Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten

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1.1. Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen in Bezug auf bestimmte Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des EU-Umweltrechts, aber nicht in den Anwendungsbereich der UVP- und der IED-Richtlinie (UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung), IED (Industrieemissionsrichtlinie) fallen[1]

Das Aarhus Beteiligungsgesetz 2018 – mit diesem wurden das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), das Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) und das Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) geändert – und das Emissionsgesetz-Luft 2018 haben Regelungen betreffend den Zugang zu Gerichten im Bereich Abfall, Wasser und Luft auf Bundesebene eingeführt.

Auf Landesebene finden sich die wichtigsten Bestimmungen zum Gerichtszugang in den unterschiedlichen Naturschutzgesetzen der Bundesländer. Abgesehen von der Steiermark und Oberösterreich, haben die Länder auch Bestimmungen zum Gerichtszugang in ihren Jagdgesetzen eingeführt. Das Burgenland, Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg haben außerdem ähnliche Bestimmungen in ihren Fischereigesetzen. Das Bundesland Wien hat kürzlich eine Novelle zur Änderung der betreffenden Landesgesetze (Wiener Nationalparkgesetz, Wiener Naturschutzgesetz, Wiener Fischereigesetz und Wiener Jagdgesetz) einer öffentlichen Konsultation unterzogen.

1) Welche nationalen gesetzlichen Bestimmungen regeln die Klagebefugnis von Privatpersonen und NRO, die die Verfahren zur Annahme der Entscheidung, Handlung oder Unterlassung oder ihren Inhalt a) in einem Verwaltungsverfahren überprüfen lassen oder b) in einem Gerichtsverfahren vor einem nationalen Gericht anfechten wollen (insbesondere welche zu erfüllenden Voraussetzungen und welche etwaigen Fristen für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens)? Wie wirksam ist der Zugang zu nationalen Gerichten im Lichte der Rechtsprechung des EuGH und der einschlägigen nationalen Rechtsprechung ausgestaltet?

Die Beschwerde gegen einen erstinstanzlichen Verwaltungsbescheid ist bei der Behörde einzubringen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Der Behörde steht es frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Anschließend hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (sofern die Beschwerde nicht zurück zu weisen oder das Verfahren einzustellen ist). Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Umweltorganisation, um das Beschwerderecht zu erhalten, sind in § 19 UVP-G geregelt.[2] Demnach muss die Umweltorganisation mindestens drei Jahre als gemeinnütziger Verein bestanden haben, mindestens 100 Mitglieder aufweisen und den Umweltschutz als vorrangigen Zweck haben. Ein Verband muss mindestens fünf Mitgliedsvereine umfassen. Alle Umweltorganisationen müssen alle drei Jahre geeignete Unterlagen vorlegen, aus denen hervorgeht, dass sie weiterhin die oben genannten Kriterien erfüllen.

Einzelpersonen haben das Recht, Beschwerde zu erheben, wenn ihre subjektiven Rechte durch einen Bescheid betroffen sind. Dies kann in Wasser-, Luft-, Abfallwirtschafts- oder Jagd- und Fischereiverfahren der Fall sein.

Im Allgemeinen sind Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Entscheidungen innerhalb von vier Wochen ab Zustellung einzubringen. Die Beschwerde ist schriftlich einzubringen und hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheids, die Bezeichnung der belangten Behörde, die Beschwerdegründe und das Begehren zu enthalten.

Bereits vor dem Inkrafttreten des Aarhus Beteiligungsgesetzes haben nationale Gerichte dazu tendiert, den Zugang zu Gerichten unter direkter Anwendung von Unionsrecht und Verweisen auf EuGH-Entscheidungen zu gewähren.[3] Jüngste Entscheidungen zeigen, dass diese Praxis in jenen Bereichen beibehalten wurde, die nicht durch das Aarhus Beteiligungsgesetz erfasst sind, zB das Forstgesetz 1975 (ForstG).[4]

Obwohl Behörden nicht direkt Gerichtszugang gewähren können, wenn dieser nicht von nationalen Gesetzen vorgesehen ist, werden Rechte auf Zugang zu Gerichten meist in Fällen mit Unionsrechtbezug vor den Landesverwaltungsgerichten gewährt. Nichtsdestotrotz gibt es Entscheidungen dieser Gerichte selbst im Rahmen von Unionsrecht, welche die Parteistellung oder den Zugang zu Gerichten versagen oder beschränken.

2) Wie weit reicht der Umfang der verwaltungsbehördlichen Überprüfung (soweit einschlägig) und der gerichtlichen Überprüfung (soweit einschlägig)? Wird sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit abgedeckt?

Wenn eine Beschwerde erhoben wird, können Verwaltungsgerichte die angefochtene Entscheidung sowohl auf ihre inhaltliche als auch auf ihre verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit überprüfen. Während das Gericht sämtliche Tatsachen in Betracht zu ziehen hat, welche es als entscheidungsrelevant erachtet, ist der Umfang der gerichtlichen Überprüfung auf das in der Beschwerde Vorgebrachte beschränkt.

3) Besteht das Erfordernis, vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens das Verwaltungsverfahren auszuschöpfen?

Verwaltungsbehördliche Bescheide können nur vor dem Bundesverwaltungsgericht angefochten werden, welches als Rechtsmittelbehörde in Umwelthaftungsverfahren fungiert. Die Beschwerde ist jedoch bei der Behörde einzubringen, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Die Behörde hat dann die Möglichkeit, das Verfahren selbst durch eine Beschwerdevorentscheidung zu erledigen (siehe 2.1.1).

4) Ist es für die Klagebefugnis vor den nationalen Gerichten erforderlich, an der Phase der öffentlichen Konsultation im Verwaltungsverfahren teilzunehmen – Stellungnahmen abzugeben, an Anhörungen teilzunehmen usw.?

