Sicherung von Vermögenswerten in der EU

Belgien
Inhalt bereitgestellt von
European Judicial Network
Europäisches Justizielles Netz (für Zivil- und Handelssachen)

1 Welche unterschiedlichen Arten von Maßnahmen gibt es?

Sicherungsmaßnahmen (mesures conservatoires/bewarende maatregelen) dienen der Sicherung von Rechten. In der Praxis nutzt der Gläubiger solche Maßnahmen, um sich gegen das Risiko abzusichern, dass der Schuldner seine Schulden nicht begleicht.

Sollten reine Sicherungsmaßnahmen nicht ausreichen, kann das Gericht vorläufige Maßnahmen (mesures provisoires/voorlopige maatregelen) erlassen, die ähnliche Wirkungen wie die erwartete gerichtliche Entscheidung im Hauptverfahren haben. Im endgültigen Urteil werden die vorläufigen Maßnahmen entweder bestätigt oder aufgehoben.

Vorläufige Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen können vom Gericht in Bezug auf die Vermögenswerte des Schuldners angeordnet werden. Bei der Einziehung von Forderungen gilt grundsätzlich, dass der Schuldner mit all seinen Vermögenswerten haftet, und zwar sowohl mit seinen beweglichen (z. B. Bargeld, Möbel, Schmuck und Wertpapiere) als auch mit seinen unbeweglichen Vermögenswerten (z. B. Grundstücke, Gebäude und Wohnungen). Der Gläubiger kann auch Forderungen des Schuldners (z. B. Bankguthaben, Löhne und Gehälter) an dessen Stelle geltend machen.

1.1. Sicherungsmaßnahmen

A. Sicherungspfändung

Jeder Gläubiger kann in Fällen der Eilbedürftigkeit beim Richter die Erlaubnis einholen, eine Sicherungspfändung (saisie conservatoire/bewarend beslag) der pfändbaren Güter seines Schuldners vorzunehmen (Artikel 1413 Gerichtsgesetzbuch (Code judiciaire/Gerechtelijk Wetboek)). Der Schuldner kann über die gepfändeten Güter nicht mehr frei verfügen. Das bedeutet, dass er diese Güter nicht mehr veräußern, verschenken oder verpfänden kann. Der Entzug der Verfügungsgewalt gilt nur zugunsten des Gläubigers, der die Pfändung erwirkt hat. Der Schuldner bleibt Eigentümer der Vermögenswerte und behält die Nutzungs- und Gewinnbezugsrechte.

B. Sequestration

Eine Sequestration (séquestre/sekwester) ist die gerichtlich angeordnete Verwahrung von Vermögenswerten, über die ein Rechtsstreit anhängig ist. Die Sequestration bleibt bis zum endgültigen Urteil aufrechterhalten (Artikel 1955 ff. Zivilgesetzbuch (Code civil/Burgerlijk Wetboek)). Eine Sequestration kann zwischen den Parteien vereinbart werden (vertragliche Sequestration/séquestre conventionnel/bij overeenkomst bedongen sekwester) oder vom Gericht angeordnet werden (gerichtliche Sequestration/séquestre judiciaire/gerechtelijk sekwester). Im Unterschied zur normalen Kaution kann die Sequestration auch unbewegliche Güter zum Gegenstand haben (Artikel 1959 Zivilgesetzbuch).

C. Inventarerrichtung

Mit der Inventarerrichtung (inventaire/inventaris oder boedelbeschrijving) wird bezweckt, den Umfang des Nachlasses, der Gütergemeinschaft oder der ungeteilten Rechtsgemeinschaft zu bestimmen (Artikel 1175 Gerichtsgesetzbuch). Ein Inventar wird auf Antrag eines Gläubigers, eines Ehegatten oder eines Miterben errichtet. Die Antragsteller haben das Recht, einen Notar auszuwählen, der die Vermögenswerte in einer öffentlichen Urkunde verzeichnet. Bei Uneinigkeit bestellt der Friedensrichter (juge de paix/vrederechter) den Notar (Artikel 1178 Gerichtsgesetzbuch). Der Friedensrichter ist auch für die Beilegung von Streitfällen zuständig.

