1 Muss ich mich unbedingt an ein Gericht wenden oder gibt es eine andere Möglichkeit?
Es könnte in bestimmten Fällen sinnvoll sein, auf Verfahren der alternativen Streitbeilegung zurückzugreifen, wie beispielsweise eine Verbraucherschlichtung, eine Mediation oder Schiedsverfahren. Schiedsverfahren sind allerdings nicht bei jedem Streitgegenstand zulässig. Nicht-vermögensrechtliche familienrechtliche Ansprüche sind beispielsweise nicht schiedsfähig. Für mehr Informationen zum Thema „Mediation“ siehe dort. 'Mediation'
2 Gibt es eine Frist für die Klageerhebung?
Eine allgemeine prozessuale Klagefrist gibt es nicht. In gesetzlich bestimmten Konstellationen – etwa bei bestimmten Maßnahmen im einstweiligen Rechtsschutz – kann jedoch eine Klagefrist vorgesehen sein. Unabhängig davon unterliegen die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche der Verjährung. Ist ein Anspruch verjährt und beruft sich der Beklagte im Prozess hierauf, wird die Klage erfolglos bleiben. Die Verjährungsfristen richten sich nicht nach dem Prozessrecht, sondern nach dem materiellen Recht. Sie sind von Fall zu Fall verschieden. Zur Klärung der Verjährungsfrage im Einzelfall kann es hilfreich sein, sich an eine rechtskundige Beratungsperson – etwa eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt – zu wenden.
3 Muss ich mich an ein Gericht in diesem Mitgliedstaat wenden?
Siehe 'In welchem Mitgliedstaat befindet sich das zuständige Gericht?'.
4 Wenn ja, an welches Gericht muss ich mich in diesem Mitgliedstaat aufgrund meines Wohnsitzes und des Wohnsitzes des Gegners oder aufgrund anderer Kriterien der örtlichen Zuständigkeit wenden?
Siehe 'In welchem Mitgliedstaat befindet sich das zuständige Gericht? - Deutschland'.
5 An welches Gericht muss ich mich in diesem Mitgliedstaat aufgrund des Klagegegenstands und der Höhe des Streitwerts wenden?
Siehe 'In welchem Mitgliedstaat befindet sich das zuständige Gericht? - Deutschland'.
6 Kann ich selbst eine Klage anstrengen oder muss ich eine Mittelsperson, z. B. einen Anwalt, einschalten?
Ob eine rechtsuchende Partei eine Klage selbst erheben kann oder sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen muss, hängt davon ab, welches Gericht für die Klage zuständig ist. In bestimmten Fällen kann sich auch aus dem Verfahrensgegenstand ein Anwaltszwang ergeben.
Vor den Landgerichten und den Oberlandesgerichten in Deutschland müssen sich die Parteien von einem Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Absatz 1 Zivilprozessordnung). Vor dem Bundesgerichtshof besteht ebenfalls Anwaltszwang. Dort dürfen jedoch nur besonders zugelassene Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auftreten. Auch in den meisten Familiensachen (z.B. Ehescheidung, Unterhaltsstreitigkeiten, Güterrechtsstreitigkeiten), in denen das Amtsgericht zuständig ist, besteht Anwaltszwang.
In allen übrigen Verfahren vor dem Amtsgericht kann eine Partei die Klage grundsätzlich selbst erheben und das Verfahren ohne anwaltliche Vertretung führen.
Für das gerichtliche Mahnverfahren (§§ 688 fortfolgende Zivilprozessordnung), das der vereinfachten Durchsetzung von Geldforderungen dient, ist in zivilrechtlichen Streitigkeiten das Amtsgericht zuständig. In den Ländern bestehen hierfür regelmäßig Zentrale Mahngerichte. Eine rechtsuchende Partei kann dort auch ohne anwaltliche Vertretung einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides stellen.
Auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist ein gerichtliches Mahnverfahren möglich. Abweichend vom zivilrechtlichen Verfahren ist der Antrag hier unmittelbar beim örtlich zuständigen Arbeitsgericht zu stellen. Im Übrigen kann die Partei in arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz die Klage grundsätzlich selbst erheben und das Verfahren ohne anwaltliche Vertretung führen.
7 Bei wem reiche ich meinen Klageantrag ein: bei der Anmeldung oder bei der Geschäftsstelle des Gerichts oder bei einer anderen Verwaltungsstelle?
Eine Klage ist grundsätzlich schriftlich bei dem zuständigen Gericht einzureichen. Dies kann durch Einsendung per Post erfolgen oder durch Einwurf in den Briefkasten des Gerichts. Daneben besteht die Möglichkeit der elektronischen Einreichung. Für die elektronische Kommunikation wurden bestimmte Kommunikationswege eröffnet, die unter „Digitalisierungsverordnung“ näher dargestellt sind.