Im Allgemeinen gilt die Präklusion:[5] Abgesehen vom Projektwerber verliert eine Partei ihre Parteistellung, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der mündlichen Verhandlung oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. (Präklusionswirkung). Allerdings treten die Präklusionsfolgen nur dann ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 42 Allgemeines Verfahrensgesetz 1991 (AVG) und den jeweiligen Materiengesetzen entsprechend ordentlich kundgemacht wurde (in den meisten Umweltverfahren werden online Kundmachungsplattformen verwendet).

Was Umweltorganisationen betrifft, sind die Bestimmungen über die Präklusion je nach Gesetz unterschiedlich. Manchmal ist es ausreichend, wenn eine Umweltorganisation in der Beschwerde darlegt, warum bestimmte Beschwerdepunkte zum ersten Mal vorgebracht werden; in anderen Fällen hat eine Umweltorganisation nicht die Möglichkeit, Beschwerde zu erheben, wenn sie sich nicht am vorhergehenden Verwaltungsverfahren beteiligt hat.[6]

5) Gibt es Gründe/Argumente, die in der Phase der gerichtlichen Überprüfung präkludiert sind?

Einzelpersonen, abgesehen vom Projektwerber, haben eine Verletzung der ihnen verliehenen subjektiven Rechte geltend zu machen.

In Wasserrechtsverfahren können Umweltorganisationen nur Einwendungen betreffend möglicher wesentlich nachteiliger Auswirkungen auf den Gewässerzustand erheben.[7] In Abfallwirtschaftsverfahren ist der Gerichtszugang von Umweltorganisationen auf Verletzungen von Unionsrecht beschränkt.[8] In Verfahren bzgl Luftreinhalteplänen oder nationalen Luftreinhalteprogrammen ist eine unmittelbare Betroffenheit notwendig.[9] Ähnliche Beschränkungen finden sich in den meisten Landesgesetzen.

6) Fair, ausgewogen – wie werden diese Begrifflichkeiten im nationalen Rechtssystem angewandt?

Das Recht auf ein faires Verfahren leitet sich aus Art 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention ab (EMRK), welcher Verfassungsrang in Österreich zukommt. Dies schließt auch das Recht auf ein faires Verfahren in der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit ein. Darüber hinaus leitet sich das Recht auf Parteistellung aus dem verfassungsgesetzlichen Gleichheitsgrundsatz ab.[10]

Der Zugang zu Gerichten für die Öffentlichkeit in Umweltverfahren zielt darauf ab, allen Akteuren Parteistellung zu gewähren, denen ein erhebliches Interesse in einem konkreten Fall zuerkannt wird. Sie haben dann die Gelegenheit, alle zur Sache gehörenden Gesichtspunkte vorzubringen und sich zu sämtlichen dem Gericht vorgebrachten Anträgen, Beweisen und Unterlagen über einen Interventionsmechanismus zu äußern. Allerdings bleiben wirtschaftliche Ungleichheiten zwischen den Parteien (trotz Verfahrenshilfe), zB aufgrund der hohen Sachverständigengebühren, bestehen.

7) Wie wird der Begriff „rechtzeitig“ in den nationalen Rechtsvorschriften umgesetzt?

Was die Handlungen von Parteien betrifft, wird der Begriff der „Rechtzeitigkeit“ als „eingereicht während der gesetzlichen Frist“ oder im Falle einer mündlichen Verhandlung, bis zu der Verhandlung verstanden. Dies wird zumeist im Einzelfall entschieden. zB wenn in einer Beschwerde neue Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden, hat die Behörde oder das Verwaltungsgericht hievon unverzüglich den sonstigen Parteien Mitteilung zu machen und ihnen Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist, oder im Falle einer mündlichen Verhandlung, bis zu der Verhandlung, sich dazu zu äußern.

Was die Entscheidungspflicht betrifft, sind Behörden und Verwaltungsgerichte dazu angehalten, ihre Entscheidung so rasch wie möglich und „ohne unnötigen Aufschub“, spätestens bis zur jeweiligen Frist, zu erlassen. Falls die Behörde oder das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von sechs Monaten oder, falls gesetzlich eine kürzere oder längere Frist vorgesehen ist, innerhalb dieser eine Entscheidung erlässt, können die Parteien gegen die Verletzung der Entscheidungspflicht vorgehen.[11] Bei Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Behörde entscheidet das Verwaltungsgericht über die Säumnisbeschwerde, bei Verwaltungsgerichten der Verwaltungsgerichthof über den Fristsetzungsantrag. Die Säumnisbeschwerde bzw der Fristsetzungsantrag ist bei der Behörde bzw beim Verwaltungsgericht, welche die Entscheidungspflicht verletzt haben und zwei Wochen zur Nacherlassung der Entscheidung haben, einzubringen.

Verwaltungsgericht haben innerhalb einer Frist von sechs Monaten zu entscheiden.[12]

8) Gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes? Wenn ja, welche Verfahrensanforderungen gelten für einen solchen vorläufigen Rechtsschutz? Gibt es für jeden Bereich neben den allgemeinen nationalen Vorschriften Sonderregelungen?

Es gibt keinen vorläufigen Rechtsschutz in Österreich, allerdings kommt einer Beschwerde grundsätzlich aufschiebende Wirkung gemäß den allgemeinen Verwaltungsverfahrensregeln zu. Während des Vorentscheidungsverfahrens kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Das Verwaltungsgericht kann die aufschiebende Wirkung aus denselben Gründen ausschließen. Allerdings sehen Bestimmungen in manchen Materiengesetzen, zB § 43a Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (Oö. NSchG 2001), den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung für Beschwerde vor, außer diese wird von der Behörde auf Antrag zuerkannt.