D. Versiegelung

Über Vermögenswerte, auf denen ein Siegel angebracht wurde (Versiegelung/apposition des scellés/verzegeling), kann in der Praxis nicht mehr verfügt werden. Bei Bestehen eines ernsthaften Interesses kann ein Gläubiger, ein Ehegatte oder ein Erbe die Versiegelung von Gegenständen beantragen, die zu einem Nachlass, zum Gesamtgut der Ehegatten oder zu einer ungeteilten Rechtsgemeinschaft gehören (Artikel 1148 Gerichtsgesetzbuch). Der Antrag wird beim Friedensrichter gestellt. Der Friedensrichter kann auf Antrag des ursprünglichen Antragstellers oder eines Gläubigers, eines Ehegatten oder eines Erben die Abnahme der Siegel anordnen. Wird die Abnahme der Siegel angefochten, entscheidet auch in diesem Fall der Friedensrichter.

1.2. Vorläufige Maßnahmen

Vorläufige Maßnahmen sind Maßnahmen, die zurückgenommen oder widerrufen werden können. Sie werden im Eilverfahren (référé/kort geding) oder im Gerichtsverfahren in der Hauptsache angeordnet.

1.3. Vorläufige Vollstreckung

Ein bereits verkündetes aber noch nicht rechtskräftiges Urteil kann unter strengen Auflagen vorläufig vollstreckt werden.

Vorbehaltlich der im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen oder vorbehaltlich einer mit besonderen Gründen versehenen anderslautenden Entscheidung des Richters und unbeschadet des Artikels 1414 führt ein gegen das Endurteil im Hauptverfahren eingelegter Einspruch (opposition/verzet) zur Aussetzung der Urteilsvollstreckung.

Vorbehaltlich der im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen oder vorbehaltlich einer mit besonderen Gründen versehenen anderslautenden Entscheidung des Richters und unbeschadet des Artikels 1414 ist das Endurteil im Hauptverfahren vorläufig vollstreckbar, und zwar ungeachtet einer Berufung (appel/hoger beroep) und ohne Kaution, wenn der Richter die Leistung einer solchen nicht angeordnet hat (Artikel 1397 Gerichtsgesetzbuch).

2 Unter welchen Voraussetzungen können diese Maßnahmen angeordnet werden?

2.1 Beschreibung des Antragsverfahrens und Kosten

A. Sicherungspfändung

Wurde jemandem ein Urteil zugesprochen (dies kann auch im Ausland geschehen sein), so kann er einen Gerichtsvollzieher (huissier de justice/gerechtsdeurwaarder) beauftragen, für die Vermögenswerte des Schuldners eine Sicherungspfändung durchzuführen. Liegt ein solches Urteil nicht vor, ist für die Sicherungspfändung ein gerichtlicher Beschluss erforderlich.

Ein entsprechender Antrag ist beim Pfändungsrichter (juge des saisies/beslagrechter) einzureichen, der im Eilverfahren darüber entscheidet (Artikel 1395 Gerichtsgesetzbuch). Die Ladungsfrist beträgt mindestens zwei Tage. In dringenden Fällen kann diese Frist jedoch verkürzt werden.

Ein einseitiger Antrag (requête unilatérale/eenzijdig verzoekschrift) auf Sicherungspfändung wird von einem Rechtsanwalt beim Pfändungsrichter eingereicht, der die Pfändung erlauben kann. Der Pfändungsrichter muss innerhalb von acht Tagen einen Beschluss erlassen. Der Beschluss und die Pfändungsurkunde müssen dem Gepfändeten von einem Gerichtsvollzieher zugestellt werden, um ihn von dem gegen ihn eingeleiteten Verfahren in Kenntnis zu setzen.

Der Beschluss kann ohne weitere Formalität vorläufig vollstreckt werden, ist jedoch nur zwischen den Parteien verbindlich. Der Pfändungsrichter kann den Beschluss jederzeit aufgrund geänderter Umstände abändern oder aufheben. Die Gebühr für den Gerichtsvollzieher ist im Königlichen Erlass vom 30. November 1976 (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 8. Februar 1977) geregelt.

