Familienmediation

Kroatien
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MEDIATION

Am 1. November 2015 trat in der Republik Kroatien das neue Familiengesetz (Obiteljski zakon) (NN (Narodne Novine – Amtsblatt der Republik Kroatien) Nrn. 103/15 und 98/19) in Kraft. Es setzt sich aus zehn Teilen zusammen; der siebte Teil enthält Regelungen zur gesetzlich vorgeschriebenen Beratung und zur Familienmediation.

Die gesetzlich vorgeschriebene Beratung ist ein Weg, Familien zu helfen, sich über die Beziehungen in der Familie zu einigen und dabei insbesondere Familienbeziehungen zu schützen, wenn Kinder betroffen sind. In der gesetzlich vorgeschriebenen Beratung wird auf die rechtlichen Folgen hingewiesen, sollte keine Einigung erzielt werden und daraufhin ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden, in dem über die persönlichen Rechte des Kindes entschieden wird. Die gesetzlich vorgeschriebene Beratung wird von einem fachkundigen Team der Außenstelle des kroatischen Instituts für Sozialarbeit (Hrvatski zavod za socijalni rad) durchgeführt, die für den ständigen oder vorübergehenden Wohnsitz des Kindes bzw. den letzten gemeinsamen ständigen oder vorübergehenden Wohnsitz der Ehegatten oder Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zuständig ist. Nach dem Familiengesetz darf die gesetzlich vorgeschriebene Beratung nicht vor der Einleitung von Zwangs- und Sicherungsmaßnahmen erfolgen. Die Familienmitglieder nehmen persönlich und ohne Bevollmächtigte daran teil.

Eine Beratung ist gesetzlich vorgeschrieben: 1. vor der Einleitung des Scheidungsverfahrens bei Ehegatten mit gemeinsamen minderjährigen Kindern und 2. vor der Einleitung sonstiger Gerichtsverfahren über die Ausübung des elterlichen Sorgerechts und des Umgangsrechts. Die gesetzlich vorgeschriebene Beratung vor der Einleitung des Scheidungsverfahrens erfolgt nicht, wenn ein Ehegatte (oder beide): 1. nicht geschäftsfähig und auch mit sachkundiger Unterstützung nicht in der Lage ist, die Bedeutung und die Folgen des Verfahrens zu verstehen, 2. in seinem Urteilsvermögen beeinträchtigt ist oder 3. sein ständiger oder vorübergehender Wohnsitz unbekannt ist.

Eine gesetzlich vorgeschriebene Beratung wird durch einen entsprechenden Antrag, den eine der Parteien bei einem Sozialhilfezentrum schriftlich oder mündlich zur Niederschrift stellt, in die Wege geleitet. Wird ein Antrag auf Beratung gestellt, so ist das Sozialhilfezentrum verpflichtet, eine Sitzung anzusetzen und die Parteien zu laden. Als Ausnahmeregelung ist vorgesehen, dass in Fällen, in denen das Sozialhilfezentrum eine gemeinsame Sitzung unter den gegebenen Umständen als nicht zielführend erachtet, oder eine Partei oder beide Parteien aus berechtigten Gründen ein entsprechendes Ersuchen stellt bzw. stellen, getrennte Gespräche mit den Parteien angesetzt und durchgeführt werden.

Die Familienmediation ist ein Vorgang, an dem die Familienmitglieder freiwillig teilnehmen. Allerdings ist eine erste Familienmediationssitzung vor der Einleitung eines Scheidungsverfahrens gesetzlich vorgeschrieben.

Die beteiligten Parteien versuchen, im Rahmen der Familienmediation eine Familienstreitigkeit durch eine Einigung beizulegen; dabei werden sie von einem Familienmediator oder mehreren Familienmediatoren unterstützt. Familienmediatoren sind unparteiische Personen mit einer besonderen Ausbildung, die im Familienmediatorenregister eingetragen sind. Die Familienmediation dient vor allem dazu, die gemeinsame elterliche Sorge zu regeln und weitere Vereinbarungen bezüglich des Kindes zu treffen. Darüber hinaus können sich die Parteien im Rahmen der Familienmediation auch über sämtliche anderen Fragen im Zusammenhang mit Vermögenswerten und sonstigen Angelegenheiten einigen.

In folgenden Fällen findet keine Familienmediation statt: 1. wenn das fachkundige Team eines Sozialhilfezentrums oder der Familienmediator der Ansicht ist, dass die gleichberechtigte Teilnahme der Ehegatten an der Familienmediation aufgrund häuslicher Gewalt nicht möglich ist, 2. wenn ein Ehegatte oder beide Ehegatten nicht geschäftsfähig und auch mit sachkundiger Unterstützung nicht in der Lage ist bzw. sind, die Bedeutung und die Folgen des Verfahrens zu verstehen, 3. wenn das Urteilsvermögen eines oder beider Ehegatten beeinträchtigt ist und 4. wenn der vorübergehende oder ständige Wohnsitz eines Ehegatten unbekannt ist.

