Beweisaufnahme mittels Videokonferenz

Portugalska
Vsebino zagotavlja
European Judicial Network
Evropska pravosodna mreža (v civilnih in gospodarskih zadevah)

1 Ist die Beweisaufnahme mittels Videokonferenz entweder mit Teilnahme des Gerichts des ersuchenden Mitgliedstaats oder direkt durch ein Gericht dieses Mitgliedstaats möglich? Wenn ja, welche einschlägigen innerstaatlichen Verfahren oder Gesetze finden Anwendung?

Nach portugiesischem Recht muss der Richter des ersuchenden Gerichts Vernehmungen mittels Videokonferenz unmittelbar, d. h. ohne Beteiligung des Richters des ersuchten Gerichts, durchführen. So lautet die Regel für Vernehmungen mittels Videokonferenz in innerstaatlichen Verfahren. Entsprechendes gilt aber auch für grenzüberschreitende Rechtssachen, bei denen das Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats eine Vernehmung mittels Videokonferenz nach Artikel 19 der Verordnung (EU) 2020/1783 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 beantragt.

Alternativ kann das Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats bei grenzüberschreitenden Rechtssachen aber auch eine Vernehmung mittels Videokonferenz nach den Artikeln 12 bis 14 der genannten Verordnung beantragen.

Für die Vernehmung von Sachverständigen, Zeugen und Parteien im Wege von Videokonferenzen gelten vor allem die folgenden nationalen Verfahrensvorschriften:

Sachverständige

Sachverständige aus Einrichtungen, Labors oder öffentlichen Stellen werden per Telekonferenz an ihrem Arbeitsplatz vernommen (Artikel 486 Absatz 2 der Zivilprozessordnung – Código de Processo Civil).

Zeugen

Zeugen, die außerhalb des Bezirks wohnen, in dem das Gericht oder der Spruchkörper seinen Sitz hat, können unter Einsatz technischer Mittel, die eine Audio- und Videokommunikation in Echtzeit ermöglichen, in Einrichtungen des Gerichts, des Spruchkörpers, der Gebietskörperschaft oder in einem anderen öffentlichen Gebäude des Bezirks, in dem sie wohnhaft sind, vernommen werden (Artikel 502 der Zivilprozessordnung).

Zum Zeitpunkt der Vernehmung weisen sich die Zeugen gegenüber dem Bediensteten des Gerichts aus, bei dem die Aussage erfolgt. Ab diesem Zeitpunkt wird die Befragung beider Parteien von dem zuständigen Richter und von den Vertretern der Parteien unter Einsatz von technischen Mitteln, die eine Audio- und Videokommunikation in Echtzeit ermöglichen, durchgeführt. Eine Mitwirkung des Richters des Ortes, an dem die Zeugenaussage erfolgt, ist dabei nicht zwingend erforderlich.

Unbeschadet der Bestimmungen internationaler oder europäischer Übereinkünfte werden im Ausland wohnhafte Zeugen unter Einsatz von technischen Mitteln, die eine Audio- und Videokommunikation in Echtzeit ermöglichen, vernommen, wenn die erforderlichen technischen Mittel an ihrem Wohnsitz verfügbar sind.

Bei Verhandlungen vor Gerichten in den Metropolregionen Lissabon und Porto werden Vernehmungen nicht unter Einsatz von technischen Mitteln, die eine Audio- und Videokommunikation in Echtzeit ermöglichen, durchgeführt, wenn die betreffenden Zeugen in der betreffenden Metropolregion wohnhaft sind.

Wenn jedoch ein rechtzeitiges Erscheinen in einer Gerichtsverhandlung für die zu vernehmende Person unmöglich oder äußerst schwierig ist und das Verfahren dies angesichts der zu untersuchenden oder zu klärenden Sachlage zulässt, kann der Richter mit Zustimmung der Parteien entscheiden, dass für eine sachgerechte Entscheidung der betreffenden Rechtssache erforderliche Erläuterungen telefonisch oder mit sonstigen Mitteln der direkten Kommunikation zwischen dem Gericht und der zu vernehmenden Person vorgetragen werden (Artikel 520 der Zivilprozessordnung).