B. Sequestration

Sollten sich die Parteien auf eine Sequestration verständigen, so ist diese Vereinbarung ausreichend und ein gerichtlicher Beschluss nicht notwendig. Eine Sequestration kann jedoch auch gerichtlich angeordnet werden.

In beiden Fällen wird entweder durch Vereinbarung der Parteien oder durch das Gericht ein Verwahrer (gardien judiciaire/gerechtelijke bewaarder) benannt. Der Verwahrer muss die ihm anvertrauten Vermögenswerte mit der nötigen Sorgfalt behandeln. Sobald die Sequestration endet, muss er die Vermögenswerte zurückgeben. Dem Verwahrer steht eine gesetzlich festgelegte Vergütung zu (Artikel 1962 Absatz 3 Zivilgesetzbuch).

C. Vorläufige Maßnahmen

Eine vorläufige Maßnahme muss stets bei Gericht beantragt werden. Dies kann entweder im Eilverfahren oder im Gerichtsverfahren in der Hauptsache geschehen. Auch ein Schiedsgericht kann vorläufige Maßnahmen anordnen (Artikel 1696 Gerichtsgesetzbuch).

Der Präsident des Gerichts Erster Instanz (tribunal de première instance/rechtbank van eerste aanleg) trifft in den Fällen, die er für dringlich erachtet, eine vorläufige Entscheidung in allen Angelegenheiten, außer in denjenigen, die das Gesetz der rechtsprechenden Gewalt entzieht (Artikel 584 Absatz 1 Gerichtsgesetzbuch). Eine solche vorläufige Maßnahme darf keine endgültigen und unwiderruflichen Wirkungen entfalten. Der Präsident des Arbeitsgerichts (tribunal du travail/arbeidsrechtbank) und der Präsident des Handelsgerichts (tribunal de commerce/rechtbank van koophandel) können in den Fällen, die sie für dringlich erachten, eine vorläufige Entscheidung in den Angelegenheiten treffen, die in den jeweiligen Zuständigkeitsbereich dieser Gerichte fallen.

Ein im Eilverfahren erlassener Beschluss darf der Entscheidung in der Hauptsache nicht vorgreifen. Er ist daher nur für die Parteien verbindlich. Da ein solcher Beschluss für den Richter der Hauptsache nicht bindend ist, kann der Pfändungsrichter nur vorläufige Maßnahmen anordnen.

In einem Scheidungsverfahren kann der Präsident des Familiengerichts (tribunal de la famille/familierechtbank) vorläufige Maßnahmen in Bezug auf die Person, den Unterhalt und die Vermögenswerte der Ehegatten und ihrer Kinder anordnen (Artikel 1280 Absatz 1 Gerichtsgesetzbuch).

Der Gerichtsvollzieher setzt die Gegenpartei über die angeordneten Maßnahmen in Kenntnis und fordert sie auf, den Anordnungen nachzukommen. Falls notwendig, wird dies mithilfe der Vollstreckungsbehörden erzwungen. Außerdem können Zwangsgelder angeordnet werden. Die Gebühr für den Gerichtsvollzieher ist im Königlichen Erlass vom 30. November 1976 (veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt vom 8. Februar 1977) geregelt.

Der Friedensrichter kann bei einer erstinstanzlichen Entscheidung für die restliche Dauer des gemeinsamen Lebens von Ehegatten oder gesetzlich Zusammenwohnenden, deren Beziehung gescheitert ist, vorläufige Maßnahmen anordnen, beispielsweise in Bezug auf die gemeinsame Wohnung oder auf die Kinder und das Eigentum der Kinder. Solche Maßnahmen sind nur vorläufig und enden, sobald die Ehegatten oder gesetzlich Zusammenwohnenden nicht mehr zusammenleben. Sie haben keine Wirkung für eine auf die Scheidung folgende dauerhafte Regelung. Die endgültige Regelung muss durch das Gericht Erster Instanz im Rahmen des Scheidungsverfahrens erfolgen.

