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Mediation in den Mitgliedstaaten

Polen

Warum sollte ein Streit nicht durch Mediation statt vor Gericht beigelegt werden? Die Mediation ist ein alternatives Verfahren der Streitbeilegung (Alternative Dispute Resolution - ADR), bei dem ein Mediator die Parteien bei der Problemlösung unterstützt. In Polen kennen sowohl die staatlichen Stellen als auch die in Rechtsberufen tätigen Personen die Vorteile der Mediation.

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An welche Stellen kann ich mich wenden?

Im Jahr 2010 wurde beim Justizministerium ein für Mediationssachen zuständiges Referat eingerichtet. Derzeit ist es als Referat für Opfer von Straftaten und die Förderung der Mediation (Wydział ds. Pokrzywdzonych Przestępstwem i ds. Promocji Mediacji) in der Abteilung Internationale Zusammenarbeit und Menschenrechte angesiedelt. Nähere Auskünfte zur Mediationstätigkeit erhalten sie auf der Website des Justizministeriums (Ministerstwo Sprawiedliwości).

Schon seit einigen Jahren zählen der Ausbau und die Propagierung der Mediation in Polen zu den besonderen Anliegen des Justizministeriums, ebenso wie die Stärkung der Effektivität und Bürgernähe des Justizsystems.

Auf Initiative des Ministeriums wurde 2010 ein Netzwerk von Mediations-Koordinatoren eingerichtet.
Momentan sind 120 derartige Koordinatoren (Richter, Bewährungshelfer und Mediatoren) bei acht Berufungsgerichten, bei sämtlichen regionalen Gerichten sowie bei sechs Bezirksgerichten tätig.

Das Justizministerium arbeitet mit dem Sozialrat für alternative Streit- und Konfliktbeilegung (Społeczną Radą ds. Alternatywnych Metod Rozwiązywania Konfliktów i Sporów) („ADR-Rat“, E-Mail: adr_rada@ms.gov.pl) zusammen, der das Ministerium berät und Gutachten erstellt. Der ADR-Rat (Alternative Dispute Resolution ‑ alternative Streitbeilegung) spielt eine wichtige Rolle bei der Förderung der Mediation und der Kommunikation zwischen Regierung, Justiz und Mediatoren.

Am 1. August 2005 per Ministererlass gegründet, ist der ADR-Rat für die Beratung der Minister in Fragen der alternativen Streit- und Konfliktbeilegung im weitesten Sinne zuständig. Zu den Arbeitsergebnissen aus seiner ersten Amtsperiode zählen folgende Dokumente:

Durch Erlass des Justizministers vom 3. April 2009 (geändert durch Erlass des Justizministers vom 1. Juli 2011) wurde der ADR-Rat für eine zweite Amtsperiode bestellt. Thema des wichtigsten Dokuments aus dieser Zeit ist die Herbeiführung von Systemänderungen (Założenia do zmian systemowych) (März 2012).

Derzeit gehören dem Rat 23 Wissenschaftsvertreter, erfahrene Mediatoren sowie Vertreter von Nichtregierungsorganisationen, akademischen Einrichtungen und staatlichen Stellen an.

Zu den wichtigsten Aufgaben des Rates zählen die Erarbeitung von Empfehlungen für die Arbeitsweise des nationalen Systems der alternativen Streitbeilegung sowie

  • die Anpassung des Systems der alternativen Streitbeilegung an die Anforderungen des EU-Rechts,
  • die Entwicklung eines einheitlichen Modells für die Mediation im polnischen Rechtswesen,
  • die Förderung von Standards für Mediationsverfahren,
  • die Sensibilisierung der Justiz und ihrer Mitarbeiter, der Strafverfolgungsbehörden und der Öffentlichkeit für ADR-Mechanismen als Konfliktlösungsmethode,
  • die Schaffung eines institutionellen Umfelds für die Entwicklung spezieller Formen der ADR,
  • die Durchführung sonstiger Ad-hoc-Projekte zur Weiterentwicklung der Mediation in Polen.