Parteien

Die Vorschriften für Vernehmungen per Videokonferenz gemäß Artikel 502 der Zivilprozessordnung gelten für Parteien, die ihren Wohnsitz außerhalb des Bezirks bzw. (im Falle der autonomen Regionen) außerhalb der betreffenden Insel haben (Artikel 456 der Zivilprozessordnung).

2 Gibt es Einschränkungen bezüglich der Personen, die mittels Videokonferenz vernommen werden können? Ist dies beispielsweise nur bei Zeugen möglich oder können auch Sachverständige und Verfahrensparteien auf diese Weise vernommen werden?

Es bestehen keine besonderen Einschränkungen. Nach portugiesischem Recht können Zeugen, Parteien und Sachverständige nach Maßgabe der oben genannten Rechtsvorschriften per Videokonferenz vernommen werden.

3 Gibt es Einschränkungen hinsichtlich der Art von Beweisen, die mittels Videokonferenzen aufgenommen werden können? Wenn ja, welche?

Siehe Antwort auf Frage 2.

4 Gibt es Einschränkungen bezüglich des Ortes, an welchem eine Person mittels Videokonferenz vernommen werden kann? Muss dies beispielsweise an einem Gericht geschehen?

In der Regel muss die betreffende Person mittels Videokonferenz an einem Gericht vernommen werden. Im öffentlichen Dienst tätige Sachverständige können jedoch auch an ihrem Arbeitsplatz per Videokonferenz vernommen werden. Ausnahmsweise kann das Gericht in den in Artikel 520 der Zivilprozessordnung genannten Fällen (siehe Antwort auf Frage 1) eine Person, die sich nicht im Gerichtsgebäude befindet, mittels Videokonferenz vernehmen.

5 Ist es zulässig, Videokonferenzvernehmungen aufzuzeichnen? Wenn ja, sind die entsprechenden Geräte vorhanden?

Ja, nach Artikel 155 der Portugiesischen Zivilprozessordnung werden Vernehmungen mittels Videokonferenz grundsätzlich über das Audioaufzeichnungssystem des Gerichts aufgenommen.

6 In welcher Sprache ist die Vernehmung zu führen a) bei Ersuchen nach den Artikeln 12 bis 14 der Beweisaufnahmeverordnung, b) bei unmittelbarer Beweisaufnahme nach den Artikeln 19 bis 21 der Beweisaufnahmeverordnung?

Wenn Portugal der ersuchte Mitgliedstaat ist, kann die Beweisaufnahme je nach Fall in verschiedenen Sprachen erfolgen:

a) Bei Ersuchen nach den Artikeln 12 bis 14 der Verordnung (EU) 2020/1783 erfolgt die Beweisaufnahme auf Portugiesisch. Ausländische Staatsbürger, die des Portugiesischen nicht mächtig sind, können auch in einer anderen Sprache vernommen werden. In diesem Fall muss das ersuchende Gericht das ersuchte Gericht entsprechend informieren, damit Letzteres einen Dolmetscher zum Verhandlungstermin laden kann.

b) Bei Ersuchen nach den Artikeln 19 bis 21 der Verordnung (EU) 2020/1783 erfolgt die Beweisaufnahme in der Sprache, die im nationalen Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts vorgesehen ist. Wenn Personen die in der Vernehmung verwendete Sprache nicht sprechen, kann das ersuchende Gericht nach seinen nationalen Rechtsvorschriften einen Dolmetscher zum Erscheinen im ersuchenden Gericht laden. Alternativ kann das ersuchende Gericht das (ersuchte) portugiesische Gericht bitten, einen Dolmetscher in das ersuchte Gericht zu laden.

