Unterhaltsansprüche von Familienangehörigen

Österreich
Inhalt bereitgestellt von
European Judicial Network
Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Was bedeuten die Begriffe „Unterhalt“ und „Unterhaltspflicht“ in der Praxis? Welche Personen sind einer anderen Person gegenüber unterhaltspflichtig?

Der Unterhalt dient der Deckung aller angemessenen, also notwendigen und üblichen, materiellen Bedürfnisse, wobei auf die jeweiligen Lebensverhältnisse Bedacht zu nehmen ist. Umfasst sind insbesondere Nahrung, Kleidung, Wohnung (inklusive Heizung und Strom), medizinische und hygienische Versorgung und die Leistung von Zusatzbeiträgen zur Sozialversicherung, die Freizeitgestaltung und Erholung, die kulturelle sowie sportliche Betätigung, die Kommunikation und die Massenmedien (Telefon, Radio, Fernsehen, Internet) und die Aus- und Weiterbildung. Unterhalt umfasst nicht Beiträge zur Vermögensbildung oder privaten Altersversorgung.

Unterhaltspflicht bedeutet die Pflicht, angemessenen Unterhalt zu leisten. Das Ausmaß des jeweiligen Unterhaltsanspruchs richtet sich einerseits nach den konkreten Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten und andererseits nach der Leistungsfähigkeit der verpflichteten Person.

Unterhaltspflichtig sind

  • Eltern ihren Kindern und Enkelkindern
  • Kinder ihren Eltern und Großeltern
  • Wechselseitig jeweils Ehegatten und eingetragene Partner

2 Bis zu welchem Alter hat ein Kind Anspruch auf Unterhalt? Gibt es unterschiedliche Regeln für Unterhaltsansprüche Minderjähriger und Erwachsener?

Es gibt keine Altersgrenze. Ein Kind hat Anspruch auf Unterhalt bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit.

Unterschiede zwischen den Unterhaltsansprüchen Minderjähriger und Erwachsener bestehen vor allem bei der gerichtlichen Durchsetzung.

3 Müssen Unterhaltsansprüche bei einer Verwaltungsbehörde oder bei einem Gericht geltend gemacht werden? Wie läuft das Verfahren im Wesentlichen ab?

Unterhaltsansprüche sind gerichtlich geltend zu machen.

Ehegatten und eingetragene Partner haben im streitigen Zivilprozess ihre Ansprüche mit Klage geltend zu machen. Das Gericht, funktionell eine Richterin oder ein Richter, entscheidet nach einem Beweisverfahren mit Urteil. Daneben können sie im Zusammenhang mit einem Unterhalts- oder Scheidungs- bzw. Auflösungsverfahren auch eine einstweilige Verfügung über einstweiligen Unterhalt beantragen. Darüber entscheidet das Gericht nach einem Bescheinigungsverfahren.

Kindesunterhalt ist – dies gilt auch für volljährige Kinder – im Außerstreitverfahren geltend zu machen. Das Pflegschaftsgericht, funktionell ein Rechtspfleger oder eine Rechtspflegerin, entscheidet nach einem Beweisverfahren mit Beschluss. Zusätzlich kann ein Kind im Zusammenhang mit einem Unterhaltsverfahren eine einstweilige Verfügung über einstweiligen Unterhalt beantragen; darüber entscheidet das Gericht nach einem Bescheinigungsverfahren. Das minderjährige Kind kann auch unabhängig von einem Unterhaltsverfahren vorläufigen Unterhalt begehren.

4 Kann der Antrag im Namen eines Verwandten (wenn ja, welchen Grades) oder eines Kindes gestellt werden?

Den Antrag auf Festsetzung oder Durchsetzung des Unterhalts minderjähriger Kinder kann der gesetzliche Vertreter stellen, also jene Person, die mit der Obsorge betraut ist. Mit deren Zustimmung kann dabei auch der Kinder- und Jugendhilfeträger das Kind vertreten.

Ansonsten bedarf es zur Vertretung in Unterhaltsverfahren einer Vollmacht oder besonderen gesetzlichen Vertretung (Erwachsenenvertreter).

5 Wie erfährt der Antragsteller, welches Gericht zuständig ist?

Die Zuständigkeit für Unterhaltssachen ist gesetzlich geregelt.