Sie kann aber, wenn für das Verfahren das Amtsgericht zuständig ist, auch mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts erklärt werden. Dies ist nicht nur beim örtlich zuständigen Amtsgericht, sondern auch bei der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts in Deutschland möglich. Die Geschäftsstelle hat dann das Protokoll unverzüglich an das Gericht zu übersenden, an das die Klage gerichtet ist.
Gleiches gilt für das Verfahren vor dem Arbeitsgericht. Die an ein Arbeitsgericht gerichtete Klage kann auch mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle jedes Arbeitsgerichts erklärt werden.
8 In welcher Sprache kann ich den Antrag stellen? Kann dies mündlich geschehen oder muss er schriftlich gestellt werden? Kann ich ihn per Fax oder E-Mail schicken?
Die Gerichtssprache ist grundsätzlich deutsch. Die Klage muss daher in deutscher Sprache eingereicht werden. Eine Ausnahme gilt in den Heimatkreisen der Sorben. Dort können Sorben auch in sorbischer Sprache Klage einreichen. Eine weitere Ausnahme gilt vor bestimmten Spruchkörpern, die für näher definierte wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten an einem Landgericht, Oberlandesgericht oder Obersten Landesgericht eingerichtet werden können (Commercial Chambers, Commercial Courts). Vor diesen kann die Klage in englischer Sprache eingereicht werden.
Grundsätzlich ist eine Klage schriftlich einzureichen. In einem Verfahren vor dem Amtsgericht oder Arbeitsgericht kann die Klage auch mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden (s. unter 7). Daneben kann die Klage auch elektronisch eingereicht werden. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind verpflichtet, die Klage elektronisch zu übermitteln.
Eine einfache E-Mail genügt den rechtlichen Anforderungen zur elektronischen Klageeinreichung nicht und ist daher nicht zulässig. Stattdessen stehen für die elektronische Kommunikation mit Gerichten verschiedene sichere Übermittlungswege zur Verfügung, die eine rechtsverbindliche Übermittlung von Dokumenten an die Justiz ermöglichen.
Als solche sichere Übermittlungswege gelten das elektronische Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) sowie der Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos gemäß § 2 Absatz 5 des Gesetzes zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG), insbesondere das Mein Justizpostfach (MJP).
Das Mein Justizpostfach ist ein kostenfreier, bundesweit einheitlicher Dienst für natürliche Personen. Es wird über das Nutzerkonto Bund (BundID) mit freigeschalteter Online-Ausweisfunktion eingerichtet und kann ohne zusätzliche Software direkt im Webbrowser genutzt werden.
Das elektronische Bürger- und Organisationenpostfach ist ebenfalls eine Kommunikationsmöglichkeit für Bürgerinnen und Bürger sowie für juristische Personen und Organisationen. Es erfordert eine spezielle Software und eine sichere Identifizierung.
Eine formgerechte Einreichung ist auch per Telefax möglich. In diesem Fall muss auf dem Fax die Unterschrift der Partei erkennbar wiedergegeben sein. Es muss eindeutig hervorgehen, wer die Klageschrift unterzeichnet hat.
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten steht das besondere elektronische Anwaltspostfach als sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung.
9 Gibt es besondere Formblätter oder wenn nicht, wie muss ich anderenfalls einen Fall darstellen? Welche Inhalte muss die Klage haben?
Für das gerichtliche Mahnverfahren – insbesondere den Antrag auf Erlass eines Mahn- oder Vollstreckungsbescheids – sind amtliche Formulare vorgeschrieben (§ 703c Absatz 2 Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 1 Absatz 1 der Verordnung zur Einführung von Vordrucken für das Mahnverfahren bzw. § 46f des Arbeitsgerichtsgesetzes in Verbindung mit § 1 der Verordnung zur Einführung von Vordrucken für das arbeitsgerichtliche Mahnverfahren). Diese Formulare müssen verwendet werden. Werden diese nicht benutzt, kann der Antrag als unzulässig zurückgewiesen werden.
Für die Erhebung einer Klage sind keine Formblätter vorgeschrieben. Die Klageschrift muss jedoch bestimmten formalen Anforderungen genügen und bestimmte Inhalte enthalten:
- Die Klageschrift muss die genaue Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter sowie deren ladungsfähige Anschriften enthalten. Zudem ist das Gericht zu benennen, bei dem die Klage eingereicht wird.
- Es ist klar und eindeutig anzugeben, worauf sich die Klage bezieht und was das Gericht dem Kläger zusprechen soll (Klageantrag).
- Außerdem sind der geltend gemachte Anspruch und der zugrunde liegende Sachverhalt vollständig, schlüssig und nachvollziehbar darzulegen.
- Die Klageschrift muss eigenhändig unterschrieben sein. Wird die rechtsuchende Partei durch einen Anwalt vertreten, ist die Klageschrift von diesem oder einer Vertretung zu unterzeichnen (s. unter 8).
