1 Gibt es ein Mahnverfahren?
1.1 Anwendungsbereich des Mahnverfahrens
Ja, es gibt ein Mahnverfahren zur vereinfachten Durchsetzung von Forderungen, geregelt in den §§ 688 ff. der Zivilprozessordnung.
1.1.1 Auf welche Arten von Ansprüchen ist dieses Verfahren anwendbar (z.B. nur Geldforderungen, nur Ansprüche aus Verträgen usw.)?
Das Verfahren ist grundsätzlich auf alle Ansprüche anwendbar, welche die Zahlung einer bestimmten Geldsumme in Euro zum Gegenstand haben.
Allerdings ist das Mahnverfahren in folgenden Fällen ausgeschlossen:
- sofern es sich auf einen Anspruch aus einem Verbraucherkredit mit einem den Basiszinssatz um mehr als 12 Prozentpunkte übersteigenden Zinssatz bezieht,
- sofern es sich auf einen Anspruch bezieht, dessen Geltendmachung von einer noch nicht erbrachten Gegenleistung abhängig ist,
- sofern die Zustellung des Mahnbescheids durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen müsste, weil der Aufenthalt des Antragsgegners nicht bekannt ist.
1.1.2 Gibt es einen Höchstbetrag beim Forderungswert?
Es gibt keinen Höchstbetrag beim Forderungswert.
1.1.2 Ist die Anwendung dieses Verfahrens fakultativ oder obligatorisch?
Die Anwendung des Mahnverfahrens ist für den Gläubiger fakultativ. Es bleibt ihm überlassen, ob er den Weg über das Mahnverfahren geht oder das gewöhnliche, das heißt das sogenannte streitige Verfahren einleitet.
1.1.3 Ist ein solches Verfahren verfügbar, wenn der Antragsgegner in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland wohnhaft ist?
Das deutsche Mahnverfahren ist grundsätzlich auch dann anwendbar, wenn der Antragsgegner in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittland wohnhaft ist. Zu beachten ist jedoch, dass nach § 688 Absatz 3 der Zivilprozessordnung in einem Fall, in dem der Mahnbescheid im Ausland zugestellt werden müsste, das Mahnverfahren nur dann stattfindet, wenn das Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz bzw. das Auslandsunterhaltsgesetz dies vorsieht oder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union zugestellt werden soll. Neben den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist die Durchführung eines Mahnverfahren darüber hinaus bei Zustellungen nach Island, Norwegen, in die Schweiz sowie nach Israel zulässig.
1.2 Zuständiges Gericht
Für das Mahnverfahren ist ohne Rücksicht auf die Höhe der Forderung das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei dem der Antragsteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Der allgemeine Gerichtsstand wird grundsätzlich durch den Wohnsitz, im Falle einer juristischen Person durch deren Sitz bestimmt. In allen Bundesländern wurden allerdings zentrale Mahngerichte eingerichtet (www.mahngerichte.de), d.h. die Zuständigkeit für Mahnverfahren wurde auf mehrere Amtsgerichte oder sogar nur auf ein einziges Amtsgericht des Landes konzentriert. In diesem Fall besteht der allgemeine Gerichtsstand des Antragsstellers bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen zentralen Mahngericht.
Hat der Antragsteller keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland, so ist das Amtsgericht Wedding in Berlin ausschließlich zuständig. Hat der Antragsgegner keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland, so ist das Amtsgericht zuständig, welches für das streitige Verfahren zuständig wäre, unabhängig von einer sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts im Übrigen (an sich sind die Amtsgerichte grundsätzlich nur für Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 5 000 EUR sachlich zuständig). Auch hier kann es je nach Bundesland zentrale Mahngerichte geben.
1.3 Formerfordernisse
1.3.1 Ist die Verwendung eines Vordrucks verbindlich? Wenn ja, wo ist dieser Vordruck erhältlich?
Die Verwendung eines Vordrucks ist, soweit Vordrucke für die jeweilige Erklärung oder den jeweiligen Antrag bestehen, verbindlich. Vordrucke bestehen etwa für die Anträge auf Erlass und Neuzustellung von Mahn- und Vollstreckungsbescheiden.
In allen Bundesländern wird das Mahnverfahren maschinell bearbeitet. Die Anträge können hier entweder auf Papiervordrucken oder im Wege des elektronischen Datenaustausches gestellt werden. Es gibt bestimmte Softwarehersteller, die Softwareprogramme für die elektronische Antragstellung im automatisierten gerichtlichen Mahnverfahren anbieten. Bei allen Amtsgerichten ist eine Online- Antragstellung über das Internet möglich.
