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Rechtsquellen in Spanien
Die spanischen Rechtsquellen sind in Artikel 1 Zivilgesetzbuch (Código Civil) aufgeführt:
- Grundlage der spanischen Rechtsordnung sind die Gesetze, das Gewohnheitsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsätze.
- Bestimmungen, die höherrangigen Vorschriften widersprechen, sind unwirksam.
- Das Gewohnheitsrecht gilt nur, soweit es kein einschlägiges geltendes Gesetz gibt und es nicht gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstößt; es muss zudem nachweisbar sein.
- Rechtstraditionen mit rechtlicher Bindungswirkung, die sich nicht allein auf die Auslegung einer Willenserklärung beschränken, werden als Gewohnheitsrecht anerkannt.
- Die allgemeinen Rechtsgrundsätze kommen – ungeachtet ihrer Bedeutung für die Rechtsordnung als Auslegungshilfe – zum Tragen, wenn es keine einschlägige gesetzliche oder gewohnheitsrechtliche Regelung gibt.
- Die Rechtsvorschriften internationaler Verträge gelten in Spanien nicht unmittelbar, sondern werden erst Bestandteil der innerstaatlichen Rechtsordnung, nachdem ihr Wortlaut vollständig im spanischen Amtsblatt (Boletín Oficial del Estado) veröffentlicht worden ist.
- Die Rechtsordnung wird ergänzt durch die Rechtslehre, die der Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo) im Zuge seiner Rechtsprechung durch Auslegung und Anwendung der Gesetze, des Gewohnheitsrechts und der allgemeinen Rechtsgrundsätze entwickelt hat.
- Die Richter und Gerichte Spaniens, die ausschließlich an die Verfassung und das Gesetz gebunden sind, haben die Pflicht, jede Angelegenheit, mit der sie befasst sind, unter Bezugnahme auf die einschlägigen Rechtsquellen zu entscheiden.
Typologie der Rechtsakte
Die Verfassung ist die oberste Rechtsnorm des spanischen Staates, an die alle Behörden und alle Bürgerinnen und Bürger gebunden sind. Bestimmungen oder Rechtsakte, die der Verfassung zuwiderlaufen, sind ungültig. Die Verfassung ist inhaltlich klar in zwei Teile gegliedert: a) in einen Teil über die Grundrechte und -pflichten und b) einen Teil über den Staatsaufbau.
Internationale Verträge: Dabei handelt es sich um schriftliche, dem Völkerrecht unterliegende Vereinbarungen zwischen bestimmten Völkerrechtssubjekten. Sie können unabhängig von ihrer Bezeichnung aus einem oder aus mehreren miteinander verbundenen Rechtsinstrumenten bestehen. Sobald sie wirksam geschlossen und in Spanien amtlich bekanntgemacht worden sind, werden sie Bestandteil der innerstaatlichen Rechtsordnung.
Autonomiestatut: Es handelt sich um die im Wege eines Organgesetzes geschaffene institutionelle Rechtsgrundlage einer Autonomen Gemeinschaft, die von der spanischen Verfassung von 1978 als Bestandteil der spanischen Rechtsordnung anerkannt wird. In einem Autonomiestatut ist Folgendes festzulegen: der Name der Autonomen Gemeinschaft die Abgrenzung ihres Gebietes die Bezeichnung, die Organisation und der Sitz der eigenen autonomen Institutionen die der Autonomen Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten Autonomiestatuten sind weder ein Ausdruck von Souveränität, noch gelten sie als Verfassung, da ihnen keine originäre verfassunggebende Gewalt zugrunde liegt (über die die Gebiete, aus denen Autonome Gemeinschaften entstanden sind, nicht verfügen). Sie verdanken ihre Existenz vielmehr der Anerkennung durch den Staat, ohne dass dadurch die staatliche Einheit Spaniens in irgendeiner Form in Frage gestellt wird.
- Gesetze: Spanien verfügt über verschiedene Arten von Gesetzen.
- Organgesetz (Ley Orgánica): Gegenstand dieser Gesetze sind die Grundrechte und öffentlichen Freiheiten, die Autonomiestatuten, das allgemeine Wahlrecht sowie die übrigen in der Verfassung vorgesehenen Bereiche.
