Wirtschaft und Menschenrechte

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1. Welchen Schutz genießen Opfer von Menschenrechtsverletzungen in der Wirtschaft? Sind auch Entschädigungen vorgesehen?

Rechtsschutz gegen Menschenrechtsverletzungen in der Wirtschaft kann vor Gericht erwirkt werden, und zwar insbesondere bei den Gerichten, die für Zivil‑, Straf‑, Verwaltungs- und Arbeitssachen zuständig sind, wobei die Art der jeweiligen Verletzung maßgeblich ist. Dieser Schutz kann in Form einer Klage oder Anzeige bei den Strafermittlungsbehörden oder der Staatsanwaltschaft (Ministério Público) erfolgen. Im Rahmen einer solchen Klage kann der Beklagte aufgefordert werden, etwas beizubringen, etwas zu tun, eine rechtswidrige Handlung zu unterlassen oder eine bestimmte Handlung zu dulden sowie den durch sein Verhalten entstandenen (immateriellen) Schaden wiedergutzumachen. Das portugiesische Strafgesetzbuch (Código Penal) sieht vor, dass juristische Personen unter bestimmten Umständen für gewisse Straftaten belangt werden können.

Das Zivil‑, Straf‑, Verwaltungs- und Arbeitsprozessrecht regelt die Verfahren zur Erlangung einer Entschädigung.

2. Gibt es besondere Vorschriften für schwere Menschenrechtsverletzungen? Gelten diese Vorschriften auch für Umweltverstöße oder schwere Formen der Arbeitsausbeutung?

Im portugiesischen Recht gibt es keine besonderen Vorschriften für schwere Menschenrechtsverletzungen. Handelt es sich bei einer solchen Verletzung jedoch um eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit, so wird bei der Festlegung der anwendbaren Sanktion und deren Dauer oder Höhe die Schwere des Verstoßes berücksichtigt. Dies ist der Fall bei Umweltverstößen und schwerer Arbeitsausbeutung.

3. Ich bin außerhalb der Europäischen Union im Rahmen der Geschäftstätigkeit eines europäischen transnationalen Unternehmens Opfer einer Menschenrechtsverletzung geworden. Kann ich mich als Nicht-EU-Bürger oder nicht in der EU lebender Bürger an die nationalen Gerichte wenden? Unter welchen Voraussetzungen kann ich die Verletzung meiner Rechte geltend machen? Wo kann ich weiterführende Informationen erhalten?

Im Zivilrecht finden die Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (sog. Brüssel-I-Neufassung) und des Lugano-Übereinkommens Anwendung.

Nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen, wobei eine Gesellschaft (oder eine andere juristische Person) für die Anwendung dieser Verordnung ihren Wohnsitz an dem Ort hat, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet. Allerdings sind für bestimmte Sachverhalte besondere Zuständigkeitsregeln vorgesehen, insbesondere für Sachverhalte, die eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, betreffen. Für diese ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Übereinkommen von Lugano) enthält gleichlautende Vorschriften.

Hat eine Gesellschaft ihren Sitz nicht in der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Lugano-Übereinkommens, so kann sich die internationale Zuständigkeit der portugiesischen Gerichte aus dem portugiesischen Zivilprozessrecht ergeben. Dies ist dann der Fall, wenn das geltend gemachte Recht nur im Wege einer Klage vor einem portugiesischen Gericht durchgesetzt werden kann (z. B. weil die kumulative Anwendung der internationalen Zuständigkeitsregeln verschiedener Länder dazu führt, dass kein Gericht für die Entscheidung über den Rechtsstreit zuständig ist) oder wenn es sich für den Kläger sehr schwierig gestaltet, im Ausland Klage zu erheben, und ein gewichtiger, persönlicher oder tatsächlicher Zusammenhang zwischen dem Gegenstand des Rechtsstreits und der portugiesischen Rechtsordnung besteht.

Im Strafrecht gelten die sich aus dem Strafgesetzbuch ergebenden Zuständigkeitsregeln. Sofern kein völkerrechtlicher Vertrag oder ein anderes internationales Übereinkommen entgegensteht, gilt somit der allgemeine Grundsatz, dass das portugiesische Strafrecht auf Taten Anwendung findet, die im portugiesischen Hoheitsgebiet, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Täters, oder an Bord portugiesischer Schiffe oder Luftfahrzeuge begangen werden. Stets unter der Voraussetzung, dass kein völkerrechtlicher Vertrag oder ein anderes internationales Übereinkommen entgegensteht, kann das portugiesische Strafrecht jedoch unter bestimmten Umständen oder bei bestimmten Straftaten auch auf außerhalb des portugiesischen Hoheitsgebiets begangene Taten angewendet werden. Auf Straftaten, die außerhalb des nationalen Hoheitsgebiets begangen werden und an denen juristische Personen beteiligt sind, findet das portugiesische Recht nur dann Anwendung, wenn die Tat durch oder gegen eine juristische Person begangen wird, die ihren satzungsmäßigen Sitz im portugiesischen Hoheitsgebiet hat, unabhängig davon, ob das Opfer EU-Bürger ist oder in der EU lebt.