9) Wie hoch sind die Kosten für die Einreichung einer Klage auf Zugang zur Justiz in diesen Bereichen? Welche Folgen hat es, wenn man vor Gericht eine Niederlage erleidet? Wie wird sichergestellt, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sind und enthalten sie einen ausdrücklichen gesetzlichen Verweis auf das Erfordernis, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sein dürfen?

Rechtskosten und Gebühren setzen sich zusammen aus den Gerichtsgebühren (die bei Eingaben von Klagen und Beschwerden zu entrichten sind), Anwaltskosten und den notwendigen Aufwendungen (Barauslagen), wie zB Gebühren für Sachverständige und Dolmetscher sowie Reisekosten von Zeugen. Anwälte sind für jede einzelne Handlung im Verfahren zu entlohnen. Die den Beteiligten erwachsenen Kosten, wie etwa interne Ermittlungskosten oder die Kosten zur Vorbereitung des Verfahrens, werden nicht als kostenersatzfähig erachtet.

Es bestehen keine behördlichen Rechtsmittelverfahren, da Beschwerden gegen behördliche Entscheidungen an die Verwaltungsgerichte zu richten sind. In Rechtsmittelverfahren vor den Verwaltungsgerichten hat jeder Beteiligte die ihm erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.[13] Sofern sich nichts anderes ergibt, sind die Kosten für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen.

Im Verwaltungsverfahren gibt es eigene Gebührenkategorien für jeden Antrag. Die Kategorien sind in der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 (BvwAbgV) geregelt.

Der kostspieligste Teil der Einlegung eines Rechtsbehelfs ist in der Regel die Vorlage von Sachverständigen-Gutachten. Die Kosten für Privatsachverständige sind starken Schwankungen unterworden, die sie nach dem konkreten Einzelfall richten. Die Sachverständigengebühren für die Evaluierung von Großprojekten in verschiedenen Bereichen (zB ein Projekt mit einer Fläche von über 10 ha oder Verkehrsinfrastruktur mit einer Länge von mehr als 10 km) ohne detaillierter Untersuchungen vor Ort können bis zu EUR 50.000,- betragen. Es ist auch möglich, dass die Parteien Privatsachverständige mit einem gutachten beauftragen. Diese Berichte werden jedoch nur als private Dokumente behandelt und beweisen nichts als die Meinung des Verfassers. Es gibt keine gesetzlichen Bestimmungen zur Abwendung überschießender Gutachterkosten.

10) Kann das Gericht eine Befreiung von Verfahrenskosten, Abgaben, Anmeldegebühren, Besteuerung von Kosten usw. vorsehen? Gibt es weitere nationale Besonderheiten, die mit diesem Thema zusammenhängen?

Wenn eine Person nur über geringes Einkommen verfügt oder sich in einer schwierigen finanziellen Situation befindet, kann sie Verfahrenshilfe beantragen. Verfahrenshilfe kann dann gewährt werden, wenn dies Art 6 Abs 1 EMRK oder Art 47 GRC entspricht. Einen Teil der Verfahrenshilfe kann eine vorübergehende Befreiung von Verfahrenskosten darstellen. Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist spätestens beim Einbringen der Beschwerde einzubringen.

1.2. Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen in Bezug auf die Verwaltungsverfahren, die zur Einhaltung der nationalen Durchführungsvorschriften für die Richtlinie über die strategische Umweltprüfung (SUP) 2001/42/EG zu befolgen sind[14]

1) Welche nationalen gesetzlichen Bestimmungen regeln die Klagebefugnis von Privatpersonen und NRO, die die Verfahren zur Annahme der Entscheidung, Handlung oder Unterlassung a) in einem Verwaltungsverfahren überprüfen lassen oder b) in einem Gerichtsverfahren vor einem nationalen Gericht anfechten wollen (insbesondere welche zu erfüllenden Voraussetzungen und welche etwaigen Fristen für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens)? Wie wirksam ist der Zugang zu nationalen Gerichten im Lichte der Rechtsprechung des EuGH und der einschlägigen nationalen Rechtsprechung ausgestaltet?

Die Umsetzungsvorschriften zur SUP-RL auf bundes- und landesgesetzlicher Ebene gewähren keinen Rechtsschutz für Mitglieder der Öffentlichkeit. Es gibt keine Möglichkeit, inhaltliche oder formelle Mängel, wie etwa eine ineffektive oder gänzlich unterlassene Beteiligung der Öffentlichkeit, anzufechten.

Die einzige Möglichkeit, einen Plan oder ein Programm anzufechten, besteht, wenn diese als Gesetz[15] oder Verordnung[16] erlassen wurden. Allerdings ist dieses Beschwerderecht an den Verfassungsgerichtshof nur auf einen eingeschränkten Personenkreis beschränkt (siehe Punkt 2.2.2).

2) Wie weit reicht der Umfang der verwaltungsbehördlichen Überprüfung (soweit einschlägig) und der gerichtlichen Überprüfung (soweit einschlägig)? Wird sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit abgedeckt?

Was Grundrechte betrifft, ermöglicht Art 144 B-VG Einzelpersonen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben, wenn sie in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt werden. Als Grundvoraussetzung ist eine Verletzung von „subjektiven Rechten“ erforderlich, dh eine Partei kann sich einerseits nur gegen solche Rechtsvorschriften wenden, die dem Schutz von Einzelpersonen dienen, und andererseits nur gegen Verletzungen eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts vorgehen. Einige bestimmte verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte können mit Umweltschutz in Verbindung gebracht werden, zB Recht auf Gerechtigkeit, Recht auf Leben, Recht auf Gesundheit, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

Der Prüfumfang des VfGH schließt auch die Rechtmäßigkeit von Verordnungen mit Verfassungs- und Gesetzbestimmungen sowie Bestimmungen von zugrundeliegenden Verordnungen sowohl inhaltlich als auch formell mit ein.[17] Wenn der VfGH ein Gesetz oder eine Verordnung für verfassungs- bzw rechtswidrig erklärt, sind sämtliche Gerichte und Behörden an seine Entscheidungen gebunden. Das Gesetz bzw die Verordnung gilt weiterhin für betroffene Sachverhalte vor der Entscheidung des VfGH. Nur der gegenständliche Fall ist von der Anwendung ausgenommen.

