1 Muss ich mich unbedingt an ein Gericht wenden oder gibt es eine andere Möglichkeit?
Das italienische Rechtssystem garantiert jedem die Möglichkeit, seine Rechte gerichtlich geltend zu machen.
In manchen Fällen sollte mit Unterstützung des Rechtsbeistands zunächst eine Streitbeilegung im Wege der Schlichtung angestrebt werden, bevor Klage erhoben wird. Für ein Schlichtungsverfahren kommen Streitfälle um Wohnungseigentum, Eigentumsrechte, Vermögensauseinandersetzungen, Erbangelegenheiten, Familienvereinbarungen, private und gewerbliche Vermietungen und Verpachtungen, Gebrauchsüberlassungen, Schadensersatzansprüche nach ärztlichen Behandlungsfehlern, Verleumdung in der Presse und anderen Medien sowie Streitfälle im Zusammenhang mit Versicherungs-, Bank- und Finanzverträgen, Gewinnbeteiligungsvereinbarungen, Konsortien, Franchise, Beschäftigung, Netzwerke, Zeitarbeitern, Partnerschafts- und Unterlieferanten-Vereinbarung in Betracht. Verfahren werden durch vom Justizministerium anerkannte Mediationsstellen geführt.
Darüber hinaus sind Sie verpflichtet mit der Gegenpartei in Verhandlungen zu treten, sollten Sie eine Schadenersatzklage für Schäden durch das Bewegen von Fahrzeugen oder Booten oder eine Forderung auf Zahlung von Beträgen, die nicht über 50 000 EUR hinausgehen. Diese Verfahren unterliegen direkten Verhandlungen zwischen den Parteien, die dafür einen Rechtsbeistand benötigen.
Eine andere Möglichkeit der Streitbeilegung ist ein Schiedsverfahren, bei dem eine von den Streitparteien benannte private Schiedsperson eingeschaltet wird. Für ein Schiedsverfahren anstelle eines ordentlichen Gerichtsverfahrens können sich die Streitparteien nur im beiderseitigen Einvernehmen entscheiden.
2 Gibt es eine Frist für die Klageerhebung?
Für die verschiedenen Rechtssachen gelten unterschiedliche Fristen. Üblicherweise gilt eine Frist von 10 Jahren, in manchen Fällen gelten aber auch kürzere Fristen (Artikel 2934-2961 Zivilgesetzbuch - codice civile).
In bestimmten Fällen gelten ferner Fristen in Bezug auf konkrete Handlungen. Beispielweise sieht Artikel 1495 des Zivilgesetzbuchs vor, dass ein Käufer, der an einem gekauften Gegenstand Mängel entdeckt und gerichtlich dagegen vorgehen möchte, den Käufer innerhalb von acht Tagen nach Feststellung dieses Mangels unterrichten muss.
3 Muss ich mich an ein Gericht in diesem Mitgliedstaat wenden?
Ein abschließendes Urteil in einem Streitfall kann nur ein Gericht sprechen. Die gerichtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Streitgegenstand und nach den entsprechenden italienischen und den EU-Vorschriften.
4 Wenn ja, an welches Gericht muss ich mich in diesem Mitgliedstaat aufgrund meines Wohnsitzes und des Wohnsitzes des Gegners oder aufgrund anderer Kriterien der örtlichen Zuständigkeit wenden?
Grundsätzlich ist das Gericht am Wohnsitz des Beklagten bzw. an dessen Firmensitz zuständig. Dieses Prinzip der örtlichen Zuständigkeit bestimmt den allgemeinen Gerichtsstand natürlicher und juristischer Personen (oro generale delle persone fisiche e giuridiche). Je nach Streitwert oder Streitgegenstand müssen Sie sich an ein bestimmtes Gericht in dem entsprechenden Gebiet wenden (an den Friedensrichter (giudice di pace) oder das mit einem Richter oder einem Richterkollegium besetzte tribunale) oder auch an ein Gericht außerhalb des allgemeinen Gerichtsstands natürlicher Personen (bei zwingender örtlicher Zuständigkeit (competenza per territorio inderogabile)).
Siehe „In welchem Mitgliedstaat befindet sich das zuständige Gericht?“.
5 An welches Gericht muss ich mich in diesem Mitgliedstaat aufgrund des Klagegegenstands und der Höhe des Streitwerts wenden?
Bei Streitigkeiten um Sachvermögen mit einem Streitwert bis zu 10 000 EUR ist der Friedensrichter (giudice di pace) zuständig. Für Fälle mit einem Streitwert bis zu 25 000 EUR ist der Friedensrichter zuständig, wenn es um Unfallschäden im Straßen- oder Schiffsverkehr geht, für die Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Klagen mit einem höheren Streitwert werden vor dem ordentlichen Gericht unter Vorsitz eines Einzelrichters verhandelt. Für bestimmte Fälle ist unabhängig vom Streitwert der Friedensrichter (Artikel 7 Absatz 3 Zivilprozessordnung (codice di procedura civile)) oder das ordentliche Gericht mit einem Einzelrichter (Artikel 409 Zivilprozessordnung) oder mit einem Richterkollegium (Artikel 50bis Zivilprozessordnung) zuständig.