- Ordentliches Gesetz (Ley Ordinaria): Ordentliche Gesetze regeln Angelegenheiten, die nicht Gegenstand von Organgesetzen sind.
- Gesetzesvertretendes Dekret (Decreto Legislativo): von der Regierung in bestimmten Bereichen aufgrund der ihr vom Parlament (Cortes Generales) übertragenen Befugnisse erlassene Norm mit Gesetzesrang.
- Gesetzesdekret (Decreto Ley): von der Regierung in Fällen außerordentlicher und dringender Notwendigkeit erlassene vorläufige gesetzgebende Verfügungen, die sich jedoch nicht auf die Ordnung der grundlegenden Institutionen des Staates, auf die in Titel I der Verfassung geregelten Rechte, Pflichten und Freiheiten der Bürger, auf die Ordnung der Autonomen Gemeinschaften oder auf das allgemeine Wahlrecht beziehen dürfen. Gesetzesdekrete müssen dem Kongress (Congreso de los Diputados) innerhalb von 30 Tagen, nachdem sie von der Regierung erlassen wurden, zur Beratung und Bestätigung bzw. Ablehnung vorgelegt werden.
- Verordnung (reglamento): Es handelt sich um von der Exekutive erlassene Rechtsnormen allgemeinen Charakters, die der Durchführung der Gesetze dienen. In der Rangfolge stehen sie unmittelbar unter dem Gesetz.
- Gewohnheitsrecht: Zu verstehen ist darunter ein Regelwerk, das sich aus der mehr oder weniger stetigen Wiederholung gleicher Handlungen herleitet. Damit das Gewohnheitsrecht als Ausdruck eines kollektiven und natürlichen Willens gelten kann, muss es allgemein, beständig, einheitlich und dauerhaft sein.
- Allgemeine Rechtsgrundsätze: Dabei handelt es sich um allgemeine normative Aussagen, die, ohne dass sie durch formale Verfahren in die Rechtsordnung aufgenommen wurden, als Bestandteil dieser gelten, da sie die Grundlage für andere spezielle normative Aussagen bilden oder den Inhalt einer Gruppe von ihnen abstrakt zusammenfassen. Sie dienen der Schließung von Gesetzeslücken oder der Auslegung von Rechtsnormen.
- Rechtsprechungsgrundsätze: Sie gründen sich auf zwei vom Obersten Gerichtshof erlassene eine Rechtsnorm im gleichen Sinn auslegende Urteile. Bei bestimmten Rechtssachen, die nur in der Zuständigkeit der Autonomen Gemeinschaften liegen, ist die Rechtsprechung des Obergerichts (Tribunale Superior de Justicia) der jeweiligen Autonomen Gemeinschaft maßgebend. Weicht ein Richter oder ein Gericht von der vom Obersten Gerichtshof festgelegten Rechtsauffassung ab, ist das Urteil nicht automatisch ungültig, sondern kann aus Rechtsgründen angefochten werden. Gleichwohl können der Oberste Gerichtshof und die Obergerichte der Autonomen Gemeinschaften jederzeit aus berechtigten Gründen von der ständigen Rechtsprechung abweichen und eine neue Rechtsauffassung prägen.
Normenhierarchie
Nach Artikel 1 Absatz 2 des spanischen Zivilgesetzbuchs sind Bestimmungen, die solchen höheren Ranges widersprechen, ungültig. Dies setzt zwingend eine Hierarchie der Rechtsnormen voraus. Die spanische Verfassung regelt zu diesem Zweck das Verhältnis zwischen den verschiedenen Rechtsnormen und ihre Stellung in Bezug auf Hierarchie und Zuständigkeit.
Die Normenhierarchie im spanischen Recht stellt sich der Verfassung zufolge wie folgt dar:
- die Verfassung
- internationale Verträge
- Gesetze im engeren Sinn: Organgesetze, ordentliche Gesetze und Rechtsnormen mit Gesetzesrang (darunter Real Decreto Ley und Real Decreto Legislativo), wobei unter diesen Gesetzen keine Rangfolge besteht, sondern es sich lediglich um unterschiedliche Verfahren und Anwendungsbereiche handelt
- Normen der Exekutive mit eigener Rangordnung, die davon abhängt, von welcher Stelle die Norm erlassen wurde (Königliches Dekret (Real Decreto), Ministerialerlass (Orden ministerial) usw.)