Nach § 114 JN (Jurisdiktionsnorm) ist das Pflegschaftsgericht auch zur Entscheidung über gesetzliche Unterhaltsansprüche des minderjährigen Kindes zuständig; für gesetzliche Unterhaltsansprüche sonstiger in gerader Linie verwandter Personen ist das Gericht zuständig, in dessen Sprengel der Unterhaltsberechtigte seinen allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen hat. Dieser richtet sich nach dem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt.

Nach § 76a JN ist für den Unterhalt von Ehegatten oder eingetragenen Partnern das Gericht zuständig, bei dem ein Scheidungs- oder Auflösungsverfahren anhängig ist. Ist kein derartiges Verfahren anhängig, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten (§§ 65 bis 71 JN).

6 Muss sich der Antragsteller vor Gericht vertreten lassen (z. B. durch einen Rechtsanwalt oder eine Behörde)? Welches Verfahren findet Anwendung, wenn keine Vertretung erforderlich ist?

Kindesunterhalt: Die Parteien müssen sich in erster Instanz nicht vertreten lassen. Wenn sie sich jedoch vertreten lassen wollen, ist dies in Verfahren, deren Streitwert an Geld oder Geldeswert 5.000 Euro übersteigt, nur durch einen Rechtsanwalt möglich (relative Anwaltspflicht; § 101 Abs. 1 AußStrG). Im Rechtsmittelverfahren besteht absolute Anwaltspflicht.

Unterhalt von Ehegatten oder eingetragenen Partnern: Die Parteien müssen sich in erster Instanz nicht vertreten lassen. Wenn sie sich jedoch vertreten lassen wollen, ist dies in Verfahren, deren Streitwert an Geld oder Geldeswert 5.000 Euro übersteigt, nur durch einen Rechtsanwalt möglich (relative Anwaltspflicht; § 29 Abs. 1 ZPO). Im Rechtsmittelverfahren besteht absolute Anwaltspflicht.

7 Fallen bei dem Gerichtsverfahren Gebühren an? Wenn ja, wie hoch sind diese ungefähr? Erhält der Antragsteller Prozesskostenhilfe, wenn er die Verfahrenskosten nicht tragen kann?

Die Bemessung der Gerichtsgebühren für Unterhaltsverfahren richtet sich nach dem Wert des zuerkannten Unterhaltsbetrags. Als Bemessungsgrundlage dient demnach für den für die Vergangenheit zuerkannten Unterhaltsanspruch der zugesprochene Betrag. Für die Zuerkennung künftigen Unterhalts ist das Einfache der Jahresleistung anzunehmen. Wird der Anspruch für eine kürzere Zeit als ein Jahr zuerkannt, ist der Gesamtbetrag als Bemessungsgrundlage heranzuziehen (Anmerkung 1 zu TP 7 Gerichtsgebührengesetz - GGG für das Kindesunterhaltsverfahren; § 15 Abs. 5 GGG für Verfahren über Unterhalt für Ehegatten oder eingetragene Partner).

Bei der Höhe wird zwischen Verfahren betreffend den Kindesunterhalt im Außerstreitverfahren einerseits und Verfahren betreffend Unterhalt des Ehegatten oder eingetragenen Partners andererseits unterschieden.

In Verfahren betreffend den Kindesunterhalt ist ein minderjähriger Antragsteller (unter 18 Jahren) von den Gebühren befreit.

Bei volljährigen Antragstellern beträgt die Pauschalgebühr für Entscheidungen sowie Vergleiche über den Anspruch auf Unterhalt 0,5% vom Wert des Zuerkannten (TP 7 GGG). Diese Gebühr ist vom Unterhaltsschuldner zu zahlen. Wenn aufgrund eines neuen Antrages ein bereits rechtskräftig zuerkannter oder verglichener Unterhaltsbetrag erhöht wird, so ist von dem Unterschiedsbetrag zwischen dem zuerkannten und dem bisher zu leistenden Betrag auszugehen.

Beispiel: zukünftiger monatlicher Unterhalt von EUR 250,- wird zugesprochen

Pauschalgebühr EUR 15,- (EUR 250,- * 12 * 0,05)

Stellt ein volljähriger Unterhaltsschuldner einen Antrag auf Herabsetzung des Unterhaltsbetrags, so beträgt die (feste) Pauschalgebühr EUR 15,00. Sie entfällt, wenn der Antragsteller mit seinem Begehren auf Unterhaltsherabsetzung zur Gänze durchdringt (Anmerkung 3 zu TP 7 GGG).