In allen in den Buchstaben a und b genannten Fällen, in denen ein Dolmetscher zum Verhandlungstermin im Gericht des ersuchten Mitgliedstaats geladen werden muss, verlangt das ersuchte Gericht, dass das Gericht des ersuchenden Mitgliedstaates die Kosten für die Verdolmetschung übernimmt, wie in Artikel 22 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2020/1783 vorgesehen.

7 Sofern Dolmetscher benötigt werden, wer ist für ihre Bereitstellung verantwortlich und wo sollten sie anwesend sein a) bei Ersuchen nach den Artikeln 12 bis 14 der Beweisaufnahmeverordnung, b) bei unmittelbarer Beweisaufnahme nach den Artikeln 19 bis 21 der Beweisaufnahmeverordnung?

Siehe Antwort auf Frage 6.

8 Welches Verfahren ist zur Vorbereitung der Vernehmung und zur Zustellung der Benachrichtigung über Ort und Zeit der Vernehmung an die zu vernehmende Person anzuwenden a) bei Ersuchen nach den Artikeln 12 bis 14 der Beweisaufnahmeverordnung, b) bei unmittelbarer Beweisaufnahme nach den Artikeln 19 bis 21 der Beweisaufnahmeverordnung? Wie viel Zeit sollte in diesen beiden Fällen bis zum Vernehmungstermin eingeplant werden, damit die zu vernehmende Person die Ladung rechtzeitig erhält?

Das Verfahren für die gerichtliche Vernehmung und die Ladung von Personen ist nach portugiesischem Recht im Wesentlichen in den Artikeln 7 Absatz 3, 172 Absätze 5 und 6, 220, 247 Absatz 2 und 251 Absatz 1 sowie in den Artikeln 417, 507, 508 und 603 der Zivilprozessordnung geregelt.

Im Allgemeinen unterrichtet die Geschäftsstelle des Gerichts Zeugen, Sachverständige, Parteien und deren Vertreter darüber, dass sie aufgrund eines Gerichtsbeschlusses vor Gericht erscheinen müssen. Insbesondere wenn eine Partei die Vernehmung eines Zeugen im Wege einer Videokonferenz verlangt, sorgt die Geschäftsstelle für die Ladung des Zeugen.

Ladungen von Zeugen, Sachverständigen und anderen Personen (z. B. von Dolmetschern oder Fachleuten) werden per Einschreiben verschickt. In der Ladung werden Zeitpunkt, Ort und Zweck des Erscheinens vor Gericht angegeben. Ladungen gelten auch dann als zugestellt, wenn der Empfänger die Annahme des betreffenden Schreibens verweigert. Der Postzusteller muss die Annahmeverweigerung allerdings entsprechend vermerken.

An eine Partei gerichtete Ladungen zu einem Gerichtsverfahren oder zur Beweisaufnahme werden per Einschreiben an die Anschrift der jeweiligen Partei geschickt. In der Ladung werden Zeitpunkt, Ort und Zweck des Erscheinens vor Gericht angegeben. Hat die Partei einen Anwalt benannt, der sie im Prozess vertritt, oder wird sie von einem Anwalt (advogado) und einem Rechtsbeistand (solicitador) vertreten, muss die Ladung zudem sowohl dem Anwalt als auch dem Rechtsbeistand zugestellt werden.

Bevollmächtigte der Parteien werden gemäß Artikel 25 des Ministerialerlasses (Portaria) Nr. 280/2013 vom 26. August 2013 auf elektronischem Weg geladen. Das IT-System bestätigt das Datum, an dem die Ladung übermittelt wurde.

