Unabhängiger Verwaltungssenat Wien 15. November 1999, 04/G/33/830/98
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Maukner über die Berufung des Herrn Michael Peter A, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, vom
23.10.1998, Zl MBA 1/8 - S 15877/98, betreffend zwei Verwaltungsübertretungen nach zu 1) § 15 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 und zu 2) § 15 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 des Preisauszeichnungsgesetzes (PRAG), wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt 1) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Spruchpunkt behoben und das diesbezügliche Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt 2) in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch an die Stelle der Wortfolge "weder in der Auslage selbst, noch im Geschäftslokal" die Wortfolge "nicht in der Auslage" tritt und bei der Zitierung der als verletzt bezeichneten Rechtsvorschriften sowie der Strafsanktionsnorm jeweils nach der Wortfolge "§ 15 Abs 1" die Wortfolge "und Abs 2" entfällt. Der Straf- und Kostenausspruch wird ersatzlos aufgehoben. Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht auferlegt.
Begründung:
1) Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastung: "Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer der B-GmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft als Unternehmer ihre Pflicht zur Preisauszeichnung nicht erfüllt hat, indem am 13.07.1998 um 12:15 Uhr in den von dieser Gesellschaft betriebenen Gewerbebetriebe in Wien, S-gasse, bei Betrieb des Gewerbes
1) Wechselstube - die Preise für die angebotenen Leistungen insoferne nicht vorschriftswidrig im Sinne des § 4 Abs 2 Preisauszeichnungsgesetz 1992, wonach Leistungen durch Preisverzeichnisse, welche im Geschäftslokal deutlich sichtbar anzubringen sind, auszuzeichnen sind, ausgezeichnet waren, als die Höhe der für die Tätigkeit der Wechselstube anfallenden Gebühren lediglich in Form von zwei Papierschildern (Text in deutscher und englischer Sprache) in der Größe von ca 12 x 10 cm (gerahmt) an der rechten bzw unteren Ecke der Innenseite der beiden Glasscheiben unmittelbar neben dem Schalterpult angebracht waren, wodurch der Verpflichtung, im Geschäftslokal Preisverzeichnisse deutlich sichtbar anzubringen, nicht entsprochen wurde; Das an der linken unteren Ecke in deutscher Sprache angebrachte Preisschild trug folgenden Wortlaut: "Gebühren Das nachstehende Gebührenschema gilt für folgende Geschäfte: . Wechsel ausländischer Zahlungsmittel in ÖS . Wechsel von ÖS in ausländische Zahlungsmittel . Einlösen von Reiseschecks lautend auf ÖS oder andere Währungen . Einlösung von Euroschecks . Bargeldauszahlung mittels Kreditkarte Die Gebühr beträgt mindestens ÖS 75,-- je Transaktion und höchstens ÖS 0,0985 pro ÖS 1,00 vom Wert des gewechselten Schillingbetrages. Wir verrechnen keine Gebühren beim Devisenkauf. Beim Ankauf ausländischer Münzen kommt der halbe für den Notenankauf geltende Wechselkurs zur Anwendung. Für Transaktionen deren Gegenwert ÖS 50.000,-- übersteigt, wird der Großnotenankauf, in allen anderen Fällen die jeweils niedrigere Gebühr verrechnet."