4. Werden Opfer von Menschenrechtsverletzungen, die von europäischen transnationalen Unternehmen außerhalb der Europäischen Union verübt wurden, von nationalen Ombudsstellen, Gleichbehandlungsstellen oder Menschenrechtsorganisationen unterstützt? Können diese Stellen in meinem Fall tätig werden, wenn ich kein EU-Bürger bin oder nicht in der EU lebe? Gibt es andere öffentliche Dienste (wie Arbeits- und Umweltinspektionen), die in meinem Fall tätig werden können? Wo kann ich mich über meine Rechte informieren?

Der Bürgerbeauftragte, die Gleichstellungsstellen (die Kommission für Gleichstellung in Arbeit und Beschäftigung (Comissão para a Igualdade no Trabalho e no Emprego – CITE) und die Kommission für Bürgerschaft und Gleichstellung der Geschlechter (Comissão para a Cidadania e Igualdade de Género – CIG)), die Arbeitsaufsichtsbehörde und die Umweltinspektion sind nur für die Untersuchung von Verstößen gegen nationale Rechtsvorschriften, die auf portugiesischem Hoheitsgebiet begangen wurden, zuständig. Ob das Opfer einer Menschenrechtsverletzung, die von einem europäischen transnationalen Unternehmen außerhalb der Europäischen Union (EU) begangen wurde, EU-Bürger ist oder in der EU lebt, ist für das Tätigwerden dieser Stellen unerheblich.

5. Sind europäische transnationale Unternehmen nach Maßgabe nationaler Rechtsvorschriften verpflichtet, Beschwerdemechanismen oder Mediationsdienste für Verstöße im Zusammenhang mit ihrer Geschäftstätigkeit einzurichten? Gelten diese Rechtsvorschriften auch für Verstöße außerhalb der Europäischen Union? Wer ist für die Überwachung der Einrichtung dieser Beschwerdemechanismen oder Mediationsdienste zuständig? Gibt es öffentliche Berichte darüber, wie diese Mechanismen und Dienste funktionieren?

Die Erstellung solcher Berichte ist nicht rechtlich verpflichtend. Im Rahmen der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen bietet jedoch die nationale Kontaktstelle (NKS) für die OECD-Leitsätze, die von der Generaldirektion Wirtschaft (Direção-Geral das Atividades Económicas – DGAE) und der portugiesischen Agentur für Investitionen und Außenhandel (Agência para o Investimento e Comércio Externo de Portugal – AICEP Portugal Global) koordiniert wird, eine (außergerichtliche) Mediations- und Schlichtungsplattform zur Beilegung von Beschwerden, die gegen Unternehmen wegen der mutmaßlichen Nichteinhaltung dieser Leitsätze eingereicht werden. Somit kann jede natürliche Person oder Organisation, die der Auffassung ist, dass die Maßnahmen oder Tätigkeiten eines multinationalen Unternehmens nicht mit den Leitsätzen vereinbar sind, Beschwerde bei der NKS eines der Länder einreichen, in denen das betreffende Unternehmen tätig ist. Weitere Informationen finden Sie hier, u. a. die Jahresberichte der nationalen Kontaktstellen über die Umsetzung der OECD-Leitsätze.

6. Habe ich als schutzbedürftiges Opfer von Menschenrechtsverletzungen in der Wirtschaft besondere Rechte? Unter welchen Voraussetzungen habe ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe? Welche Kosten werden in diesem Rahmen übernommen? Habe ich als Nicht-EU-Bürger oder nicht in der EU lebender Bürger im Hinblick auf Prozesskostenhilfe die gleichen Rechte wie EU-Bürger?

Artikel 67-A der Strafprozessordnung (Código de Processo Penal) lautet:

a) ‚Opfer‘:

i) eine natürliche Person, der unmittelbar durch eine strafbare Handlung oder Unterlassung ein unter anderem körperlicher, psychischer, emotionaler oder seelischer Schaden oder Sachschaden zugefügt wurde;

ii) Familienangehörige einer Person, deren Tod eine direkte Folge einer Straftat ist, und die durch den Tod dieser Person eine Schädigung erlitten haben;

b) ‚besonders schutzbedürftiges Opfer‘: ein Opfer, das unter anderem aufgrund seines Alters, seines Gesundheitszustands oder seiner Behinderung sowie der Tatsache, dass Art, Umfang und Dauer des Opferstatus einen Schaden verursacht haben, der schwerwiegende Folgen für sein psychisches Wohlbefinden oder die Bedingungen für seine soziale Integration hat, besonders schutzbedürftig ist;

c) ‚Familienangehörige‘: der Ehegatte/die Ehegattin des Opfers oder die mit dem Opfer in einer Lebensgemeinschaft lebende Person, die direkten Verwandten und Geschwister des Opfers sowie Personen, die von dem Opfer finanziell abhängig sind;

d) ‚Kind‘: eine Person im Alter von unter achtzehn Jahren.

Eines der Rechte, die in dem durch das Gesetz Nr. 130/2015 vom 4. September 2015 verabschiedeten Opferstatut verankert wurden, ist der Anspruch auf Prozesskostenhilfe, deren rechtlicher Rahmen im Gesetz Nr. 34/2004 vom 29. Juli 2004 festgelegt ist. Bei Fragen zur Prozesskostenhilfe verweisen wir Sie auf die entsprechende Seite des Europäischen Justizportals.

Letzte Aktualisierung: 07/04/2024

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