Im Gesetz ist nicht ausdrücklich geregelt, wie weit im Voraus die Benachrichtigung erfolgen muss. In den oben genannten Fällen gilt die Ladung am dritten Tag nach dem Datum des Einschreibens bzw. nach der elektronischen Übermittlung als zugestellt. Wenn der dritte Tag kein Arbeitstag ist, gilt die Ladung am ersten folgenden Arbeitstag als zugestellt. Aus praktischen Gründen muss daher bei Vernehmungen zumindest diese Frist eingehalten werden, damit Ladungen als ordnungsgemäß zugestellt betrachtet werden können.

In dringenden Fällen können Zeugen, Sachverständige und andere Personen, die Parteien oder ihre Vertreter mit einem Telegramm, telefonisch oder mit ähnlichen Telekommunikationsmitteln geladen (bzw. ausgeladen) werden. Telefonische Kontakte werden in den Verfahrensakten immer dokumentiert und anschließend schriftlich bestätigt.

Wenn eine geladene Person nicht erscheint, muss sie ihr Nichterscheinen begründen. Die Begründung muss entweder in der Vernehmung oder innerhalb von 5 Tagen (Kalendertagen bzw. wenn der letzte Tag kein Arbeitstag ist, am darauf folgenden Arbeitstag) erfolgen.

Im portugiesischen Recht sind die folgenden Zwangsmaßnahmen bei Nichterscheinen vorgesehen: Wenn ein Zeuge trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erscheint und sein Nichterscheinen nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründet, wird eine Geldbuße verhängt, und der Richter kann die zwangsweise Vorführung des Zeugen anordnen. Geldbußen werden nicht verhängt, wenn die Verhandlung aus anderen Gründen als dem Nichterscheinen des Zeugen vertagt wird. Wenn ein Sachverständiger oder eine sonstige verfahrenserhebliche Person trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erscheint und ihr Nichterscheinen innerhalb der vorgesehenen Frist nicht begründet, wird eine Geldbuße verhängt. Wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erscheint und ihr Nichterscheinen nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründet, wird eine Geldbuße verhängt, und das Gericht kann das Nichterscheinen der Partei zu Beweiszwecken auslegen. Ist das Gericht zudem der Auffassung, dass die Partei infolge ihres Nichterscheinens ihrer Beweispflicht nicht nachgekommen ist, kann es eine Umkehr der Beweislast anordnen.

9 Welche Kosten entstehen für eine Videokonferenz und wer hat für diese Kosten aufzukommen?

Für die Nutzung von Videokonferenzeinrichtungen werden keine Gebühren verlangt.

10 Mit welchen Mitteln wird sichergestellt, dass die Person, die unmittelbar durch das ersuchende Gericht vernommen wird, darüber informiert wurde, dass die Vernehmung auf freiwilliger Grundlage erfolgt?

Ist ein portugiesisches Gericht ersuchende Partei gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) 2020/1783, lädt es die zu vernehmende Partei auf dem Postweg bzw. auf einem sonstigen in der Antwort auf Frage 8 genannten Weg in das benannte Gericht des anderen (ersuchten) Mitgliedstaats. Diese Möglichkeit der Ladung auf dem Postweg ist in Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Rates vom 13. November 2007 vorgesehen. Die zu vernehmende Person wird in der Ladung darauf hingewiesen, dass ihr Erscheinen freiwillig ist.

Wenn das portugiesische Gericht die ersuchte Partei ist, obliegt es dem ersuchenden Gericht, die zu vernehmenden Personen zu laden und sie darauf hinzuweisen, dass sie freiwillig erscheinen.

In gegenseitigem Einvernehmen des ersuchenden und des ersuchten Gerichts können die Ladung der zu vernehmenden Person und der Hinweis, dass die Vernehmung auf freiwilliger Basis erfolgt, auch vom Gericht des ersuchten Mitgliedstaats zugestellt werden. Dabei ist es in der Praxis unerheblich, ob das portugiesische Gericht die ersuchende oder die ersuchte Partei ist.

