BGH, Urteil vom 8. 3. 2005 - XI ZR 154/04 (OLG Köln)
Zum Sachverhalt:
Der kl. Verbraucherverein ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG eingetragen. Die bekl. Bank hat mit Rundschreiben vom 4. 5. 1998 gegenüber ihren Geschäftsstellen im gesamten Bundesgebiet eine Anweisung zur Behandlung von Lastschriftrückgaben mangels Deckung erlassen. In dem Schreiben heißt es: „Kostenerstattung bei Rückgaben von Lastschriften und Schecks mangels Deckung (BGH, Urt. v. 21. 10. 1997). Mit Rundschreiben Nr. 43 vom 23. 2. 1998 hatten wir Sie davon unterrichtet, dass auf Grund des BGH-Urteils vom 21. 10. 1997 die Preisbelastung für Retourenbearbeitungen von Schecks und Lastschriften mangels Kontodeckung eingestellt wird. Zwischenzeitlich wurde festgestellt, dass die Kosten für unser Haus bei der Rückgabe von Lastschriften bzw. Schecks mangels ausreichender Deckung erheblich über dem bisher geforderten Entgelt liegen. Andere Kreditinstitute kamen zu gleichen Ergebnissen. Wir werden daher, auch im Interesse einer gegenüber unseren Kunden gerechten Preisgestaltung, einen Teil der anfallenden Kosten für Lastschrift- und Scheckübergaben ab sofort in Höhe von 15 DM belasten. Auf Grund des BGH-Urteils ist ein teilmodifizierter Arbeitsablauf notwendig, welchen wir in beigefügter Anlage 1 beschrieben haben. Wir bitten Sie, den Arbeitsablauf strikt einzuhalten. Bis zur Neuauflage des Vordrucks (…) ist für Scheck- bzw. Lastschriftretouren mangels Deckung ausschließlich die beiliegende Kopiervorlage (…) für die erforderlichen Kundenbenachrichtigungsschreiben (…) zu verwenden. Bei Kundenrückfragen beachten Sie bitte, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten um kein Entgelt und um keine vertragliche Aufwandsentschädigung handelt. Vielmehr hat der BGH in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass den Kunden die girovertragliche Pflicht zukommen kann, stets für ausreichende Kontodeckung zu sorgen, und dass sich der Kunde bei schuldhafter Verletzung dieser Verpflichtung gegenüber dem kontoführenden Kreditinstitut schadensersatzpflichtig macht, wenn dieses Schecks oder Lastschriften an den Einreicher bzw. die Inkassostelle zurückgibt. Von diesem Recht macht die Bank Gebrauch und belastet den Kunden mit einem Teil der ihr bei der Retournierung entstandenen Kosten. Da es sich bei den Kosten um Schadensersatzforderungen und nicht um einen Preis für eine vertragliche Leistung handelt, werden die Kosten nicht im Preisverzeichnis aufgeführt. Sofern Kunden der Kontobelastung widersprechen, ist im jeweiligen Einzelfall zu überprüfen, ob die Kunden die Lastschrift- bzw. Scheckrückgabe zu vertreten haben. Dies gilt insbesondere bei Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren, bei denen die Kunden glaubhaft machen, den Zahlungsempfänger nicht zum Lastschrifteinzug ermächtigt bzw. die Ermächtigungen vor Lastschrifteinreichung gegenüber den Zahlungsempfängern widerrufen zu haben. Darüber hinaus ist auch unter Beachtung der Kundenbeziehung grundsätzlich eine Einigung mit dem Kunden anzustreben. Gerichtliche Auseinandersetzungen sollten vermieden werden und zuvor mit der regional zuständigen Rechtsabteilung abgestimmt werden, die Ihnen für alle Fragen in diesem Zusammenhang gern zur Verfügung steht.“
Die Bekl. verfuhr daraufhin gemäß diesem Rundschreiben, wobei der Betrag später auf 6 Euro ermäßigt wurde. Die Kontoauszüge betroffener Kunden enthielten die Belastungsbuchung „Lastschrift-Rückgabe vom … 6 Euro“. Auf Beschwerden betroffener Kontoinhaber begründete die Bekl. die Kontobelastung damit, dass ihr wegen Verletzung einer den Kunden treffenden Kontodeckungspflicht ein Schadensersatzanspruch zustehe. Mit seiner Unterlassungsklage wendet sich der Verbandskl. gegen diese Praxis der Bekl. Er ist der Auffassung, dass in dem bundesweit einheitlichen Verhalten der Bekl. das Verwenden einer Allgemeinen Geschäftsbedingung liege, die wegen Verstoßes gegen AGB-rechtliche Schutzvorschriften unwirksam sei. Jedenfalls liege ein Umgehungstatbestand bzw. ein Wettbewerbsverstoß vor.
