Oberster Gerichtshof 21. Juli 2005, 8 Ob 63/05f
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sabine T*****, Diplomkrankenschwester, *****, vertreten durch Kaufmann & Pratl Rechtsanwälte OEG in Graz, gegen die beklagte Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Helmut Destaller ua, Rechtsanwälte in Graz, und die auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenientin ***** GmbH, *****, vertreten durch Salpius & Illichmann, Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen EUR 16.983,32 sA, über die Rekurse der beklagten Partei und der Nebenintervenientin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 17. Februar 2005, GZ 4 R 230/04g-39, den
Beschluss
gefasst:
Den Rekursen wird nicht Folge gegeben. Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Die Klägerin kaufte von der Beklagten am 21. 5. 2002 um EUR 17.400,- einen fabriksneuen PKW *****, der ihr am 1. 7. 2002 übergeben wurde. Der PKW war mit einem „Luxuspaket" ausgestattet, zu dem auch eine Klimaanlage mit automatischer Temperaturkontrolle gehört. Die Ausstattung des Fahrzeugs mit einer elektronischen Klimaanlage war ein besonderer Wunsch der Klägerin, die in der Vergangenheit mit einer manuell zu bedienenden Klimaanlage keine guten Erfahrungen gemacht hatte. Konkrete Vorgaben, wie etwa die erwartete Heizleistung, wurden bei Vertragsabschluss nicht besprochen. Die Klägerin fuhr mit dem PKW im Juli 2002 rund 4.000 km. Dabei stellte sie fest, dass die Heizleistung der Klimaanlage bei längeren Fahrten hinter ihren Erwartungen zurückblieb. Bei Überprüfungen in der Werkstätte der Beklagten am 2. 8. 2002 und am 20. 8. 2002 wurde jedoch kein Fehler gefunden. Ein weiterer Test ergab einen Mangel in der Funktionsfähigkeit der Tasten und eine Verzögerung der Stellungsklappen-Einstellung. Dieser Mangel wurde durch Austausch des gesamten Bedienteils behoben, worauf bei einem neuerlichen Test kein Fehler mehr gefunden wurde.
In der Folge montierte der Ehemann der Klägerin - ein Kälteanlagen-Techniker - im Innenraum des PKW ein Gerät zur Temperaturmessung. Eine mit diesem Gerät während einer vier- bis fünfstündigen Fahrt durchgeführte Messung ergab Temperaturwerte unter der 20-Grad-Celsius-Marke. Die Beklagte führte daraufhin zwischen dem
18. und dem 21. 11. 2002 einen neuerlichen Test durch und tauschte das Klimamodul gegen ein solches mit verbesserter Software. Eine für den 13. 12. 2002 vereinbarte Probefahrt kam nicht zustande. Die Klägerin, die die mangelnde Heizleistung der Klimaanlage wiederholt bemängelt hatte, war bis September 2002 bereit, den PKW auszutauschen. Die Beklagte lehnte dies ab, weil ihrer Ansicht nach kein Mangel bestehe. Sie wäre lediglich zum Rückkauf des PKW als Gebrauchtwagen mit einem entsprechend niedrigeren Preis bereit gewesen.
Bis zum Anlassfall waren bei dem der Klägerin verkauften Modell keine ähnlich gelagerten Probleme aufgetreten. Das der Klägerin verkaufte Fahrzeug weist hinsichtlich der Heizleistung die gleichen Eigenschaften auf, wie andere Fahrzeuge dieses Typs. Bei neueren Dieselmotoren mit hohem Wirkungsgrad - einen solchen Motor enthält auch der der Klägerin verkaufte PKW - ist die Gesamtwärme so gering, dass man Fahrzeuge bei tiefen Temperaturen nicht entsprechend heizen kann. Derartige Fahrzeuge werden üblicherweise mit „Zuheizern" ausgestattet, die auf Wunsch und auf Kosten des Kunden zusätzlich eingebaut werden. Die Klägerin begehrte unter Berufung auf den Rechtsgrund der Gewährleistung die Aufhebung des Kaufvertrags und die Rückzahlung des Kaufpreises, wobei sie sich im Hinblick auf den durch das Fahrzeug erzielten Nutzen eine Eigenersparnis von EUR 1.400,- anrechnete. Eventualiter begehrt sie aus dem Titel der Preisminderung die Zahlung von EUR 2.000 sA. Die Klimaanlage halte nach etwa einer Stunde Fahrbetrieb die eingestellte Temperatur nicht. Die Temperatur sinke auf 16 bis 18 Grad ab. Bei winterlichen Temperaturen könne unabhängig von der Einstellung keine über 20 Grad gelegene Temperatur erreicht werden. Verbesserungsversuche der Beklagten seien erfolglos geblieben. Der Mangel sei nicht geringfügig. Die Beklagte habe die primären Gewährleistungsbehelfe des Austausches und der Verbesserung verwirkt.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Das Fahrzeug sei mangelfrei. Die Klimaanlage entspreche dem Stand der Technik. Es liege kein Serienmangel vor, der den Gebrauch des Fahrzeugs hindere. Fehlfunktionen seien auf Fehlbedienung der Anlage durch die Klägerin zurückzuführen. Wenn überhaupt, stünde ihr ein Preisminderungsanspruch zu. Im Falle einer Wandlung müsse sie sich wegen der Benützung des Fahrzeugs EUR 3.400,- anrechnen lassen. Die Nebenintervenientin - die Importeurin des Fahrzeugs - bestritt das Vorliegen eines Mangels. Die Klimaanlage stelle „den Stand der Technik im verwendeten Fahrzeug dar". Ein allfälliger Mangel sei durch den Einbau eines Zusatzgerätes leicht zu beheben. Der Klägerin stehe lediglich ein Preisminderungsanspruch von EUR 500,- bis maximal EUR 1.000,- zu.