11 Welche Verfahren stehen zur Überprüfung der Identität der zu vernehmenden Person zur Verfügung?

Am vorgesehenen Vernehmungstermin vergewissert sich ein Gerichtsbediensteter, dass die zu vernehmende Person anwesend ist, und informiert den vernehmenden Richter bzw. das ersuchende Gericht, wenn dieses die Vernehmung unmittelbar durchführt.

Wird die Vernehmung von einem portugiesischen Richter vorgenommen, werden nach Beginn des Verfahrens und vor der eigentlichen Aussage der zu vernehmenden Person folgende Schritte durchgeführt: (i) Die zu vernehmende Person bzw. der zu vernehmende Zeuge oder Sachverständige legen vor dem Richter einen Eid ab; (ii) der Richter stellt zu Beginn einige Fragen, um die zu vernehmende Person zu identifizieren.

Die anfängliche Befragung der zu vernehmenden Person zum Zwecke der Personenfeststellung obliegt dem Richter. Dabei erkundigt er sich nach dem Namen, dem Beruf, der Anschrift und dem Personenstand und holt sonstige zweckdienliche Informationen ein.

Außerdem fragt der Richter die zu vernehmende Person, ob sie mit einer der Parteien verwandt, befreundet oder verfeindet ist und ob sie ein mittelbares oder unmittelbares Interesse an der anhängigen Rechtssache hat. Diese Angaben sollen Aufschluss über die Glaubwürdigkeit der Aussage geben.

Wenn der Richter bei dieser einleitenden Befragung feststellt, dass ein Zeuge für eine Aussage nicht in Betracht kommt oder als Person nicht geeignet ist, lehnt er eine Beweisaufnahme ab. Zeugen kommen dann nicht in Betracht, wenn sie – auch wenn keine psychische Störung vorliegt – aufgrund ihres natürlichen (physischen oder geistigen) Zustands nicht vernehmungsfähig sind.

Durch diese erste Befragung kann der Richter auch feststellen, ob Zeugen oder Parteien einer der im Folgenden genannten Gruppen zuzurechnen sind, die nach der portugiesischen Zivilprozessordnung die Aussage verweigern können.

Auf das Zeugnisverweigerungsrecht (außer bei Verfahren zur Feststellung der Geburt oder des Todes eines Kindes) können sich gemäß Artikel 497 der portugiesischen Zivilprozessordnung die folgenden Personen berufen:

  1. Verwandte in aufsteigender Linie in Rechtssachen, die ihre Nachkommen betreffen, sowie Adoptiveltern in Rechtssachen im Zusammenhang mit ihren Adoptivkindern und umgekehrt;
  2. Schwiegerväter oder Schwiegermütter in Rechtssachen, die ihre Schwiegersöhne und Schwiegertöchter betreffen, und umgekehrt;
  3. Ehepartner oder frühere Ehepartner in Rechtssachen betreffend den jeweils anderen Ehepartner bzw. früheren Ehepartner;
  4. jeden, der in eheähnlicher Form mit einer der Parteien eines Rechtsstreits zusammenlebt.

Der Richter muss die oben genannten Personen auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht hinweisen.

Personen, die aufgrund eines Berufsgeheimnisses oder als öffentliche Bedienstete oder aufgrund von Staatsgeheimnissen zum Schweigen verpflichtet sind, müssen in Bezug auf Sachverhalte, die ihre Schweigepflicht berühren, von der Aussagepflicht entbunden werden. In diesen Fällen prüft der Richter die Rechtmäßigkeit der Schweigepflicht. Wenn er dies für erforderlich hält, kann er die betreffenden Personen von ihrer Schweigepflicht entbinden.

Die Parteien dürfen nur zu Sachverhalten aussagen, die sie persönlich angehen. Bei einer Zivilsache darf sich die Aussage einer Partei nicht auf Straftatbestände oder rechtswidrige Handlungen konzentrieren, wegen derer bereits ein Strafverfahren gegen die betreffende Partei geführt wird.

