Welche Schritte umfasst das strafrechtliche Ermittlungsverfahren?
Das strafrechtrechtliche Ermittlungsverfahren dient der Erhebung von Beweismitteln in Zusammenhang mit einer Straftat und soll erbringen, ob ein oder mehrere Beschuldigte(r) diese Straftat begangen haben.
Die Staatsanwaltschaft eröffnet eine Voruntersuchung, die sie der Polizei überträgt; diese wiederum vernimmt die Tatverdächtigen, sammelt Indizien und hält den Sachverhalt in einem Protokoll fest.
Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens entscheidet die Staatsanwaltschaft darüber, ob das Verfahren eingestellt oder ob der Beschuldigte vor Gericht gestellt wird.
Bei einem Verbrechen oder bei komplexen Straftaten ernennt die Staatsanwaltschaft einen Untersuchungsrichter, der den Sachverhalt sowie den Beschuldigten be- und entlastende Umstände ermittelt und überprüft. Der Richter erhebt Anklage gegen alle mutmaßlich an der Sache Beteiligten und kann selber oder über die Polizei Vernehmungen, Beschlagnahmen oder andere Ermittlungshandlungen vornehmen oder vornehmen lassen. Er kann auch die Inhaftierung aller Beschuldigten anordnen.
Zumindest bei Ermittlungsverfahren in Strafsachen erstattet der Untersuchungsrichter dem Staatsanwalt Bericht. Der Staatsanwalt beantragt dann entweder die Einstellung des Verfahrens oder die Erhebung der Anklage. Die Chambre du conseil des Bezirksgerichts (Tribunal d’arrondissement) entscheidet dann, ob sie sich den Anträgen der Staatsanwaltschaft anschließt.
Ihre Rechte im Ermittlungsverfahren
- Vernehmung / Voruntersuchung durch die Polizei (1)
- Festnahme (einschließlich mit Europäischem Haftbefehl) (2)
- Vernehmung durch den Untersuchungsrichter und Inhaftierung (3)
- Verhandlung vor der Chambre du conseil, bei der über Ihre Freilassung beraten wird (4)
- Staatsanwaltliches / richterliches Ermittlungsverfahren und Rechte der Verteidigung (5)
- Abschluss des Ermittlungsverfahrens und Anklageerhebung (6)
Vernehmung / Voruntersuchung durch die Polizei (1)
Was geschieht während der Voruntersuchung?
Auf die Anzeige eines Opfers hin oder nach einer Tatsachenfeststellung durch die Polizei übernimmt die Staatsanwaltschaft die Leitung der Voruntersuchung und versucht, den Täter zu ermitteln. Sie kann die Ermittlungen einem Untersuchungsrichter übertragen, der bei allen Arten von Delikten den Sachverhalt ermittelt. Bei Verbrechen muss ein Untersuchungsrichter befasst werden. Alle Zeugen können gehört werden. Sie können also vom Staatsanwalt, der Polizei oder dem Untersuchungsrichter zu Ihrer eventuellen Rolle in der Sache befragt werden.
Was besagt der Ausdruck „Beschuldigter“?
Ihre Rechte während des Ermittlungsverfahrens entstehen in dem Augenblick, in dem Sie vom Untersuchungsrichter als „Beschuldigter“ bezeichnet werden, also der Begehung einer Straftat beschuldigt werden. Sie gelten jedoch so lange als unschuldig, bis Ihre Schuld von einem Gericht bewiesen und festgestellt worden ist.
Welche Auskünfte erhalten Sie über das Geschehen?
Sie haben das Recht, über die Art und den Grund der Anklage informiert zu werden, also über den Ihnen zur Last gelegten Sachverhalt und die Rechtsgrundlagen. Dieses Auskunftsrecht hat den Zweck, Ihnen die bestmögliche Vorbereitung Ihrer Verteidigung zu ermöglichen. Die Informationen haben verständlich und vollständig zu sein und werden Ihnen entweder durch einen Kriminalbeamten oder den Untersuchungsrichter erteilt.
Hilft Ihnen ein Dolmetscher, wenn Sie die Sprache nicht verstehen?