2) hinsichtlich des Handelsgewerbes folgende Sachgüter, die im linken Auslagenfenster des gassenseitigen Geschäftslokales sichtbar ausgestellt bzw zum Verkauf bereitgehalten worden sind, weder in der Auslage selbst, noch im Geschäftslokal ausgezeichnet waren: zwei T-Shirts (zwei Modelle), ein Handtuch, Kugelschreiber und Feuerzeuge." Dadurch habe der Berufungswerber zu 1) § 15 Abs 1 und Abs 2 iVm
§ 4 Abs 2 und zu 2) § 15 Abs 1 und Abs 2 iVm § 2 Abs 1 PrAG verletzt, weswegen über ihn gemäß § 15 Abs 1 und Abs 2 leg cit eine Geldstrafe von S 4.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 67 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von S 400,-- auferlegt wurde. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber im Wesentlichen folgendes vorbringt: "Der angefochtene Bescheid wird seinem ganzen Inhalte nach aus den Gründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung sowie wesentlicher Verfahrensmängel, und damit zusammenhängend unrichtiger Beweiswürdigung, angefochten. zu Faktum 1)
1. Unrichtige rechtliche Beurteilung:
1.1. Verstoß gegen das Verbot des "nullum crimen sine lege" Gemäß § 1 VStG darf eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Als Verwaltungsübertretung kann nur eine Tat bestraft werden, wenn in einem Gesetz Gebote oder Verbote aufgestellt werden und überdies bestimmt ist, dass ein Zuwiderhandeln gegen ein solches Gebot oder Verbot als Verwaltungsübertretung zu ahnden ist (VwGH
14.9.1982, 82/07/0097). Die zur Strafbarkeit einer Verletzung des PrAG demnach geforderte grundsätzliche Pflicht zur Auszeichnung ist abschließend in den
§§ 2 und 3 leg cit normiert. Auch der von der Erstbehörde als Straftatbestand herangezogene § 4 Abs 2 PrAG, ausdrücklich mit Art der Auszeichnung übertitelt, hat wohl zunächst zur Voraussetzung, dass eine grundsätzliche Pflicht zur Auszeichnung besteht. Im Gegensatz zu § 2 PrAG, der die Pflicht zur Preisauszeichnung bezüglich von Sachgütern allgemein festlegt, ist die Pflicht zur Auszeichnung der Preise für Leistungen gemäß § 3 PrAG an die Erlassung einer diesbezüglichen Verordnung durch den BMfwA geknüpft. Aus dem Gesetzestext alleine läßt sich daher eine Auszeichnungspflicht für Leistungen nicht ableiten (so auch Reindl-Babitsch, WBl 1992/186, "Das neue Presirecht - Das PresiauszeichnungsG 1992"). Die diesbezügliche Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Preisauszeichnung für bestimmte Leistungen und für Treibstoffe bei Tankstellen (BGBl 1992/813) nennt Wechselstuben nicht, sodaß eine grundsätzliche rechtliche Verpflichtung des Beschuldigten zur Auszeichnung der von ihm angebotenen Leistungen im Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Tat nicht gegeben war. Daran kann auch der von der Erstbehörde unterstützend herangezogene, in § 15 PrAG enthaltene Verweis auf § 1 PrAG nichts ändern. § 1 PrAG legt lediglich den sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes fest, indem er im Sinne einer sachlichen Einschränkung klarstellt, daß von der Geltung dieses Gesetzes grundsätzlich nur jene Sachgüter und Leistungen, deren Anbieten der GewO bzw den anderen dort genannten Betrieben unterliegt, umfaßt sind. Als Grundlage eines Verwaltungsstraftatbestandes können allgemeine Bestimmungen über den Geltungsbereich eines Gesetzes sicherlich nicht herhalten. Immerhin kommt es bei der Beurteilung strafrechtlich relevanten Verhaltens weder auf die (allgemeine) Absicht des Gesetzgebers noch auf die Wichtigkeit oder Bedeutung der Angelegenheit an. Dem Gesetzgeber muß zugemutet werden können, eine ihm vorschwebende Absicht, nämlich im vorliegenden Fall strafrechtlich relevante Verhaltensnormen eindeutig zu regeln, durch einen entsprechenden Normsetzungsakt zu verwirklichen. Es kann nicht Aufgabe der Rechtsanwendung sein, im Wege der Auslegung eine fehlende Strafnorm zu supplieren (VfGH 4291/1962). Im Zusammenhang mit der Pflicht zur Auszeichnung der Preise für Leistungen hat der Gesetzgeber eben die Entscheidung getroffen, diese Pflicht nicht selbst festzulegen, sondern ihre Konkretisierung einer ministeriellen Verordnung vorzubehalten. Daß die betreffende VO BGBl 1992/813 die Leistungen der Wechselstuben (aus welchen Gründen auch immer) nicht enthält, kann nun nicht zum Nachteil des Beschuldigten ausgelegt werden. Ergänzend sei darauf verwiesen, daß die Strafbestimmung des § 15 PrAG zwar ausdrücklich auf § 2 leg cit (=Auszeichnungspflicht betreffend Sachgüter), nicht jedoch auf § 3 leg cit (=Auszeichnungspflicht für Leistungen), verweist, sodaß angenommen werden muß, daß der Gesetzgeber allfällige Verletzungen der Pflicht zur Auszeichnung von Leistungen überhaupt strafrechtlich nicht zu ahnden wünschte. Die Strafbestimmung des § 15 PrAG legt fest, daß zu bestrafen ist, wer seine Pflicht zur Auszeichnung gemäß den §§ 1, 2, und 6 bis 13 oder den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen nicht erfüllt. Diese Bestimmung ist insofern für eine Strafnorm nicht ausreichend determiniert im Sinne des Art 18 B-VG da sie einerseits auf § 1 PrAG, der lediglich den Geltungsbereich des PrAG festlegt, verweist, und andererseits nicht eindeutig bestimmt, daß die Pflicht zur Auszeichnung von Leistungen gemäß § 3 PrAG auch von der Strafbestimmung erfaßt ist. Der Beschuldigte regt daher an, daß der UVS Wien dem VfGH die diesbezügliche Bestimmung zwecks Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorlegen solle.