Das LG Köln (BKR 2003, 879 = VuR 2003, 465) hat der Klage stattgegeben, das OLG Köln (WM 2005, 276 = VersR 2005, 80 = ZIP 2004, 1496) hat sie abgewiesen. Die Revision hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung des Urteils des LG.
Aus den Gründen:
II. 1. Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Ansicht des BerGer., dass die mit dem Rundschreiben vom 4. 5. 1998 eingeführte einheitliche Praxis der Bekl. keine AGB i.S. des § 305 I BGB ist.
a) Der Begriff der AGB setzt gem. § 305 I 1 BGB eine Vertragsbedingung, das heißt eine Erklärung des Verwenders voraus, die den Vertragsinhalt regeln soll (BGHZ 99, 374 [376] = NJW 1987, 1634; BGHZ 133, 184 [187] = NJW 1996, 2574). Die Erklärung muss nach ihrem objektiven Wortlaut bei den Empfängern den Eindruck hervorrufen, es solle damit der Inhalt eines vertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden (BGHZ 133, 184 [188] = NJW 1996, 2574).
b) Gemessen hieran liegt eine Vertragsbedingung nicht vor. Weder die interne Anweisung vom 4. 5. 1998 noch die Belastungsbuchungen auf den Kontoauszügen noch die Schreiben an widersprechende Kunden lassen sich als AGB qualifizieren. Die von der Bekl. an ihre Mitarbeiter erteilte interne Anweisung ist nicht für die Kontoinhaber bestimmt und wird diesen auch nicht bekannt gegeben, zielt also nicht auf eine vertragliche Regelung ab, sondern will tatsächliches Verhalten koordinieren (Borges, ZIP 2005, 185 [187]). Durch sie kann bei den Kontoinhabern auch nicht der Eindruck einer Vertragsregelung hervorgerufen werden. Die aus den Kontoauszügen hervorgehende Belastungsbuchung auf einem Girokonto ist ein Realakt mit deklaratorischer Bedeutung (BGHZ 107, 192 [197] = NJW 1989, 2120; BGHZ 121, 98 [106] = NJW 1993, 735), die aus der Sicht der betroffenen Kontoinhaber weder unmittelbar einen Anspruch der Bekl. auf Zahlung von 6 Euro begründet noch die Voraussetzungen festlegt, unter denen ein solcher Anspruch entsteht. Auch die gleichartigen, an die widersprechenden Kunden gerichteten Schreiben sind keine Regelung des bestehenden Vertragsverhältnisses, sondern sollen lediglich die vorangegangene Belastungsbuchung rechtfertigen.
c) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich Gegenteiliges auch nicht aus Nr. 1 lit. i des Anhangs zu Art. 3 III der Richtlinie 93/13/ EWG des Rates vom 5. 4. 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABlEG Nr. L 95 v. 21. 4. 1993, S. 29). Auch die Richtlinie setzt eine Vertragsklausel voraus, die hier nicht gegeben ist.