Daneben spielen zahlreiche Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen eine bedeutende Rolle bei der Förderung der Mediation und der Normensetzung, indem sie interne Ausbildungsstandards, Anforderungen an künftige Mediatoren, Mediationsmethoden, Verhaltensstandards und Regeln für eine gute berufliche Praxis festlegen. Diese Regeln gelten jeweils für die Mediatoren, die Mitglieder dieser Organisationen sind.

Die größten Einrichtungen bzw. Vereinigungen sind

Darüber hinaus erfolgt eine institutionalisierte Förderung der Mediation durch folgende berufsständische Einrichtungen:

Verzeichnisse ständiger Mediatoren (stały mediator) werden von Nichtregierungsorganisationen (soweit es zu ihren gesetzlichen Pflichten gehört) und von Hochschulen geführt. Auskünfte zu den Verzeichnissen und Zentren erteilen die Präsidenten der Bezirksgerichte, die auch Verzeichnisse von Mediatoren für Straf- und Jugendsachen bereitstellen.

In welchen Bereichen ist Mediation zulässig und/oder am stärksten verbreitet?

Eine Streitbeilegung durch Mediation ist in mehreren Bereichen möglich. Nach polnischem Recht kann Mediation genutzt werden in

  • Zivilsachen
  • Handelssachen
  • Arbeitsrechtssachen
  • Familienrechtssachen
  • Jugendsachen
  • Strafsachen
  • Justizverwaltungssachen.

Nähere Auskünfte zur Mediation finden sich in den diesbezüglichen Broschüren und Informationen des Justizministeriums.

Am häufigsten wird die Mediation heute in Straf- und Zivilsachen genutzt. In den Jahren 2011/2012 war die stärkste Zunahme bei der Mediation in Familien- und Handelssachen zu verzeichnen.

Sind besondere Vorschriften zu beachten?

Mediation ist ein freiwilliges Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten und Konflikten. Sie erfolgt auf der Grundlage

  • einer Mediationsvereinbarung (außergerichtliche Mediation) oder
  • eines Gerichtsbeschlusses zur Verweisung an die Mediation (gerichtlich angeordnete Mediation).

Wenn die Parteien keinen Mediator bestimmen, kann das Gericht anhand einer Liste einschlägig qualifizierter Personen einen Mediator benennen, der am Verfahren teilnimmt. Bei Straf- und Jugendsachen wird der Mediator stets vom Gericht benannt.

Geregelt wird die Mediation unter anderem durch die Zivilprozessordnung, die Strafprozessordnung, das Jugendverfahrensrecht und die Zivilprozesskostenordnung. Außerdem enthalten nachrangige Gesetze genaue Verfahrensvorschriften für die Mediation in spezifischen Arten von Fällen.

Die Vorschriften für Jugendsachen betreffen

  • die Voraussetzungen für die Mediationsberechtigung von Institutionen und Einzelpersonen,
  • die Registrierung mediationsberechtigter Institutionen und Einzelpersonen,
  • die Ausbildung von Mediatoren,
  • den Umfang des Zugangs der Mediatoren zu den Gerichtsakten sowie die Zugangsvoraussetzungen,
  • die Form und den Umfang der Berichterstattung über Fortgang und Ergebnis der Mediationsverfahren.

Die Vorschriften für Strafsachen betreffen

  • die Voraussetzungen für die Mediationsberechtigung von Institutionen und Einzelpersonen,
  • die Verleihung bzw. Aberkennung der Mediationsberechtigung im Falle von Institutionen und Einzelpersonen,
  • den Umfang des Zugangs der Mediatoren zu den Gerichtsakten sowie die Zugangsvoraussetzungen,
  • die bei der Mediation zu befolgenden Methoden und Verfahren.

Bei Familiensachen müssen die Mediatoren zusätzliche Anforderungen an ihre Ausbildung und Erfahrung erfüllen (Psychologie, Lehrerbildung, Soziologie oder Recht, praktische Kompetenzen für die Mediation in Familiensachen).