In Verfahren betreffend Unterhalt des Ehegatten oder eingetragenen Partners ist Tarifpost 1 GGG anzuwenden. Die Pauschalgebühr fällt nur für die Klage als verfahrenseinleitende Eingabe an und ist gestaffelt anhand der Bemessungsgrundlage. Zur Veranschaulichung wird der Tarif nach Tarifpost 1 GGG (Stand 4.5.2023) auszugsweise abgebildet:

Wert des Streitgegenstandes - Höhe der Gebühren

bis 150 Euro - 25 Euro

über 150 Euro bis 300 Euro - 48 Euro

über 300 Euro bis 700 Euro - 68 Euro

über 700 Euro bis 2 000 Euro - 114 Euro

über 2 000 Euro bis 3 500 Euro - 182 Euro

über 3 500 Euro bis 7 000 Euro - 335 Euro

über 7 000 Euro bis 35 000 Euro - 792 Euro

über 35 000 Euro bis 70 000 Euro - 1 556 Euro

Im Zivilverfahren ist gemäß §§ 63 bis 73 der Zivilprozessordnung (ZPO) die Verfahrenshilfe (Prozesskostenhilfe) auf Antrag soweit zu bewilligen, als eine Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten. Gemäß § 7 Abs. 1 AußStrG sind diese Bestimmungen im Verfahren außer Streitsachen (wie etwa in Verfahren betreffend Kindesunterhalt) sinngemäß anzuwenden.

Der notwendige Unterhalt liegt abstrakt zwischen dem statistischen Durchschnittseinkommen eines unselbständig Erwerbstätigen und dem Existenzminimum. Er gilt als beeinträchtigt, wenn die Partei und ihre unterhaltsberechtigte Familie nicht einmal zu einer bescheidenen Lebensführung in der Lage wäre, wobei ein verwertbares Vermögen oder die Möglichkeit, während einer längeren Verfahrensdauer Beträge anzusparen, zu berücksichtigen sind. Auch Teilverfahrenshilfe ist möglich.

Die Verfahrenshilfe ist nur soweit zu bewilligen, als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Auf die Staatsangehörigkeit der Partei kommt es nicht an.

Die Verfahrenshilfe umfasst insbesondere die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gerichts-, Zeugen-, Sachverständigen- und Dolmetschergebühren, aber auch die Reisekosten der Partei, sofern deren persönliches Erscheinen erforderlich ist. Wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt gesetzlich geboten ist (etwa in Rechtsmittelverfahren) oder es nach der Lage des Falls erforderlich erscheint, ist ein österreichischer Rechtsanwalt vorläufig unentgeltlich beizugeben. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfasst auch eine vorprozessuale Rechtsberatung im Hinblick auf eine außergerichtliche Streitbeilegung.

§ 71 ZPO bestimmt, dass die Verfahrenshilfe genießende Partei zur gänzlichen oder teilweisen Nachzahlung der Beträge zu verpflichten ist, von deren Berichtigung sie einstweilen befreit gewesen ist und die noch nicht berichtigt sind, wie ebenso zur tarifmäßigen Entlohnung des ihr beigegebenen Rechtsanwalts, soweit und sobald sie ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts dazu imstande ist. Nach Ablauf von drei Jahren nach Abschluss des Verfahrens kann die Verpflichtung zur Nachzahlung nicht mehr auferlegt werden. Zur Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Nachzahlung kann das Gericht die Partei unter Setzung einer angemessenen Frist zur Beibringung eines neuen Vermögensbekenntnisses einschließlich zumutbarer Belege auffordern.

8 Welche Art von Unterhalt kann das Gericht zusprechen? Wie wird die Höhe des Unterhalts berechnet? Kann der Gerichtsbeschluss angepasst werden, wenn sich die Lebenshaltungskosten oder die familiären Umstände ändern? Wenn ja, wie (z. B. durch automatische Indexierung)?

Das Gericht setzt Unterhalt als eine Geldleistung fest. Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag zum Unterhalt. Der andere Elternteil ist zur Leistung von Geldunterhalt verpflichtet.