2. Rechtsfehlerhaft hat das BerGer. aber einen Verstoß gegen das Umgehungsverbot aus § 306a BGB verneint.
a) Danach finden die Vorschriften über AGB rechtlich auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut gilt dies für alle Vorschriften des Abschnitts 2 des 2. Buchs des BGB (vgl. Soergel/Stein, BGB, 12. Aufl., § 7 AGBG Rdnr. 2), nicht nur für die §§ 308ff. BGB (Stoffels, AGB-Recht, 2003 Rdnr. 92). Soweit in Rechtsprechung und Literatur die Ansicht vertreten wird, § 7 AGBG (jetzt: § 306a BGB) sei für die §§ 1-6 AGBG (jetzt: §§ 305-306 BGB) „im Wesentlichen ohne Interesse“ (Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 7 Rdnr. 6) bzw. habe insoweit „keinen Anwendungsbereich“ (BGHZ 112, 204 [217] = NJW 1991, 36), ist damit nicht der rechtliche Anwendungsbereich, sondern die faktische Bedeutung des § 306a BGB im Bereich der §§ 305-306 BGB gemeint (Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 306a Rdnr. 2). Der Senat ist deshalb durch die genannte Entscheidung des VIII. Zivilsenats des BGH nicht gehindert, § 306a BGB im Bereich des § 305 BGB anzuwenden. Das gilt im Übrigen auch deshalb, weil es sich bei der Äußerung des VIII. Zivilsenats, der in der genannten Entscheidung eine Anwendung des § 1 I AGBG (jetzt: § 305 I BGB) auch unter Berücksichtigung des § 7 AGBG (jetzt: § 306a BGB) mit der Begründung abgelehnt hat, die Bekl. sei nicht Vertragspartnerin des Verbrauchers und damit nicht Verwenderin der beanstandeten AGB (BGHZ 112, 204 [209ff.] = NJW 1991, 36), allenfalls um eine nicht tragende Bemerkung handeln könnte, an die der erkennende Senat nicht gebunden wäre.
b) Ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 306a BGB liegt vor, wenn eine als AGB unwirksame Regelung bei gleicher Interessenlage durch eine andere rechtliche Gestaltung erreicht werden soll, die nur den Sinn haben kann, dem gesetzlichen Verbot zu entgehen (Palandt/Heinrichs, § 306a Rdnr. 2; Borges, ZIP 2005, 185 [187]). Ob insoweit eine besondere Umgehungsabsicht der Bekl. erforderlich ist, bedarf keiner Entscheidung, denn eine solche tritt in dem Rundschreiben der Bekl. vom 4. 5. 1998, das eine Anweisung an alle Geschäftsstellen der Bekl. im Bundesgebiet zur kostenmäßigen Behandlung von Lastschriftrückgaben enthält, offen zu Tage.
Darin wird eingangs darauf hingewiesen, dass der BGH die Preisbelastung für Retourenbearbeitungen von Schecks und Lastschriften mangels Kontodeckung am 21. 10. 1997 für unzulässig erklärt (Senat, BGHZ 137, 43 = NJW 1998, 309; NJW 1998, 456 = WM 1997, 2300) und die Bekl. die Belastung von Konten ihrer Kunden mit Rücklastschriftkosten daraufhin eingestellt habe. Um einen Teil der bei der Rückgabe von Lastschriften bzw. Schecks mangels ausreichender Deckung anfallenden Kosten gleichwohl zu realisieren, sei im Interesse einer „gerechten Preisgestaltung“ auf Grund des Urteils des BGH „ein teilmodifizierter Arbeitsablauf“ notwendig. Dieser Arbeitsablauf sieht unter anderem die Belastung von Kundenkonten ohne eine nahe liegende Regelung in AGB und die irreführende Beantwortung von Kundenrückfragen des Inhalts vor, dass sich der Kunde bei schuldhafter Verletzung seiner girovertraglichen Pflicht, „stets für ausreichende Kontodeckung zu sorgen“, der Bekl. gegenüber schadensersatzpflichtig mache, wenn diese Schecks oder Lastschriften zurückgebe.
Mit dieser Vorgehensweise praktiziert die Bekl. die vom erkennenden Senat in seinen Urteilen vom 21. 10. 1997 für unzulässig und unwirksam erklärte Entgeltklausel bei der Rückgabe von Lastschriften mangels Deckung unter dem rechtlichen Deckmantel pauschalierten Schadensersatzes wirtschaftlich wirkungsgleich weiter. Dadurch erreicht sie im Ergebnis dasselbe wie durch eine Pauschalierung eines Schadensersatzanspruchs gem. § 309 Nr. 5 BGB. Entgegen der Ansicht der Bekl. kann keine Rede davon sein, sie mache mit der Belastung des Kundenkontos mit 6 Euro lediglich stets und ausschließlich einen Teil des Schadens geltend, den der Kunde konkret verursacht habe. Die Bekl. hat ausweislich des Rundschreibens nicht die Absicht, ihren Schaden einzelfallbezogen zu berechnen und zu begründen und gegebenenfalls einen 6 Euro übersteigenden Betrag einzufordern. Dem kann nicht etwa entgegengehalten werden, der Schaden der Bekl. sei bei jeder Lastschriftrückgabe gleich hoch. Das trifft, wenn die Bekl. auf Grund ein und derselben Deckungsprüfung zahlreiche dasselbe Konto betreffende Lastschriften mangels Deckung zurückgibt, ersichtlich nicht zu.
