Welches Gericht ist wofür zuständig?
Es gibt drei Arten von Zuwiderhandlungen, die jeweils vor einem anderen Gericht verhandelt werden:
- Ordnungswidrigkeit – vor dem Tribunal de Police (Amtsgericht) (Einzelrichter)
- Vergehen – vor der Strafkammer (chambre correctionnelle) des Bezirksgerichts (tribunal d’arrondissement) (Spruchkörper aus drei Richtern; bei Verkehrsdelikten: Einzelrichter)
- Verbrechen – vor der Strafkammer des Bezirksgerichts (Spruchkörper aus drei Richtern)
Das Gericht kann den Ausschluss der Öffentlichkeit anordnen, wenn beispielsweise das Opfer ein Kind ist.
Können Anklagepunkte während der Hauptverhandlung geändert werden?
Grundsätzlich ist die rechtliche Qualifikation vorläufiger Natur und muss von dem Gericht, das über die Sache verhandelt, nicht übernommen werden.
Damit Anklagepunkte geändert werden können, muss der der Strafverfolgung zugrunde liegende Sachverhalt der gleiche sein.
Was geschieht, wenn Sie während der Hauptverhandlung in allen oder einigen Anklagepunkten auf schuldig plädieren?
Man kann nicht auf schuldig plädieren, kann aber eine Zuwiderhandlung gestehen. Der Richter kann ein ihm verdächtiges Geständnis zurückweisen. Ein Geständnis kann sich unter Umständen strafmildernd auswirken.
Welche Rechte haben Sie in der Hauptverhandlung?
Müssen Sie an der Hauptverhandlung teilnehmen? Kann die Hauptverhandlung auch in Ihrer Abwesenheit durchgeführt werden?
Sie müssen vor Gericht erscheinen, es sei denn, Sie können eine Entschuldigung wie z. B. ein ärztliches Attest vorlegen. Dann kann die Hauptverhandlung vertagt werden. Sie können auch Ihren Anwalt beauftragen, Sie zu vertreten, falls das Gericht nicht Ihr persönliches Erscheinen anordnet. Geht es um ein Verbrechen, müssen Sie persönlich erscheinen.
Sie leben in einem anderen Mitgliedstaat. Können Sie per Videoverbindung an der Hauptverhandlung teilnehmen? Müssen Sie dies akzeptieren?
Die Teilnahme an der Hauptverhandlung per Videoverbindung ist im Gesetz nicht vorgesehen.
Müssen Sie während der gesamten Hauptverhandlung anwesend sein?
Ja, denn der Richter kann Sie jederzeit zur Vernehmung aufrufen.
Sie verstehen die Verfahrenssprache nicht. Können Sie einen Dolmetscher bekommen?
Das Recht auf kostenlose Unterstützung durch einen Dolmetscher, wenn Sie die Verhandlungssprache nicht verstehen oder sprechen, ist ein in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankertes Grundrecht. Die Schriftstücke der Akte werden allerdings nicht übersetzt.
Ist ein Anwalt erforderlich? Wird für Sie ein Pflichtverteidiger bestellt? Können Sie den Anwalt wechseln?
Sie haben das Recht, sich selbst zu verteidigen oder einen Verteidiger Ihrer Wahl hinzuzuziehen. Wenn Sie keinen Verteidiger bezahlen können, wird Ihnen ein Pflichtverteidiger (Prozesskostenhilfe) zur Seite gestellt. Sie können jederzeit den Anwalt wechseln.
Können Sie sich in der Hauptverhandlung zu Wort melden? Müssen Sie in der Hauptverhandlung aussagen? Haben Sie das Recht zu schweigen? Müssen Sie sich selbst belasten?
Sie haben das Recht, sich zu allen Anklagepunkten zu Wort zu melden. Sie haben aber auch das Recht zu schweigen.
Was passiert, wenn Sie vor Gericht nicht die Wahrheit sagen?
Sagen Sie in der Hauptverhandlung nicht die Wahrheit, kann sich dies strafverschärfend auswirken.
Können Sie gegen Sie vorgebrachte Beweise anfechten? Wie? Warum?
Eine Anfechtung der gegen Sie vorgebrachten Beweise ist auf verschiedene Weise möglich, beispielsweise mit Hilfe von Zeugen, Schriftstücken, Argumenten oder Sachverständigen.
Welche Beweise können Sie zu Ihrer Entlastung vorbringen?
Das Gericht muss alle Beweismittel würdigen.
Unter welchen Umständen können Sie solche Beweise vorlegen?
Diese Beweise können unter zwei Bedingungen vorgelegt werden: Sie müssen ordnungsgemäß vorgelegt und in einer öffentlichen Verhandlung von beiden Parteien frei diskutiert worden sein.
Können Sie einen Privatdetektiv engagieren, der für Sie Beweise sammelt? Sind derartige Beweise zulässig?
