Fortgeltung von Schutzmaßnahmen bei Umzug in einen anderen Mitgliedstaat
Um Sie als Opfer (beispielsweise von häuslicher Gewalt oder Stalking) wirksam vor Gewalt oder Belästigung zu schützen, können die nationalen Behörden zu Ihrem Schutz besondere Maßnahmen (einstweilige Verfügungen, Unterlassungsanordnungen oder ähnliche Maßnahmen) anordnen, die dazu beitragen, weitere Gewaltanwendungen oder Übergriffe des Täters zu unterbinden. Wenn in einem Mitgliedstaat zu Ihren Gunsten eine Schutzanordnung ergangen ist, haben Sie sicher ein Interesse daran, dass dieser Schutz fortbesteht, wenn Sie in einen anderen Mitgliedstaat reisen oder umziehen.
Nationale Schutzmaßnahmen können zivil-, straf- oder verwaltungsrechtlicher Natur sein und sich von ihrer Geltungsdauer, ihrem Anwendungsbereich und dem Verfahren ihrer Anordnung her von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterscheiden. Da die gegenseitige Anerkennung von zivil- und strafrechtlichen Schutzmaßnahmen auf unterschiedlichen unionsrechtlichen Grundlagen beruht, waren zwei Rechtsakte nötig, um die EU-weite Anerkennung der drei am weitesten verbreiteten Arten von Schutzmaßnahmen zu gewährleisten. Die von der Richtlinie und der Verordnung erfassten Schutzanordnungen verbieten oder regeln das Betreten bestimmter für die geschützte Person relevanter Orte, den Kontakt mit der geschützten Person sowie die Annäherung bis auf eine bestimmte Entfernung durch die gefährdende Person. Diese Anordnungen dienen Ihrem Schutz als Opfer oder potenziellem Opfer.
- Die Richtlinie 2011/99/EU über die Europäische Schutzanordnung ermöglicht die Anerkennung einer in einem Mitgliedstaat ergangenen strafrechtlichen Schutzanordnung in den anderen Mitgliedstaaten. Wurde zu Ihren Gunsten in einem Mitgliedstaat eine Schutzanordnung in Strafsachen erlassen, können Sie eine Europäische Schutzanordnung beantragen. Der Mitgliedstaat, in den Sie reisen oder umziehen wollen, ordnet dann zu Ihrem Schutz in einem vereinfachten, beschleunigten Verfahren eine neue Schutzmaßnahme an. Die Mitgliedstaaten mussten die Richtlinie bis 11. Januar 2015 in nationales Recht umsetzen.
- Die Verordnung (EU) Nr. 606/2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen ermöglicht die direkte Anerkennung einer in einem Mitgliedstaat angeordneten zivilrechtlichen Schutzmaßnahme in den anderen Mitgliedstaaten.
Wenn daher zu Ihren Gunsten in Ihrem Wohnsitzmitgliedstaat eine zivilrechtliche Schutzmaßnahme ergangen ist, können Sie diese direkt in einem anderen Mitgliedstaat geltend machen, indem Sie den zuständigen Behörden eine Bescheinigung vorlegen, aus der Ihr Schutzanspruch hervorgeht.
Die Verordnung gilt seit 11. Januar 2015.
Die Ergebnisse zweier aus dem EU-Programm Daphne finanzierter Projekte, die mit der Europäischen Schutzanordnung in Verbindung stehen, wurden unlängst veröffentlicht:
- Projekt POEMS mit Schlussbericht und Empfehlungen einschließlich Länderübersichten: Im Rahmen dieses Projekts wurde eine Bestandsaufnahme der einschlägigen Rechtsvorschriften in 27 EU-Mitgliedstaaten erstellt, bei der Umfang und Wirkung dieser Vorschriften bewertet wurden. Geprüft wurde auch die Funktionsweise der Richtlinie 2011/99/EU über die Europäische Schutzanordnung sowie die Verordnung (EU) Nr. 606/2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen.
- Projekt Epogender: Erstellt wurde außer dem Handbuch eine vergleichende Analyse der Rechtsvorschriften und Rechtspraxis in den Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Richtlinie 2011/99/EU über eine Europäische Schutzanordnung unter besonderer Berücksichtigung der Schutzmaßnahmen für Opfer von geschlechtsbezogener Gewalt.
Diese Publikationen wurden mit finanzieller Unterstützung aus dem Programm Daphne der Europäischen Union erstellt. Für den Inhalt sind ausschließlich die Verfasser verantwortlich. Die darin vertretenen Auffassungen geben nicht den Standpunkt der Europäischen Kommission wieder.
Die Publikationen enthalten nützliche Hinweise für die wirksame Umsetzung der Richtlinie sowie hilfreiche Informationen für die Rechtsanwender über die einschlägigen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten.
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