Die interne Anweisung der Bekl. ist auch ebenso effizient wie die Pauschalierung von Schadensersatz in AGB und hat ferner deren typischen Rationalisierungseffekt (vgl. dazu Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb., 2. Aufl., § 4 Rdnr. 21). Dass die Bekl. anders als bei einer bloß internen Anweisung im Falle einer wirksamen Vereinbarung einer Schadenspauschale in AGB einen durchsetzbaren vertraglichen Anspruch gegen ihren Kunden hat, ist, anders als Borges, ZIP 2005, 185 (187), meint, nur von theoretischer Bedeutung, nicht aber von wirtschaftlicher Relevanz; denn in beiden Fällen realisiert die Bekl. den einseitig auf 6 Euro festgelegten Betrag durch Belastung des Kundenkontos und Verrechnung ihrer vermeintlichen Forderung im Kontokorrent. Ob sie rechtlich einen Anspruch auf die 6 Euro hat, muss sie solange nicht interessieren, wie sie mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung, die sie ausweislich des Rundschreibens möglichst vermeiden möchte, nicht rechnen muss.
Die Beschränkung der Bekl. auf eine interne verbindliche Anweisung an alle Geschäftsstellen führt danach zum gleichen Erfolg wie eine unzulässige und unwirksame Entgeltklausel oder Schadenspauschale in AGB und hat bei gleicher Interessenlage nach dem Rundschreiben vom 4. 5. 1998 nur den Zweck, Ersatz für die nach den Urteilen des erkennenden Senats vom 21. 10. 1997 unwirksame Entgeltklausel zu schaffen und eine AGB-rechtliche Überprüfung durch die Gerichte zu verhindern.
3. Der danach gegebene Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 306a BGB eröffnet die Inhaltskontrolle nach §§ 307-309 BGB (Basedow, in: MünchKomm, 4. Aufl., § 306a Rdnr. 4), die im Verbandsklageverfahren nach § 1 UKlaG geltend gemacht werden kann. Dieser hält die streitige interne Anweisung und die darauf beruhende Geschäftspraxis der Bekl. nicht stand. Eine inhaltsgleiche Klausel in AGB, durch die sich der Verwender pauschalen Schadensersatz bei Rückgabe einer Lastschrift mangels Deckung versprechen lässt, ist mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung unvereinbar (§ 307 II Nr. 1 BGB) und benachteiligt die betroffenen Bankkunden in unangemessener Weise (§ 307 I BGB).
a) Eine Schadensersatzpauschale setzt voraus, dass überhaupt ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach bestehen kann (Erman/Roloff, BGB, 11. Aufl., § 309 Rdnr. 44). Zu den wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts gehört, dass Schadensersatz auf vertraglicher Grundlage nur verlangt werden kann, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 280 I BGB).
aa) Der erkennende Senat hat mit seinen Urteilen vom 21. 10. 1997 ausgeführt, dass die wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (jetzt: § 305 BGB) unwirksame Entgeltklausel auch als Schadensersatzpauschale jedenfalls deswegen unwirksam sei, weil sie den Kontoinhabern entgegen § 11 Nr. 5 lit.b AGBG (jetzt: § 309 Nr. 5 lit.b BGB) die Möglichkeit abschneide, das Fehlen eines Schadens oder einen geringeren Schaden nachzuweisen. Die Frage, ob ein Bankkunde aus dem Girovertrag überhaupt verpflichtet ist, für ausreichende Deckung auf seinem Konto zu sorgen, damit Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren nicht zurückgegeben werden, bedurfte keiner Entscheidung (BGHZ 137, 43 [47] = NJW 1998, 309; NJW 1998, 456 = WM 1997, 2300 [2301]).