Die Höhe des Kindesunterhalts ist von der Leistungsfähigkeit der Eltern und dem Bedarf des Kindes abhängig und im Einzelfall zu ermitteln. Nach der von der Rechtsprechung entwickelten Prozentwertmethode als Orientierungshilfe hat der Unterhaltspflichtige für Kinder

  • unter 6 Jahren                        16%,
  • zwischen 6 und 10 Jahren      18%,
  • zwischen 10 und 15 Jahren    20% und
  • über 15 Jahren                        22%

seines (Netto-)Einkommens monatlich zu zahlen. Mehrere Unterhaltspflichten desselben Unterhaltsschuldners werden durch Minderung des betreffenden Prozentsatzes berücksichtigt. Abzuziehen sind für ein weiteres unterhaltsberechtigtes Kind unter 10 Jahren jeweils 1 Prozentpunkt, für ein Kind über 10 Jahren 2 Prozentpunkte und für einen unterhaltsberechtigten Ehegatten je nach Eigeneinkommen 0 bis 3 Prozentpunkte.

Nach der Rechtsprechung gilt ein Unterhaltsstopp (sogenannte Luxusgrenze) für Unterhaltsansprüche beim etwa Zwei- bis Dreifachen des ebenfalls von der Rechtsprechung entwickelten durchschnittlichen Regelbedarfs. Dieser wird jährlich valorisiert und beträgt seit dem 1.1.2023 monatlich für Kinder lt. nachfolgender Tabelle

Regelbedarf

nach Danninger (in ÖA 1972, 17), berechnet vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien

(Beträge in €)

 

Jahre

ab 0 J.

ab 3 J.

ab 6 J.

ab 10 J.

ab 15 J.

ab 19 J.
ab 2022: ab 20 J.

01.01.2023 - 31.12.2023

320

320

410

500

630

720

01.01.2022 - 31.12.2022

290

290

370

450

570

650

01.07.2021 - 31.12.2021

219

282

362

414

488

611

01.07.2020 - 30.06.2021

213

274

352

402

474

594

01.07.2019 - 30.06.2020

212

272

350

399

471

590

01.07.2018 - 30.06.2019

208

267

344

392

463

580

01.07.2017 - 30.06.2018

204

262

337

385

454

569

01.07.2016 - 30.06.2017

200

257

331

378

446

558

01.07.2015 - 30.06.2016

199

255

329

376

443

555

01.07.2014 - 30.06.2015

197

253

326

372

439

550

01.07.2013 - 30.06.2014

194

249

320

366

431

540

01.07.2012 - 30.06.2013

190

243

313

358

421

528

01.07.2011 - 30.06.2012

186

238

306

351

412

517

01.07.2010 - 30.06.2011

180

230

296

340

399

501

01.07.2009 - 30.06.2010

177

226

291

334

392

492

01.07.2008 - 30.06.2009

176

225

290

333

391

491

01.07.2007 - 30.06.2008

171

217

281

322

378

475

01.07.2006 - 30.06.2007

167

213

275

315

370

465

01.07.2005 - 30.06.2006

164

209

270

309

363

457

01.07.2004 - 30.06.2005

160

204

264

302

355

447

01.07.2003 - 30.06.2004

157

200

258

296

348

438

Die Beträge von 1972 bis 2002 finden Sie in dieser Tabelle: Regelbedarf 1972-2002

Der Unterhalt von Ehegatten oder eingetragenen Partnern bei aufrechter Ehe oder eingetragener Partnerschaft ist ebenfalls von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten und dem Bedarf des Unterhaltsberechtigten abhängig und im Einzelfall zu ermitteln. Nach der von der Rechtsprechung entwickelten Prozentwertmethode als Orientierungshilfe bemisst sich der Unterhaltsanspruch des weniger verdienenden Teils mit 40% des Familieneinkommens (Nettoeinkommen beider Eheteile) abzüglich der eigenen Einkünfte. Führt ein Teil nur den Haushalt ohne eigenes Einkommen, so gebühren ihm ein Drittel (33%) des Nettoeinkommens des verdienenden Teils. Weitere Sorgepflichten sind zu berücksichtigen (durch Abzüge bei den Prozentwerten).

