Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen

Schweden
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Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Besteht ein eigenes Verfahren für Bagatellsachen?

Ja, es besteht ein besonderes Verfahren für geringfügige Forderungen.

1.1 Anwendungsbereich des Verfahrens, Streitwert

Das besondere Verfahren für geringfügige Forderungen wird vom ordentlichen Gericht erster Instanz (Bezirksgericht – tingsrätt) angewendet, wenn die Forderung des Klägers unterhalb eines bestimmten Schwellenwerts liegt. Dieser beträgt zurzeit (Stand 2019) 23 250 SEK. Hierbei handelt es sich nicht um einen gesetzlich festgesetzten Betrag. Der Schwellenwert ist an den sogenannten preisindexierten Grundbetrag gebunden, das heißt, er wird unter Berücksichtigung der Preisentwicklung berechnet.

1.2 Anwendung des Verfahrens

Der Zugang zum Verfahren für geringfügige Forderungen ist nicht auf bestimmte Arten von Rechtssachen wie etwa verbraucherrechtliche Streitigkeiten beschränkt. Die Kriterien für seine Anwendung sind, dass es sich um eine Zivilsache handelt und dass der Streitwert unter dem Schwellenwert liegt. Das Verfahren kann nicht in Familiensachen angewendet werden.

1.3 Vordrucke

Das Klageformblatt für die Einleitung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen ist auf der Website der schwedischen Gerichtsverwaltungsbehörde (Domstolsverket) abrufbar.

1.4 Beistand

Hilfestellung bei der Einleitung eines Verfahrens leistet das Bezirksgericht. Für staatliche Behörden gilt eine gesetzlich verankerte allgemeine Dienstleistungspflicht. Dies bedeutet, dass sich Bürgerinnen und Bürger telefonisch oder persönlich beispielsweise an ein Bezirksgericht wenden und dort eine allgemeine Beratung über das Verfahren und die diesbezüglichen Vorschriften erhalten können. Darüber hinaus ist der Gerichtspräsident verpflichtet, bei der Vorbereitung eines Verfahrens je nach Art der Rechtssache darauf hinzuwirken, dass die strittigen Fragen präzisiert werden und dass die Parteien angeben, was sie im Verfahren geltend machen wollen. In der Praxis kommt der Richter dieser Verpflichtung durch ergänzende Fragen und Hinweise nach.

1.5 Vorschriften bei der Beweiserhebung

In Verfahren für geringfügige Forderungen gelten keine besonderen Beweisvorschriften. Dem Gericht können daher sowohl mündliche als auch schriftliche Beweismittel unterbreitet werden. Schriftliche Zeugenaussagen sind jedoch nur unter bestimmten Umständen zulässig. Weitere Informationen über die Vorschriften für die Beweisaufnahme in Zivilsachen nach schwedischem Recht finden Sie hier.

1.6 Schriftliches Verfahren

Das Gericht kann auch ausschließlich auf der Grundlage eines schriftlichen Verfahrens entscheiden. Von dieser Möglichkeit wird Gebrauch gemacht, wenn eine mündliche Verhandlung weder aufgrund der Ermittlungen in der betreffenden Sache erforderlich ist, noch von einer Partei beantragt wird.

1.7 Gestaltung der richterlichen Entscheidung

Für die Gestaltung des Urteils in Verfahren für geringfügige Forderungen bestehen keine besonderen Vorschriften. Wie für alle Zivilsachen gilt auch für diese Verfahren, dass das Urteil in schriftlicher Form erlassen werden und in getrennten Abschnitten folgende Angaben enthalten muss: Name des Gerichts, Tag und Ort der Urteilsverkündung, Parteien und Bevollmächtigte oder Beistände, Tenor, Anträge und Einreden der Parteien und zugrunde liegender Sachverhalt sowie Urteilsgründe mit Angaben zu den Feststellungen in der Sache.

1.8 Übernahme der Prozesskosten

Die Kostenvorschriften sind das wichtigste besondere Merkmal des Verfahrens für geringfügige Forderungen. Die obsiegende Partei hat lediglich Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Stunde Rechtsberatung in jeder Instanz sowie für die Antragsgebühr, die Reise- und Aufenthaltskosten im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung, die Befragung von Zeugen und die Übersetzung von Schriftstücken. Die Erstattung wird für Kosten in angemessener Höhe gewährt, die erforderlich sind, damit die obsiegende Partei ihre Rechte ausüben kann. Anwaltshonorare, die über den Betrag hinausgehen, der einer einstündigen Rechtsberatung entspricht, werden daher nicht erstattet.

1.9 Möglichkeit der Anfechtung

Eine von einem Gericht unterer Instanz erlassene Entscheidung kann vor einem Gericht höherer Instanz angefochten werden.

Damit das Rechtsmittelgericht (hovrätt) die Entscheidung des Bezirksgerichts überprüfen kann, ist die Zulassung des Rechtsmittels erforderlich. Das Rechtsmittel wird nur zugelassen, wenn es für eine einheitliche Rechtsanwendung von Belang ist, dass ein höherinstanzliches Gericht das Rechtsmittel prüft, wenn es Gründe für eine Änderung der vom Bezirksgericht gezogenen Schlussfolgerung gibt oder wenn andere besondere Rechtsmittelgründe vorliegen. Das Rechtsmittel gegen ein Urteil des Bezirksgerichts muss schriftlich eingelegt werden und spätestens drei Wochen nach Urteilsverkündung beim Bezirksgericht eingehen.

Letzte Aktualisierung: 22/03/2022

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