D. Vorläufige Vollstreckung

Gerichtsurteile enthalten eine Vollstreckungsklausel. Solange das Urteil jedoch noch angefochten werden kann und somit die Möglichkeit besteht, dass es ausgesetzt wird, ist es nicht vollstreckbar. Vorbehaltlich der im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen oder vorbehaltlich einer mit besonderen Gründen versehenen anderslautenden Entscheidung des Richters ist die Vollstreckung ausgesetzt, solange noch Einspruch gegen das Urteil eingelegt werden kann. Dies gilt allerdings nicht für den Fall, dass das Urteil durch Berufung bei einer höheren Instanz oder durch Kassationsbeschwerde beim Kassationshof (Cour de cassation/Hof van Cassatie) angefochten werden kann (Artikel 1397 Gerichtsgesetzbuch).

Der Richter, der das Urteil erlassen hat, kann – außer in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen wie zum Beispiel in Personenstandssachen – die vorläufige Vollstreckung des Urteils bewilligen (Artikel 1399 Gerichtsgesetzbuch).

Falls eine vorläufige Vollstreckung möglich ist, trägt die antragstellende Partei das sich daraus ergebende Risiko. Das Gericht kann von der antragstellenden Partei verlangen, vor der vorläufigen Vollstreckung eine Sicherheit zu leisten (Artikel 1400 Gerichtsgesetzbuch). Die antragstellende Partei kann die vorläufige Vollstreckung veranlassen, muss jedoch eine Zahlung an die Hinterlegungs- und Konsignationskasse (Caisse des dépôts et consignations/Deposito- en Consignatiekas) leisten oder ihr eine Bankgarantie vorlegen. Grund hierfür ist, dass das Urteil im Rechtsmittelverfahren geändert werden kann und dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch entstehen könnte.

2.2 Beschreibung der wesentlichen Voraussetzungen für einstweilige Maßnahmen

A. Sicherungspfändung

Eine Sicherungspfändung kann nur in dringenden Fällen durchgeführt werden, wenn die Schuld bestimmt, festgestellt und fällig ist.

Dringlichkeit setzt voraus, dass die Zahlungsfähigkeit des Schuldners in Zweifel steht, wodurch die Rechte des Gläubigers in Bezug auf die Vermögenswerte des Schuldners in Gefahr geraten. Eine Sicherungspfändung darf nicht der Ausübung von Druck dienen. Sie ist jedoch ein legitimes Mittel, wenn die finanzielle Situation eines Schuldners objektiv gefährdet ist. Die Dringlichkeit muss sowohl zum Zeitpunkt der Anordnung der Pfändung als auch zu dem Zeitpunkt gegeben sein, zu dem das Gericht über eine Aufrechterhaltung der Pfändung zu entscheiden hat.

Die Forderung des Gläubigers muss bestimmt sein, d. h., sie muss hinreichend begründet erscheinen und nach vernünftigem Ermessen unstrittig sein. Die Forderung muss auch der Höhe nach feststehen, die Schuldhöhe muss also ermittelt worden sein. Ist dies nicht der Fall, muss es zumindest möglich sein, eine vorläufige Schätzung der Höhe vorzunehmen. Sollte die genaue Höhe noch nicht feststehen, so wird sie vom Gericht geschätzt. Außerdem muss die Schuld fällig sein, d. h. der Gläubiger muss berechtigt sein, die Begleichung der Schuld zu verlangen. Artikel 1415 Gerichtsgesetzbuch nuanciert diese Voraussetzung dahin gehend, dass auch Forderungen in Bezug auf künftige regelmäßige Einkünfte (z. B. Unterhalts-, Miet- oder Zinszahlungen) und sogar bedingte oder mögliche Forderungen für eine Sicherungspfändung infrage kommen.