Das Erstgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus stellte es fest, dass der PKW dem derzeitigen Stand der Technikentspreche. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass beim von der Klägerin gekauften PKW, der als eher preisgünstig einzustufen sei, die von der Klägerin erwartete Heizleistung der Klimaanlage nicht zu den gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften gehöre. Da das der Klägerin verkaufte Fahrzeug hinter den anderen Fahrzeugen dieser Marke und dieses Typs nicht zurückstehe, liege kein Mangel imSinne des Gewährleistungsrechts vor. Auf einen Irrtum habe sich die Klägerin nicht berufen. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass gegen seine Entscheidung der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Feststellung, das Fahrzeug entspreche dem Stand der Technik, wurde vom Berufungsgericht nicht übernommen. Diese Feststellung findeim dafür herangezogenen Beweismittel und auch im sonstigen Akteninhalt keine Deckung und sei daher aktenwidrig. Auf den nach dem 1. 1. 2002 abgeschlossenen Kaufvertrag sei das Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz (GewRÄG) anzuwenden. Dieses normiere zwar den Vorrang der Gewährleistungsbehelfe der Verbesserung und des Austauschs; da die Klägerin mit diesen Behelfen jedoch erfolglos geblieben sei, sei sie berechtigt, auf die sekundären Gewährleistungsbehelfe - Wandlung, Preisminderung - zurückzugreifen. Voraussetzung für das Recht auf Wandlung sei allerdings, dass der Mangel nicht geringfügig sei.
Das GewRÄG halte am „konkreten Fehlerbegriff" fest. Nach wie vor sei daher die Frage der Mangelhaftigkeit durch einen Vergleich des Geleisteten mit dem vertraglich Geschuldeten zu prüfen. Nach § 932 Abs 1 Satz 2 ABGB sei davon auszugehen, dass zumindest die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften Schuldinhalt geworden seien. Ob die Behauptungen der Klägerin über die (zu geringe) Heizleistung des PKW zutreffen, sei nicht konkret festgestellt worden. Seien diese Behauptungen richtig, liege ein Sachmangel vor, weil eine Heizleistung von höchstens 20 Grad geeignet sei, den Gebrauch des Fahrzeugs erheblich zu behindern. Eine Einschränkung dahin, dass das Fahrzeug für die Wintermonate nur bedingt tauglich sei, müsse die Klägerin schon wegen der in der Bedienungsanleitung erwähnten Werte (22 bis 28 Grad) nicht in Kauf nehmen.
Ob der Mangel „geringfügig" sei, sei durch eine Interessenabwägung an Hand des Vertragsinhalts und der verletzten Interessen zu prüfen. Hier sei eine Beeinträchtigung wesentlicher Interessen der Klägerin evident, weil sie eine den Witterungsverhältnissen im alpenländischen Raum angepasste Heizleistung habe erwarten dürfen. Der Beklagten, die den PKW als Händlerin leicht verwerten könne, sei die Wandlung eher zuzumuten, als der Klägerin die Weiterbenützung. Der Mangel - so er bestehe - sei daher nicht geringfügig, sodass die Klägerin nicht auf die Geltendmachung von Preisminderungsansprüchen beschränkt sei. Da Feststellungen über den behaupteten Mangel, aber auch über den von der Klägerin durch die Nutzung des PKW erlangten Vorteils fehlten, müsse das Verfahren daher an das Erstgericht zurückverwiesen werden. Die Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Mangel als geringfügig oder als nicht geringfügig iSd § 932 ABGB anzusehen sei, erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO sei.