10 Muss ich Gerichtsgebühren zahlen? Wenn ja, wann? Muss ich einen Anwalt von Anfang an bezahlen?
Für ein gerichtliches Verfahren vor den mit Zivil- und Handelssachen befassten Gerichten werden Gerichtskosten erhoben. Diese Gerichtskosten setzen sich aus den Gebühren und den Auslagen des Gerichts zusammen. Nach Einreichung der Klageschrift stellt das Gericht einen Gerichtskostenvorschuss in Höhe der gesetzlich geregelten Gerichtsgebühren in Rechnung. Die Zustellung der Klage an den Prozessgegner erfolgt in der Regel erst, wenn die rechtsuchende Partei den Gerichtskostenvorschuss gezahlt hat.
Gleiches gilt für das Mahnverfahren.
Im Verfahren vor den Arbeitsgerichten besteht keine Vorauszahlungspflicht.
Ist ein Rechtsanwalt mit der Vertretung beauftragt, entstehen Kosten für den Anwalt. Diese Anwaltsgebühren werden zwar grundsätzlich erst mit der Beendigung des Verfahrens oder nach einer Kostenentscheidung des Gerichts fällig, allerdings kann der Rechtsanwalt bereits vor der Einreichung der Klage für seine Tätigkeit einen Vorschuss in Höhe seiner späteren Gebühren verlangen.
Die Kosten des Verfahrens, die Gerichtskosten und die Vergütung des Rechtsanwalts, einschließlich der vorgestreckten Kosten, muss grundsätzlich am Ende des Verfahrens die Partei tragen, der die Kosten durch das Gericht auferlegt werden. Das ist regelmäßig die Partei, die den Prozess verliert. In Verfahren, in denen die Kostenentscheidung nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergeht, entscheidet das Gericht grundsätzlich nach billigem Ermessen, wer welchen Anteil der Kosten des Verfahrens trägt.
Siehe 'Prozesskostenhilfe - Deutschland'
11 Kann ich Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen?
Wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten eines Prozesses selbst aufzubringen, kann beim zuständigen Gericht Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe beantragen (§ 114 Zivilprozessordnung). Das Gericht prüft, ob die Klage/der Antrag Erfolgsaussicht hat und nicht mutwillig ist und ob finanzielle Bedürftigkeit vorliegt. Gewährt das Gericht Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, dann muss die rechtsuchende Partei für die Zustellung der Klage keine Kosten verauslagen.
Dem Antrag ist eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizu-fügen. Hierfür ist ein amtliches Formular zu verwenden („Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe“), dem entsprechende Nachweise beizufügen sind (zum Beispiel Einkommensnachweise, Kontoauszüge).
Wird Prozesskostenhilfe bewilligt, übernimmt die Staatskasse die Gerichtskosten sowie – so-weit erforderlich – die Vergütung eines eigenen Rechtsanwalts. Abhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit kann das Gericht die Prozesskostenhilfe auch mit der Auflage bewilligen, monatliche Ratenzahlungen zu leisten. Im Fall des Unterliegens sind jedoch die Kosten der Gegenseite grundsätzlich selbst zu tragen (§ 123 Zivilprozessordnung).
12 Wann gilt meine Klage amtlich als erhoben? Erhalte ich von den Behörden Bescheid, ob meine Klage ordnungsgemäß erhoben wurde?
Wurde die Klageschrift vollständig und formgerecht beim Gericht eingereicht und wurde der regelmäßig erforderliche Kostenvorschuss geleistet, veranlasst das Gericht die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten. Mit der Zustellung an den Beklagten gilt die Klage als erhoben.
Ist die Klageschrift unvollständig oder fehlerhaft, wird das Gericht der klagenden Partei in der Regel Gelegenheit zur Korrektur geben. Bleibt eine erforderliche Nachbesserung aus, kann die Klage als unzulässig zurückgewiesen werden.
13 Erhalte ich genaue Angaben zum weiteren Verlauf (z. B. die Frist für die Klageeinlassung)?
Nach Zustellung der Klage informiert das Gericht die Parteien über das weitere Verfahren und trifft verfahrensleitende Maßnahmen. Es kann entweder einen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen oder zunächst ein schriftliches Verfahren anordnen.
Im schriftlichen Verfahren wird dem Beklagten eine Frist gesetzt, innerhalb derer er mitteilen kann, ob er sich gegen die Klage verteidigen möchte. Anschließend können weitere Fristen zur Stellungnahme oder zur Einreichung ergänzender Unterlagen folgen.
Zur Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung kann das Gericht den Parteien aufgeben, bestimmte Punkte näher zu erläutern oder Unterlagen vorzulegen. Auch das persönliche Er-scheinen der Parteien kann angeordnet werden. Über alle gerichtlichen Anordnungen und Fristen werden die Beteiligten informiert.