Die Höhe der Vergütung und der erstattungsfähigen Ausgaben von Mediatoren in Zivilverfahren ist in einer Durchführungsverordnung festgelegt (siehe auch weiter unten „Was kostet die Mediation?“)

Information und Ausbildung

Auf der Website des Justizministeriums finden sich grundlegende Informationen zur Mediation in Polen, so beispielsweise Auszüge aus einschlägigen Rechtsvorschriften, internationale Rechtsinstrumente im Bereich Mediation, Dokumente und Empfehlungen des ADR-Rates sowie Poster, mit denen der Gedanke der Mediation gefördert werden soll. Ferner veröffentlicht das Ministerium dort aktuelle Informationen über Initiativen zur Mediationsförderung und über Maßnahmen auf nationaler und regionaler Ebene zur Begehung des Internationalen Tags der Mediation. Außerdem bietet die Website Informationen über andere Länder mitsamt Übersetzungen von Rechtsinstrumenten und Beispielen für bewährte Verfahren.

Mediationsfragen sind Bestandteil jeder juristischen Ausbildung und speziell der Ausbildung von Staatsanwälten und Richtern. Dies gilt auch für die Ausbildung an der Nationalen Akademie für Richter und Staatsanwälte (Krajowa Szkola Sądownictwa i Prokuratury).

In der Ausbildung der Mediationskoordinatoren, die sich im Auftrag des Justizministeriums auf diese Funktion vorbereiten, werden Fragen der Kommunikation, Teamleitung und Zusammenarbeit mit Mediatoren behandelt.

Die Mediatoren selbst haben die Wahl zwischen verschiedenen Kursen, die von Mediationszentren, Hochschulen und anderen Einrichtungen angeboten werden.

Das Justizministerium führt Statistiken über die Mediation, so unter anderem über

  • die Zahl der gerichtlich angeordneten Mediationsverfahren,
  • die Zahl der gerichtlichen Vergleiche,
  • die Bedingungen der geschlossenen Vergleiche (bei der Mediation in Straf- und Jugendsachen),
  • die Zahl der außergerichtlichen Mediationsverfahren (bei der Mediation in Zivilsachen).

Im Rahmen einzelner Projekte wurden 2010/2011 Leitfäden, Informationsblätter und Broschüren zu den Formen und praktischen Vorteilen der Mediation erarbeitet und an die Gerichte, Polizeipräsidien der Woiwodschaften und Mediationszentren verteilt. Außerdem wurde über Fernsehen, Rundfunk und Werbetafeln eine Öffentlichkeitskampagne zum Thema Mediation durchgeführt. Das Justizministerium gibt regelmäßig aktualisierte Broschüren, Faltblätter und Notizen zu Verfahrensdokumenten sowie Poster heraus, die auch kostenlos auf seiner Website erhältlich sind.

Seit fünf Jahren begeht Polen den Internationalen Tag der Mediation, zu dem der Justizminister eine landesweite Konferenz organisiert. Anlässlich dieses Ereignisses finden außerdem in zahlreichen Großstädten sowie auf regionaler und lokaler Ebene Dutzende kleinere Konferenzen, Veranstaltungen, Seminare und Diskussionen statt.

Was kostet die Mediation?

Das Justizministerium veröffentlicht kostenloses Informationsmaterial zu Mediationsfragen. In Studien wurde nachgewiesen, dass Mediation kostengünstiger ist als ein Gerichtsverfahren.

Bei Straf- und Jugendsachen werden die Kosten der Mediation nicht von den Parteien getragen, sondern vom Staat. In anderen Fällen wird die Vergütung in der Regel zwischen dem Mediator und den Parteien vereinbart. Der Mediator kann sich aber auch bereit erklären, die Mediation auf Pro-bono-Basis durchzuführen.