B. Sequestration

Eine Sequestration kann vom Gericht für folgende Sachen angeordnet werden: gepfändete bewegliche Sachen, bewegliche oder unbewegliche Sachen, deren Eigentum oder Besitz zwischen zwei oder mehr Personen streitig ist, und Sachen, die ein Schuldner zur Tilgung seiner Schuld anbietet (Artikel 1961 Zivilgesetzbuch). Diese Vorschrift kommt im Allgemeinen zur Anwendung, wenn die Umstände des Falles eine Sequestration als Sicherungsmaßnahmen zur Erhaltung der Güter in ihrem Zustand rechtfertigen, ohne eine endgültige Regelung zu beeinträchtigen. Dringlichkeit spielt dabei keine Rolle. Die Gerichte ordnen das Mittel der Sequestration mit Vorsicht an. Es wird als eine gravierende Ausnahmemaßnahme angesehen, die nur aus ausreichenden und schwerwiegenden Gründen gewährt werden kann.

C. Vorläufige Maßnahmen

Ein Eilverfahren zur Erwirkung vorläufiger Maßnahmen kann nur dann durchgeführt werden, wenn die Sache so dringend ist, dass der Antragsteller ohne die sofortige Verhängung von Maßnahmen einen erheblichen Schaden oder Nachteil erleiden würde. Die Dringlichkeit der Sache ist deshalb eine wesentliche Voraussetzung für das Eilverfahren.

Auch im Hauptverfahren erlassene vorläufige Maßnahmen setzen Dringlichkeit voraus. Deshalb werden diese beim Friedensrichter zu beantragenden Maßnahmen auch „vorläufige Eilmaßnahmen“ (mesures provisoires urgentes/dringende voorlopige maatregelen) bezeichnet.

D. Vorläufige Vollstreckung

Bei der Prüfung, ob eine vorläufige Vollstreckung genehmigt oder abgelehnt werden soll, ist entscheidend, inwieweit für den Gläubiger die Gefahr besteht, dass die Gegenpartei die Vollstreckung des Urteils unnötig verzögern oder verhindern könnte. Legt die Gegenpartei Einspruch oder Berufung nur mit dem Ziel ein, die Vollstreckung des Urteils zu verhindern, hat das Gericht, das das Urteil erlassen hat, Anlass für eine vorläufige Vollstreckung. Diese ist jedoch in bestimmten Fällen nicht erlaubt (siehe oben).

3 Gegenstand und Art dieser Maßnahmen

3.1 Welche Arten von Vermögenswerten können unter diese Maßnahmen fallen?

A. Sicherungspfändung

Sämtliche Arten von Vermögenswerten (beweglich, unbeweglich, immateriell) können Gegenstand einer Sicherungspfändung sein. Bestimmte Vermögenswerte dürfen jedoch nicht oder nur teilweise gepfändet werden. Ob ein Vermögenswert von der Pfändung ausgeschlossen ist, ergibt sich aus dem Gesetz, der Natur des Vermögenswertes oder der Beziehung zwischen Vermögenswert und Schuldner.

Die nicht pfändbaren Güter sind in Artikel 1408 Gerichtsgesetzbuch aufgeführt. Dies sind im Wesentlichen die für den Schuldner unerlässlichen Güter, die der Schuldner oder seine Kinder für die Weiterführung des Studiums oder für die Berufsausbildung benötigen oder die zur Ausübung eines Kultes dienen, sowie Nahrungsmittel und Brennstoffe. In Artikel 1410 § 2 Gerichtsgesetzbuch sind grundsätzlich nicht pfändbare Arten von Forderungen aufgeführt. Dazu gehören Ansprüche auf Familienleistungen sowie der Mindestlohn.

Löhne, Gehälter und Ähnliches können nur teilweise gepfändet werden. Die entsprechenden Beträge sind in Artikel 1409 § 1 Gerichtsgesetzbuch festgesetzt und werden jedes Jahr durch Königliche Anordnung unter Berücksichtigung des Verbraucherpreisindexes angepasst. Artikel 1410 § 1 Gerichtsgesetzbuch erweitert die teilweise Pfändbarkeit unter anderem auf Unterhaltsvorschüsse und endgültig festgesetzte Unterhaltsleistungen, Renten, Arbeitslosenentschädigungen sowie Arbeitsunfähigkeits- und Invaliditätsentschädigungen.

