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Erbrecht

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Niederlande
Inhalt bereitgestellt von
European Judicial Network
(in civil and commercial matters)

Diese Kurzdarstellung wurde in Zusammenarbeit mit dem Rat der Notariate der EU (CNUE) verfasst.

 

1 Wie wird die Verfügung von Todes wegen (Testament, gemeinschaftliches Testament, Erbvertrag) aufgesetzt?

Abgesehen von bestimmten Sonderfällen (Artikel 4:97-107 Zivilgesetzbuch (Burgerlijk Wetboek BW) kann ein Testament grundsätzlich nur notariell aufgesetzt oder eigenhändig abgefasst und einem Notar zur Verwahrung übergeben werden (Artikel 4:94 BW). Es gibt eine begrenzte Anzahl von Sonderfällen (Artikel 4:97-107 Zivilgesetzbuch). Gemeinschaftliche Testamente (gezamenlijk testament) sind nicht zulässig (Artikel 4:93 BW). Gleiches gilt für Erbverträge. Nach Artikel 4:4 Absatz 2 Zivilgesetzbuch sind Verträge über die Abtretung einer noch nicht angefallenen Erbschaft oder Anteilen davon unwirksam.

2 Wird die Verfügung registriert und wenn ja, wie?

Der Notar, vor dem das Testament errichtet wurde, hat dieses am ersten Werktag nach der Errichtung dem zentralen Testamentsregister (Centraal Testamenten Register (CTR)) zu melden.

Siehe auch: http://www.centraaltestamentenregister.nl/. Informationen zur Verwahrung und Registrierung von Testamenten, sowie zur Testamentsrecherche, bietet die Website des European Network of Registers of Wills Association (ENRWA) unter „Information sheet“: http://www.arert.eu/

3 Gibt es Beschränkungen der freien Verfügung von Todes wegen (z. B. Pflichtteil)?

Abkömmlinge des Erblassers (d. h. seine Kinder bzw., wenn diese vorverstorben sind, die Kindeskinder) können nicht vollständig enterbt werden. Sie haben Anspruch auf einen Pflichtteil (legitieme portie). Ein Pflichtteil steht weder dem/der Ehepartner/in noch den Verwandten in aufsteigender gerader Linie zu. Nach Artikel 4:64 Zivilgesetzbuch beträgt der Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Beruft sich ein Abkömmling auf seinen Pflichtteil, gilt er diesbezüglich nicht als Erbe (erfgenaam), sondern als Gläubiger (schuldeiser).

4 Wer erbt und wie viel, wenn keine Verfügung von Todes wegen vorliegt?

Wird kein Testament hinterlassen, kommen je nach Situation die folgenden Grundsätze zur Anwendung:

Bei nicht verheirateten und kinderlosen Verstorbenen geht der Nachlass auf ihre Eltern und Geschwister zu gleichen Teilen über, wobei der Erbteil jedes Elternteils stets nicht weniger als einen Viertel betragen darf.

War die verstorbene Person nicht verheiratet, hinterlässt aber Kinder, erben diese zu gleichen Teilen.

Hinterlässt die verstorbene Person einen Ehepartner, aber keine Kinder, geht der gesamte Nachlass an den überlebenden Ehepartner über.

Hinterlässt die verstorbene Person einen Ehepartner und Kinder, erben diese zwar zu gleichen Teilen, doch das Nachlassvermögen geht an den überlebenden Ehepartner. Der Nachlass wird vom Ehepartner abgewickelt. Jedes Kind hat als Erbe einen gesetzlichen Anspruch auf eine Geldforderung (geldvordering) in der Höhe seines Erbteils gegenüber dem überlebenden Ehepartner. Der Anspruch kann geltend gemacht werden, wenn der überlebende Ehepartner den Konkurs erklärt oder der Schuldenrestrukturierung unterliegt (siehe dazu das Schuldensanierungsgesetz für natürliche Personen (Wet schuldsanering natuurlijke personen) oder der Ehegatte verstorben ist (Artikel 4:13 Zivilgesetzbuch). In einigen Fällen können Kinder ihre Geldforderung auch früher geltend machen, z. B. wenn der überlebende Ehegatte erneut heiratet.

Eingetragene Partner sind den Ehepartnern gleichgestellt.

5 Welche Art von Behörde ist zuständig:

5.1 in Erbschaftsangelegenheiten?

5.2 für die Entgegennahme von Erklärungen über die Annahme oder die Ausschlagung einer Erbschaft?