Wenn Sie keine der bei den Justizbehörden (Polizei oder Untersuchungsrichter) verwendeten Sprachen sprechen, wird Ihnen ein Dolmetscher zur Seite gestellt. Er übersetzt alle Fragen an Sie sowie alle Ihre Antworten.
Festnahme (einschließlich mit Europäischem Haftbefehl) (2)
Was geschieht, wenn Sie auf frischer Tat ertappt werden?
Werden Sie auf frischer Tat ertappt, ist also eine Zuwiderhandlung gerade erst begangen worden, können Sie sofort von der Polizei festgenommen werden, wenn der Verdacht besteht, dass Sie diese Zuwiderhandlung begangen haben. Sie können höchstens 24 Stunden von der Polizei festgehalten werden. Gegenstände, die bei der Zuwiderhandlung unter Umständen verwendet wurden, können beschlagnahmt werden. Es können Ihre Fingerabdrücke abgenommen sowie Fotos von Ihnen gemacht werden. Auch DNS-Proben können entnommen werden. Danach werden Sie einem Untersuchungsrichter vorgeführt.
Wann und wie können Sie einen Anwalt hinzuziehen?
Werden Sie von Kriminalbeamten festgenommen, weil Sie auf frischer Tat ertappt wurden, oder werden Sie von einem Untersuchungsrichter vernommen, sind der Kriminalbeamte bzw. der Untersuchungsrichter dazu verpflichtet, Sie über Ihr Recht auf rechtlichen Beistand zu belehren und Ihnen die Kontaktaufnahme zu einem Anwalt zu ermöglichen. Diese Belehrung hat vor Beginn der Vernehmung, in schriftlicher Form und in einer Ihnen verständlichen Sprache zu erfolgen, und Sie müssen den Erhalt der Belehrung bestätigen.
Können Sie Kontakt zu einem Familienmitglied oder einem Freund aufnehmen?
Die Polizei muss Sie schriftlich und gegen Empfangsbestätigung in einer Ihnen verständlichen Sprache über Ihr Recht aufklären, eine Person Ihrer Wahl zu benachrichtigen und hat Ihnen ein Telefon zur Verfügung zu stellen. Dabei kann es sich um ein Familienmitglied oder einen Freund handeln, falls dies dem Ermittlungsinteresse nicht widerspricht.
Haben Sie bei Bedarf Anspruch auf ärztliche Betreuung?
Unmittelbar nach Ihrer Festnahme werden Sie schriftlich und gegen Empfangsbestätigung in einer Ihnen verständlichen Sprache über Ihr Recht aufgeklärt, sich unverzüglich von einem Arzt untersuchen zu lassen. Darüber hinaus kann der Staatsanwalt jederzeit auf eigene Initiative oder auf Ersuchen eines Mitglieds Ihrer Familie einen Arzt benennen, der Sie untersucht.
Können Sie als Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats Ihre Botschaft kontaktieren?
Sie können Kontakt zu einer Person Ihrer Wahl aufnehmen; das kann, wenn Sie es wünschen, auch Ihre Botschaft sein.
Ist eine Leibesvisitation möglich?
Wenn während Ihrer Inhaftierung der Verdacht besteht, dass Sie Gegenstände verbergen, die der Wahrheitsfindung dienen, oder Gegenstände verbergen, die für Sie oder andere gefährlich sein können, können Sie einer Leibesvisitation unterzogen werden, die von einer Person Ihres Geschlechts vorzunehmen ist.
Dürfen Ihre Wohnung, Ihre Geschäftsräume oder Ihr Auto durchsucht werden?
Im Rahmen einer Voruntersuchung kann bei Ihnen eine Durchsuchung nur durchgeführt werden, wenn Sie zu dieser ausdrücklich und handschriftlich Ihre Einwilligung erteilt haben. Bei einem Verbrechen oder wenn Sie auf frischer Tat ertappt werden, ist eine solche Einwilligung nicht erforderlich; die Durchsuchung kann dann tagsüber und nachts jederzeit erfolgen. Ihr Auto kann ebenfalls durchsucht werden, wenn es Hinweise darauf gibt, dass Sie eine Straftat begangen haben.
Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens kann Ihre Wohnung nur zwischen 6 Uhr 30 und 20 Uhr durchsucht werden. Sie können eine Kopie Ihrer beschlagnahmten Unterlagen erhalten und die Rückgabe eines beschlagnahmten Gegenstands beantragen. Der Staat gibt Ihnen diesen Gegenstand zurück, wenn er ihn nicht für die Wahrheitsfindung oder die Sicherung der Rechte der Parteien benötigt und wenn diese Rückgabe keine Gefahr für Personen oder Vermögensgegenstände bedeutet. Die Rückgabe kann abgelehnt werden, wenn die Beschlagnahme gesetzlich vorgesehen ist.
Kann man von Ihnen DNS-Proben, Fingerabdrücke oder Proben anderer Körperflüssigkeiten verlangen?
Auf Anordnung des Staatsanwalts oder des Untersuchungsrichters kann ein Kriminalbeamter mit Ihrer vorherigen schriftlichen Einwilligung Zellmaterial für die Erstellung eines DNS-Vergleichsprofils entnehmen.
Sie können zu einer Entnahme gezwungen werden, wenn offensichtlich eine direkte Verbindung zwischen Ihnen und der betreffenden Straftat besteht und diese Straftat mit mindestens zwei Jahren Freiheitsentzug bedroht ist.
Zur Abgabe einer Blutprobe können Sie nicht gezwungen werden.
Der Staatsanwalt kann die Abnahme Ihrer Fingerabdrücke während der Voruntersuchung anordnen und wenn Sie auf frischer Tat ertappt wurden. Diese Fingerabdrücke können später von der Polizei für Zwecke der Prävention, Fahndung und Feststellung von Straftaten verwendet werden.
Sind die Fingerabdrücke für die Feststellung Ihrer Identität unbedingt erforderlich, kann ihre Abnahme im Rahmen einer strafrechtlichen Ermittlung, einer Voruntersuchung, eines Rechtshilfeersuchens oder der Vollstreckung eines Haftbefehls verwendet werden, der von einer Justizbehörde mit Genehmigung des Staatsanwalts oder des Ermittlungsrichters ausgestellt worden ist. Diese Fingerabdrücke können ferner später von der Polizei für Zwecke der Prävention, Fahndung und Feststellung von Straftaten verwendet werden, es sei denn, Sie nicht Gegenstand eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder einer Vollstreckungsmaßnahme.
Mit welchen Mitteln kann Sie der Untersuchungsrichter zur Vernehmung vorführen lassen?
Sind Sie in Freiheit, kann der Untersuchungsrichter Sie schriftlich vorladen (d. h. mit einem mandat de comparution). Er fordert Sie auf, sich am angegebenen Tag und zur angegebenen Stunde einzustellen, wo Sie dann gleich vom Untersuchungsrichter vernommen werden.
Er kann Sie aber auch von der Polizei per Vorführungsbefehl suchen lassen, wenn seiner Ansicht nach Fluchtgefahr besteht, die Gefahr gegeben ist, dass Beweismittel verschwinden oder wenn Sie seiner Aufforderung nicht nachgekommen sind. Bei einem Verbrechen wird von Fluchtgefahr ausgegangen, wenn die Straftat mit einer Kriminalstrafe bedroht ist.
Ein Haftbefehl kann erlassen werden, wenn der Beschuldigte flüchtig ist oder im Ausland lebt oder wenn er für die ihm zur Last gelegte Tat eine Freiheitsstrafe zu erwarten hat.
Sie leben in einem anderen Mitgliedstaat. Müssen Sie während des Ermittlungsverfahrens anwesend sein und können Sie über Videoverbindung teilnehmen?
Bei einer Vernehmung müssen Sie persönlich anwesend sein. Eine Teilnahme per Videoverbindung ist im Gesetz nicht vorgesehen.
Vernehmung durch den Untersuchungsrichter und Inhaftierung (3)
Welchen Zweck hat die Vernehmung durch den Untersuchungsrichter?
Der Untersuchungsrichter stellt Ihre Identität fest und unterrichtet Sie über die bisherigen Ermittlungshandlungen. Er setzt Sie dann über die gegen Sie erhobenen Beschuldigungen in Kenntnis, teilt Ihnen also mit, dass Sie nunmehr offiziell einer bestimmten Straftat beschuldigt werden, und befragt Sie zu dem Ihnen zur Last gelegten Sachverhalt.