12 Welche Vorschriften gelten für eine Vernehmung unter Eid und welche Angaben des ersuchenden Gerichts werden benötigt, wenn während der unmittelbaren Beweisaufnahme gemäß den Artikeln 19 bis 21 ein Eid erforderlich ist?

Nach portugiesischem Recht gilt folgende Regelung:

  • Vor der Beweisaufnahme belehrt der Richter die zu vernehmende Person über die moralische Bedeutung des Eides, den die betreffende Person ablegen soll, sowie über die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage und über die Sanktionen bei Falschaussagen.
  • Anschließend fordert der Richter den Zeugen auf, die folgende Eidesformel zu sprechen: „Ich schwöre bei meiner Ehre, dass ich die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit sagen werde.“
  • Die Verweigerung des Eides ist einer Zeugnisverweigerung gleichzusetzen: Beides ist als Missachtung des Gerichts strafbar, wenn die Verweigerung nicht durch besondere Gründe gerechtfertigt ist und der Richter zu dem Ergebnis gelangt, dass solche besonderen Gründe nicht gegeben sind.

Wenn ein Gericht in einem anderen Mitgliedstaat eine Beweisaufnahme mittels Videokonferenz gemäß den Artikeln 19 bis 21 der Verordnung (EU) 2020/1783 direkt in Portugal durchführt, muss das Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats dem (ersuchten) portugiesischen Gericht die folgenden Informationen zur Identifizierung der zu vernehmenden Person mitteilen: Name, berufliche Tätigkeit, Anschrift, Personenstand und sonstige für die Personenfeststellung zweckdienliche Informationen; die Eigenschaft, in der die Person vernommen wird (z. B. Partei, Zeuge, Sachverständiger oder Fachmann bzw. Fachfrau); die von der Person gesprochene Sprache; und ob ein Dolmetscher in das ersuchte Gericht geladen werden muss.

Diese Angaben werden benötigt, damit das (ersuchte) portugiesische Gericht ggf. einen Dolmetscher laden und sicherstellen kann, dass die zu vernehmende Person zum für die Videokonferenz festgesetzten Zeitpunkt anwesend ist.

Da der portugiesische Richter jedoch nicht in das Verfahren eingreift, muss der Eid mittels Videokonferenz vor dem Richter des Gerichts des ersuchenden Mitgliedstaats geleistet werden. Entsprechendes gilt ggf. für die einleitende Befragung zur Personenfeststellung, die Feststellung der Eignung der zu vernehmenden Person und Fragen im Zusammenhang mit dem Aussageverweigerungsrecht und der Entbindung von Zeugen von ihrer Aussagepflicht: Hierüber entscheidet gemäß Artikel 19 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2020/1783 ebenfalls der Richter des ersuchenden Gerichts nach der Zivilprozessordnung des ersuchenden Mitgliedstaats.

13 Mittels welcher Vorkehrungen wird sichergestellt, dass an dem Ort der Videokonferenz eine Kontaktperson für das ersuchende Gericht anwesend ist sowie eine Person, die die Videokonferenzanlage bedienen und mögliche technische Probleme beheben kann?

Das ersuchende und das ersuchte Gericht (sobald Letzteres von der Zentralstelle benannt wurde) sollten direkt miteinander in Kontakt treten, um eine Videokonferenz zu organisieren und einen Zeitpunkt für einen Testlauf festzulegen.

Aus praktischen Gründen sollte der Test möglichst noch vor der Ladung des Zeugen durchgeführt werden. Daher sollte der Zeitpunkt des Tests möglichst früh angesetzt werden, damit die Ladung rechtzeitig erfolgen kann.

Am Tag des Tests und am Tag der Videokonferenz sollte in beiden Gerichten ein IT-Fachmann, ein Telekommunikationstechniker oder ein Gerichtsbediensteter mit entsprechenden Kenntnissen anwesend sein.