5.3 für die Entgegennahme von Erklärungen über die Annahme oder die Ausschlagung eines Vermächtnisses?

5.4 für die Entgegennahme von Erklärungen über die Annahme oder die Ausschlagung eines Pflichtteils?

Für Erbschaftsangelegenheiten sind in den Niederlanden die Notare als öffentliche Behörde zuständig. Die Parteien können den Notar unabhängig vom letzten Wohnsitz des Erblassers frei wählen.

Dem Erben stehen drei Möglichkeiten offen:

  1. vorbehaltslose Erbschaftsannahme,
  2. Annahme in Höhe des zu verteilenden Vermögens, also nur bis zur Höhe der Nettoaktiva und unter dem Vorbehalt der Errichtung eines Inventars (beneficiair aanvaarden)
  3. und Ausschlagung der Erbschaft.

Will der Erbe die Erbschaft vollständig annehmen (vorbehaltslose Annahme), kann er dies ausdrücklich und ohne besondere Formalitäten tun, indem er bestimmte Handlungen wie den Verkauf oder die anderweitige Aneignung des Vermögens des Erblassers vornimmt. Mit der vorbehaltslosen Annahme der Erbschaft haftet ein Erbe uneingeschränkt für die Nachlassverbindlichkeiten mit seinem Privatvermögen. Der Erbe kann seine Haftung jedoch beschränken, indem er die Erbschaft ausdrücklich unter der Bedingung annimmt, dass die Nachlassverbindlichkeiten durch den Nachlass abgedeckt sind. Dafür muss er bei der Geschäftsstelle (griffie van de rechtbank) eine Erklärung über die Annahme unter Vorbehalt eines Inventars (verklaring van beneficiaire aanvaarding) abgeben. Der Erbe muss dies auch tun, wenn er die Erbschaft ausschlagen und nicht annehmen möchte. Für die Abgabe der Erklärung gibt es keine Frist, jedoch kann ein Gläubiger oder eine andere betroffene Partei beantragen, dass das Gericht dem Erben eine Frist setzt. Lässt der Erbe die Frist verstreichen, wird die Erbschaft vorbehaltlos angenommen. Dies gilt auch dann, wenn sich der Erbe so verhalten hat, als ob er die Erbschaft vor Abgabe einer Erklärung bedingungslos angenommen hätte. Eine einmal getroffene Entscheidung kann nicht rückgängig gemacht werden.

Vermächtnisse (legaten) können ohne jegliche Formvorschriften angenommen oder ausgeschlagen werden. Die beschränkte Annahme eines Vermächtnisses ist nach niederländischem Recht nicht möglich.

Ein Pflichtteilsberechtigter (legitimaris) kann auf seinen Pflichtteil verzichten, indem er schlicht von seiner Geltendmachung absieht. Das Gesetz sieht keine spezielle Erklärung zu diesem Zweck vor. Das hindert einen Pflichtteilsberechtigten jedoch nicht, seinen Verzicht auf den Pflichtteil in einer Erklärung festzuhalten.

6 Kurzbeschreibung des Verfahrens zur Regelung von Erbsachen nach einzelstaatlichem Recht einschließlich der Abwicklung des Nachlasses und der Verteilung der Vermögenswerte (dazu zählen Informationen darüber, ob das Nachlassverfahren von Amts wegen von einem Gericht oder einer anderen zuständige Behörde eröffnet wurde)

In den meisten Fällen ist es am besten, einen Notar mit der Erbauseinandersetzung zu beauftragen, vor allem wenn ein Ehevertrag (huwelijkscontract) oder ein Testament vorliegt. Jeder Erbe, sowie gegebenenfalls der Testamentsvollstrecker, kann sich zu diesem Zweck an einen Notar in den Niederlanden wenden. Die Parteien können den Notar unabhängig vom letzten Wohnsitz des Erblassers frei wählen. Der Notar steht den Erben bei der Regelung des Nachlasses zur Seite. Er ermittelt, wer die Erben sind, ob ein Testament vorliegt und berät die Erbschaftsberechtigten dazu, ob sie die Erbschaft annehmen oder besser ausschlagen sollten. Ferner kann er die Erben in steuerlichen Fragen beraten. Gerichte spielen in Erbangelegenheiten in nur wenigen Fällen eine Rolle, beispielsweise bei Erbstreitigkeiten oder wenn Erben nicht fähig sind, ihre Interessen wahrzunehmen (z. B. weil er minderjährig ist).