2. Mangelhafte Bescheidbegründung Die Begründung des Bescheides nämlich, daß die erfolgte Auszeichnung nicht dem Kriterium "deutlich sichtbar" iSd § 4 Abs 2 PrAG entsprochen hat, ist für den Beschuldigten nicht nachvollziehbar. Die Begründung, daß die Anbringung der Schilder direkt neben dem Schalter für die Undeutlichkeit der Anbringung sprechen solle, widerspricht jeglichen Denkgesetzen. Der Beschuldigte erlaubt sich darauf hinzuweisen, daß der B-Konzern europaweit tätig ist, und es den internationalen Gepflogenheiten entspricht, die Wechselbedingungen in der Größe und in dieser Position auszupreisen. Beweis: Einvernahme des Beschuldigten Zu Faktum 2)
1. Verfahrensmangel Der Beschuldigte hat in seiner Rechtfertigung ausdrücklich vorgebracht, daß die Waren sehr wohl im Geschäftslokal ausgepreist waren, und er vermeinte dadurch seinen Preisauszeichnungsverpflichtungen nachgekommen zu sein. Auf dieses Vorbringen ist die Behörde weder in der Begründung des Bescheides eingegangen, noch hat sie zu diesem Punkt - so wie sie gesetzlich dazu verpflichtet gewesen wäre - ein Beweisverfahren durchgeführt. Die Feststellung der Behörde, der Beschuldigte habe nicht behauptet, daß ihm die Einhaltung der übertretenen Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich war, ist aktenwidrig, da sich der Beschuldigte ausdrücklich auf einen die Schuld ausschließenden Tatbildirrtum berief. Hätte die Behörde gesetzeskonform ein Ermittlungsverfahren zu diesem Punkt durchgeführt, wäre sie zum Ergebnis gekommen, daß dem Beschuldigten eine Verletzung der Bestimmungen des § 15 Abs 1 und Abs 2 PrAG nicht vorgeworfen werden kann."
2) Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen: Zu Spruchpunkt 1): Gemäß § 15 Abs 1 erster Satz PrAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit Geldstrafe bis S 20.000,-- zu bestrafen, wer seine Pflicht zur Preisauszeichnung gemäß den §§ 1, 2, 4 und 6 bis 13 oder den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht erfüllt oder einen höheren als den ausgezeichneten Preis verlangt, annimmt oder sich versprechen lässt. Gemäß § 1 Abs 1 leg cit gilt dieses Bundesgesetz für die Auszeichnung der Preise von Sachgütern und Leistungen, deren Anbieten der Gewerbeordnung 1973 in der jeweils geltenden Fassung unterliegt. Gemäß § 3 Abs 1 erster Satz PrAG hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten durch Verordnung anzuordnen, dass bestimmte Unternehmer die Preise ihrer typischen Leistungen auszuzeichnen haben, wenn dies zur Sicherung der Möglichkeit des raschen und einfachen Preisvergleichs oder aus sonstigem Interesse der Verbraucher erforderlich ist. In der ua auf § 3 Abs 1 PrAG gestützten Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Preisauszeichnung für bestimmte Leistungen und für Treibstoffe bei Tankstellen, BGBl Nr 813/1992, werden jene Unternehmer erschöpfend aufgezählt, die die Preise ihrer typischen Leistungen, die sie in der angeführten Eigenschaft an Verbraucher erbringen, auszuzeichnen haben. Gewerbetreibende, die das Gewerbe "Wechselstube" ausüben, sind in dieser Verordnung aber nicht erwähnt. Somit sind jene Bestimmungen des PrAG, die sich auf das Anbieten von Leistungen beziehen, auf das Anbieten von Leistungen durch Gewerbetreibende, die das Gewerbe "Wechselstube" ausüben, nicht anzuwenden. Die oben wiedergegebene Auffassung des Berufungswerbers, die darin gipfelt, dass die dem Berufungswerber zu Spruchpunkt 1) zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bilde, ist daher zutreffend. Zu Spruchpunkt 2): Gemäß § 2 Abs 1 PrAG haben Unternehmer die Preise für Sachgüter auszuzeichnen, sofern diese
1. sichtbar ausgestellt sind oder