9 Wie und an wen wird der Unterhalt gezahlt?

Unterhalt ist im Vorhinein zu Beginn des jeweiligen Monats zu leisten (§ 1418 ABGB; § 70 Ehegesetz; § 22 Abs. 1 EPG). Zu zahlen ist an die berechtigte Person oder an ihren Vertreter (Elternteil, Erwachsenenvertreter).

10 Wie kann ein nicht freiwillig zahlender Schuldner zur Zahlung des Unterhalts gezwungen werden?

Nach Festsetzung des Unterhalts im Titelverfahren, kann gegen den Schuldner nach allgemeinen Regeln Exekution (Zwangsvollstreckung) geführt werden.

11 Welchen Beschränkungen unterliegt die Vollstreckung, insbesondere in Bezug auf den Schuldnerschutz und die Verjährungs- oder Ausschlussfristen?

Dem Schuldner (im Exekutionsverfahren: Verpflichteter) muss das Existenzminimum (unpfändbarer Freibetrag) verbleiben. Die Höhe des Existenzminimums bestimmt sich nach mehreren Faktoren und wird jährlich angepasst. Nach § 291b EO (Exekutionsordnung) müssen dem Verpflichteten bei einer Exekution wegen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs nur 75% des Existenzminimums verbleiben. Aus dem Differenzbetrag zwischen diesem herabgesetzten Existenzminimum und dem normalen Existenzminimum sind vorweg die laufenden gesetzlichen Unterhaltsansprüche unabhängig von dem für sie begründeten Pfandrang verhältnismäßig nach der Höhe der laufenden monatlichen Unterhaltsleistung zu befriedigen. Insoweit kommt Unterhaltsgläubigern ein Vorrang zu.

Judikatschulden, also aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung rechtskräftig zugesprochene (fällige) Ansprüche, verjähren in 30 Jahren und können daher innerhalb dieser Frist gerichtlich durchgesetzt werden.

Besondere Ausschlussfristen bestehen bei der Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen nicht.

12 Helfen Organisationen oder Verwaltungsbehörden bei der Eintreibung von Unterhaltsforderungen?

Für die Festsetzung oder Durchsetzung der Unterhaltsansprüche des minderjährigen Kindes ist der Kinder- und Jugendhilfeträger (Jugendwohlfahrtsträger) Vertreter des Kindes, wenn die schriftliche Zustimmung des sonstigen gesetzlichen Vertreters vorliegt.

13 Können staatliche Stellen oder private Organisationen einen Teil der Unterhaltsleistung oder die gesamte Unterhaltsleistung vorstrecken, wenn der Schuldner nicht zahlt?

Unterhaltsvorschuss dient der Sicherstellung des Unterhalts von minderjährigen Kindern, wenn ein Elternteil seinen Verpflichtungen zur Zahlung nicht (oder nicht regelmäßig) nachkommt. Unterhaltsvorschuss wird vom Staat auf Antrag gewährt. Der Antrag muss von jenem Elternteil, der zur Vertretung des Kindes befugt ist, im Namen des Kindes bei Gericht gestellt werden.

Anspruchsberechtigt sind minderjährige Kinder, die

  • ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben,
  • Staatsbürgerinnen/Staatsbürger Österreichs oder eines EU-/EWR-Mitgliedstaats oder staatenlos sind und
  • keinen gemeinsamen Haushalt mit der Unterhaltsschuldnerin/dem Unterhaltsschuldner haben.

Der Unterhaltsvorschuss wird ab Beginn des Monats der Antragstellung für höchstens fünf Jahre gewährt und vom Oberlandesgericht jeweils am 1. eines Monats im Voraus an die bezugsberechtigte Person ausgezahlt.

14 Was geschieht, wenn der Unterhaltsschuldner im Ausland wohnt?

Wohnt der Unterhaltsschuldner im Ausland und gibt es auch kein vollstreckbares Vermögen in Österreich, so muss im Ausland Exekution geführt werden. Auch dazu dienen Anträge über die Zentrale Behörde (§ 8 Auslandsunterhaltsgesetz 2014).

14.1 Kann der Unterhaltsgläubiger die Hilfe einer staatlichen Stelle oder einer privaten Organisation in seinem Wohnsitzmitgliedstaat in Anspruch nehmen?

