Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Zivil- und Insolvenzsachen

Luxemburg
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European Judicial Network
Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf Zivilverfahren

1.1 Fristen in Zivilverfahren

Der Krisenzustand, der mit der großherzoglichen Verordnung vom 18. März 2020 zur Einführung einer Reihe von Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 ausgerufen wurde, wurde per Gesetz vom 24. März 2020 um drei Monate verlängert.

Das Parlament kann während des Krisenzustands nicht aufgelöst werden, behält alle seine Gesetzgebungsbefugnisse und kann jederzeit innerhalb der drei Monate ein Gesetz zur Beendigung des Krisenzustands verabschieden. Die in diesem Zeitraum rechtmäßig erlassenen Dekrete werden an dem Tag, an dem der Krisenzustand endet, unwirksam.

Am 25. März 2020 erließ die Regierung im Regierungsrat eine vom Justizministerium ausgearbeitete großherzogliche Verordnung zur Aussetzung der Fristen in gerichtlichen Angelegenheiten und zur vorübergehenden Anpassung bestimmter anderer Verfahrensregelungen.

Danach werden sämtliche Fristen in Verfahren vor dem Verfassungsgericht, den ordentlichen Gerichten, den Verwaltungs- und Militärgerichten ausgesetzt. Vorgesehen sind bestimmte Ausnahmen bei Freiheitsentzug, wo schnell entschieden werden muss.

Fristen in Zivil- und Handelssachen

Luxemburg hat die Fristen für Gerichtsverfahren ausgesetzt und in einzelnen Verfahren bestimmte Fristen verlängert.

Für dringende Angelegenheiten, bei denen eine Aussetzung der Fristen nicht möglich ist, gelten Ausnahmen.

Rechtsmittel- und Einspruchsfristen sind ebenfalls ausgesetzt.

  • In Mietsachen wurde die Vollstreckung von Räumungsurteilen ausgesetzt. Danach dürfen angeordnete Räumungen im Fall von vermietetem Wohnraum vorläufig nicht vollgestreckt werden. Ausgesetzt wurden auch die Fristen für die Räumung von gewerblich genutzten Räumen sowie die Fristen für Zwangsvollstreckungen und Zwangsversteigerungen.
  • Bei Personenstandsangelegenheiten wird die Frist für die Meldung von Geburten (fünf Tage) ausgesetzt. Bei Heiratsurkunden entfällt durch die Möglichkeit, auf das Aufgebot zu verzichten, jeglicher Zeitdruck.
  • Eine besondere Bestimmung sieht die Aussetzung der Fristen bei Nachlasssachen ohne Gerichtsverfahren vor. Es ist wichtig, die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu wahren, da die Abwicklung von Nachlässen ein sehr formalistisches Verfahren mit vielen Verzögerungen ist.
  • Die Fristen für die Einreichung und Veröffentlichung von Jahresabschlüssen, konsolidierten Abschlüssen und Lageberichten sollen um drei Monate verlängert werden. Dies gilt jedoch nur für Geschäftsjahre, die am Tag des Endes des Krisenzustands abgeschlossen sind und für die die Fristen für die Einreichung und Veröffentlichung zum 18. März 2020 noch nicht abgelaufen waren.

1.2 Gerichtsorganisation und Justiz

Die Justizverwaltung hat die in diesem Stadium der Pandemie notwendigen Maßnahmen ergriffen, um einerseits einen – wenn auch eingeschränkten – funktionsfähigen Dienst zu gewährleisten und andererseits die Gesundheit aller Mitarbeiter so weit wie möglich zu schützen.

Diese Maßnahmen wurden unter strenger Einhaltung der Verfassung und der internationalen Verpflichtungen Luxemburgs, insbesondere in Bezug auf die Grundrechte, getroffen. Sie werden im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip angewandt.

Zur Bekämpfung des Coronavirus haben viele Mitgliedstaaten die Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Auch Luxemburg hat solche Maßnahmen erlassen, es gelten jedoch bestimmte Ausnahmen (z. B. für Arbeitnehmer im Gesundheitssektor und in anderen systemrelevanten Sektoren).

Zu diesen Ausnahmen zählt, dass getrennt lebende Eltern ihre Wohnung zur Wahrnehmung ihrer elterlichen Verantwortung, insbesondere zur Ausübung ihres Umgangsrechts, weiterhin verlassen dürfen.

