuch in die litauische Sprache übersetzt wurde.

Im Rahmen des Projekts „Verstärkte Reaktion auf Hassverbrechen und Hassreden in Litauen“, das vom Innenministerium (Vidaus reikalų ministerija), der Generalstaatsanwaltschaft (Generaline prokuratūra) und dem Amt des Inspektors für journalistische Ethik (Žurnalistų etikos inspektoriaus tarnyba) durchgeführt wird, werden gemeinsame Schulungen für Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter angeboten, die im Rahmen des Programms „Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft“ der Europäischen Union (2014–2020) finanziert werden. Das Innenministerium stellt bei der Veröffentlichung von rechtlichen Informationen zur Bekämpfung von Hassverbrechen, die sowohl an Beamte als auch an Opfer gerichtet sind, einen Link zu einem speziellen Bereich auf der Website der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte zur Verfügung (https://vrm.lrv.lt/lt/veiklos-sritys/viesasis-saugumas-1/atsakas-i-neapykantos-nusikaltimus-ir-neapykanta-kurstancias-kalbas mit Verlinkung zu https://fra.europa.eu/de/themes/hate-crime).

Anwendung und Förderung der Charta-Instrumente, die von anderen EU-Ländern oder anderen Interessenträgern in der EU entwickelt wurden

Siehe die oben aufgeführten Informationen über die Links zu den Websites der Einrichtungen und Agenturen der Europäischen Union.

Zusammenarbeit mit Interessenträgern zur Förderung der Anwendung und des Bekanntheitsgrads der Charta der Grundrechte der Europäischen Union

Beispiele für die Zusammenarbeit zwischen Grundrechtsverteidigern und nationalen Behörden, die zu einem höheren Bekanntheitsgrad und zu einer besseren Anwendung der Charta beitragen

Litauen führte die Praxis ein, jährlich nationale Menschenrechtsforen (Nacionaliniai žmogaus teisių forumai) zu organisieren. Im Jahr 2019 wurde das Forum vom litauischen Forum für Menschen mit Behinderungen (Lietuvos negalios organizacijų forumas), der Dienststelle des Beauftragten für Chancengleichheit (Lygių galimybių kontrolieriaus tarnyba), dem Amt des Bürgerbeauftragten des Seimas (Seimo kontrolierių įstaiga), dem Ausschuss für Menschenrechte des Seimas (Seimo Žmogaus teisių komitetas), dem Außenministerium (Užsienio reikalų ministerija), dem Amt des Bürgerbeauftragten für Kinderrechte (Vaiko teisių kontrolieriaus įstaiga), der Vytautas-Magnus-Universität (Vytauto Didžiojo universitetas) und der Vereinigung der Menschenrechtsorganisationen (Žmogaus teisių organizacijų koalicija) organisiert.

Beispiele für die Zusammenarbeit zwischen nationalen Behörden und Hochschulen, die zu einem höheren Bekanntheitsgrad und zu einer besseren Anwendung der Charta beitragen

Der litauische Forschungsrat (Lietuvos mokslo taryba) finanzierte eine von der Universität Vilnius (Vilniaus universitetas) durchgeführte Forschungsstudie über die „Anwendung der EU-Charta als Norm für die Verteidigung der Rechte des Einzelnen auf supranationaler und nationaler Ebene“. In der Studie wurde untersucht, inwieweit die Charta von den litauischen Behörden – die in ihrem Tätigkeitsbereich wahrscheinlich am häufigsten mit der Untersuchung von Beschwerden in Bezug auf die Rechte des Einzelnen, die in den Anwendungsbereich der Charta fallen, befasst sind – sowie von Gerichten und Ermittlungsbehörden angewandt wird und auf welche Bestimmungen diese Stellen sich berufen. Es wurde die Frage gestellt, ob sich die Öffentlichkeit und die Rechtsgemeinschaft der Bedeutung der Charta für den Schutz der Grundrechte ausreichend bewusst sind und ob die Charta als eine wirklich wirksame Norm für den Schutz der Grundrechte angesehen wird. Außerdem wurden Aspekte im Zusammenhang mit der Anwendung der Charta zum Schutz bestimmter Rechte untersucht. Die Ergebnisse der Studie wurden veröffentlicht.

Beispiele für nichtstaatliche Initiativen, die die Anwendung und den Bekanntheitsgrad der Charta in Ihrem Land fördern

Die nichtstaatliche Organisation Litauisches Zentrum für Menschenrechte (Lietuvos žmogaus teisių centras) veröffentlichte auf ihrem Portal „Meine Rechte“ („Mano teisės“) einen Link zu den Websites der Einrichtungen und Agenturen der Europäischen Union, einschließlich der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte. In den auf diesem Portal veröffentlichten Texten geht es auch um Fragen der Umsetzung der Charta.

Letzte Aktualisierung: 07/04/2023

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