Sowohl die Kinder- und Jugendhilfeträger (Bezirkshauptmannschaften bzw. Magistrate) als auch die Bezirksgerichte unterstützen Unterhaltsgläubiger bei der Geltendmachung oder Durchsetzung ihrer Ansprüche. Die Zentrale Behörde leitet die Anträge in das Ausland weiter.

14.2 Wenn ja, wie kann diese Stelle oder Organisation kontaktiert werden?

Sprechstunden bei den Behörden und Gerichten; telefonische und e-mail-Auskünfte der Zentralen Behörde.

15 Was geschieht, wenn der Unterhaltsgläubiger im Ausland wohnt?

Sobald seine Anträge an das zuständige Gericht gelangt sind, wird er grundsätzlich ebenso behandelt wie ein im Inland wohnender Gläubiger.

Anträge gelangen über die Zentrale Behörde an das Gericht. Dieses bewilligt gegebenenfalls die Verfahrenshilfe und lässt die zuständige Rechtsanwaltskammer einen Rechtsanwalt als Verfahrenshelfer bestellen. Diesem als mit der österreichischen Rechtsordnung vertrauten Vertreter des ausländischen Unterhaltsgläubigers obliegt es, die weiteren Anträge zu stellen, vereinnahmte Unterhaltsbeiträge zu überweisen und darüber zu berichten (§ 9 Auslandsunterhaltsgesetz 2014).

15.1 Kann der Unterhaltsgläubiger die Hilfe einer staatlichen Stelle oder einer privaten Organisation im Wohnsitzmitgliedstaat des Schuldners in Anspruch nehmen?

Da das Prinzip der Zusammenarbeit zwischen zwei Zentralen Behörden gilt, ist es primär Sache der Behörden im Wohnsitzmitgliedstaat, diese Hilfe zu leisten.

15.2 Wenn ja, wie kann diese Stelle oder Organisation kontaktiert werden und welche Hilfe kann der Unterhaltsgläubiger bekommen?

Frage nicht relevant.

16 Gilt für diesen Mitgliedstaat das Haager Protokoll von 2007?

Ja

17 Wenn das Haager Protokoll von 2007 nicht für diesen Mitgliedstaat gilt, welches Recht gilt dann für den Unterhaltsanspruch nach Maßgabe des Internationalen Privatrechts? Wie lauten die entsprechenden Bestimmungen des Internationalen Privatrechts?

Frage nicht relevant.

18 Welche Regeln gelten für den Zugang zum Recht bei grenzübergreifenden Streitsachen innerhalb der EU (entsprechend der Systematik von Kapitel V der Unterhaltsverordnung)?

Bis zum 1.8.2014 waren nur die Bestimmungen dieses Kapitels unmittelbar anzuwenden; seither regelt dies ausführend auch das österreichische Auslandsunterhaltsgesetz 2014, BGBl I Nr. 34/2014, in seinen §§ 10 f.

19 Welche Maßnahmen hat der Mitgliedstaat ergriffen, um sicherzustellen, dass die Zentralen Behörden die in Artikel 51 der Unterhaltsverordnung beschriebenen Aufgaben erfüllen?

Schaffung vereinfachter Aktenwege durch das Auslandsunterhaltsgesetz 2014, damit die Abt. I 10 des Bundesministeriums für Justiz bei gleichbleibendem Personal ansteigende Fallzahlen bewältigen kann.

 

Diese Webseite ist Teil von „Ihr Europa“.

Ihre Meinung zum Nutzen der bereitgestellten Informationen ist uns wichtig!

Your-Europe

Letzte Aktualisierung: 06/07/2023

Die landessprachliche Fassung dieser Seite wird von der entsprechenden EJN-Kontaktstelle verwaltet. Die Übersetzung wurde vom Übersetzungsdienst der Europäischen Kommission angefertigt. Es kann sein, dass Änderungen der zuständigen Behörden im Original in den Übersetzungen noch nicht berücksichtigt wurden. Weder das Europäische Justizielle Netz (EJN) noch die Europäische Kommission übernimmt Verantwortung oder Haftung für Informationen, die dieses Dokument enthält oder auf die es verweist. Angaben zum Urheberrechtsschutz für EU-Websites sind dem rechtlichen Hinweis zu entnehmen.