Gegen diesen Beschluss richten sich die „Revisionsrekurse" (richtig: Rekurse) der Beklagten und der Nebenintervenientin, die die Wiederherstellung des Ersturteils anstreben. Die Klägerin beantragt in ihren „Revisionsrekursbeantwortungen" (richtig: Rekursbeantwortungen), die Rekurse als unzulässig - jenen der Nebenintervenientin auch als verspätet - zurückzuweisen, hilfsweise, ihnen nicht Folge zu geben. Die Rekurse sind zulässig, weil zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur in der Lehre uneinheitlich beantworteten Frage vorlag, wann ein Mangel als geringfügig iSd § 932 Abs 4 ABGB zu qualifizieren sei.
Beide Rekurse - auch jener der Nebenintervenientin - sind rechtzeitig. Die in ihrem Rechtsmittel enthaltene Angabe, sie habe die angefochtene Entscheidung am 4. 3. 2005 zugestellt erhalten, beruht offenbar auf einem Schreibfehler oder auf einem Irrtum. Vielmehr erfolgte die Zustellung nach dem im Akt erliegenden Zustellnachweis erst am 7. 3. 2005. Der Rekurs langte auch nicht am
13. 4. 2005 bei Gericht ein, sondern - nach Postaufgabe am 31. 3. 2005 - am 1. 4. 2005; allerdings waren zunächst die erforderlichen Gleichschriften nicht angeschlossen, die auf Grund eines entsprechenden Auftrags am 13. 4. 2005 vorgelegt wurden.
Beide Rekurse sind aber nicht berechtigt. Gegenstand des Rekursverfahrens ist ausschließlich die Frage, ob die von der Klägerin behauptete Heizleistung der Klimaanlage als Mangel zu qualifizieren ist und - bejahendenfalls - ob dieser Mangel als „geringfügig" iSd § 932 Abs 4 ABGB anzusehen ist. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass das Erstgericht keine Feststellungen über die Tatsachenbehauptungen der Klägerin betreffend die (mangelnde) Heizleistung der Klimaanlage getroffen hat. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung hielt das Erstgericht solche Feststellungen für entbehrlich. Dem Berufungsgericht ist aber beizupflichten, dass im Falle der Erweislichkeit der Behauptungen der Klägerin vom Vorliegen eines Mangels auszugehen wäre.
Die Rekurswerber halten dem die erstgerichtliche Feststellung entgegen, wonach das Fahrzeug dem Stand der Technik entspreche und wenden sich gegen die Vorgangsweise des Berufungsgerichtes, das diese Feststellungen - ohne die Beweise zu wiederholen - nicht übernommen hat. Nähere Ausführungen zu dieser Vorgangsweise des Berufungsgerichts sind aber entbehrlich: Die in Rede stehende Feststellung muss im Zusammenhang mit den ihr folgenden Feststellungen gesehen werden, wonach der von der Klägerin gekaufte PKW die gleichen Eigenschaften in Bezug auf die Heizleistung aufweise, wie andere Fahrzeuge dieses Modells. Solche Fahrzeuge werden daher üblicherweise - wie in weiterer Folge festgestellt wurde
- mit „Zuheizern" ausgestattet, die aber nur auf Wunsch und auf Kosten des Kunden eingebaut werden. Diese Feststellungen bringen daher in ihrer Gesamtheit inhaltlich (nur) zum Ausdruck, dass sich der PKW im maßgebenden Zusammenhang von anderen gleichartigen Modellen des selben Herstellers nicht unterscheidet und dass die „bei tiefen Temperaturen nicht entsprechend(e)" Heizleistung überlicherweise durch vom Kunden zu zahlende „Zuheizer" wettgemacht wird. Aus diesem Umstand ist aber - wie in der Folge zu zeigen sein wird - für die Rekurswerberinnen nichts zu gewinnen. Welche konkreten Eigenschaften bzw welche Verwendungsmöglichkeiten die versprochene Leistung aufweisen muss, ergibt sich aus dem Vertrag. Dabei ist aber - wie schon nach bisherigem Recht - nicht nur auf die ausdrücklichen Vereinbarungen abzustellen; „gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften" (§ 922 Abs 1 Satz 2 ABGB) gelten mangels gegenteiliger Abreden immer als stillschweigend mitvereinbart (P.Bydlinski in KBB, § 922 Rz 9; Koziol/Welser II 12 67). Ob eine Eigenschaft gewöhnlich vorausgesetzt ist, hängt davon ab, ob der Erwerber nach der Verkehrsauffassung annehmen kann, dass sie vorhanden ist (SZ 68/105; zuletzt etwa 1 Ob 14/05y; Koziol/Welser, aaO 67).
