Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Zivil- und Insolvenzsachen

Österreich
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European Judicial Network
Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf Zivilverfahren

1.1 Fristen in Zivilverfahren

Gesetz vom 22. März 2020 in der jeweils geltenden Fassung

Verfahrensfristen, die am 22. März 2020 beginnen oder die unter normalen Umständen nach diesem Datum beginnen würden, werden unterbrochen und bis 30. April 2020 ausgesetzt. Sie beginnen neu zu laufen. Damit endet eine 14-Tage-Frist am 15. Mai 2020 und eine 4-Wochen-Frist am 29. Mai 2020.

Ausnahmen (unter anderem): Zahlungsfristen, Zwangseinweisung in eine psychiatrische Anstalt. Bei unmittelbarer Gefahr für die Sicherheit oder für die persönliche Freiheit sowie bei unwiederbringlichem Schaden darf das Gericht die Unterbrechung früher beenden.

Ausschluss- bzw. Verjährungsfristen werden im Zeitraum vom 22. März 2020 bis 30. April 2020 ausgesetzt.

Verhandlungen online: Ausnahmsweise kann die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung durch technische Maßnahmen der Bild- und Tonübertragung für manche Gruppen und unter bestimmten Bestimmungen ermöglicht werden.

Vollstreckungsverfahren: Die Zwangsversteigerung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen kann ausgesetzt werden, wenn der Schuldner aufgrund der COVID-19-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Räumungen können auf Antrag ausgesetzt werden, wenn der Schuldner sonst obdachlos würde.

1.2 Gerichtsorganisation und Justiz

Beschränkung der Kontakte zwischen Gerichten und Parteien je nach Lage der COVID-19-Pandemie.

Gegebenenfalls allgemeine Schließung bestimmter Gerichte, verbunden mit der Möglichkeit, dringende Fälle an andere Gerichte zu verweisen.

1.3 Justizielle Zusammenarbeit in der EU

Sachbearbeiter der Zentralbehörden arbeiten je nach Lage der COVID-19-Pandemie von zu Hause aus: Es wird die Kommunikation per E-Mail empfohlen.

2 Von den Mitgliedstaaten nach Ausbruch der Pandemie erlassene insolvenzbezogene Maßnahmen

2.1 Materiellrechtliche Insolvenzmaßnahmen und verbundene Maßnahmen mit Auswirkungen auf Verträge

2.1.1 Insolvenzaussetzung

2.1.1.1 Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (für Schuldner)

Die Insolvenzantragspflicht von Schuldnern bei Überschuldung war bis zum 30.6.2021 ausgesetzt.

Die Pflicht von Schuldnern, binnen 60 Tagen ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag zu stellen, wurde auf 120 Tage verlängert, sofern die Zahlungsunfähigkeit auf COVID-19 zurückzuführen ist.

2.1.1.2 Schuldnerschutz bezüglich Insolvenzanträgen durch Gläubiger

Das Recht von Gläubigern, einen Insolvenzantrag gegen einen Schuldner aufgrund von Überschuldung zu stellen,

Das Recht von Gläubigern, einen Insolvenzantrag gegen einen Schuldner aufgrund von Überschuldung zu stellen, wurde bis zum 30.6.2021 ausgesetzt.

2.1.2 Aussetzung der Forderungsvollstreckung und der Vertragskündigung

2.1.2.1 Allgemeine/spezifische Moratorien für die Zwangsvollstreckung / bestimmte Arten der Zwangsvollstreckung

Befindet sich ein Schuldner aufgrund der aktuellen COVID-19-Pandemie in einer wirtschaftlichen Schieflage und hat diese zur Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens geführt, kann die Aussetzung der Zwangsversteigerung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen beantragt werden.

2.1.2.2 Aussetzung der Möglichkeit der Vertragskündigung (allgemeine/spezifische Verträge)

Das Insolvenzgericht kann die Dauer des Verbots der Vertragskündigung durch Dritte oder auch das Verbot der Ausübung ihres Aussonderungsrechts oder ihres Rechts auf ausgesonderte Befriedigung verlängern (war gültig bis zum 30.6.2021).

Wohnungsmietverträge (Mietgesetz) können nicht aufgrund von Mietrückständen zwischen April und Juni 2020, die auf eine erhebliche Beeinträchtigung der Wirtschaftsleistung im Zusammenhang mit COVID-19 zurückzuführen sind, gekündigt werden. Vermieter können solche Zahlungsrückstände erst nach dem 31.12.2020 gerichtlich geltend machen, wenn auch mit Verzugszinsen von höchstens 4% pro Jahr.

2.2 Aussetzung der Arbeit von Zivilgerichten, einschließlich Insolvenzgerichten, und Verfahrensaussetzungen

Das Gericht kann die Verfahrensfristen für Insolvenzverfahren bis zu 90 Tage verlängern (gültig bis zum 31.12.2020).

2.3 Sonstige Insolvenzmaßnahmen (z. B. im Zusammenhang mit Anfechtungsklagen, Sanierungsplänen, informellen Vereinbarungen und gegebenenfalls Sonstigem)

Befindet sich ein Schuldner im Rahmen eines Zahlungsplans im Verzug, kann er einen Zahlungsaufschub von bis zu neun Monaten beantragen (war gültig bis zum 30.6.2021).

2.4 Verbundene nicht insolvenzbezogene Maßnahmen (Zahlungsstundungen, Bankdarlehen, Sozialabgaben, Krankenversicherung, Unternehmensbeihilfen)

Darlehensraten von Verbrauchern oder Kleinstunternehmen, die zwischen April und Juni 2020 fällig sind, werden aufgeschoben, wenn der Kreditnehmer einen Einnahmeverlust im Zusammenhang mit COVID-19 erlitten hat, der es unzumutbar macht, von ihm zu erwarten, dass er die Darlehensraten fristgerecht begleicht. Die Kreditlaufzeit wird automatisch um drei Monate verlängert, es sei denn, der Kreditnehmer will den Kredit normal weiterlaufen lassen.

Von April bis Juni fallen keine Verzugszinsen an.

Es fallen keine Vertragsstrafen an, wenn der Vertrag vor dem 1.4.2020 geschlossen wurde und der Schuldner aufgrund einer erheblichen Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Zusammenhang mit COVID-19 oder aufgrund von Einschränkungen seines Arbeitslebens im Zusammenhang mit COVID-19 in Verzug ist.

Letzte Aktualisierung: 28/04/2022

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