Welche Rechte haben Sie während der Vernehmung durch den Untersuchungsrichter?
Sie haben das Recht, über die einzelnen Tatvorwürfe sowie über die im Verlauf des Verfahrens nach gerade begangener Straftat oder während der Voruntersuchung durchgeführten Ermittlungshandlungen informiert zu werden.
Der Untersuchungsrichter ist verpflichtet, Sie auf Ihr Recht auf Hinzuziehung eines Anwalts Ihrer Wahl hinzuweisen. Diese Belehrung hat vor Beginn der Vernehmung in schriftlicher Form und in einer Ihnen verständlichen Sprache zu erfolgen, und Sie müssen den Erhalt der Belehrung bestätigen. Haben Sie sich selber keinen Anwalt gewählt, muss der Untersuchungsrichter Ihnen auf Antrag einen Pflichtverteidiger zur Seite stellen.
Sie können nur im Beisein Ihres Anwalts vernommen werden, falls Sie hierauf nicht ausdrücklich verzichtet haben.
Sie haben das Recht zu schweigen, obwohl Sie erschienen sind. Sie sind über dieses Recht zu belehren.
Sie können Ihre bisherigen Aussagen jederzeit ändern; ein Geständnis darf Ihnen nur entgegengehalten werden, wenn es freiwillig und ohne Zwang abgelegt wurde.
Sie haben das Recht, Fragen an die Zeugen zu richten.
Das Recht auf ein Gespräch mit Ihrem Anwalt haben Sie allerdings erst nach Abschluss der ersten Vernehmung. Der Richter kann Ihnen per begründetem Beschluss für höchstens 10 Tage untersagen, mit Ihren Verwandten (schriftlich) Kontakt aufzunehmen.
Hilft Ihnen ein Dolmetscher, wenn Sie die Sprache nicht verstehen?
Der Untersuchungsrichter hat zur Vernehmung einen Dolmetscher hinzuzuziehen, der alle Fragen und Antworten übersetzt und Ihnen bei der Verlesung Ihrer Aussage diese übersetzt.
Können Sie in Ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden?
Wenn die Behörden Ihres Landes Sie nicht wegen der gleichen Straftat belangen wollen und die luxemburgischen Behörden akzeptieren, dass das Ermittlungsverfahren in Ihrem Land stattfindet, müssen Sie in Luxemburg bleiben, gegebenenfalls auch in Haft.
Müssen Sie über Ihre Vorstrafen Auskunft geben?
In der Praxis überprüfen die Justizbehörden während eines Ermittlungsverfahrens auch das Strafregister und damit Ihre Vorstrafen.
Erhalten Sie Auskunft über Belastungszeugen und andere gegen Sie vorgebrachte Beweismittel?
Im Zuge der Akteneinsicht, die üblicherweise durch Ihren Anwalt erfolgt, können Sie sich auch über Belastungszeugen und die anderen gegen Sie vorgebrachten Beweismittel informieren. Nach der ersten Vernehmung können Sie Akteneinsicht nehmen. Sie können ferner jederzeit beim Untersuchungsrichter Einsicht in die Bestandteile Ihrer Akte beantragen.
Freilassung oder Inhaftierung?
Nachdem der Untersuchungsrichter Ihnen die Anklage verlesen und Sie vernommen hat, kann er Sie wieder in die Freiheit entlassen. Mit Ausstellung einer Inhaftierungsanordnung kann er Sie auch in Untersuchungshaft nehmen. Sie werden dann von der Polizei ins Gefängnis überstellt. Sollte es für das Ermittlungsverfahren erforderlich sein, kann Ihnen der Untersuchungsrichter die Kommunikation mit der Außenwelt untersagen. Wird dieses Verbot aufgehoben, können Sie unter Beachtung der im Gefängnis geltenden strengen Regeln mit Ihnen nahe stehenden Personen telefonieren.
Sie können zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens Ihre vorläufige Freilassung beantragen. Eine solche Freilassung kann von der Stellung einer Kaution und der Wahl eines Wohnsitzes in Luxemburg abhängig gemacht werden.
Dürfen Sie Luxemburg während des Ermittlungsverfahrens verlassen?