Im Gegensatz zur Meinung der Rekurswerber kann überhaupt nicht zweifelhaft sein, dass - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt
- der Erwerber eines fabriksneuen PKW auch ohne eine entsprechende Zusicherung mit Recht annehmen kann, dass das Fahrzeug bei niedrigen Temperaturen auf eine Temperatur von mehr als nur 20 Grad aufgeheizt werden kann. Weist daher das Fahrzeug tatsächlich nur eine Heizleistung von „höchstens" 20 Grad auf, fehlt ihm eine gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft, sodass es mangelhaft ist. Nichts anderes gilt im Übrigen für den von der Klägerin behaupteten, aber von den Rekurswerbern nicht einmal erwähnten Umstand, dass im Sommerbetrieb die Temperatur im Fahrzeug nach etwa einer Stunde Fahrzeit auf 16 bis 18 Grad absinke. Auch zu dieser Behauptung der Klägerin fehlen bislang Feststellungen, sodass auch noch nicht gesagt werden kann, ob diesem Temperaturverlust durch manuelle Änderung der Temperatureinstellung begegnet werden kann. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, bliebe der Umstand, dass die Klägerin gerade deshalb das „Luxuspaket" gekauft hat, weil sie keine manuell zu bedienende, sondern eine elektronisch voreinstellbare Klimaanlage haben wollte. Dass sich nach den Feststellungen der von der Klägerin gekaufte PKW von anderen Fahrzeugen dieses Modells hinsichtlich der Heizleistung nicht unterscheidet, ändert an diesem Ergebnis nichts, weil daraus der Schluss gezogen werden müsste, dass auch den anderen Fahrzeuge dieser Modellreihe eine gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft fehlt. Damit im Einklang steht der Umstand, dass „üblicherweise" Zuheizer zur Verbesserung der Heizleistung eingebaut werden. Dass diese Zuheizer nach den von der Beklagten geschlossenen Verträgen vom Kunden zu zahlen sind, könnte der Klägerin nur dann entgegen gehalten werden, wenn sie vor Vertragsabschluss auf die unzureichende Heizleistung und auf die üblicherweise genützte Möglichkeit, einen Zuheizer einbauen zu lassen, aufmerksam gemacht worden wäre. Dann wäre klargestellt gewesen, dass eine ordnungsgemäße Heizleistung nicht zu erwarten ist und die Klägerin die Alternative hatte, sich damit abzufinden oder einen Zuheizer einbauen zu lassen. Mangels eines solchen Hinweises - dass die Beklagte entsprechende Erklärungen abgegeben habe, hat sie nicht einmal behauptet - konnte die Klägerin auf das Vorhandensein einer ausreichenden Heizmöglichkeit und auf das klaglose Funktionieren der Klimaanlage vertrauen. Mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Mangel „geringfügig" iSd § 932 Abs 4 ABGB ist, hat sich der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 14/05y auseinandergesetzt. Unter ausführlicher Darstellung der Rechtslage nach der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie, der Gesetzesmaterialien und der wesentlichen - teils unterschiedlichen - Lehrmeinungen (siehe zu alldem 1 Ob 14/05y) kommt der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung zum Ergebnis, dass die Grenzziehung zwischen geringfügigem und nicht geringfügigem Mangel unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls durch Vornahme einer Interessenabwägung erfolgen zu erfolgen hat. Dabei sei auf die Angemessenheit bzw die Verhältnismäßigkeit der Vertragsauflösung und auf die finanziellen Nachteile der Beteiligten in Anbetracht der Schwere des Mangels sowie darauf Bedacht zu nehmen, welche Nachteile durch den zwischenzeitlichen Gebrauch der Sache eingetreten sind und welcher Wertverlust damit verbunden ist. Abgelehnt wird in der zitierten Vorentscheidung hingegen die Ansicht, die Grenzziehung zwischen geringfügigem und nicht geringfügigem Mangel habe - in Anlehnung an die Meinung Kleteckas (RdW 2003, 612 [616] - primär nur nach subjektiven Gesichtspunkten und nur hilfsweise nach dem hypothetischen Parteiwillen vernünftiger und redlicher Parteien zu erfolgen. Diese starke Betonung des subjektiven Parteiwillens, der nicht im Sinne der Erklärungstheorie zum Ausdruck gebracht worden sei, laufe auf die nachträgliche Geltendmachung eines bloßen Motivs hinaus. Damit hätte es der Übernehmer weitgehend