Die gepfändeten Vermögenswerte werden vom Gerichtsvollzieher im Hinblick auf ihre eventuelle spätere Veräußerung in einem Protokoll aufgeführt, sofern nicht mit dem Gläubiger unter Vermittlung des Gerichtsvollziehers eine Einigung erzielt werden kann. Das Verbergen der vom Gerichtsvollzieher erfassten Vermögenswerte ist strengstens untersagt und kann strafrechtlich verfolgt werden.

B. Sequestration

Das Gericht kann die Sequestration folgender Sachen anordnen: bei einem Schuldner gepfändete bewegliche Sachen, bewegliche oder unbewegliche Sachen, deren Eigentum oder Besitz in Bezug auf zwei oder mehrere Personen streitig ist, und Sachen, die ein Schuldner zur Tilgung seiner Schuld anbietet (Artikel 1961 Zivilgesetzbuch).

C. Vorläufige Maßnahmen

Die Anordnung vorläufiger Maßnahmen im Eilverfahren ist in Sachen jeglicher Art möglich. Der Präsident des Gerichts Erster Instanz ist für alle Streitigkeiten zuständig, die das allgemeine Zivilrecht betreffen. Arbeits- oder handelsrechtliche Streitigkeiten fallen in die Zuständigkeit des Präsidenten des Arbeitsgerichts bzw. des Präsidenten des Handelsgerichts.

Das Familiengericht kann vorläufige Maßnahmen für die restliche Dauer des gemeinsamen Lebens der Parteien anordnen, beispielsweise in Bezug auf die gemeinsame Wohnung oder auf die Kinder und das Eigentum der Kinder. Dies gilt jedoch nur für Ehegatten (Artikel 223 Absatz 1 Zivilgesetzbuch) und gesetzlich Zusammenwohnende (Artikel 1479 Absatz 1 Zivilgesetzbuch), nicht aber für faktisch Zusammenwohnende.

D. Vorläufige Vollstreckung

Grundsätzlich können alle Urteile vorläufig vollstreckt werden, wenn das Gericht dies anordnet, soweit das Gesetz dies nicht verbietet (Artikel 1399 Gerichtsgesetzbuch).

3.2 Welche Wirkungen haben diese Maßnahmen?

A. Sicherungspfändung

Dem Gepfändeten verbleiben die mit den gepfändeten Vermögenswerten verbundenen Eigentums- bzw. Nutzungs- und Gewinnbezugsrechte (z. B. Nutzung, Miete, Einnahmen, Gewinne). Die Sicherungspfändung bewirkt nur, dass die Vermögenswerte nicht veräußert oder verpfändet werden können. Sämtliche Geschäfte, die der Gepfändete trotz des Entzugs seiner Verfügungsgewalt abschließt, sind an sich rechtsgültig, können jedoch dem pfändenden Gläubiger nicht entgegengehalten werden. Dieser kann die Geschäfte ignorieren und sich verhalten, als hätten sie nie stattgefunden.

B. Sequestration

Bei der Sequestration geht der Besitz der Vermögenswerte wie bei der normalen Verwahrung auf den Verwahrer über. Der Verwahrer darf nur Handlungen vornehmen, die der Erhaltung der Vermögenswerte dienen.

C. Vorläufige Maßnahmen

Entfällt.

D. Vorläufige Vollstreckung

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckung bewirkt, dass das Urteil vollstreckt wird, obwohl noch die Möglichkeit besteht, Berufung oder Einspruch dagegen einzulegen. Der Antragsteller trägt das mit der Vollstreckung verbundene Risiko (siehe oben).

3.3 Wie lange sind diese Maßnahmen rechtswirksam?

A. Sicherungspfändung

Die Sicherungspfändung ist grundsätzlich auf drei Jahre befristet. Der Pfändungsrichter kann jedoch eine kürzere Frist festlegen. Die Pfändung kann nur vor Ablauf der ursprünglichen Frist verlängert werden. Eine Verlängerung der bestehenden Frist wird bewilligt, wenn dafür ausreichende Gründe vorliegen und immer noch Dringlichkeit besteht.

B. Sequestration

Das Gesetz sieht keine Befristung der Sequestration vor. Die Sequestration wird aufgehoben, wenn kein Risiko mehr besteht, dass die Vermögenswerte nicht in ihrem Zustand erhalten bleiben und eine endgültige Regelung dadurch gefährdet wäre.