3) Besteht das Erfordernis, vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens das Verwaltungsverfahren auszuschöpfen?

Um Beschwerde an den VfGH erheben zu können, ist eine Ausschöpfung des administrativen Instanzenzugs erforderlich. Allerdings, wie oben unter 2.2.1 erwähnt wurde, gewähren die SUP-Gesetze den Mitgliedern der Öffentlichkeit keinen Rechtsschutz.

4) Ist es für die Klagebefugnis vor den nationalen Gerichten erforderlich, an der Phase der öffentlichen Konsultation im Rahmen des Verwaltungsverfahrens teilzunehmen – Stellungnahmen abzugeben, an Anhörungen teilzunehmen usw.?

Nachdem es keine speziellen Bestimmungen zum Gerichtszugang im SUP-Bereich gibt, gibt es auch keine relevanten Vorgaben.

5) Gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes? Wenn ja, welche Verfahrensanforderungen gelten für einen solchen vorläufigen Rechtsschutz? Gibt es für jeden Bereich neben den allgemeinen nationalen Vorschriften Sonderregelungen?

Es gibt keine Bestimmungen zum vorläufigen Rechtsschutz in dieser Hinsicht.

Wenn der VfGH ein Gesetz oder eine Verordnung für verfassungs- bzw rechtswidrig erklärt, sind sämtliche Gerichte und Behörden an seine Entscheidungen gebunden. Das Gesetz bzw die Verordnung gilt weiterhin für betroffene Sachverhalte vor der Entscheidung des VfGH. Nur der gegenständliche Fall ist von der Anwendung ausgenommen.

6) Wie hoch sind die Kosten für die Einreichung einer Klage auf Zugang zum Recht in diesen Bereichen? Welche Folgen hat es, wenn man vor Gericht eine Niederlage erleidet? Wie wird sichergestellt, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sind und enthalten sie einen ausdrücklichen gesetzlichen Verweis auf das Erfordernis, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sein dürfen?

Die Eingabegebühr für eine Beschwerde an den VfGH beträgt EUR 240,-. Es besteht Anwaltspflicht. Verfahrenshilfe kann im Anwendungsbereich von Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 GRC gewährt werden.

Abgesehen von den im Rechtsanwaltstarifgesetz geregelten Anwaltsgebühren (siehe 2.1.9) gibt es keine gesetzlichen Garantien, dass die Kosten nicht unerschwinglich werden.

1.3. Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen in Bezug auf die Verwaltungsverfahren, die zur Erfüllung der obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Artikel 7 des Übereinkommens von Aarhus in Bezug auf Pläne und Programme, die nicht den in der Richtlinie 2001/42/EG über die strategische Umweltprüfung (SUP) festgelegten Verfahren unterzogen wurden, zu befolgen sind[18]

1) Welche nationalen gesetzlichen Bestimmungen regeln die Klagebefugnis von Privatpersonen und NRO, die die Verfahren zur Annahme der Entscheidung, Handlung oder Unterlassung a) in einem Verwaltungsverfahren überprüfen lassen oder b) in einem Gerichtsverfahren vor einem nationalen Gericht anfechten wollen (insbesondere welche zu erfüllenden Voraussetzungen und welche etwaigen Fristen für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens)? Wie wirksam ist der Zugang zu nationalen Gerichten im Lichte der Rechtsprechung des EuGH und der einschlägigen nationalen Rechtsprechung ausgestaltet?

Es finden sich keine generellen Bestimmungen, die Mitgliedern der Öffentlichkeit Zugang zu Überprüfungsverfahren gemäß Art 7 Aarhus-Konvention gewähren. Es gibt keine Möglichkeit, inhaltliche oder formelle Mängel, wie etwa eine ineffektive oder gänzlich unterlassene Beteiligung der Öffentlichkeit, anzufechten.

Die einzige Möglichkeit, einen Plan oder ein Programm anzufechten, besteht, wenn diese als Gesetz[19] oder Verordnung[20] erlassen wurden. Allerdings ist dieses Beschwerderecht an den Verfassungsgerichtshof nur auf einen eingeschränkten Personenkreis beschränkt.

2) Wie weit reicht der Umfang der verwaltungsbehördlichen Überprüfung (soweit einschlägig) und der gerichtlichen Überprüfung (soweit einschlägig)? Wird sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit abgedeckt?

Was Grundrechte betrifft, ermöglicht Art 144 B-VG Einzelpersonen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben, wenn sie in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt werden. Als Grundvoraussetzung ist eine Verletzung von „subjektiven Rechten“ erforderlich, dh eine Partei kann sich einerseits nur gegen solche Rechtsvorschriften wenden, die dem Schutz von Einzelpersonen dienen, und andererseits nur gegen Verletzungen eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts vorgehen. Einige bestimmte verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte können mit Umweltschutz in Verbindung gebracht werden, zB Recht auf Gerechtigkeit, Recht auf Leben, Recht auf Gesundheit, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

Der Prüfumfang des VfGH schließt auch die Rechtmäßigkeit von Verordnungen mit Verfassungs- und Gesetzbestimmungen sowie Bestimmungen von zugrundeliegenden Verordnungen sowohl inhaltlich als auch formell mit ein.[21] Wenn der VfGH ein Gesetz oder eine Verordnung für verfassungs- bzw rechtswidrig erklärt, sind sämtliche Gerichte und Behörden an seine Entscheidungen gebunden. Das Gesetz bzw die Verordnung gilt weiterhin für betroffene Sachverhalte vor der Entscheidung des VfGH. Nur der gegenständliche Fall ist von der Anwendung ausgenommen.