Im Allgemeinen dürfen Sie das Land während des Ermittlungsverfahrens verlassen, sofern Sie nicht in Haft sind. Wenn Sie jedoch mit einer Haftstrafe oder einer schwereren Strafe (die mindestens zwei Jahren Freiheitsentzug entspricht, wenn Sie Ihren Aufenthalt in Luxemburg haben) zu rechnen haben, kann der Untersuchungsrichter oder die Chambre du conseil nichtfreiheitsentziehende Maßnahmen anordnen, nach denen Sie beispielsweise ein vom Untersuchungsrichter festgelegtes Gebiet nicht verlassen dürfen.
Können Sie einer Straftat beschuldigt werden, die Ihnen schon in einem anderen Mitgliedstaat zur Last gelegt wurde? Was geschieht dann?
Sie können nur einmal wegen ein- und derselben Straftat verurteilt werden; ein doppeltes Ermittlungsverfahren ist jedoch so lange möglich, wie in einem Land noch kein rechtskräftiges Urteil ergangen ist. Läuft in einem Land ein Ermittlungsverfahren, können Sie an dieses Land ausgeliefert werden, um dann in diesem Staat und nicht länger in Luxemburg strafrechtlich verfolgt und verurteilt zu werden.
Verhandlung vor der Chambre du conseil, bei der über Ihre Freilassung beraten wird (4)
Wie können Sie als Inhaftierter Ihre vorläufige Freilassung beantragen?
Die Freilassung kann während des Ermittlungsverfahrens jederzeit und beliebig oft beantragt werden. Hierzu ist einfach ein Antrag bei der Chambre du conseil des Bezirksgerichts zu stellen.
Auch wenn Sie vorläufig in Haft sind, können Sie ihre vorläufige Freilassung mit einem einfachen schriftlichen Antrag an die Gefängnisleitung beantragen.
Welches Verfahren und welche Fristen gelten hier?
Über Ihren Antrag wird im Eilverfahren und spätestens drei Tage nach Einreichung des Antrags auf vorläufige Freilassung entschieden. Es müssen Sie als Beschuldigter und gegebenenfalls auch Ihr Anwalt gehört werden. Die Chambre du conseil des Bezirksgerichts entscheidet aufgrund einer schriftlichen und begründeten Stellungnahme des Untersuchungsrichters.
Können sie gegen Zahlung eines Geldbetrags (Kaution) vorläufig freigelassen werden?
Das Strafgesetzbuch sieht eine Kaution in der Tat vor. Das Gericht kann Sie gegen Zahlung eines von ihm frei festgelegten Betrags vorläufig freilassen. Dieser Betrag dient als Sicherheit dafür, dass Sie vor dem Untersuchungsrichter und dem Gericht erscheinen, dass Sie die Strafe verbüßen und dass Geldstrafen bezahlt und Justizkosten beglichen werden.
Stehen Sie nach einer vorläufigen Freilassung unter irgendeiner Kontrolle?
Die vorläufige Freilassung kann unter der Bedingung erfolgen, dass sie von nichtfreiheitsentziehenden Maßnahmen flankiert wird. So können bestimmte behördliche Auflagen gegen Sie ergehen, die besagen, dass Sie bestimmte Personen nicht treffen und nicht verreisen dürfen.
Können gegen die Entscheidungen des Gerichts Rechtsmittel eingelegt werden?
Werden Sie freigelassen, kann die Staatsanwaltschaft innerhalb eines Tages nach Erlass der Entscheidung gegen diese Entscheidung Rechtsmittel einlegen. In diesem Fall bleiben sie bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts in Haft.
Gegen die Ihren Antrag auf Freilassung ablehnende Entscheidung des Gerichts können Sie jederzeit Rechtsmittel beim Berufungsgericht einlegen.
Staatsanwaltliches / richterliches Ermittlungsverfahren und Rechte der Verteidigung (5)
Welche Handlungen kann ein Untersuchungsrichter vornehmen?
Im Ermittlungsverfahren steht dem Untersuchungsrichter eine breite Palette unterschiedlicher Mittel zur Verfügung, um den der Straftat zugrunde liegenden Sachverhalt zu ermitteln.
