Familienmediation

Finnland
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Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

In Finnland werden drei Formen der Familienmediation durchgeführt: 1) außergerichtliche Mediationsverfahren, 2) gerichtliche Mediationsverfahren als unabhängige Verfahren und 3) Mediationsverfahren im Rahmen der Umsetzung eines Beschlusses über das Sorge- oder Umgangsrecht.

1. Außergerichtliche Mediation

Nach dem Ehegesetz (234/1929) sollen familienrechtliche Streitigkeiten und Fragen vorwiegend durch Gespräche zwischen den Familienmitgliedern behandelt und einvernehmlich geregelt werden. Wenn Mitglieder einer Familie zur Beilegung von Streitigkeiten fremde Hilfe benötigen, können sie Familienmediatoren hinzuziehen. Die Kontakte zu den Mediatoren werden über die kommunalen Sozialbehörden hergestellt. Die für diesen Aufgabenbereich benannten Familienmediatoren sind meist Mitarbeiter von Erziehungs- und Familienberatungsstellen oder von sonstigen Sozialbehörden. Die Familienmediation erfolgt in einem von Angeboten anderer Sozial- und Familienberatungsdienste getrennten Verfahren, um bei Streitigkeiten durch Gespräche und Verhandlungen zu Lösungen zu gelangen. Ergänzend zu den Angeboten der Kommunen werden Mediationsdienste auch von kirchlichen Familienberatungszentren und von anderen dazu befugten Organisationen und Privatpersonen angeboten.

Der Mediator soll gewährleisten, dass bei Scheidungen die Rechte der Kinder gewahrt werden. Er unterstützt Eltern bei der Herbeiführung gütlicher Regelungen in allen die Kinder betreffenden Fragen. Dies gilt u. a. für Vereinbarungen darüber, ob die elterliche Sorge weiterhin gemeinsam ausgeübt wird, bei wem die Kinder leben, wie der Umgang mit dem anderen Elternteil geregelt wird und ob die Eltern gemeinsam für den Unterhalt ihrer Kinder aufkommen. Wenn die Eltern sich einigen können, hilft der Mediator ihnen beim Aufsetzen einer Vereinbarung. Um die Vollstreckbarkeit sicherzustellen, fordert der Mediator die Eltern auf, die Vereinbarung von einem Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe bestätigen zu lassen. Eine bestätigte Vereinbarung ist einem Gerichtsbeschluss gleichzusetzen.

Verfahren zur Familienmediation sind freiwillig, vertraulich und kostenlos. Sowohl Familien als auch Ehepartner können sich einzeln oder getrennt an Anbieter von Familienmediationsdiensten wenden.

2. Gerichtliche Mediation

Gerichte können in Angelegenheiten betreffend das Sorge- und das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie im Hinblick auf Umgangsregelungen und Vereinbarungen über den Kindesunterhalt vermitteln (§ 10 des Gesetzes über Mediation in Zivilsachen und über die Bestätigung von Streitbeilegungen vor Gerichten erster Instanz, 394/2011). Die Mediation ist ein vom Gerichtsverfahren getrenntes Verfahren. Sie ist freiwillig, setzt aber die Zustimmung beider Eltern voraus. Mediationsverfahren sind kürzer und billiger als Gerichtsverfahren.

Mediationsverfahren werden eingeleitet, wenn die Parteien eine gerichtliche Mediation beantragen. Auch bei Streitigkeiten, die bereits Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sind, kann ein Mediationsverfahren empfohlen werden. Mediationsverfahren können jederzeit beendet werden. Der Mediator ist ein Richter, der von einem Fachmann unterstützt wird (gewöhnlich einem Psychologen oder einem Sozialarbeiter). Die Parteien einer Mediation können von einem Rechtsanwalt ihrer Wahl oder von einer sonstigen Person unterstützt werden. Bei gerichtlichen Mediationsverfahren kann Kostenhilfe für die Vergütung der als Mediator hinzugezogenen Person beantragt werden. Die Berücksichtigung des Kindeswohls ist bei gerichtlichen Mediationsverfahren sicherzustellen. Bei der Entscheidung über die Bestätigung einer Vereinbarung muss das Gericht das Gesetz über die elterliche Sorge und Umgangsregelungen (361/1983) und das Kindesunterhaltsgesetz (704/1975) berücksichtigen. Eine bestätigte Vereinbarung ist einem Gerichtsbeschluss gleichzusetzen. Wenn keine Einigung erzielt werden kann, beendet das Gericht das Mediationsverfahren. Wurde bei einer Streitigkeit während eines Gerichtsverfahrens ein Mediationsverfahren empfohlen, wird das Gerichtsverfahren wieder aufgenommen, wenn sich die Mediation als erfolglos erwiesen hat.