3) Besteht das Erfordernis, vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens das Verwaltungsverfahren auszuschöpfen?

Um Beschwerde an den VfGH erheben zu können, ist eine Ausschöpfung des administrativen Instanzenzugs erforderlich. Allerdings, wie oben unter 2.3.1 erwähnt wurde, gewähren die SUP-Gesetze den Mitgliedern der Öffentlichkeit keinen Rechtsschutz.

4) Ist es für die Klagebefugnis vor den nationalen Gerichten erforderlich, an der Phase der öffentlichen Konsultation im Verwaltungsverfahren teilzunehmen – Stellungnahmen abzugeben, an Anhörungen teilzunehmen usw.?

Nachdem es keine speziellen Bestimmungen zum Gerichtszugang nach Art 7 Aarhus-Konvention gibt, gibt es auch keine relevanten Vorgaben.

5) Gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes? Wenn ja, welche Verfahrensanforderungen gelten für einen solchen vorläufigen Rechtsschutz? Gibt es für jeden Bereich neben den allgemeinen nationalen Vorschriften Sonderregelungen?

Es gibt keine Bestimmungen zum vorläufigen Rechtsschutz in dieser Hinsicht.

Wenn der VfGH ein Gesetz oder eine Verordnung für verfassungs- bzw rechtswidrig erklärt, sind sämtliche Gerichte und Behörden an seine Entscheidungen gebunden. Das Gesetz bzw die Verordnung gilt weiterhin für betroffene Sachverhalte vor der Entscheidung des VfGH. Nur der gegenständliche Fall ist von der Anwendung ausgenommen.

6) Wie hoch sind die Kosten für die Einreichung einer Klage auf Zugang zum Recht in diesen Bereichen? Welche Folgen hat es, wenn man vor Gericht eine Niederlage erleidet? Wie wird sichergestellt, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sind und enthalten sie einen ausdrücklichen gesetzlichen Verweis auf das Erfordernis, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sein dürfen?

Die Eingabegebühr für eine Beschwerde an den VfGH beträgt EUR 240,-. Es besteht Anwaltspflicht. Verfahrenshilfe kann im Anwendungsbereich von Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 GRC gewährt werden.

Abgesehen von den im Rechtsanwaltstarifgesetz geregelten Anwaltsgebühren gibt es keine gesetzlichen Garantien, dass die Kosten nicht unerschwinglich werden.

1.4. Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen, die auch Pläne und Programme betreffen, die nach dem EU-Umweltrecht ausgearbeitet werden müssen[22]

1) Welche nationalen gesetzlichen Bestimmungen regeln die Klagebefugnis von Privatpersonen und NRO, die den Inhalt des Plans a) einer verwaltungsbehördlichen Überprüfung unterziehen und b) vor einem nationalen Gericht anfechten wollen (insbesondere in Bezug auf die zu erfüllenden Voraussetzungen und die Fristen für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens)? Wie wirksam ist der Zugang zu nationalen Gerichten im Lichte der Rechtsprechung des EuGH und der einschlägigen nationalen Rechtsprechung ausgestaltet?

Die einzigen Regelwerke, die zurzeit Gerichtszugang im Zusammenhang mit Plänen und Programmen gewähren, sind das Imissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) und das Emissionsschutzgesetz-Luft 2018 (EG-L 2018). Bei der Stellung eines Antrags auf Überprüfung haben natürliche Personen ihre unmittelbare Betroffenheit glaubhaft zu machen. Unmittelbare Betroffenheit liegt vor, wenn die Gesundheit durch Nichterfüllung der Grenzwerte gefährdet ist. Umweltorganisationen haben Informationen und Daten anzufügen, aus denen ihre Anerkennung gemäß § 19 Abs 7 UVP-G 2000 hervorgeht.[23]

Bis dato ist unklar, wie wirksam der Gerichtszugang in diesem Rechtsgebiet ist, da diese Rechte erst vor kurzem eingeführt wurden und praktische Erfahrungen erst gemacht werden müssen. Allerdings zeigt bereits bestehende Rechtsprechung, die Wirksamkeit einer Beschwerde entscheidend vom Zeitpunkt abhängt, da die Überschreitungen von Grenzwerten abnehmen oder meteorologischen Verhältnissen unterliegen, sodass auf jahrelange Überschreitungen Jahre der Einhaltung der Grenzwerte folgen.

Es sollte angemerkt werden, dass bereits vor dem Inkrafttreten der IG-L-Novelle und des EG-L 2018, die den Gerichtszugang eingeführt haben, der Zugang zu Gerichten durch die direkte Anwendung von Unionsrecht in Verbindung mit der Aarhus-Konvention im Luftreinhalterecht gewährt worden ist.[24] Es besteht daher die Möglichkeit, dass nationale Gerichte andere Unionsvorschriften des Umweltschutzes in Verbindung mit der Aarhus-Konvention sinngemäß direkt anwenden.[25] Aufgrund der bestehenden Rechtsprechung kann davon ausgegangen werden, dass Umweltorganisationen gemäß § 19 UVP-G anzuerkennen sind und Einzelpersonen bei Betroffenheit subjektiv-öffentliche Rechte zu gewähren sind.

2) Hat die Form, in der der Plan oder das Programm angenommen wird, eine Auswirkung auf die Klagebefugnis (siehe auch Abschnitt 2.5)?