in der Hand, einen ansich geringfügigen Mangel für eine Vertragsaufhebung zu verwenden, was eine einseitige Bevorzugung der Interessen des Übernehmers bedeuten würde (1 Ob 14/05y). Der erkennende Senat teilt die Rechtsauffassung, dass die Beurteilung, ob der Mangel als geringfügig anzusehen ist oder nicht, an Hand einer Interessenabwägung durchzuführen ist, bei der sowohl die Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit der Aufhebung des Vertrages im Hinblick auf die damit verbundenen Folgen für die Parteien, aber auch die „Schwere" des Mangels zu berücksichtigen ist. Bei der Frage, wie weit bei der Beurteilung des Gewichts des Mangels auf subjektive und/oder objektive Elemente abzustellen ist, ist nach Ansicht des erkennenden Senates zu differenzieren. Der zitierten Vorentscheidung ist dahin beizupflichten, dass die subjektive Einstellung des Übergebers - seine Motive bzw der von ihm verfolgte Zweck - unbeachtet bleiben muss, soweit diese subjektive Einstellung dem Übergeber bei Abschluss des Vertrages nicht erkennbar war (so im Übrigen auch Kletecka, aaO). War hingegen der mit dem Erwerb vom Übernehmer angestrebte Zweck bzw sein Motiv bei Vertragsabschluss erkennbar, ist nach Ansicht des erkennenden Senat bei der vorzunehmenden Interessenabwägung neben dem objektiven Gewicht des Mangels auch der deklarierte Erwerbszweck mit zu berücksichtigen. Da der Übernehmer in diesem Fall sein besonderes Interesse an einer bestimmten Eigenschaft der Sache deutlich gemacht hat, geht es nicht an, bei der Beurteilung, ob das Fehlen dieser Eigenschaft einen geringfügigen Mangel darstellt, die für den Übergeber erkennbare Einstellung des Übernehmers völlig auszublenden (für diese sowohl subjektive als auch objektive Momente berücksichtigende Lösung insb auch P.Bydlinski in KBB, § 932 Rz 19).
Die im konkreten Fall vom Berufungsgericht angestellte Interessenabwägung und der daraus gezogene Schluss, der Mangel sei - so er im behaupteten Umfang vorliege - nicht geringfügig, sind nicht zu beanstanden. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Mängel der Heizleistung die Brauchbarkeit des Fahrzeugs im alpenländischen Raum stark einschränken. Ein Fahrzeug bei winterlichen Temperaturen auf nicht mehr als 20 Grad aufheizen zu können, hindert den ordnungsgemäßen Gebrauch ganz erheblich. Das Fahrzeug in diesem Zustand zu benützen, kann der Klägerin jedenfalls im Winter nicht zugemutet werden. Der Möglichkeit einen „Zuheizer" einzubauen (von der die Beklagte keinen Gebrauch gemacht hat), kann schon deshalb kein entscheidendes Gewicht zukommen, weil nicht einmal behauptet wurde, dass damit die von der Klägerin behaupteten Temperaturverluste im Sommerbetrieb in den Griff bekommen werden können. Daher ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagten als autorisierter Händlerin wegen der ihr zur Verfügung stehenden Verwertungsmöglichkeiten die Rücknahme, Reparatur und neuerliche Veräußerung des Fahrzeugs wohl eher zumutbar ist, als der Klägerin die Weiterbenützung. Dass der PKW mittlerweile einen erheblichen Wertverlust erlitten hat, trifft wohl zu. Bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen ist aber nur jener Wertverlust, der bis zu dem Zeitpunkt entstanden ist, zu dem die Klägerin infolge der Ablehnung der von ihr geltend gemachten primären Behelfe (Austausch, Verbesserung) Wandlung begehrt hat. Dass die Beklagte den Austausch bzw die Verbesserung verweigert und sodann über das Wandlungsbegehren ein umfangreiches Verfahren durchgeführt wird, eröffnet ihr nicht die Möglichkeit, sich auf den seit Erhebung des Wandlungsbegehrens eingetretenen Wertverlust am Fahrzeug zu berufen. Dazu kommt der Umstand, dass die Klägerin erkennbar auf eine hochwertige Klimaanlage Wert gelegt und dafür die Aufzahlung für das „Luxuspaket" in Kauf genommen hat. Der Oberste Gerichtshof teilt daher die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass der von ihr gekaufte PKW im Falle des Zutreffens ihrer Behauptungen über die Eigenschaften der Klimaanlage einen nicht bloß geringfügigen Mangel aufweist. Den Rekursen war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.