Siehe „In welchem Mitgliedstaat befindet sich das zuständige Gericht?“.
6 Kann ich selbst eine Klage anstrengen oder muss ich eine Mittelsperson, z. B. einen Anwalt, einschalten?
Grundsätzlich müssen Sie sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen; die fachliche Vertretung ist zwingend vorgeschrieben (obbligo di difesa tecnica). Dies gilt nicht für Bagatellsachen (mit einem Streitwert bis zu 1 100 EUR, die vor dem Friedensrichter verhandelt werden) und nicht, wenn Sie selbst als Rechtsanwalt zugelassen sind (Artikel 86 Zivilprozessordnung).
7 Bei wem reiche ich meinen Klageantrag ein: bei der Anmeldung oder bei der Geschäftsstelle des Gerichts oder bei einer anderen Verwaltungsstelle?
Der Antrag ist an die Gegenpartei zu richten und bei der zuständigen Geschäftsstelle des Gerichts einzureichen.
8 In welcher Sprache kann ich den Antrag stellen? Kann dies mündlich geschehen oder muss er schriftlich gestellt werden? Kann ich ihn per Fax oder E-Mail schicken?
Nur in Fällen, die vor dem Friedensrichter verhandelt werden, kann der Antrag mündlich gestellt werden (Artikel 316 Zivilprozessordnung). In allen anderen Fällen ist der Antrag schriftlich in italienischer Sprache zu stellen. Der Antrag darf nicht nur per Fax oder per E-Mail übermittelt werden. Rechtsanwälte müssen Schriftstücke per zertifizierter E-Mail über ein dafür eingerichtetes IT-System übermitteln.
9 Gibt es besondere Formblätter oder wenn nicht, wie muss ich anderenfalls einen Fall darstellen? Welche Inhalte muss die Klage haben?
Spezielle Formblätter gibt es nicht. Im Antrag sind die Parteien, das Gericht, der Streitgegenstand und die Bezeichnung anzugeben. In Zivilverfahren muss ein Antragsteller auch die Verhandlung angaben, bei der die andere Partei anwesend sein muss und diese darüber unterrichten, dass eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt zwingend vorgeschrieben ist und dass vorbehaltlich bestimmter Bedingungen ein Antrag auf Prozesskostenhilfe (patrocinio a spese dello Stato) gestellt werden kann.
10 Muss ich Gerichtsgebühren zahlen? Wenn ja, wann? Muss ich einen Anwalt von Anfang an bezahlen?
An den Staat ist eine Gebühr zu entrichten, die sich nach der Höhe des Streitwerts zum Zeitpunkt der Antragstellung richtet (einheitliche Gebühr nach konsolidiertem Gerichtskostengesetz, Präsidialdekret Nr. 115/2002 (Testo Unico delle Spese di Giustizia, DPR 115/2002)).
Die Höhe des Anwaltshonorars und die Zahlungsfrist werden direkt mit dem Rechtsanwalt vereinbart.
11 Kann ich Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen?
Sowohl italienische Staatsbürger als auch Personen anderer Nationalität haben Anspruch auf Prozesskostenhilfe, wenn ihre Einkommenssituation bestimmte Voraussetzungen erfüllt (Konsolidiertes Gerichtskostengesetz, Präsidialdekret Nr. 115/2002).
12 Wann gilt meine Klage amtlich als erhoben? Erhalte ich von den Behörden Bescheid, ob meine Klage ordnungsgemäß erhoben wurde?
Die Klage gilt als erhoben,
- wenn sie der anderen Partei bzw. im Falle einer Ladung der Gegenpartei zugestellt wurde (atto di citazione);
- wenn sie bei der Geschäftsstelle des Gerichts eingegangen ist, sofern es sich um einen beim Gericht gestellten Antrag handelt (ricorso).
Erst wenn es zu einem Verfahren kommt und beide Parteien angehört werden können, prüft das Gericht, ob die Klage ordnungsgemäß eingereicht worden ist.
13 Erhalte ich genaue Angaben zum weiteren Verlauf (z. B. die Frist für die Klageeinlassung)?
Die Fristen für die Einlassung des Beklagten und weitere Schritte der Parteien und des Gerichts regelt die Zivilprozessordnung. Jedes Gericht hält sich an diese aufeinander folgenden Verfahrensschritte oder legt den gesamten Verfahrensablauf fest (Artikel 81bis Durchführungsverordnung zur Zivilprozessordnung). Die Geschäftsstelle des Gerichts informiert die Parteien über Beschlüsse des Gerichts, die außerhalb der Verhandlung getroffen wurden (z.B. Über das Datum der Verhandlung), und über erlassene Urteile.
Link zu den Artikeln 163-166 der Zivilprozessordnung: https://www.normattiva.it/uri-res/N2Ls?urn:nir:stato:regio.decreto:1940-10-28;1443