Darüber hinaus gelten im Hinblick auf die Vorschriften, die von den Parlamenten der Autonomen Gemeinschaften erlassen werden, Zuständigkeitskriterien (Regionaldekret (Decreto autonómico), Regionalerlass (Órden autonómica) usw.).
Richter und Gerichte dürfen Verordnungen oder andere Regelungen, die gegen die Verfassung, ein Gesetz oder den Grundsatz der Normenhierarchie verstoßen, nicht anwenden.
Institutioneller Rahmen
Organe der Legislative
Spaniens Institutionen beruhen auf dem Grundsatz der Gewaltenteilung. Die gesetzgebende Gewalt liegt beim spanischen Parlament und bei den Parlamenten der Autonomen Gemeinschaften.
Die exekutive Gewalt – einschließlich der Verordnungsgewalt – obliegt sowohl auf zentralstaatlicher Ebene als auch auf Ebene der Autonomen Gemeinschaften der Zentral- bzw. Regionalregierung. Die Exekutive kann aufgrund einer parlamentarischen Ermächtigung auch als Gesetzgeber tätig werden.
Kommunale Körperschaften üben zwar keine gesetzgebende Gewalt aus, verfügen aber über eine Verordnungsgewalt – hauptsächlich in Form von Kommunalverordnungen.
Die Gesetzesinitiative kann von der Regierung, dem Kongress und dem Senat, den Parlamenten der Autonomen Gemeinschaften und – in bestimmten Fällen – vom Volk ausgehen.
Beschlussfassungsprozess
Internationale Verträge: Es gibt drei verschiedene Ratifizierungsverfahren je nach Art des Vertragsgegenstands.
- Erstens: Durch Organgesetz kann der Abschluss von Verträgen genehmigt werden, durch die einer internationalen Organisation oder Institution die Ausübung von aus der Verfassung abgeleiteten Kompetenzen zugestanden wird.
- Zweitens: Die Regierung kann nach vorheriger Genehmigung durch das spanische Parlament die Zustimmung des Staates zur Unterzeichnung von rechtsverbindlichen Verträgen oder Abkommen in folgenden Fällen erteilen: bei Verträgen politischen Inhalts, bei Verträgen oder Abkommen militärischen Charakters, bei Verträgen oder Abkommen, welche die territoriale Integrität des Staates oder die in Titel I der Verfassung festgelegten Grundrechte und ‑pflichten berühren, bei Verträgen oder Abkommen, die Verpflichtungen für die öffentlichen Finanzen zur Folge haben, bei Verträgen oder Abkommen, welche die Änderung oder Aufhebung eines Gesetzes voraussetzen, oder solchen, für deren Durchführung legislative Maßnahmen erforderlich sind.
- In allen sonstigen Angelegenheiten sind lediglich der Kongress und der Senat zu informieren, sobald der Vertrag unterzeichnet wurde.
Internationale Verträge werden Bestandteil der innerstaatlichen Rechtsordnung, sobald sie wirksam geschlossen und in Spanien amtlich bekanntgemacht worden sind. Ihre Bestimmungen können nur in der von den Verträgen selbst vorgesehenen Form oder gemäß den allgemeinen Regeln des Völkerrechts aufgehoben, abgeändert oder ausgesetzt werden. Für die Kündigung der internationalen Verträge und Abkommen gilt das gleiche Verfahren wie für deren Billigung.
Gesetze:
Gesetzesentwürfe werden vom Ministerrat (Consejo de Ministros) angenommen und dem Kongress zusammen mit einer Begründung und einer Darlegung des rechtlichen Hintergrunds zur Abstimmung vorgelegt.
Gleiches gilt für die Autonomen Gemeinschaften.
Nach Verabschiedung des Entwurfs eines ordentlichen Gesetzes oder eines Organgesetzes im Kongress wird der Entwurf vom Präsidenten des Kongresses unverzüglich dem Senatspräsidenten übermittelt, der den Text dem Senat zur Beratung vorlegt. Der Senat verfügt nach Eingang des Gesetzesentwurfs über eine Frist von zwei Monaten für die Einlegung eines Vetos oder die Vorlage von Änderungsanträgen. Das Veto muss mit absoluter Mehrheit beschlossen werden.