Die luxemburgischen Gerichte arbeiten zwar eingeschränkt, jedoch so, dass wichtige und dringende Angelegenheiten bearbeitet werden. Während der Dauer des Krisenzustands werden die an die Kammern des Rates der Bezirksgerichte und des Berufungsgerichts gerichteten Anträge und Ersuchen im schriftlichen Verfahren geprüft.

Die Notare setzen ihre Tätigkeit fort. Es wurden Ausnahmeregelungen für bestimmte rechtliche Verfahren erlassen, um die physischen Kontakte zu verringern.

Auch Rechtsanwälte und Juristen setzen ihre Tätigkeit fort und sind während der Krise dazu angehalten, für die Kommunikation mit den Gerichten elektronische Mittel zu nutzen.

Um physischen Kontakt zu vermeiden, stellen die Gerichtsvollzieher Dokumente nicht mehr persönlich zu, sondern legen sie in den Briefkasten des Empfängers.

1.3 Justizielle Zusammenarbeit in der EU

Im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen werden alle Urkunden von der Zentralbehörde, d. h. dem Generalstaatsanwalt, ausgefertigt und unterzeichnet. Das Arbeitstempo hat sich etwas verlangsamt, damit möglichst viele Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten können.

2 Von den Mitgliedstaaten nach Ausbruch der Pandemie erlassene oder geplante insolvenzbezogene Maßnahmen

2.1 Materiellrechtliche Insolvenzmaßnahmen und verbundene Maßnahmen mit Auswirkungen auf Verträge

2.1.1 Insolvenzaussetzung

2.1.1.1 Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (für Schuldner)

Die Pflicht der Unternehmen, im Fall der Zahlungseinstellung binnen einem Monat eine formale Erklärung bei Gericht abzugeben, was zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens führen würde, wurde per Gesetz ausgesetzt.

2.1.1.2 Schuldnerschutz bezüglich Insolvenzanträgen durch Gläubiger

Es gibt kein allgemeines Moratorium für Konkursanträge, sodass Gläubiger weiterhin berechtigt sind, einen Konkursantrag zu stellen, und Unternehmen weiterhin Konkurs anmelden können.

2.1.2 Aussetzung der Forderungsvollstreckung und der Vertragskündigung

2.1.2.1 Allgemeine/spezifische Moratorien für die Zwangsvollstreckung / bestimmte Arten der Zwangsvollstreckung

-

2.1.2.2 Aussetzung der Möglichkeit der Vertragskündigung (allgemeine/spezifische Verträge)

-

2.2 Aussetzung der Arbeit von Zivilgerichten, einschließlich Insolvenzgerichten, und Verfahrensaussetzungen

Nur dringende Fälle werden von den luxemburgischen Insolvenzgerichten bearbeitet.

Luxemburg hat die Fristen für Gerichtsverfahren ausgesetzt und bestimmte Fristen in einzelnen Verfahren verlängert.

2.3 Sonstige Insolvenzmaßnahmen (z. B. im Zusammenhang mit Anfechtungsklagen, Sanierungsplänen, informellen Vereinbarungen und gegebenenfalls Sonstigem)

Die parlamentarische Kontrolle der Umsetzung der Richtlinie 2019/1023 wurde vorübergehend ausgesetzt. Derzeit wird vom Justizministerium allerdings geprüft, ob bestimmte Elemente der Richtlinie in der derzeitigen Situation hilfreich sein und kurzfristig eingeführt werden könnten (z. B. eine vereinfachte Aussetzung des Vollstreckungsmechanismus oder der Vorschriften zum Schutz neuer Finanzierungen).

2.4 Verbundene nicht insolvenzbezogene Maßnahmen (Zahlungsstundungen, Bankdarlehen, Sozialabgaben, Krankenversicherung, Unternehmensbeihilfen)

Die Vollstreckung von Räumungsurteilen in Mietsachen wurde aus offenkundigen Gründen ausgesetzt.

Nach dem Ausnahmezustand wurden die COVID-19-Maßnahmen mehrfach überarbeitet, um sie der Entwicklung der Gesundheitskrise anzupassen.

So hat das Justizministerium inzwischen einige der Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 aufgehoben, angepasst oder verlängert.

Aktuelle oder ergänzende Informationen zu diesen COVID-19-Maßnahmen finden Sie auf der entsprechenden Seite des Justizministeriums:

https://mj.gouvernement.lu/fr/dossiers/2020/Covid-19/faq-mj.html

oder

das Amtsblatt des Großherzogtums Luxemburg:

das Amtsblatt des Großherzogtums Luxemburg – Legilux (public.lu)

Letzte Aktualisierung: 13/06/2022

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