Beschwerden an den VfGH gegen Pläne und Programme sind nur zulässig, wenn diese als Gesetz oder Verordnung erlassen wurden.

3) Wie weit reicht der Umfang der verwaltungsbehördlichen Überprüfung (soweit einschlägig) und der gerichtlichen Überprüfung (soweit einschlägig)? Wird sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit abgedeckt?

Gemäß der Bestimmungen im IG-L und EG-L 2018 hat der Antrag oder die Beschwerde begründet darzulegen, weshalb die Voraussetzungen für eine Überarbeitung des nationalen Luftreinhalteprogramms vorliegen oder weshalb die im nationalen Luftreinhalteprogramm enthaltenen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit ungeeignet erscheinen, die nationalen Emissionen der relevanten Luftschadstoffe derart zu vermindern, dass die in nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen erfüllt werden.

Das Verwaltungsgericht kann die Entscheidung sowohl auf ihre inhaltliche als auch auf ihre verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit überprüfen. Während das Gericht sämtliche Tatsachen in Betracht zu ziehen hat, welche es als entscheidungsrelevant erachtet, ist der Umfang der gerichtlichen Überprüfung auf das in der Beschwerde Vorgebrachte beschränkt.

4) Besteht das Erfordernis, vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens das Verwaltungsverfahren auszuschöpfen?

Innerhalb von acht Wochen nach der Kundmachung des nationalen Luftreinhalteprogrammes können unmittelbar betroffene natürliche Personen sowie Umweltorganisationen, die gemäß § 19 UVP-G 2000 anerkannt sind, beim Landeshauptmann (Luftreinhalteplan) oder der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (nationales Luftreinhalteprogramm) einen begründeten Antrag auf Überprüfung des Luftreinhalteplans bzw nationalen Luftreinhalteprogrammes in Hinblick auf die Eignung der darin enthaltenen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit, die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen zu erfüllen, stellen. Über diesen Antrag hat die zuständige Behörde mit Bescheid zu entscheiden. Es besteht zudem die Möglichkeit, einen begründeten Antrag auf Erstellung eines Planes oder Programmes, oder, wenn bereits ein Plan oder Programm erstellt wurden, auf deren Überarbeitung beim Landeshauptmann bzw der Bundesministerin zu stellen.

Anschließend können die berechtigten Mitglieder der Öffentlichkeit Beschwerde gegen einen Bescheid über die oben genannten Angelegenheiten bei den Landesverwaltungsgerichten erheben (im Falle des nationalen Luftreinhalteprogrammes beim Landesverwaltungsgericht Wien).

5) Ist es für die Klagebefugnis vor den nationalen Gerichten erforderlich, an der Phase der öffentlichen Konsultation im Verwaltungsverfahren teilzunehmen – Stellungnahmen abzugeben, an Anhörungen teilzunehmen usw.?

Gemäß der Bestimmungen im IG-L und EG-L 2018 ist es nicht notwendig, an der öffentlichen Konsultationsphase teilzunehmen, um Beschwerde gegen einen Plan oder ein Programm erheben zu können.

6) Gibt es einige Gründe/Argumente, die im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung präkludiert sind (nicht akzeptiert werden)?

Damit ein Antrag oder eine Beschwerde im Sinne des IG-L bzw EG-L 2018 zulässig ist, sind die Gründe, weshalb die Voraussetzungen für eine Überarbeitung des nationalen Luftreinhalteprogramms vorliegen oder weshalb die im nationalen Luftreinhalteprogramm enthaltenen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit ungeeignet erscheinen, die nationalen Emissionen der relevanten Luftschadstoffe derart zu vermindern, dass die in nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen erfüllt werden, in klarer und gut begründeter Weise auszuführen. Dies sind zudem die einzigen Argumente, die von Umweltorganisationen gegen Pläne und Programme eingewendet werden können. Einzelpersonen können Beschwerden nur aus dem Grund der unmittelbaren Betroffenheit durch einen Plan oder ein Programm erheben.

7) Fair, ausgewogen – wie werden diese Begrifflichkeiten im nationalen Rechtssystem angewandt?

Das Recht auf ein faires Verfahren leitet sich aus Art 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention ab (EMRK), welcher Verfassungsrang in Österreich zukommt. Dies schließt auch das Recht auf ein faires Verfahren in der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit ein. Darüber hinaus leitet sich das Recht auf Parteistellung aus dem verfassungsgesetzlichen Gleichheitsgrundsatz ab.[26]

Der Zugang zu Gerichten für die Öffentlichkeit in Umweltverfahren zielt darauf ab, allen Akteuren Parteistellung zu gewähren, denen ein erhebliches Interesse in einem konkreten Fall zuerkannt wird. Sie haben dann die Gelegenheit, alle zur Sache gehörenden Gesichtspunkte vorzubringen und sich zu sämtlichen dem Gericht vorgebrachten Anträgen, Beweisen und Unterlagen über einen Interventionsmechanismus zu äußern.

8) Wie wird der Begriff „rechtzeitig“ in den nationalen Rechtsvorschriften umgesetzt?

Es gelten die allgemeinen Bestimmungen zu Verwaltungsverfahren: Wenn ein Mitglied der Öffentlichkeit die Überprüfung eines Luftreinhalteplans im Sinne des IG-L bzw des nationalen Luftreinhalteprogrammes im Sinne des EG-L 2018 beantragt, hat der Landeshauptmann bzw die Bundesministerin eine Frist von sechs Monaten ab Einlangen des Antrags, um darauf zu reagieren. Im Falle einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht, hat das Gericht weitere sechs Monate Zeit für eine Entscheidung.

9) Gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes? Wenn ja, welche Verfahrensanforderungen gelten für einen solchen vorläufigen Rechtsschutz? Gibt es für jeden Bereich neben den allgemeinen nationalen Vorschriften Sonderregelungen?