7 Wie und wann wird jemand Erbe oder Vermächtnisnehmer?

In den Niederlanden ist kein gerichtliches Verfahren vorgesehen. Liegt kein Testament vor, gilt die gesetzliche Erbfolge. Wenn ein Testament vorliegt, gibt es Aufschluss darüber, wer die Erben und Vermächtnisnehmer (legatarissen) sind. Der Notar kann in einem Erbschein angeben, wer die Erben sind (vgl. Artikel 4:188 des Zivilgesetzbuchs). Der Testamentsvollstrecker kann ebenfalls die Erbschaftserklärung verlangen. In der Erbschaftserklärung führt der Notar kraft seines Amtes die Namen der Erbberechtigten, deren Anteile und gegebenenfalls den Namen des Testamentsvollstreckers auf. Die Erben bzw. der Testamentsvollstrecker können sich anhand der Erbschaftserklärung an die Nachlassschuldner wenden und z. B. Zugang zu Bankguthaben erhalten. Für die Übertragung von unbeweglichem Vermögen oder Rechten daran an einen Erben ist eine notarielle Urkunde erforderlich.

8 Haften die Erben für die Nachlassverbindlichkeiten und falls ja, unter welchen Bedingungen?

Erben, die die Erbschaft vorbehaltslos annehmen, haften vollumfänglich für die Schulden des Erblassers (Artikel 4:182 Zivilgesetzbuch). Wurde die Erbschaft unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung angenommen, haftet der Erbe für diese Schulden nur insoweit, als diese durch die Erbmasse abgedeckt sind. Sie haften nicht persönlich.

9 Welche Dokumente und/oder Angaben sind in der Regel für die Eintragung von unbeweglichen Sachen vorgeschrieben?

Die Erbschaftserklärung kann in das Grundbuch eingetragen werden (openbaar register van onroerend goed). Zur Übertragung von Grundeigentum oder Rechten daran ist eine separate notarielle Urkunde erforderlich.

9.1 Ist die Bestellung eines Nachlassverwalters verpflichtend oder auf Antrag verpflichtend? Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, wenn diese Bestellung verpflichtend oder auf Antrag verpflichtend ist?

Nach niederländischem Recht besteht keine Pflicht zur Bestellung eines Nachlassverwalters (beheerder van de nalatenschap).

9.2 Wer ist berechtigt, die Verfügung des Erblassers von Todes wegen zu vollstrecken und/oder den Nachlass zu verwalten?

Der Erblasser (erflaters) kann in seinem Testament einen Vollstrecker benennen, der befugt ist, die Erbschaft abzuwickeln. Wird das Erbe unter Vorbehalt der Inventarerrichtung angenommen, so kann ein Sonderverwalter (speciale beheerder) vom Gericht bestellt werden.

9.3 Welche Befugnisse hat ein Testamentsvollstrecker?

Dem im Testament benannten Vollstrecker stehen nach Artikel 4:144 Zivilgesetzbuch grundsätzlich eingeschränkte Befugnisse zu. Er kann den Nachlass verwalten und Nachlassverbindlichkeiten begleichen. Der Erblasser kann dem Testamentsvollstrecker weitergehende Befugnisse einräumen, wie z. B. das Recht zur Übertragung von Vermögenswerten ohne Zustimmung der Erben. Ist der Testamentsvollstrecker als Sondervollstrecker (speciale executeur) eingesetzt, ist er befugt, Vermögenswerte zu übertragen und sämtliche Entscheidungen in Bezug auf die Verteilung des Nachlasses zu treffen.

10 Welche Dokumente werden in der Regel nach nationalem Recht während oder nach einem Verfahren in einer Erbsache zum Nachweis des Status und der Rechte der Erbberechtigten ausgestellt? Haben sie besondere Beweiskraft?

Ein Teilungsvertrag (akte van verdeling) kann von den Erben geschlossen werden. Dabei handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, wenn der Teilungsvertrag vom Notar erstellt wird. Dies ist dann erforderlich, wenn ein Erbe geschäftsunfähig ist (Minderjährige oder unter Vormundschaft oder Zwangsverwaltung stehende Personen (curatele/bewindvoering)). Für die Übertragung von unbeweglichem Vermögen in den Niederlanden ist eine notarielle Urkunde erforderlich (siehe Frage 7). In allen anderen Fällen ist die Beurkundung der Verteilung nicht notwendig. Für die Übertragung sonstiger Gegenstände, wie etwa Bankguthaben und anderen beweglichen Vermögenswerten, genügt die Erbschaftserklärung.

 

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