3. Mediation im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens

Diese Form der Mediation kommt nur dann in Betracht, wenn ein Elternteil vor dem zuständigen Bezirksgericht ein Vollstreckungsverfahren eingeleitet hat. In diesem Fall liegt bereits ein Gerichtsbeschluss vor, dem der andere Elternteil aber noch nicht nachgekommen ist.

Nach dem Gesetz über die Vollstreckung von Beschlüssen über das elterliche Sorge- und Umgangsrecht (619/1996) wird der Mediator grundsätzlich vom Gericht bestimmt, wenn beim Gericht die Vollstreckung eines entsprechenden Beschlusses beantragt wurde. Der Mediator ist gewöhnlich ein Kinder- und Jugendpsychologe, ein mit Fragen des Kinderschutzes vertrauter Sozialarbeiter oder ein Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe. Die Mediation soll die Zusammenarbeit der Eltern oder anderer beteiligter Parteien im Interesse des Kindeswohls gewährleisten. Der Mediator organisiert ein Treffen der Eltern und führt gesonderte Gespräche mit dem Kind (den Kindern), um sich ein Bild von deren Bedürfnissen und Standpunkten zu machen, soweit dies angesichts des Alters und des Entwicklungsstandes der Kinder möglich ist. Er erstellt einen Bericht über die Mediation zur Vorlage bei Gericht. Wenn die Mediation nicht zu einer Einigung der Eltern führt, erlässt das Gericht einen Beschluss, in dem u. a. der Bericht des Mediators berücksichtigt wird.

Informationen über Mediatoren

Die Organisation von Familienmediationsverfahren obliegt den Sozialbehörden der Kommunen. Die Kontaktdaten der Kommunen sind der Website http://www.kunnat.net/fi/Yhteystiedot/kunta-alan-yhteystiedot/kunnat/Sivut/default.aspx zu entnehmen.

Der finnische Anwaltsverband schult Rechtsanwälte als Mediatoren für familienrechtliche Streitigkeiten.

https://asianajajaliitto.fi/

Gerichtliche Mediationen unterliegen der Zuständigkeit von Bezirksgerichten. Die Kontaktdaten von Bezirksgerichten sind der Website der Justizverwaltung zu entnehmen: http://oikeus.fi/tuomioistuimet/karajaoikeudet/fi/index/yhteystiedot.html.

Informationen über Mediationsverfahren

Informationen über Mediationsverfahren sind der Website der Justizverwaltung zu entnehmen: https://oikeus.fi/fi/index/esitteet/avioliittolaki/perheasioidensovittelu.html.

Broschüre des Justizministeriums über gerichtliche Mediation bei Sorgerechtsstreitigkeiten:

https://oikeus.fi/en/index/esitteet/expert-assistedmediationofcustodydisputes_2.html

Broschüre (auf Englisch): https://oikeus.fi/en/index/esitteet/expert-assistedmediationofcustodydisputes_2.html

Staatliches Institut für Gesundheit und Sozialschutz: Handbuch Kinderschutz, Familienmediation:

https://www.thl.fi/fi/web/lastensuojelun-kasikirja/tyoprosessi/erityiskysymykset/lapsen-asema-erotilanteessa/perheasioiden-sovittelu

Verfahren für die gütliche Beilegung familienrechtlicher Streitigkeiten (finnischer Anwaltsverband):

https://asianajajaliitto.fi/

Finnisches Mediationsforum:

http://www.ssf-ffm.com/index.php

Nationale Rechtsvorschriften

Separate Bestimmungen über Familienmediation sind folgenden Rechtsakten zu entnehmen:

Ehegesetz (234/1929):

http://www.finlex.fi/fi/laki/ajantasa/1929/19290234?search%5btype%5d=pika&search%5bpika%5d=avioliittolaki#O1L5

Gesetz über elterliche Sorge und Umgangsregelungen (361/1983):

http://www.finlex.fi/fi/laki/ajantasa/1983/19830361

Gesetz über die Vollstreckung von Beschlüssen über die elterliche Sorge und Umgangsregelungen (619/1996):

http://www.finlex.fi/fi/laki/ajantasa/1996/19960619

Gesetz über Mediation in Zivilsachen und über die Bestätigung von Streitbeilegungen vor Gerichten erster Instanz (394/2011):

http://www.finlex.fi/fi/laki/ajantasa/2011/20110394

Letzte Aktualisierung: 10/05/2023

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