Der Entwurf kann dem König erst zur Bestätigung vorgelegt werden, nachdem der Kongress den ursprünglichen Text verabschiedet hat (im Falle eines Vetos des Senats ist im Kongress die absolute Mehrheit erforderlich, nach Ablauf von zwei Monaten nach Vorlage des Gesetzesentwurfs reicht eine einfache Mehrheit) oder über die Änderungsanträge abgestimmt hat, die mit einfacher Mehrheit angenommen oder abgelehnt werden können. Bei von der Regierung oder vom Kongress als dringlich erklärten Gesetzesentwürfen verkürzt sich die Zweimonatsfrist, über die der Senat zur Einlegung eines Vetos oder zur Änderung des Gesetzesentwurfs verfügt, auf zwanzig Tage.
Vom spanischen Parlament verabschiedete Gesetze werden dem König vorgelegt, der sie innerhalb von 15 Tagen nach ihrer Verabschiedung bestätigt, verkündet und ihre Bekanntmachung anordnet.
- Organgesetz (Ley Orgánica): Die Verabschiedung, Änderung oder Aufhebung von Organgesetzen bedarf bei der endgültigen Abstimmung über den Gesamtentwurf der absoluten Mehrheit des Kongresses.
Verordnung (reglamento): Für Verordnungen gilt folgendes Verfahren:
- Das zuständige Ministerium arbeitet den Entwurf aus und legt ihn zusammen mit einem Bericht über Notwendigkeit und Eignung der Verordnung sowie mit einem Finanzbericht über die erwarteten Kosten vor.
- Im Zuge der Ausarbeitung müssen neben den Berichten, Stellungnahmen und zwingend vorgeschriebenen Vorabgenehmigungen sämtliche Studien und Konsultationen durchgeführt werden, die für notwendig erachtet werden, um die Eignung und Rechtmäßigkeit des Textes sicherzustellen. In jedem Fall muss der Verordnung ein Bericht über die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der in ihnen festgelegten Maßnahmen beigefügt sein.
- Berührt die Vorschrift die legitimen Rechte und Interessen der Bürger, kann innerhalb eines angemessenen Zeitraums von mindestens fünfzehn Arbeitstagen eine öffentliche Anhörung durchgeführt werden.
- In jedem Fall muss die Expertise des Technischen Generalsekretariats (Secretaría General Técnica) unbeschadet der Stellungnahme des Staatsrates (Consejo de Estado) in den gesetzlich vorgesehenen Fällen in die Verordnungsentwürfe einfließen.
- Wenn die Verordnung die Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Staat und den Autonomen Gemeinschaften betrifft, ist vorher ein Bericht der öffentlichen Verwaltung einzuholen.
- Die von der Regierung erlassenen Verordnungen treten erst nach Veröffentlichung ihres vollständigen Wortlauts im spanischen Amtsblatt in Kraft.
Rechtsdatenbanken
Das spanische Amtsblatt verfügt über eine Datenbank mit sämtlichen seit 1960 veröffentlichten Rechtsvorschriften.
Ist die Einsichtnahme in die Datenbanken kostenlos?
Die Einsichtnahme in diese Datenbank ist kostenlos.
Kurze Inhaltsangabe
Alle Amtsblätter, die seit 1960 veröffentlicht wurden, können auf der Website des spanischen Amtsblatts eingesehen werden.
Die Website verfügt über eine Suchmaschine für Gesetze und Bekanntmachungen sowie über Datenbanken zur Verfassungsrechtsprechung (seit 1980), für Berichte und Stellungnahmen des Juristischen Dienstes des spanischen Staates (Abogadía del Estado) (seit 1997) und Stellungnahmen des Staatsrates. Darüber hinaus enthält sie überarbeitete Fassungen, welche die hauptsächlichen Änderungen enthalten, die an den Rechtsvorschriften vorgenommen wurden. Außerdem bietet sie Benachrichtigungsdienstleistungen für gesetzliche Mitteilungen und öffentliche Bekanntmachungen sowie Auskunfts- und Dokumentationsdienstleistungen.
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