Sachverständigen finden

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I. Sachverständigenlisten und -register

In Griechenland werden die Sachverständigen nach Fachgebieten gelistet. Die Sachverständigenregister werden von den erstinstanzlichen Gerichten (protodikeía) geführt. Sie sind öffentlich, werden jedoch nur von Richtern verwendet, die einen Sachverständigen bestellen möchten. Das Gericht kann einen oder mehrere Sachverständige bestellen, wenn es der Auffassung ist, dass die zu untersuchenden Fragen einer besonderen Expertise bedürfen. Darüber hinaus ist das Gericht verpflichtet, auf Antrag einer Partei Sachverständige zu bestellen, sofern es ebenfalls der Auffassung ist, dass eine besondere Expertise erforderlich ist.

Sachverständige müssen sich bewerben, um in das Register aufgenommen zu werden.

Nach einer öffentlichen Aufforderung (über die offizielle Website des Gerichts) zur Abgabe von Bewerbungen bei einem Zivilgericht (politikó) oder Verwaltungsgericht (dioikitikó) erster Instanz, reicht der Bewerber bei der Kanzlei des Gerichts eine schriftliche Bewerbung ein, die Angaben zu seiner Person enthält und in der er erklärt, dass:

  • er weder für eine Straftat (kakoúrgima) oder ein Vergehen (plimmélima) verurteilt noch einer Straftat oder eines Vergehens angeklagt wurde und ihm in der Folge seine politischen Rechte entzogen wurden,
  • ihm nicht die Berufszulassung entzogen wurde,
  • ihm nicht wegen Zahlungsunfähigkeit oder Vormundschaft das Recht entzogen wurde, frei über sein Eigentum zu verfügen,
  • er kein Richter, Staatsanwalt oder Gerichtsschreiber ist.

Nach Abschluss des jährlich stattfindenden Bewerbungsverfahrens wird ein Entwurf des Sachverständigenregisters veröffentlicht. Nach einer Widerspruchsfrist wird das endgültige Register vom Kollegialgericht erster Instanz (polymelés protodikeío) genehmigt.

Mit Blick auf Strafverfahren wird das Sachverständigenregister auf Vorschlag des Staatsanwalts vom Richterrat des Strafgerichts (symvoúlio plimmeleiodikón) geführt. Die Sachverständigen müssen folgende Anforderungen erfüllen:

  • sie müssen älter als 21 Jahre sein,
  • sie müssen geschäftsfähig und geistig gesund sein,
  • sie dürfen nicht für eine Straftat oder ein Vergehen verurteilt worden sein, was zu einem Entzug ihrer politischen Rechte oder zur Entlassung aus dem öffentlichen Dienst geführt hat,
  • ihnen darf nicht die Berufszulassung entzogen worden sein,
  • sie dürfen die Situation, für die ihr Fachwissen eingeholt wird, nicht mitverursacht haben,
  • sie dürfen nicht ein für das betreffende Verfahren zuständiger Richter, Staatsanwalt, Sekretär oder Gerichtsschreiber sein,
  • sie dürfen nicht wegen derselben Straftat wie der Beschuldigte verurteilt worden sein und
  • sie dürfen nicht Ehepartner, Geschwister oder enger Verwandter des Beklagten sein.

Sachverständige können aus dem Register gelöscht werden, wenn sie dies wünschen, wenn sie die Anforderungen nicht mehr erfüllen oder wenn die zuständige Behörde dies beschließt.

ΙΙ. Qualifikation der Sachverständigen

Sachverständige müssen Mitglied eines Berufsverbands sein, um als Sachverständige auftreten zu dürfen.

ΙΙΙ. Vergütung der Sachverständigen

In Strafverfahren zahlt der Staat die Vergütung des Sachverständigen. Bei Zivilverfahren hat der Kläger einen Kostenvorschuss für gerichtlich bestellte Sachverständige zu zahlen. Am Ende des Verfahrens müssen die Kosten von der unterliegenden Partei getragen werden. Die Parteien können unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe zur Vergütung des Sachverständigen erhalten.

IV. Haftung der Sachverständigen

Die Sachverständigen haften gemäß dem allgemeinen Vertrags- und Deliktsrecht. Sie sind nicht verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung von Haftungsrisiken abzuschließen.

V. Zusätzliche Informationen über Sachverständigenverfahren

Die wichtigsten Rechtsvorschriften für Rechtsgutachten in Griechenland sind Artikel 368–392 der griechischen Zivilprozessordnung (kódikas politikís dikonomías), die Königliche Verordnung Nr. 566/1968 und Artikel 20(7) des Gesetzes Nr. 2882/2001 (Enteignungsgesetz (kódikas anagkastikón apallotrióseon)). In bestimmten Fällen können auch die Artikel 159–168 der griechischen Verwaltungsprozessordnung (kódikas dioikitikís dikonomías) und die Artikel 183–203 der griechischen Strafprozessordnung (kódikas poinikís dikonomías) Anwendung finden.

