Erstausbildung von Richtern und Staatsanwälten in der Europäischen Union

Belgien

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Allgemeine Beschreibung

Die Erstausbildung ist für alle Richteramtsanwärter sowie neu ernannte Richter und Staatsanwälte verpflichtend. Sie wird in den beiden wichtigsten Amtssprachen (Französisch oder Niederländisch) vom belgischen Institut für juristische Ausbildung durchgeführt.

Zugang zur Erstausbildung

Für die Erstausbildung gibt es zwei Zielgruppen:

  1. Richteramtsanwärter

Die Richteramtsanwärter werden durch ein jährlich vom Hohen Justizrat veranstaltetes Auswahlverfahren ausgewählt. Die Zahl der für beide Sprachen verfügbaren Plätze wird jedes Jahr vom Justizministerium festgelegt. Nur die entsprechend qualifizierten Bewerber können die juristische Ausbildung aufnehmen, die am 1. Oktober jedes Jahres beginnt und zwei Jahre dauert. Die verpflichtende Erstausbildung findet während ihrer Ausbildung statt.

  1. Neu ernannte Richter und Staatsanwälte

Der Hohe Justizrat veranstaltet einmal im Jahr Eignungsprüfungen für Richter und Staatsanwälte mit mindestens fünf Jahren (in Staatsanwaltschaften) bzw. zehn Jahren (in Gerichten) Berufserfahrung sowie mündliche Beurteilungsprüfungen (sogenannter „dritter Prüfungsweg“) für Rechtsanwälte mit mindestens 20 Jahren Erfahrung. Die erfolgreichen Bewerber erhalten eine Bescheinigung, mit der sie sich innerhalb von fünf Jahren nach Erhalt auf freie Stellen an Gerichten oder in Staatsanwaltschaften bewerben können. Das Auswahlverfahren wird ebenfalls vom Hohen Justizrat organisiert. Nach ihrer Ernennung müssen sie ein speziell konzipiertes Erstausbildungsprogramm (Französisch oder Niederländisch) absolvieren.

Format und Inhalt der Erstausbildung

Die Erstausbildung für Richteramtsanwärter dauert zwei Jahre. Sie beginnt jedes Jahr am 1. Oktober und endet zwei Jahre später am 30. September. Zunächst findet ein elfmonatiges Praktikum bei einer Staatsanwaltschaft statt, in dem der Amtsanwärter unter der Aufsicht eines Mentors die Aufgaben eines Staatsanwalts wahrnimmt. Am Ende des Praktikums bei der Staatsanwaltschaft fertigt der Mentor einen Praktikumsbericht an. Von September bis Dezember des Folgejahres absolviert der Amtsanwärter ein dreimonatiges externes Praktikum bei einem Justizdienst (Gericht, Gefängnis, Polizei o. Ä.). Im Dezember beginnt das Praktikum am Gericht, bei dem der Amtsanwärter Urteile vorbereitet, ebenfalls unter der Aufsicht eines Mentors am Gericht, der dann am Ende des Praktikums (Ende September) ebenfalls einen Praktikumsbericht erstellt.

Während dieser zweijährigen Ausbildung müssen die Amtsanwärter ein verpflichtendes Ausbildungsprogramm (Französisch oder Niederländisch) von insgesamt 60 Tagen absolvieren, einschließlich drei Seminaren mit einer Dauer von jeweils einer Woche und einer Reihe von Schulungstagen zu bestimmten Themen. Eine spezieller Ausbildungskurs ist der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen gewidmet. Die anderen verpflichtenden Ausbildungskurse betreffen soweit erforderlich auch die europäischen Rechtsvorschriften.

Die Teilnahme am AIAKOS-Programm des EJTN ist ebenfalls verpflichtend: Die Amtsanwärter gehen im Rahmen eines Austauschs für eine Woche ins Ausland, danach nehmen sie zudem an der AIAKOS-Woche in Belgien teil, die vom belgischen Institut für juristische Ausbildung (IGO-IFJ) für ausländische Teilnehmende organisiert wird und bei der der Schwerpunkt hauptsächlich auf dem Unionsrecht, Sprachkenntnissen und dem Networking liegt.

Hat der Amtsanwärter das Praktikum erfolgreich absolviert und an allen verpflichtenden Ausbildungsgängen teilgenommen, erhält er eine Ausbildungsbescheinigung, mit der er sich auf freie Stellen für Richter oder Staatsanwälte bewerben kann. Eine zusätzliche Prüfung findet nicht statt.

Für neu ernannte Richter und Staatsanwälte, die sich auf der Grundlage ihres durch eine Prüfung erhaltenen Befähigungsnachweises bewerben und im Anschluss nach ihrer Ernennung unmittelbar als Richter oder Staatsanwalt beginnen, wird ein verkürztes Ausbildungsprogramm angeboten. Es umfasst verpflichtende Ausbildungskurse, die für ihre Aufgabe relevant sind.

Sowohl Richteramtsanwärter als auch neu ernannte Richter und Staatsanwälte können Sprachkurse absolvieren, die jedoch nicht verpflichtend sind.

Die meisten Ausbildungskurse werden von amtierenden Richtern und Staatsanwälten sowie externen Fachleuten abgehalten. Bei allen Ausbildungskursen wird der praktischen Anwendung der erworbenen Kompetenzen durch die Veranstaltung von Workshops, Übungen oder Rollenspielen besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Abschluss der Erstausbildung und des Qualifizierungsverfahrens

Alle freien Stellen für Richter und Staatsanwälte werden im belgischen Amtsblatt veröffentlicht.

Bei der beruflichen Eignungsprüfung und der mündlichen Beurteilungsprüfung erfolgreiche Bewerber, Richteramtsanwärter mit Ausbildungsbescheinigung sowie bereits ernannte Richter und Staatsanwälte können sich über das Justizministerium auf diese freien Stellen bewerben.

Das Justizministerium fordert Stellungnahmen zum Bewerber an, z. B. von der Anwaltskammer (im Fall der Bewerbung von Rechtsanwälten), dem Vorgesetzten am künftigen Gericht und dem Vorgesetzten am aktuellen Gericht (falls zutreffend).

Die Bewerbung (einschließlich der eingegangenen Stellungnahmen) wird dem Hohen Justizrat übermittelt, der die Bewerber anschließend zu einer Anhörung einlädt, in der sie ihre Bewerbung begründen und weitere Informationen angeben können.

Auf der Grundlage all dieser Faktoren schlägt der Hohe Rat dem Justizminister die am besten eingestuften Bewerber für eine offizielle Ernennung vor.

Der Hohe Justizrat ist für die Auswahl und die Nominierung von Richtern und Staatsanwälten zuständig.

Letzte Aktualisierung: 22/11/2024

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