Die Beauftragung eines Detektivs, der für Sie Beweise sammelt, ist nicht verboten, doch muss er dabei vollkommen rechtmäßig vorgehen.
Können Sie oder Ihr Anwalt die anderen Zeugen in der Sache befragen? Können Sie oder Ihr Anwalt diese Zeugenaussagen anfechten?
Das Recht auf Befragung der Zeugen leitet sich aus den Rechten der Verteidigung ab, wie sie in Artikel 6 Absatz 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert sind. Die Verteidigung kann unter den gleichen Bedingungen Entlastungszeugen aufrufen und befragen, wie Belastungszeugen aufgerufen und befragt werden.
Werden Auskünfte über Ihr Strafregister berücksichtigt?
In der Hauptverhandlung werden dem Gericht alle in Ihrem Strafregister verzeichneten Vorstrafen zur Kenntnis gebracht.
Werden frühere Verurteilungen in anderen Mitgliedstaaten berücksichtigt?
Nicht bei Rückfälligkeit. Ja, wenn es um die Bedingungen für die Aussetzung zur Bewährung geht.
Welchen Ausgang kann die Hauptverhandlung nehmen?
Sie können ganz oder teilweise freigesprochen werden. Sie können auch schuldig gesprochen werden. Das Strafmaß hängt davon ab, welcher Zuwiderhandlung Sie sich schuldig gemacht haben.
Folgende Kriminalstrafen sind möglich:
- Lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe zwischen fünf und 30 Jahren
- Geldstrafe von mindestens 251 EUR
- Einziehung
- Aberkennung von Titeln, Dienstgraden, Funktionen und öffentlichen Ämtern
- Verbot der Wahrnehmung bestimmter bürgerlicher und politischer Rechte
- Unternehmens- und Betriebsschließung
- Veröffentlichung oder Aushängung der Verurteilung oder eines Auszugs daraus auf Kosten des Verurteilten
- Verbot der Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten
Folgende Vergehensstrafen sind möglich:
- Freiheitsstrafe (acht Tage bis fünf Jahre)
- Geldstrafe von mindestens 251 EUR
- Einziehung
- Verbot der Wahrnehmung bestimmter bürgerlicher und politischer Rechte
- Unternehmens- und Betriebsschließung
- Veröffentlichung oder Aushängung der Verurteilung
- Verbot der Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten
- Verbot des Führens bestimmter Fahrzeuge
- Beläuft sich die Freiheitsstrafe auf weniger als sechs Monate, kann der Richter ersatzweise gemeinnützige Arbeiten in einem Zeitraum zwischen 40 und 240 Stunden verhängen.
Folgende Polizeistrafen sind möglich:
- Geldbuße zwischen 25 und 250 EUR, falls das Gesetz nichts anderes bestimmt
- Einziehung
- Verbot des Führens bestimmter Fahrzeuge
Sie wurden zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Welche Möglichkeiten der Strafvollstreckung gibt es?
In Luxemburg entscheidet die Staatsanwaltschaft ohne Mitwirkung eines Richters darüber, wie Freiheitsstrafen verbüßt werden.
Es bieten sich mehrere Möglichkeiten:
Verbüßung in mehreren Abschnitten
Bei einer solchen Aufteilung der Freiheitsstrafe in mehrere Abschnitte kann der Häftling, der allerdings keine Gefahr darstellen darf, seine Strafe in vereinbarten Abschnitten verbüßen.
Offener Strafvollzug
Diese Regelung gibt dem Inhaftierten die Möglichkeit, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen oder außerhalb der Haftanstalt zur Schule zu gehen oder eine Ausbildung zu absolvieren.
Bedingte Entlassung
Hier kann der Verurteilte nach Verbüßung der Hälfte seiner Strafe zur Bewährung aus der Haft entlassen werden.
Hafturlaub
Beim Hafturlaub darf der Häftling die Vollzugsanstalt für einen Teil des Tages oder auch für Zeiträume von 24 Stunden verlassen, wobei sich die Dauer der Haftverbüßung jeweils entsprechend verlängert.
Strafaussetzung
Mit Blick auf die bedingte oder auch endgültige Entlassung kann die Strafe bei Verurteilten ausgesetzt werden, deren Entwicklung während der zuvor gewährten Zeiten des Hafturlaubs positiv bewertet worden ist.
Elektronische Fußfessel
Der Einsatz dieses Instruments ist im Gesetz noch nicht geregelt.
Welche Rolle spielt das Opfer in der Hauptverhandlung?
Das Opfer kann als Zeuge gehört werden. Es kann auch als Nebenkläger auftreten, also Schadensersatz fordern. Ferner kann es zu der Zuwiderhandlung und ihren Folgen Stellung nehmen. Es kann Berufung gegen die Urteile einlegen, allerdings nur im Hinblick auf den zivilrechtlichen Teil.