2. in den Geschäftsräumlichkeiten in anderer Weise zum Verkauf bereitgehalten werden. Gemäß § 4 Abs 1 leg cit sind die Preise sichtbar ausgestellter Sachgüter so auszuzeichnen, dass ein durchschnittlich aufmerksamer Betrachter sie leicht lesen und zuordnen kann. Dem Berufungsvorbringen, wonach die Waren im Geschäftslokal ausgepreist gewesen seien, ist entgegenzuhalten, dass das Wort "Betrachter" in § 4 Abs 1 PrAG einschließt, dass von derjenigen Stelle, von der aus das Sachgut betrachtet werden kann (wie etwa vor der Auslage oder im Geschäft in einem Regal), der für dieses Sachgut verlangte Preis leicht festgestellt und zugeordnet werden kann, ohne dass eine Ortsveränderung notwendig ist, um den Preis zu erfahren. Da der Vorwurf, dass die Preise für die in der Tatanlastung zu Spruchpunkt 2) näher umschriebenen Sachgüter im Schaufenster nicht ausgepreist gewesen sind, vom Berufungswerber nicht bestritten wird, ist der objektive Tatbestand der in diesem Spruchpunkt angelasteten Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen, zumal, wie oben ausgeführt, eine Auspreisung im Geschäftslokal hinter dem Verkaufsschalter (und somit nicht in Sichtweite von Personen, die die im Schaufenster ausgestellten Sachgüter betrachten) der Vorschrift des § 4 Abs 1 PrAG nicht entspricht. Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Insofern der Berufungswerber vorbringt, dass die Erstbehörde einen Schuldausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs 2 VStG nicht gewürdigt habe, ist festzuhalten, dass nach § 5 Abs 2 VStG das Vorliegen eines Rechtsirrtums, bei welchem der Täter über die rechtliche Seite der Tat irrt und deshalb nicht das Unrecht seines Verhaltens erkennt, nur dann entschuldigt, wenn dieser erwiesenermaßen unverschuldet ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt selbst guter Glaube den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen (vgl VwGH 16.12.1986, 86/04/0133). Wer ein Gewerbe betreibt, hat sich vor der Ausübung über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten (vgl VwGH 28.4.1992, 91/04/0323). Dabei ist nicht nur die Unkenntnis eines Gesetzes, sondern auch eine irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum, der den Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, dass die irrige Gesetzesauslegung unverschuldet war und dass er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte. Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Es bedarf bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen. Wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (vgl ua VwGH 23.12.1991, 88/17/0010). Der Berufungswerber hat in seiner im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Rechtfertigung vom 24.8.1998 selbst ausgeführt, § 2 Abs 1 PrAG "lediglich unverschuldet rechtsirrig ausgelegt" zu haben. Bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit hätte der Berufungswerber aber zumindest Zweifel über die Vertretbarkeit und Richtigkeit seiner Rechtsauffassung, dass die Preisauszeichnung von im Auslagenfenster ausgestellten Sachgütern im Geschäftslokal den gesetzlichen Bestimmungen entspreche, haben müssen. Da eine irrige Gesetzesauslegung nur dann entschuldigt, wenn sie unverschuldet ist, der Berufungswerber die Unrichtigkeit der von ihm vertretenen Rechtsauffassung bei Einhaltung der ihm als gewerberechtlichen Geschäftsführer obliegenden und auch zumutbaren Sorgfalts- und Erkundigungspflicht aufklären hätte können, ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber sich der Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens doch bei gehöriger Aufmerksamkeit bewusst sein hätte können und - sollte ein Rechtsirrtum tatsächlich vorgelegen sein - dieser jedenfalls nicht unverschuldet ist und den Berufungswerber nicht im Sinne des § 5 Abs 2 VStG zu entschuldigen vermag. Gerade im vorliegenden Fall wäre er aber verpflichtet gewesen, sich diesbezüglich zu erkundigen. Es ist daher der Begründung der Erstbehörde zu folgen und davon auszugehen, dass der Berufungswerber die ihm in diesem Spruchpunkt angelastete Verwaltungsübertretung auch in Ansehung der subjektiven Tatseite zu vertreten hat. Zur Aufhebung des Strafausspruches: Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden dem Berufungswerber zwei Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt, wofür die erstinstanzliche Behörde bloß eine Gesamtstrafe, nämlich eine einheitliche Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt hat. Da im vorliegenden Fall jedoch zwei Geldstrafen und zwei Ersatzfreiheitsstrafen zu verhängen gewesen wären, widerspricht die Verhängung der einheitlichen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe ohne Differenzierung nach den einzelnen, dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen den Bestimmungen des § 44a Z 3 VStG iVm § 22 Abs 1 bzw § 16 Abs 1 leg cit. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 27.4.1995, Zl 95/11/0018, zum Ausdruck gebracht, dass die einem erstinstanzlichen Straferkenntnis anhaftende Rechtswidrigkeit, die in der undifferenzierten Festsetzung einer einheitlichen Ersatzfreiheitsstrafe für zwei selbständig verhängte Geldstrafen besteht, nur dann durch den Berufungsbescheid mit einer entsprechenden Abänderung des Spruches des Straferkenntnisses richtig gestellt werden kann, sofern es sich um die Bestätigung aller Schuldsprüche handelt. Mit Erkenntnis vom 30.6.1994, Zl 94/09/0049, wurde vom Verwaltungsgerichtshof in einem Fall, in dem die Erstbehörde für zwei Übertretungen nur je eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und die Berufungsbehörde den Schuldspruch in Ansehung einer der beiden Übertretungen aufgehoben hatte, der im Zusammenhang damit erfolgte (niedrigere) Strafausspruch aufgehoben, weil nicht festgestellt werden konnte, ob die Berufungsbehörde das Verbot der reformatio in peius verletzt hat (es konnte nicht festgestellt werden, zu welchem Teil die rechtswidrigerweise verhängte einheitliche Strafe auf den von der Berufungsbehörde bestätigten Schuldspruch entfallen ist - eine "Hälfteaufteilung" kam nicht in Betracht; vgl auch die Ausführungen in VwGH 27.4.1995, 95/11/0018). Im vorliegenden Fall war das angefochtene Straferkenntnis in seinem Spruchpunkt 1) aus den oben dargelegten Gründen zu beheben und das Verfahren in diesem Umfang einzustellen, sodass bei der Strafbemessung für die aufrecht erhaltene Verwaltungsübertretung (Spruchpunkt 2)) das in § 51 Abs 6 VStG ausdrücklich normierte Verbot der reformatio in peius zu beachten ist. Da der erstinstanzlichen Strafbemessung der Vorwurf hinsichtlich zweifacher Übertretung des Preisauszeichnungsgesetzes zugrunde lag und sich dem angefochtenen Straferkenntnis auch in Verbindung mit seiner Begründung nicht entnehmen lässt, wie die verhängte Gesamtstrafe auf die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen aufzuteilen ist, gibt es keinen Maßstab, anhand dessen sich zweifelsfrei beurteilen ließe, ob bei Aufteilung der Gesamtstrafe für die aufrecht erhaltenen Verwaltungsübertretungen eine höhere Strafe (im Sinne des § 51 Abs 6 VStG) verhängt werden würde. Aus der Begründung des Straferkenntnisses geht auch nicht eindeutig hervor, dass die Erstbehörde für beide Übertretungen eine gleich hohe Strafe erlassen wollte, weshalb auch eine "Zweiteilung" der Strafen nicht in Betracht kam. Bei der vorliegenden Fallkonstellation, nämlich teilweiser Aufhebung des Schuldspruches und Einstellung des Verfahrens in diesem Umfang kann somit - vor dem Hintergrund der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - die in der Verhängung einer einheitlichen Gesamtstrafe gelegene Fehlleistung der Behörde erster Instanz von der Berufungsbehörde nicht mehr korrigiert werden und hat diese den Strafausspruch ersatzlos aufzuheben, da sie im Falle der Neufestsetzung der Strafe für die aufrecht erhaltene Verwaltungsübertretung ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belasten würde (vgl das bereits zitierte Erkenntnis VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Abschließend wird angemerkt, dass sich der Unabhängige Verwaltungssenat Wien der Meinung des Berufungswerbers, die Strafbestimmung des § 15 des Preisauszeichnungsgesetzes widerspreche Art 18 Abs 1 B-VG, da diese Regelung für eine Strafnorm nicht ausreichend determiniert sei, nicht anschließt.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 65 VStG.