BGH, Urteil vom 5. 2. 2004 - I ZR 90/01 (OLG München)
Zum Sachverhalt:
Die Bekl. verlegt und vertreibt Zeitschriften. Im November 1999 warb sie im Internet für den Abschluss von Abonnementverträgen über eine von ihr verlegte Zeitschrift und bot ein Probeabonnement für zwölf Wochen zum „Kennenlernpreis“ von 36 DM an. Für den Fall, dass der Kunde keine entgegenstehende Mitteilung machte, schloss sich daran ein reguläres Abonnement über ein Jahr zu einem Preis von 68 DM für jeweils vier Monate an, das nach Ablauf der Jahresfrist jederzeit kündbar war. Zudem sah die Bekl. auf der Homepage für die Kunden die Möglichkeit vor, die Zeitschrift mit einer formularisierten E-Mail zu abonnieren. Machte ein Kunde von dieser Möglichkeit Gebrauch, sandte ihm die Bekl. ein Bestätigungsschreiben zu, in dem sie den Beginn der Lieferung der Zeitschrift ankündigte und ihn über die Laufzeit des Abonnements informierte. Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände hat die Ansicht vertreten, ein solcher Vertrag über ein Zeitschriftenabonnement sei wegen der fehlenden Einhaltung der nach den Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes erforderlichen Schriftform nichtig. Durch das Bestätigungsschreiben täusche die Bekl. den Abschluss eines wirksamen Vertrags vor. Sie nutze die Rechtsunkenntnis der Verbraucher aus und verstoße gegen § 1 UWG.
Das LG hat die auf Unterlassung der Abgabe einer schriftlichen Bestätigungserklärung unter den geschilderten Umständen gerichtete Klage abgewiesen (LG München I, ZUM 2000, 775). Die Berufung des Kl. ist ohne Erfolg geblieben (OLG München, NJW 2001, 2263). Die Revision hatte ebenfalls keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
II. Dem Kl. steht ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG nicht zu.
1. Der Kl. ist gem. § 13 II Nr. 3 UWG für den geltend gemachten Anspruch aus § 1 UWG klagebefugt, da er in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist (vgl. BGH, NJW 2003, 1932 = GRUR 2003, 622 = WRP 2003, 891 - Abonnementvertrag).
2. Bei der Beurteilung des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs des Kl. ist zu berücksichtigen, dass sich die Rechtslage im Laufe des Revisionsverfahrens infolge der Aufhebung des Verbraucherkreditgesetzes und des Fernabsatzgesetzes durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. 11. 2001 (BGBl I, 3138) geändert hat (vgl. zur Änderung der Rechtslage während des Verfahrens: BGH, GRUR 2003, 890 [891] = WRP 2003, 1217 - Buchclub-Kopplungsangebot; NJW 2003, 3632 = GRUR 2003, 1057 = WRP 2003, 1428 - Einkaufsgutschein). Die beanstandete Werbung ist nicht unlauter i.S. von § 1 UWG, weil nach den seit dem 1. 1. 2002 maßgeblichen Vorschriften des BGB, die an die Stelle des Verbraucherkreditgesetzes und des Fernabsatzgesetzes getreten sind, die von der Bekl. beworbenen Verträge für Zeitschriftenabonnements wegen der sog. Bagatellklausel (§ 491 II Nr. 1 BGB) nicht der Schriftform bedürfen.
a) Zu den Ratenlieferungsverträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher gem. § 505 I 1 Nr. 2 BGB gehören auch Zeitschriftenabonnementverträge (vgl. BGH, NJW 2002, 2391 = GRUR 2002, 720 = WRP 2002, 832 - Postfachanschrift). Nach § 505 II 1 BGB bedürfen Ratenlieferungsverträge grundsätzlich der schriftlichen Form, die - anders als bei Verbraucherdarlehensverträgen (vgl. § 492 I 2 BGB) - gem. § 126 III BGB durch die elektronische Form (§ 126a BGB) ersetzt werden kann. Diese Formvorschrift gilt jedoch, wie sich aus dem Verweis in § 505 II 1 BGB auf § 505 I 2, 3 BGB und die dort in Bezug genommene Vorschrift des § 491 II Nr. 1 BGB ergibt, nicht, wenn die Summe aller vom Verbraucher bis zum frühestmöglichen Kündigungszeitpunkt zu entrichtenden Teilzahlungen 200 Euro nicht übersteigt (Palandt/Putzo, BGB, 63. Aufl., § 505 Rdnr. 10; Jauernig/Berger, BGB, 10. Aufl., §§ 505, 506 Rdnr. 3; vgl. zur Belehrung über das Widerrufsrecht im Fall des § 505 I 1 Nr. 2 BGB: BGH, GRUR 2003, 903 [904] = WRP 2003, 1138 - ABC der Naturheilkunde). Für ein ansonsten strengeres Formerfordernis bei Ratenlieferungsverträgen i.S. von § 505 BGB gegenüber Verbraucherdarlehensverträgen nach §§ 491ff. BGB fehlt jeder Anhalt im Gesetz (vgl. auch Stellungnahme des Bundesrates vom 13. 7. 2001 zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Dr 14/6857, Anl. 2, S. 35 Nr. 120 und Gegenäußerung der BReg. v. 31. 8. 2001, Anl. 3, S. 66 Nr. 120).
Entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht steht der Anwendung der Bagatellklausel des § 491 II Nr. 1 BGB auf Ratenlieferungsverträge nach § 505 I BGB eine richtlinienkonforme Auslegung auf Grund europarechtlicher Vorschriften nicht entgegen. Die Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. 12. 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABlEG Nr. L 42 v. 12. 2. 1987, S. 48) findet nach ihrem Art. 2 I lit. f auf Kreditverträge über weniger als 200 Euro keine Anwendung und sieht daher selbst eine dem § 491 II Nr. 1 BGB entsprechende Bagatellgrenze vor. Einer Anwendung der Vorschrift des § 491 II Nr. 1 BGB auf Ratenlieferungsverträge steht die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. 5. 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABlEG Nr. L 144 v. 4. 6. 1997, S. 19) nicht entgegen. Diese sieht ein Schriftformerfordernis für den Vertragsschluss nicht vor, sondern regelt in Art. 5 nur die Bestätigung von Informationen gem. Art. 4 I lit. a-f der Richtlinie in Schriftform oder auf einem dauerhaften Datenträger. Einen Verstoß gegen die Unterrichtungspflichten gegenüber dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen (Art. 5 Fernabsatz-Richtlinie, § 312c BGB i.V. mit der BGB-InfoVO) hat der Kl. im Streitfall aber nicht geltend gemacht. Auch aus der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. 6. 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (ABlEG Nr. L 178 v. 17. 7. 2000, S. 1) ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision nichts für eine Unanwendbarkeit der Bagatellgrenze des § 491 II Nr. 1 BGB auf Ratenlieferungsverträge.
b) Nach dem zwischen den Parteien unstreitigen Sachverhalt betrug der Preis für das nach Ablauf eines Jahres kündbare Abonnement für jeweils vier Monate 68 DM einschließlich Zustellungskosten. Dies macht für das gesamte Jahresabonnement 204 DM (104,30 Euro) aus. Selbst wenn hierzu noch der Preis von 36 DM (18,41 Euro) für das zwölfwöchige Probeabonnement hinzugerechnet wird, wird wegen des dem Verbraucher nach Ablauf des Jahresabonnements eingeräumten jederzeitigen Kündigungsrechts das Verpflichtungsvolumen von 200 Euro bis zum frühestmöglichen Kündigungszeitpunkt nicht überschritten.