Es finden sich keine Bestimmungen zum vorläufigen Rechtsschutz in diesem Hinblick.

10) Wie hoch sind die Kosten für die Einreichung einer Klage auf Zugang zum Recht in diesen Bereichen? Welche Folgen hat es, wenn man vor Gericht eine Niederlage erleidet? Wie wird sichergestellt, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sind und enthalten sie einen ausdrücklichen gesetzlichen Verweis auf das Erfordernis, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sein dürfen?

Die Eingabegebühr für eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht beträgt EUR 30,-. Es bestehen keine gesetzlichen Garantien, dass die Kosten nicht unerschwinglich werden. Abgesehen von freiwilligen Kosten, wie Gebühren für Sachverständigengutachten oder einen Rechtsbeistand, sollten im Allgemeinen keine zusätzlichen Kosten anfallen.

1.5. Exekutive Vorschriften und/oder allgemein anwendbare rechtsverbindliche normative Instrumente zur Umsetzung des EU-Umweltrechts und damit verbundener EU-Rechtsakte[27]

1) Welche nationalen gesetzlichen Bestimmungen regeln die Klagebefugnis von Privatpersonen und NRO, die das Verfahren zur Annahme der Entscheidung, Handlung oder Unterlassung des nationalen Rechtsakts oder ihren Inhalt a) einer verwaltungsbehördlichen Überprüfung unterziehen und b) vor einem nationalen Gericht anfechten wollen (insbesondere welche zu erfüllenden Voraussetzungen und welche etwaigen Fristen für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens)? Wie wirksam ist der Zugang zu nationalen Gerichten im Lichte der Rechtsprechung des EuGH und der einschlägigen nationalen Rechtsprechung ausgestaltet?

Ausführungsbestimmungen und/oder allgemein gültige rechtsverbindliche normative Instrumente können unter bestimmen Umständen vor dem Verfassungsgerichtshof angefochten werden, wenn sie als Gesetz oder Verordnung erlassen wurden.

2) Wie weit reicht der Umfang der verwaltungsbehördlichen Überprüfung (soweit einschlägig) und der gerichtlichen Überprüfung (soweit einschlägig)? Wird sowohl die verfahrensrechtliche als auch die materiellrechtliche Rechtmäßigkeit abgedeckt?

Was Grundrechte betrifft, ermöglicht Art 144 B-VG Einzelpersonen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben, wenn sie in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt werden. Als Grundvoraussetzung ist eine Verletzung von „subjektiven Rechten“ erforderlich, dh eine Partei kann sich einerseits nur gegen solche Rechtsvorschriften wenden, die dem Schutz von Einzelpersonen dienen, und andererseits nur gegen Verletzungen eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts vorgehen. Einige bestimmte verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte können mit Umweltschutz in Verbindung gebracht werden, zB Recht auf Gerechtigkeit, Recht auf Leben, Recht auf Gesundheit, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

Eine Beschwerde gegen verwaltungsbehördliche Bescheide an den VfGH kann dann erhoben werden, wenn eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte vom Beschwerdeführer behauptet wird. Darüber hinaus kann eine Person, die direkt durch ein Gesetz oder eine Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sich direkt an den VfGH wenden, wenn ein Gesetz ohne Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung für sie in Kraft tritt.

Der Prüfumfang des VfGH schließt auch die Rechtmäßigkeit von Verordnungen mit Verfassungs- und Gesetzbestimmungen sowie Bestimmungen von zugrundeliegenden Verordnungen sowohl inhaltlich als auch formell mit ein.[28] Bei Bescheiden kommt dem VfGH volle Kognitionsbefugnis zu und er keine neue Beweise aufnehmen.[29]

Wenn der VfGH ein Gesetz oder eine Verordnung für verfassungs- bzw rechtswidrig erklärt, sind sämtliche Gerichte und Behörden an seine Entscheidungen gebunden. Das Gesetz bzw die Verordnung gilt weiterhin für betroffene Sachverhalte vor der Entscheidung des VfGH. Nur der gegenständliche Fall ist von der Anwendung ausgenommen.

3) Besteht das Erfordernis, vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens das Verwaltungsverfahren auszuschöpfen?

Für eine Beschwerde an den VfGH muss der administrative Instanzenzug ausgeschöpft sein

4) Ist es für die Klagebefugnis vor den nationalen Gerichten erforderlich, an der Phase der öffentlichen Konsultation im Verwaltungsverfahren teilzunehmen – Stellungnahmen abzugeben, an Anhörungen teilzunehmen usw.?

Nachdem das Verfahren vor dem VfGH ein außerordentliches ist, bestehen keine weiteren Vorgaben abgesehen von der Ausschöpfung des administrativen Instanzenzugs.

5) Gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes? Wenn ja, welche Verfahrensanforderungen gelten für einen solchen vorläufigen Rechtsschutz? Gibt es für jeden Bereich neben den allgemeinen nationalen Vorschriften Sonderregelungen?

Es gibt keine Bestimmungen zum vorläufigen Rechtsschutz in dieser Hinsicht.

Wenn der VfGH ein Gesetz oder eine Verordnung für verfassungs- bzw rechtswidrig erklärt, sind sämtliche Gerichte und Behörden an seine Entscheidungen gebunden. Das Gesetz bzw die Verordnung gilt weiterhin für betroffene Sachverhalte vor der Entscheidung des VfGH. Nur der gegenständliche Fall ist von der Anwendung ausgenommen.

6) Wie hoch sind die Kosten für die Einreichung einer Klage auf Zugang zum Recht in diesen Bereichen? Welche Folgen hat es, wenn man vor Gericht eine Niederlage erleidet? Wie wird sichergestellt, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sind und enthalten sie einen ausdrücklichen gesetzlichen Verweis auf das Erfordernis, dass die Kosten nicht übermäßig hoch sein dürfen?