Bei Zivilsachen tragen die Parteien die Kosten, die sie sich normalerweise teilen, wenn nichts anderes vereinbart ist. Wird das Mediationsverfahren infolge eines Gerichtsbeschlusses durchgeführt, so beläuft sich die Vergütung des Mediators bei nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten auf 60 PLN (rund 15 EUR) für die erste Mediationssitzung sowie 25 PLN (rund 6 EUR) für jede nachfolgende Mediationssitzung. Bei Vermögenssachen erhält der Mediator 1 % des Streitwerts (mindestens 30 PLN bzw. rund 7,50 EUR, höchstens jedoch 1000 PLN bzw. rund 250 EUR). Darüber hinaus hat er Anspruch auf Erstattung von Auslagen (wie Korrespondenz- und Telefonkosten oder Unterkunftskosten) zuzüglich Mehrwertsteuer.

Wird infolge der Mediation ein Vergleich erzielt, dann werden der Partei, die das Gericht angerufen hat, 75 % der Gerichtsgebühren erstattet. In Scheidungs- und Trennungsfällen werden die Gebühren zu 100 % erstattet.

Bei der außergerichtlichen Mediation werden die Vergütung des Mediators und die Auslagenerstattung vom Mediationszentrum festgelegt oder aber vor Beginn der Mediation zwischen den Parteien und dem Mediator vereinbart. Die Parteien können von der Übernahme der Kosten des Mediators nicht befreit werden, selbst wenn sie von den Gerichtsgebühren befreit sind. Bei beiden Arten der Mediation (gerichtlich und außergerichtlich) kann jedoch der Mediator auf eine Vergütung verzichten.

Sind Mediationsvereinbarungen vollstreckbar?

Haben die Parteien in Zivilsachen einen Vergleich erzielt, wird dieser dem Protokoll beigefügt. Der Mediator weist die Parteien darauf hin, dass sie sich mit der Unterzeichnung der Vereinbarung einverstanden erklärt haben, diese dem Gericht zur Genehmigung vorzulegen. Anschließend leitet der Mediator das Protokoll mit der beigefügten Vergleichsvereinbarung an das Gericht weiter und übermittelt den Parteien eine Kopie des Protokolls. Das Gericht ergreift unverzüglich die notwendigen Schritte zur Genehmigung des Vergleichs oder zur Erteilung einer Vollstreckbarkeitserklärung. Wenn die Vereinbarung rechts- oder sittenwidrig ist, auf die Umgehung gesetzlicher Vorschriften abzielt, verwirrend ist oder Widersprüche enthält, die die legitimen Interessen eines Arbeitnehmers beeinträchtigen, wird die Genehmigung oder Vollstreckbarkeitserklärung nicht erteilt. Ein vom Gericht genehmigter und für vollstreckbar erklärter Mediationsvergleich ist ebenso rechtsgültig wie ein gerichtlicher Vergleich und somit auch vollstreckbar.

In Familiensachen kann sich der Vergleich auf Folgendes beziehen: Versöhnung der Eheleute, Festlegung der Bedingungen für die Trennung, Fragen des elterlichen Sorgerechts, Umgang mit den Kindern, Befriedigung familiärer Bedürfnisse, Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienmitgliedern sowie Vermögensregelungen und Wohnrechtsfragen. Nach erfolgter Trennung von Eltern oder Ehegatten können auch solche Fragen eine Rolle spielen wie Passangelegenheiten, Entscheidungen über den Bildungsweg des Kindes, Kontakte zu anderen Familienmitgliedern und Verwaltung des Vermögens des Kindes.

Bei Zivilsachen wird durch die Einleitung eines Mediationsverfahrens die Verjährung gehemmt.

In Strafsachen und Jugendsachen stellt ein durch Mediation erzielter Vergleich keinen Ersatz für ein Gerichtsurteil dar und ist für das Gericht nicht bindend. Dennoch sollte das Gericht den Inhalt der Vergleichsvereinbarung bei Abschluss des Verfahrens würdigen. Als Gegenstand eines Vergleich kommen in Frage: eine förmliche Entschuldigung, eine Entschädigung für erlittene materielle und immaterielle Schäden, gemeinnützige Arbeit, Verpflichtungen gegenüber der geschädigten Partei, Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft insgesamt usw.

Letzte Aktualisierung: 25/09/2014

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