So kann er Vernehmungen durchführen, Zeugen hören, Gegenüberstellungen abhalten, ein Gutachten in Auftrag geben, das Abhören von Telefonen, die Ortung von Telefonen und eventuell verdeckte Ermittlungen anordnen.
Können Sie gegen Ermittlungshandlungen Rechtsmittel einlegen?
Sie haben das Recht, bei der Chambre du conseil des Bezirksgerichts einen Antrag auf Ungültigerklärung einer Ermittlungshandlung zu stellen.
Dieser Antrag ist noch während des Ermittlungsverfahrens zu stellen, und zwar innerhalb von fünf Tagen nachdem Sie von der Handlung erfahren haben. Stellen Sie einen solchen Antrag auf Ungültigerklärung nicht während des Ermittlungsverfahrens, können Sie dies während der Hauptverhandlung nicht mehr nachholen.
Welche anderen Rechtsmittel stehen Ihnen zur Verfügung?
Abgesehen von diesen Ungültigkeitsfällen haben Sie ferner das Recht, im Ermittlungsverfahren die Wahrung oder Ausübung einer gesetzlich gewährten Befugnis oder eines gesetzlich gewährten Rechts zu fordern. Wurde über Ihren Antrag nicht entschieden oder wurde eine Entscheidung darüber abgelehnt, können Sie diese Tatsache später vor einer höheren Instanz unter Berufung auf Ihr Recht auf ein faires Verfahren geltend machen.
Welche Ermittlungshandlungen können Sie vom Untersuchungsrichter verlangen?
Sie können über Ihren Anwalt vom Untersuchungsrichter verlangen, dass er Handlungen vornehmen lässt, die dem Beweis Ihrer Unschuld dienen. So können Sie beispielsweise eine Durchsuchung oder eine neue Vernehmung verlangen, dass er bestimmte Zeugen zu Ihrer Entlastung anhört, eine Gegenüberstellung abhält oder ein Gutachten einholt.
Darüber hinaus können Sie dem Richter alle Unterlagen vorlegen, aus denen Ihre Unschuld hervorgeht, oder die Aufhebung von richterlich angeordneten Beschlagnahmen von Unterlagen, Gegenständen oder Bankkonten beantragen.
Abschluss des Ermittlungsverfahrens und Anklageerhebung (6)
Was geschieht nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens?
Der Untersuchungsrichter verfügt den Abschluss des Verfahrens. Er ist dann der Ansicht, dass er alle für die Wahrheitsfindung erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat und die Beschuldigten nunmehr zur Aburteilung an ein Gericht überwiesen werden können.
Welche Rechte haben Sie nach Erlass der Schlussverfügung?
Die Akte mit der eventuellen Stellungnahme des Untersuchungsrichters steht Ihnen und Ihrem Anwalt mindestens acht Tage vor dem Termin zur Verfügung, der für die Prüfung der Sache durch die Chambre du conseil des Bezirksgerichts angesetzt wurde. Sie haben das Recht, von allen Erkenntnissen des Ermittlungsverfahrens zu erfahren.
Sie haben das Recht, in der Praxis geschieht das über Ihren Anwalt, einen Schriftsatz im Vorfeld der Entscheidung der Chambre du conseil einzureichen, die entweder das Verfahren einstellen wird (Einstellung aus Mangel an Beweisen) oder einen Überweisungsbeschluss an ein Gericht (zur Aburteilung der Beschuldigten) erlässt.
Gegen die genannten Entscheidungen des Untersuchungsrichters und der Chambre du conseil können Sie Rechtsmittel einlegen: Sie können Einspruch gegen den Beschluss des Untersuchungsrichters oder die Entscheidung der Chambre du conseil des Bezirksgerichts einlegen. Dieser Einspruch geht vor die Chambre du conseil des Berufungsgerichts.
Können Sie vor der Hauptverhandlung in allen oder einigen Anklagepunkten auf schuldig plädieren?
Derzeit kann man in Luxemburg nicht auf schuldig plädieren.
Können Anklagepunkte vor der Hauptverhandlung geändert werden?
Je nach den im Ermittlungsverfahren festgestellten Tatsachen können die Anklagepunkte vor der Hauptverhandlung geändert werden.