Die Eingabegebühr für eine Beschwerde an den VfGH beträgt EUR 240,-. Es besteht Anwaltspflicht. Verfahrenshilfe kann im Anwendungsbereich von Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 GRC gewährt werden.

Abgesehen davon und den im Rechtsanwaltstarifgesetz geregelten Anwaltsgebühren gibt es keine gesetzlichen Garantien, dass die Kosten nicht unerschwinglich werden.

7) Ist es möglich, einen damit verbundenen EU-Rechtsakt im Hinblick auf ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 267 AEUV vor einem nationalen Gericht anzufechten, und wenn ja, wie[30]?

Verwaltungsgerichte haben eine Frage zur Vorabentscheidung nach Art 267 TFEU vorzulegen, wenn sie dies für angemessen erachten. Der Verwaltungsgerichtshof und der Verfassungsgerichthof als letzte Instanzen sind dazu verpflichtet, wenn sie Zweifel in Bezug auf die Anwendung oder die Interpretation von Unionsrecht haben. Der Beschwerdeführer kann ein Vorabentscheidungsverfahren in der Beschwerde anregen.



[1] Diese Gruppe von Rechtssachen spiegelt die jüngste Rechtsprechung des EuGH wider, wie z. B.: Protect C-664/15 (EU:C:2017:987), slowakische Schutzregelung für Braunbären C-240/09 (EU:C:2011:125), siehe Mitteilung C/2017/2616 der Kommission über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, ABl. C 275 vom 18.8.2017, S. 1.

[2] Sämtliche Bundes- und Landesgesetze, die Zugang zu Gerichten gewähren, verweisen dabei auf die Voraussetzungen des § 19 UVP-G.

[3] zB VwGH 28.3.2018, 2015/07/0555; NÖ LVwG 9.4.2018, LVwG-AV-751/001-2017.

[4] VwGH 20.12.2019, Ro 2018/10/0010.

[5] § 42 AVG.

[6] ZB laut den Naturschutzgesetzen von Vorarlberg und Kärnten.

[7] § 102 Abs 5 WRG.

[8] § 42 Abs 3 AWG.

[9] § 9a Abs 12 IG-L; § 6 Abs 9 EG-L.

[10] Schulev-Steindl, E. (2018), Veraltungsverfahrensrecht6. Wien: Verlag Österreich. (p 27)

[11] § 34 VwGVG.

[12] Ibid., para 1.

[13] § 74 AVG.

[14] Die SUP-Richtlinie bezieht sich auf Pläne und Programme. Diese werden auch in Artikel 7 und Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Aarhus geregelt.

[15] Art 140 B-VG; § 62-65a Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (VfGG).

[16] Art 139 B-VG; § 57-61a Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (VfGG).

[17] Berka, W. (2012), Verfassungsrecht4. Wien: SpringerWienNewYork (para 1113 et seq)

[18] Siehe Feststellungen unter ACCC/C/2010/54 in Bezug auf einen Plan, der nicht einer SUP unterzogen wurde, für den jedoch eine obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung nach Artikel 7 des Übereinkommens von Aarhus gilt.

[19] Art 140 B-VG; § 62-65a Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (VfGG).

[20] Art 139 B-VG; § 57-61a Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (VfGG).

[21] Berka, W. (2012), Verfassungsrecht4. Wien: SpringerWienNewYork (para 1113 et seq)

[22] Diese fallen sowohl in den Anwendungsbereich von Artikel 7 als auch von Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Aarhus. Siehe auch einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wie z. B. die Rechtssache C-237/97, Janecek, die verbundenen Rechtssachen C-128/09 bis C-131/09, Boxus, und die Rechtssache C-182/10, Solvay, auf die in der Mitteilung C/2017/2616 der Kommission über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten Bezug genommen wird.

[23] Demnach muss die Umweltorganisation mindestens drei Jahre als gemeinnütziger Verein bestanden haben, mindestens 100 Mitglieder aufweisen und den Umweltschutz als vorrangigen Zweck haben. Ein Verband muss mindestens fünf Mitgliedsvereine umfassen. Alle Umweltorganisationen müssen alle drei Jahre geeignete Unterlagen vorlegen, aus denen hervorgeht, dass sie weiterhin die oben genannten Kriterien erfüllen. (Siehe oben, Punkt 1.4.3.)

[24] VwGH 19.12.2018, Ra 2015/07/0074 et al.

[25] ZB Vorschriften zu den Standorten von Messstellen entsprechend der Kriterien der Luftqualitäts-RL (2008/50/EC), wie im EuGH-Fall C-723/17 (Craeynest) behandelt wurde.

[26] Schulev-Steindl, E. (2018), Veraltungsverfahrensrecht6. Wien: Verlag Österreich. (p 27)

[27] Solche Rechtsakte fallen in den Anwendungsbereich von Artikel 8 und Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens von Aarhus. Ein Beispiel für einen solchen Rechtsakt ist die Entscheidung der nationalen Verwaltung, die der Rechtssache C-281/16, Vereniging Hoekschewaards Landschap, ECLI:EU:C:2017:774 zugrunde lag.

[28] Berka, W. (2012), Verfassungsrecht4. Wien: SpringerWienNewYork (para 1113 et seq)

[29] Frank, S. L. (2019), Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts und europäische Gerichtsbarkeit. Wien: Verwaltungsakademie des Bundes (123)

[30] Ein Beispiel für ein solches Vorabentscheidungsersuchen findet sich in der Rechtssache C-281/16, Vereniging Hoekschewaards Landschap, ECLI:EU:C:2017:774.

Letzte Aktualisierung: 27/07/2021

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