In Portugal verfügt die für Finanzen und Infrastruktur in der Justiz zuständige Stelle (Instituto de Gestão Financeira e Estruturas da Justiça – IGFEJ) über ein eigenes Team für Videokonferenzen in Gerichten.

Aus organisatorischen Gründen sollte das IGFEJ möglichst mit dreitägiger Frist über den Zeitpunkt des Tests und über die Vernehmung unterrichtet werden. Das IGFEJ kann dann sicherstellen, dass die erforderlichen technischen Voraussetzungen für die Videokonferenz gegeben sind, und bei Übertragungsproblemen zwischen den Gerichten umgehend eingreifen und die Durchführung der Tests überwachen.

Organisation einer Videokonferenz in einem anderen Mitgliedstaat auf Antrag eines portugiesischen Gerichts

Das (ersuchende) portugiesische Gericht muss zunächst beim IGFEJ beantragen, dass die erforderlichen technischen Voraussetzungen für die Videokonferenz geschaffen und etwaige Übertragungsprobleme zwischen den Gerichten behoben und die Tests überwacht werden.

Mit Blick auf etwaige technische Probleme fordert das portugiesische Gericht auch das Gericht des ersuchten Mitgliedstaates auf, jemanden zu benennen, der für den dort eingerichteten Videokonferenzdienst zuständig ist und in Zusammenarbeit mit den portugiesischen Technikern den Test überwacht und/oder die nötige technische Unterstützung leistet.

Wenn die portugiesischen Gerichte ersuchende Partei sind, bitten sie häufig die Kontaktstelle des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen (EJN zivil) in Portugal um Hilfe. Diese setzt sich dann unmittelbar mit den ersuchten Gerichten in Verbindung, um einen Termin für den Test und die Videokonferenz zu vereinbaren. Wird die Kontaktstelle auf technische Probleme hingewiesen, wendet sie sich unmittelbar an die in den betreffenden Mitgliedstaaten für Videokonferenzen zuständigen Teams, beantragt den Aufbau der benötigten Verbindungen und die Bereitstellung entsprechender Informationen und bittet ggf. um technische Anpassungen. Die beteiligten Gerichte werden anschließend entsprechend informiert. Auf diese Weise kann die Sprachbarriere überwunden und die Videokonferenz erfolgreich durchgeführt werden.

Organisation einer Videokonferenz in einem portugiesischen Gericht auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats

In Portugal ist die Generaldirektion Justizverwaltung (Direcção-Geral da Administração da Justiça – DGAJ) die zuständige Zentralstelle für Ersuchen anderer Mitgliedstaaten nach Artikel 19 der Verordnung (EU) 2020/1783. Nach Annahme des Ersuchens nennt die DGAJ dem Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats das (ersuchte) portugiesische Gericht, in dem die Videokonferenz durchgeführt wird. Anschließend müssen das ersuchende und das ersuchte Gericht in direktem Kontakt den Zeitpunkt für die Durchführung des Tests und der eigentlichen Vernehmung mittels Videokonferenz vereinbaren.

Die DGAJ erleichtert als Zentralstelle den unmittelbaren Kontakt zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Gericht sowie den Kontakt mit dem IGFEJ-Support-Team für Videokonferenzen, damit ggf. technische Probleme behoben werden können. Auch die Kontaktstelle des EJN zivil in Portugal kann auf entsprechende Anfrage die nötigen Kontakte vermitteln.

Die beteiligten Gerichte reservieren selbst den Raum für die Durchführung der Videokonferenz und stellen jeweils Mitarbeiter für den Aufbau der technischen Verbindungen und die Überwachung der Videokonferenz ab. In Portugal wird damit gewöhnlich ein Gerichtsbediensteter mit entsprechenden Kenntnissen beauftragt, der vorzugsweise durch den IT-Fachmann des Gerichts unterstützt wird.