Die Papiervordrucke für Mahnverfahren können im Schreibwarenhandel oder online erworben werden.
1.3.2 Ist ein rechtsanwaltlicher Beistand erforderlich?
Nein, ein rechtsanwaltlicher Beistand ist nicht erforderlich.
1.3.2 Sind die Gründe für die Forderung eingehend darzulegen?
Die Gründe für die Forderung sind nicht eingehend darzulegen. Erforderlich ist lediglich die Bezeichnung des Anspruchs unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung. Hierfür sind die in den Vordrucken für das Mahnverfahren vorgesehen Felder auszufüllen. Haupt- und Nebenforderungen sind gesondert und einzeln zu bezeichnen.
1.3.3 Sind schriftliche Nachweise für die geltend gemachten Ansprüche vorzubringen? Wenn ja, welche Schriftstücke sind als Belege zulässig?
Schriftliche Nachweise für die geltend gemachten Ansprüche sind nicht vorzubringen.
1.4 Abweisung des Antrags
Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides wird zurückgewiesen, wenn das Mahnverfahren nicht zulässig oder das angerufene Gericht unzuständig ist oder wenn der Mahnantrag nicht den formellen Voraussetzungen entspricht. Der Antrag wird auch dann zurückgewiesen, wenn der Mahnbescheid nur wegen eines Teils des Anspruchs nicht erlassen werden kann. Vor der Abweisung ist der Antragsteller zu hören.
Das Gericht prüft vor Erlass des Mahnbescheides nicht, ob dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch auch tatsächlich zusteht.
1.5 Rechtsbehelf
Die Zurückweisung eines Mahnbescheides ist grundsätzlich unanfechtbar. Die sofortige Beschwerde ist nach dem Gesetz lediglich dann eröffnet, wenn der Antrag in einer nur maschinell lesbaren Form übermittelt und mit der Begründung zurückgewiesen wurde, diese Form sei für eine maschinelle Bearbeitung nicht geeignet; diese Regelung spielt allerdings in der Praxis keine große Rolle.
1.6 Widerspruch
Ist der Mahnbescheid erlassen und dem Antragsgegner zugestellt worden, so kann dieser innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung widersprechen. Auch nach Ablauf dieser Frist ist ein Widerspruch allerdings noch zu beachten, solange kein Vollstreckungsbescheid ergangen ist. Im Übrigen gilt ein verspäteter Widerspruch als Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid.
Der Antragsgegner erhält mit der Zustellung des Mahnbescheides einen Vordruck, mit dem er gegen den Mahnbescheid Widerspruch erheben kann. Die Verwendung des Widerspruchsvordrucks ist allerdings optional und nicht zwingend vorgeschrieben. Der Widerspruch kann also auch in anderer Form erhoben werden; als formelle Voraussetzung ist lediglich die Schriftlichkeit des Widerspruchs vorgesehen.
1.7 Folgen des Widerspruchs
Wenn der Antragsgegner die Forderung rechtzeitig bestreitet, hat dies zur Folge, dass kein Vollstreckungsbescheid mehr erteilt werden kann, mit dem eine zwangsweise Durchsetzung des mit dem Mahnbescheid geltend gemachten Anspruchs erreicht werden könnte. Die Streitsache wird aber nicht automatisch in das gewöhnliche, das heißt das sogenannte streitige Verfahren übergeleitet. Hierzu bedarf es eines ausdrücklichen Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens, der sowohl dem Antragsteller als auch dem Antragsgegner des Mahnverfahrens offensteht. Der Antragsteller kann den Antrag stellen, sobald er von dem Widerspruch erfährt oder ihn vorsorglich mit dem Mahnbescheid verbinden.
1.8 Folgen mangels Widerspruchs
1.8.1 Welche Schritte sind nötig, um einen Vollstreckungsbescheid zu erwirken?
Das Gericht erlässt auf Antrag einen Vollstreckungsbescheid. Der Antrag kann nicht vor Ablauf der Widerspruchsfrist gestellt werden, er hat die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen auf den Mahnbescheid geleistet worden sind. Wurden Beiträge gezahlt, hat der Antragsteller seinen Antrag entsprechend zu ermäßigen.
1.8.2 Ist diese Entscheidung endgültig oder besteht für den Antragsgegner noch die Möglichkeit, dagegen Widerspruch einzulegen?
Der Vollstreckungsbescheid steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich. Gegen ihn kann binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch eingelegt werden.