C. Vorläufige Maßnahmen

Das Gesetz sieht keine Befristung vorläufiger Maßnahmen vor. Vorläufige Maßnahmen können durch das Endurteil bestätigt oder aufgehoben werden.

D. Vorläufige Vollstreckung

Entfällt.

4 Können gegen diese Maßnahmen Rechtsmittel eingelegt werden?

A. Sicherungspfändung

Lehnt der Pfändungsrichter einen Antrag auf Sicherungspfändung ab, so kann der Pfändende den Beschluss des Richters innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung anfechten (Artikel 1419 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1031 Gerichtsgesetzbuch). Die Sache wird dann erneut so verhandelt, wie sie vor dem ersten Richter verhandelt wurde. Das Gericht erlässt das Urteil in der Ratskammer (chambre du conseil/raadkamer). Wird die Pfändung in zweiter Instanz genehmigt und möchte der Gepfändete sie verhindern, so muss er beim Appellationshof(cour d’appel/hof van beroep) Dritteinspruch (tierce opposition/derdenverzet) erheben.

Gibt der Pfändungsrichter einem Antrag auf Sicherungspfändung statt, so kann der Gepfändete oder jeder andere Beteiligte ebenfalls Dritteinspruch gegen den Beschluss des Richters erheben (Artikel 1419 Gerichtsgesetzbuch). Der Dritteinspruch ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Pfändungsbeschlusses zu erheben und bei dem Gericht einzureichen, das den Beschluss erlassen hat (Artikel 1125 Gerichtsgesetzbuch). Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, der Pfändungsrichter gewährt einen Aufschub der Vollstreckung.

B. Sequestration

Im Falle einer zwischen den Parteien vereinbarten Sequestration entfällt dieser Punkt.

Gegen die gerichtlich angeordnete Sequestration können nach den im Gerichtsgesetzbuch vorgesehenen ordentlichen Verfahren Rechtsmittel eingelegt werden.

C. Vorläufige Maßnahmen

Fühlt sich eine Partei durch eine im Eilverfahren erlassene Anordnung beschwert, so kann sie Berufung oder Einspruch einlegen. Gegen den Beschluss des Präsidenten eines Gerichtes Erster Instanz oder eines Handelsgerichts können beim Appellationshof Rechtsmittel eingelegt werden. Gegen den Beschluss des Präsidenten eines Arbeitsgerichts können beim Arbeitsgerichtshof (cour du travail/arbeidshof) Rechtsmittel eingelegt werden.

Die Einspruchs- bzw. Berufungsfrist beträgt einen Monat ab Zustellung des Beschlusses durch den Gerichtsvollzieher, wenn das Verfahren durch Ladung (assignation/dagvaarding) oder freiwilliges Erscheinen (comparution volontaire/vrijwillige verschijning) eingeleitet wurde. Im Falle eines Beschlusses aufgrund eines einseitigen Antrags beträgt die Frist einen Monat ab Zustellung des Beschlusses per Gerichtsbrief (pli judiciaire/gerechtsbrief).

D. Vorläufige Vollstreckung

Die vorläufige Vollstreckung ist nicht anfechtbar. Das Berufungsgericht kann auf keinen Fall die Vollstreckung der Urteile verbieten oder aussetzen (Artikel 1402 Gerichtsgesetzbuch).

Letzte Aktualisierung: 24/10/2019

Die landessprachliche Fassung dieser Seite wird von der entsprechenden EJN-Kontaktstelle verwaltet. Die Übersetzung wurde vom Übersetzungsdienst der Europäischen Kommission angefertigt. Es kann sein, dass Änderungen der zuständigen Behörden im Original in den Übersetzungen noch nicht berücksichtigt wurden. Weder das Europäische Justizielle Netz (EJN) noch die Europäische Kommission übernimmt Verantwortung oder Haftung für Informationen, die dieses Dokument enthält oder auf die es verweist. Angaben zum Urheberrechtsschutz für EU-Websites sind dem rechtlichen Hinweis zu entnehmen.