bb) Die Streitfrage ist von der Instanzrechtsprechung und in der Literatur teilweise bejaht (AG Neuss, WM 1998, 2021; AG Erkelenz, WM 1999, 2403 [2405]; Steppeler, WM 2001, 1176 [1187f.]; ders., Bankentgelte, Rdnrn. 191ff.; Merkel, in: Festschr. f. Kümpel, S. 365, 371f.; Richrath, WuB I D 2.-1.00), überwiegend aber verneint worden (AG Frankfurt a.M., WM 1999, 2405 [2406]; van Gelder, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 58 Rdnr. 106c; ders., WM 2000, 101 [110]; ders., in: Festschr. f. Kümpel, S. 131, 141f.; Schimansky, in: Horn/Schimansky, BankR 1998, S. 1, 16; Nobbe, in: Rostocker Schriften z. BankR Heft 3, 1998, S. 79, 90f.; Kümpel, Bank- u. KapitalmarktR, 3. Aufl., Rdnr. 2.333; Köndgen, ZBB 1997, 117 [133 Fußn. 146]; Reiff, EWiR 2003, 1229 [1230]; T. Krüger, WM 2000, 2021 [2027]; U. Krüger, MDR 2000, 745; Strube, in: Derleder/Knops/Bamberger, Hdb. z. dt. u. europ. BankR, § 39 Rdnr. 38).
cc) Der erkennende Senat schließt sich der letztgenannten Ansicht für die hier in Streit stehenden Fälle der Lastschriftrückgabe mangels Deckung im Einzugsermächtigungsverfahren an. Ein Bankkunde ist gegenüber seiner Zahlstelle nicht verpflichtet, für die Einlösung von Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren Deckung vorzuhalten. Eine Pflicht des Schuldners zur Vorhaltung von Deckung auf seinem Konto besteht nur gegenüber dem Gläubiger auf Grund der getroffenen Lastschriftabrede. Die Schuldnerbank wird nicht auf Weisung des Schuldners tätig, sondern sie greift im Auftrag der Gläubigerbank ohne eine Weisung ihres Kunden auf dessen Konto zu. Dabei hat sie im Verhältnis zu ihrem Kunden das Risiko zu tragen, dass das Konto nicht gedeckt ist oder aber der Kunde der Belastung widerspricht. Da der Kunde seiner Bank keine Weisung erteilt hat, ist er im Verhältnis zu ihr berechtigt, der Belastung seines Kontos ohne Angabe von Gründen zu widersprechen; denn ein kontokorrentfähiger Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB steht der Zahlstelle erst zu, wenn der Schuldner die Belastungsbuchung auf seinem Konto genehmigt hat (BGHZ 144, 349 [353] = NJW 2000, 2667; BGH, NJW 1996, 988 = WM 1996, 335 [337]; NJW 2003, 143 = WM 2002, 2408 [2409]; NJW-RR 2003, 837 = WM 2003, 523 [526]). Die Bank muss dann die Belastung rückgängig machen, ohne dafür Schadensersatz oder eine Vergütung beanspruchen zu können.
Gleiches gilt auch bei einer Rücklastschrift mangels Deckung. Die Schuldnerbank prüft, ob sie das Konto belasten soll oder nicht, lediglich im eigenen und im Interesse der Gläubigerbank, mangels Weisung aber nicht im Interesse des Schuldners. Weder bei der Einlösung noch bei der Rückgabe der Lastschrift weiß sie, ob der Kunde die erforderliche Genehmigung erteilen wird bzw. erteilt hätte. Sie weiß auch nicht und es interessiert sie auf Grund der Ausgestaltung des Lastschriftverfahrens auch nicht, ob der Schuldner überhaupt eine Einzugsermächtigung erteilt hat oder im Valutaverhältnis zu seinem Gläubiger zu der erhobenen Leistung verpflichtet ist; denn die Zahlstelle wird nur auf Grund ihrer girovertraglichen Beziehung zur ersten Inkassostelle bzw. zu einer eingeschalteten Zwischenbank tätig.
Wenn die Bekl. bei Rückgabe einer Lastschrift mangels Deckung gleichwohl eine als Teilschadensersatz deklarierte Pauschale von 6 Euro ins Konto ihres Kunden einstellt, unterstellt sie ohne nähere Kenntnis des Valutaverhältnisses nicht nur, der Kunde habe im Verhältnis zu seinem Gläubiger schuldhaft seine Pflicht zum Vorhalten von Deckung verletzt, leitet aus diesem Verdacht grundlos nicht nur unter Außerachtlassung des Rechts des Kunden, im Verhältnis zur Bank einer Lastschrift ohne Angabe von Gründen zu widersprechen, eine schuldhafte girovertragliche Pflichtverletzung ihr gegenüber ab, sondern schreitet auch noch zur Durchsetzung ihrer angeblichen Schadensersatzforderung durch Verrechnung im Kontokorrent, überlässt es also dem Kunden, sich gegen die auf einen bloßen Verdacht einer angeblichen schuldhaften Pflichtverletzung hin vorgenommene Belastung seines Kontos mit 6 Euro zu wehren.