Videokonferenzen über IP-Verbindungen müssen von Portugal aus organisiert werden. Dazu bittet das portugiesische Gericht die IGFEJ im Vorfeld der Konferenz über die Freigabe einer externen Verbindung.

Bei Videokonferenzen über Telefonleitungen (ISDN) kann die Verbindung zu den portugiesischen Gerichten auch ausgehend von Gerichten in anderen Mitgliedstaaten hergestellt werden.

Bei technischen Problemen können der IT-Fachmann des portugiesischen Gerichts oder ein Techniker des IGFEJ die erforderliche Unterstützung leisten.

14 Werden zusätzliche Informationen des ersuchenden Gerichts benötigt? Wenn ja, welche?

Bei einer Beantragung einer Videokonferenz sollte das ersuchende Gericht in Feld 12 des Formblatts L angeben, dass es die Durchführung der Beweisaufnahme unter Verwendung der Kommunikationstechnologie gemäß Formblatt N wünscht. Beide Formblätter sind Anhänge der Verordnung (EU) 2020/1783. In das Formular N sind wiederum die folgenden Angaben einzutragen:

1. Technische Details zur Videokonferenzeinrichtung im ersuchenden Gericht:

  • Verwendetes Kommunikationsprotokoll (z. B. H.323 oder H.320)
  • Videoprotokolle (z. B. H.261, H.263 und H.264)
  • Audioprotokolle (z. B. G.711a, G.711u, G.722 und G.729)
  • Content-Sharing-Protokoll (bei Bedarf) (z. B. H.239 oder BFCP (SIP)]
  • Sicherheit: H.235 und die unterstützte Verschlüsselung
  • Maximale unterstützte Bandbreite
  • Standalone-, MCU- oder Gateway-Einrichtung
  • Bei MCU oder Gateway: IVR-Fähigkeit

2. Details zur ISDN-Verbindung und/oder zur öffentlichen IP-Verbindung des Gerichts

Die technischen Details für die Videokonferenz lauten wie folgt:

Verwendetes Kommunikationsprotokoll: H.323

Sicherheit: H.235 AES

Maximale unterstützte Bandbreite: 256kbps

3. Antrag auf Durchführung eines Videokonferenztests vor der Beweisaufnahme

4. Name und unmittelbare Kontaktdaten (Telefon, Fax und E-Mail-Adresse) der Person, die bei der Videokonferenz technische Unterstützung leistet (vorzugsweise ein Gerichtsbediensteter und ein IT-Fachmann bzw. ein Telekommunikationstechniker des Gerichts).

5. Als Alternative zu ISDN- oder IP-Verbindungen und zur Überwindung von Kommunikationsbeschränkungen, die sich aus Netzwerk- und Firewall-Einstellungen ergeben, ermöglicht die Ausstattung der Gerichte die Nutzung von Plattformen wie Webex, Zoom, Teams oder Skype, um Videokonferenzverbindungen herzustellen.

In diesem Fall sollten sich die an der Videokonferenz teilnehmenden Gerichte im Voraus auf die zu verwendende Plattform einigen, da die Gerichtsbediensteten in Portugal den lokalen IT-Techniker mit der Installation der erforderlichen Software auf den für die Videokonferenz verwendeten Geräten beauftragen müssen.

In jedem Fall sollte stets vorab die Verbindung getestet werden, um festzustellen, ob es weiterer technischer Maßnahmen bedarf.

 

Weiterführende Links:

Zivilprozessordnung

Verordnung (EU) 2020/1783 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020

 

Hinweis:

Die EJN-Kontaktstelle, die Gerichte oder sonstigen Einrichtungen und Behörden sind nicht an die Informationen in diesem Merkblatt gebunden. Es ist nach wie vor notwendig, die geltenden Rechtsvorschriften zu lesen, die Gegenstand regelmäßiger Aktualisierungen oder Änderungen der Auslegung durch die Rechtsprechung sein können.

Letzte Aktualisierung: 27/03/2024

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