Die Familienmediation kann unabhängig vom Gerichtsverfahren vor der Einleitung des Verfahrens, während des Verfahrens oder nach seiner Beendigung durchgeführt werden. Im Einklang mit dem Familiengesetz wird die Familienmediation nicht vor der Einleitung von Zwangs- und Sicherungsmaßnahmen durchgeführt. Davon abweichend kann das Gericht den Parteien im Rahmen der Zwangsmaßnahmen im Hinblick auf die Ausübung des Rechts, persönliche Beziehungen zu einem Kind zu unterhalten, eine Familienmediation vorschlagen. Nach der Befragung der Parteien kann das Gericht unter Berücksichtigung der im jeweiligen Fall vorliegenden Umstände die Zwangsmaßnahme dreißig Tage aussetzen, damit eine Fachkraft mit dem Kind sprechen oder den Parteien eine Familienmediation vorschlagen kann, um die Streitigkeit durch eine Einigung beizulegen. Erforderlichenfalls kann das Gericht in einer Entscheidung die Ausübung des Umgangsrechts während des Gesprächs mit der Fachkraft oder im Verlauf der Familienmediation genauer festlegen. Das Gericht sieht von dieser Vorgehensweise jedoch ab, wenn die Familienmediation erfolglos blieb oder dringender Handlungsbedarf besteht.

Der Familienmediator und andere an der Familienmediation beteiligte Personen sind verpflichtet, vertrauliche Informationen und Daten, die ihnen im Laufe des Mediationsverfahrens bekannt werden, Dritten gegenüber zu schützen; davon ausgenommen sind Fälle: 1. in denen die Weitergabe von Informationen zum Zweck der Durchführung oder Umsetzung einer Einigung erforderlich ist oder 2. in denen die Weitergabe von Informationen zum Schutz des Wohlergehens eines Kindes oder zur Beseitigung der Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der geistigen und körperlichen Unversehrtheit einer Person erforderlich ist. Der Familienmediator ist verpflichtet, die Parteien über die Tragweite des Grundsatzes der Vertraulichkeit aufzuklären.

Hinsichtlich der im Rahmen der Familienmediation erzielten Einigung schreibt das Familiengesetz vor, dass Regelungen über die gemeinsame elterliche Sorge oder andere, im Familienmediationsverfahren erzielte Einigungen der Schriftform bedürfen und von allen beteiligten Parteien zu unterzeichnen sind. Es schreibt ferner vor, dass diese erzielten Einigungen mit einem vollstreckbaren Titel gleichzusetzen sind, sofern sie vom Gericht auf Vorschlag der Parteien in einem nichtstreitigen Verfahren genehmigt werden.

Erzielen die Parteien keine Einigung über die gemeinsame elterliche Sorge oder andere strittige Familienbeziehungen, so gibt der Familienmediator im Bericht über die Einstellung des Familienmediationsverfahrens an, ob sich beide Parteien aktiv beteiligt haben. Dieser Bericht geht den Beteiligten zu. Ferner übermittelt der Familienmediator den Bericht über die Einstellung der Familienmediation auch dem zuständigen Gericht, das das Verfahren im Hinblick auf eine Familienmediation ausgesetzt hat.

Schlagen die Parteien im Laufe des Gerichtsverfahrens einvernehmlich eine Beilegung der Streitigkeit im Rahmen der Familienmediation vor, so kann das Gericht das Verfahren aussetzen. In diesem Fall räumt es eine Frist von drei Monaten ein, in der die Parteien die Streitigkeit im Wege der Familienmediation beizulegen versuchen. Stellt ein Gericht im Laufe eines Verfahrens fest, dass eine einvernehmliche Einigung in der Familienstreitigkeit erzielt werden könnte, so kann es den Parteien ebenfalls die Familienmediation vorschlagen. Stimmen die Parteien einer Familienmediation zu, setzt das Gericht das Verfahren aus und legt eine dreimonatige Frist fest, in der die Parteien versuchen können, die Streitigkeit im Wege der Familienmediation beizulegen. Gelingt es den Parteien innerhalb dieses vom Gericht festgelegten dreimonatigen Zeitraums nicht, die Streitigkeit beizulegen, oder schlagen die Parteien vor Ablauf dieser Frist die Fortsetzung des Gerichtsverfahrens vor, dann setzt das Gericht das Verfahren fort. Vor einer Aussetzung des Verfahrens ist das Gericht verpflichtet zu prüfen, ob die Aussetzung des Verfahrens angebracht ist, wenn dringender Handlungsbedarf besteht, um über die Rechte und Interessen eines Kindes zu entscheiden.

Der Familienmediator ist verpflichtet, die am Mediationsverfahren Beteiligten darauf hinzuweisen, dass sie für das Wohlergehen des Kindes zu sorgen haben. Dabei kann er den Kindern mit Zustimmung ihrer Eltern erlauben, sich im Mediationsverfahren zu äußern.

Mit Ausnahme der gesetzlich vorgeschriebenen Fälle darf der für das Mediationsverfahren zuständige Familienmediator nicht an Gutachten oder Familienbewertungen mitwirken oder sich in irgendeiner anderen Weise an einem Gerichtsverfahren beteiligen, in dem über die Streitigkeit der Parteien, die zuvor an der Familienmediation teilgenommen haben, entschieden wird.

Wird die Familienmediation von Mediatoren durchgeführt, die im Sozialhilfesystem beschäftigt sind, so zahlen die Parteien für die Arbeit der Familienmediatoren keine Gebühren. Wird die Familienmediation von Mediatoren außerhalb des Sozialhilfesystems durchgeführt, so tragen die Parteien deren Kosten.

Den für die Familienmediation geltenden Bestimmungen wird in Mediationsverfahren angemessen Rechnung getragen.

Weitere Informationen:

Familiengesetz (NN Nrn. 103/15 und 98/19)

Vorschriften für die vorgeschriebene Beratung (Pravilnik o obveznom savjetovanju, NN Nr. 123/15)

Vorschriften für die Familienmediation (Pravilnik o obiteljskoj medijaciji, NN Nrn. 123/15, 132/15 und 132/17)

Mediationsgesetz (Zakon o mirenju, NN Nr. 18/11)

Letzte Aktualisierung: 03/01/2024

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