dd) Diese Praxis der Bekl. lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass sie nach ihrem Vorbringen nur solche Bankkunden belastet, die nach einer vorausgegangenen Lastschriftrückgabe und Abmahnung nicht dafür gesorgt hätten, dass künftig ausreichend Deckung auf ihrem Konto vorhanden sei. Selbst wenn dieser Vortrag der Bekl. zutrifft, haben die abgemahnten Kontoinhaber nicht schuldhaft im Verhältnis zur Bekl. gehandelt. Die im Einzugsermächtigungsverfahren im Verhältnis zur Schuldnerbank nicht bestehende girovertragliche Kontodeckungspflicht kann nicht durch eine Abmahnung begründet werden. Eine solche Pflicht ergibt sich auch nicht als Nebenpflicht zum Girovertrag aus § 241 II BGB. Davon unberührt bleibt ein etwaiger Anspruch der Zahlstelle gegen Kunden, wenn im konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 826 BGB vorliegen, sowie das Recht der Zahlstelle, den Kunden vom Lastschriftverfahren auszuschließen oder das Vertragsverhältnis zu beenden.
b) Der betroffene Bankkunde wird durch die angegriffene Regelung auch unangemessen benachteiligt. Im Allgemeinen indiziert die Unvereinbarkeit einer Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der Gegenseite (Senat, BGHZ 141, 380 [390] = NJW 1999, 2276; BGHZ 146, 377 [384] = NJW 2001, 1419). Gründe, die die beanstandete Praxis bei der gebotenen umfassenden Abwägung der berechtigten Interessen aller Beteiligten (Senat, BGHZ 153, 344 [350] = NJW 2003, 1447; NJW 2005, 1275 = WM 2005, 272 [276], für BGHZ vorgesehen) gleichwohl nicht als unangemessen erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Die Bekl. wälzt durch ihre Praxis Kosten auf ihre Kunden ab, die sie in erster Linie von der Gläubigerbank erstattet verlangen kann, in deren Auftrag sie auf Grund des Lastschriftabkommens, das auch dem Eigeninteresse der Banken dient (van Gelder, WM 2000, 101 [111]), tätig wird. Ein rechtfertigender Grund für diese Praxis besteht nicht, da eine interessengerechte Lösung der Entgelt-, Aufwendungsersatz- oder Schadensersatzerstattung innerhalb der dem Einzugsermächtigungsverfahren zu Grunde liegenden Auftragsverhältnisse erfolgen kann: Die Schuldnerbank kann ihre Aufwendungen, die durch die Lastschriftrückgabe mangels Deckung entstehen, im Interbankverhältnis bei der Gläubigerbank liquidieren (Abschn. II Nr. 4 des Lastschriftabkommens), wobei es die Kreditwirtschaft in der Hand hat, insoweit kostendeckende Rücklastschriftentgelte vorzusehen. Dass kartellrechtliche Bedenken der Vereinbarung solcher Gebühren im Interbankenverhältnis entgegenstehen, ist von der Bekl. nicht substanziiert vorgetragen. Außerdem ist nicht ersichtlich, dass die Kreditwirtschaft auf eine kartellrechtlich relevante einheitliche Festlegung von Rücklastschriftentgelten im Interbankenverhältnis angewiesen ist.
Die Gläubigerbank kann ihre, das Rücklastschriftentgelt umfassenden Aufwendungen dem Gläubiger auf Grund des mit diesem bestehenden Auftragsverhältnisses in Rechnung stellen (van Gelder, in: Festschr. f. Kümpel, S. 131, 142). Der Gläubiger seinerseits kann, falls seine Lastschrifteinreichung berechtigt war, den Schuldner auf Ersatz in Anspruch nehmen; anderenfalls trägt er zu Recht die Kosten. Im Verhältnis von Gläubiger und Schuldner hat somit letztlich derjenige die Kosten zu tragen, der in ihrem Vertragsverhältnis die Pflichtverletzung begangen hat.