Im Interesse des übergeordneten Ziels der Wahrheitsfindung kann das Gericht die Beweisaufnahme nach eigenem Ermessen anordnen. Einzige Einschränkung dieser Befugnis ist die Befolgung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens.

1. Bestellung von Sachverständigen

Sachverständige können durch das Gericht und durch die beteiligten Parteien bestellt werden. Die Bestellung von Sachverständigen in Verwaltungsverfahren ähnelt derjenigen in Zivilverfahren. In Strafverfahren können Staatsanwaltschaft oder Gericht auch schon während der Untersuchungsphase einen Sachverständigen bestellen. Hierfür existiert ein anderes Register als in Zivilverfahren, und der Sachverständige muss strengere Anforderungen erfüllen als in Zivil- und Verwaltungsverfahren.

a) Bestellung durch ein Gericht

Es liegt im Ermessen des Zivilgerichts, einen Sachverständigen entweder von Amts wegen oder auf ausdrückliches Ersuchen einer Prozesspartei zu bestellen, wenn der betreffende Sachverhalt nicht anders geklärt werden kann. In diesem Fall wird die mündliche Verhandlung auf einen Tag nach der Vorlage des Gutachtens verschoben. Dem Gericht steht es frei, jede Person zu bestellen, die es als Sachverständigen für geeignet hält. Der Sachverständige ist verpflichtet, das Gericht über mögliche Interessenkonflikte in Kenntnis zu setzen. Gerichtlich bestellte Sachverständige haben Zugang zur Verfahrensakte.

b) Bestellung durch die Parteien

In Griechenland gibt es drei Arten von Sachverständigen, die von den Parteien beauftragt werden können: Fachberater (Artikel 391–392 der Zivilprozessordnung, Artikel 167 der Verwaltungsprozessordnung, Artikel 204 ff. der Strafprozessordnung), außergerichtliche Sachverständige und sachverständige Zeugen. Fachberater werden von einer Prozesspartei benannt, um die Tätigkeit eines gerichtlich bestellten Sachverständigen zu überprüfen. Außergerichtliche Sachverständige werden von den Parteien ausgewählt. Das Gutachten des Sachverständigen muss von den Parteien geltend gemacht und eingereicht werden; anderenfalls wird es als unzulässig zurückgewiesen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird das Gutachten vom Gericht geprüft und gewürdigt. Das Gutachten hat keine Beweiskraft. Vielmehr soll mit einem solchen Gutachten die rechtliche Begründung des Vorbringens der jeweiligen Prozesspartei untermauert werden. Sachverständige Zeugen sind Zeugen mit besonderen wissenschaftlichen oder technischen Kenntnissen, die vom Gericht befragt werden.

Das Gericht kann entscheiden, ob es für die Begründung seines Urteils das Gutachten des Sachverständigen heranzieht oder nicht. Das Gericht kann sein Urteil auch dann auf das Gutachten des Sachverständigen gründen, wenn es unter Verstoß gegen die Verfahrensregeln erstellt wurde. Handelt es sich jedoch um einen erheblichen Verstoß gegen die Verfahrensregeln, so wird das Gutachten als nicht existent erachtet. In diesem Fall darf der Richter die Urteilsbegründung nicht auf das Gutachten des Sachverständigen stützen.

2. Verfahren (Zivilverfahren)

Gerichtlich bestellte Sachverständige können von den Fachberatern der Parteien – sofern die Parteien solche Berater hinzugezogen haben – im Kreuzverhör befragt werden. Die einzige Pflicht des Sachverständigen besteht darin, das Gutachten vorzulegen. Die von den Parteien beauftragten Sachverständigen dürfen während des Verfahrens mit den Parteien in Kontakt treten, während die gerichtlich bestellten Sachverständigen hierfür eine Genehmigung des Gerichts benötigen.

a) Gutachten

Bei griechischen Sachverständigenverfahren ist kein vorläufiges Gutachten erforderlich. Das Hauptgutachten kann schriftlich vorgelegt oder mündlich vorgetragen werden. Es gibt keine spezifischen Vorgaben für den Aufbau eines Gutachtens.

Ist das Gericht der Auffassung, dass das Gutachten lückenhaft ist, oder liegt ein ungerechtfertigtes Fehlverhalten des Sachverständigen vor, kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag der Parteien die Erstellung eines neuen bzw. eines ergänzenden Gutachtens anordnen. Das Gericht kann auch anordnen, dass der Sachverständige aufgrund seines ungerechtfertigten Fehlverhaltens die Gerichtskosten tragen muss.

Die Parteien können das Gutachten des Sachverständigen durch entsprechende Vorbringen oder durch ein Gegengutachten anfechten.

b) Gerichtsverhandlung

Der Richter weist den Sachverständigen nur in Ausnahmefällen an, an einer Verhandlung teilzunehmen.

 

Die obigen Informationen wurden im Rahmen des Projekts „Find an Expert“ von den vom European Expertise & Experts Institute EEEI ausgewählten Ansprechpartnern im jeweiligen Land zusammengestellt.

Letzte Aktualisierung: 27/04/2023

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