1 Welche Kosten sind mit einem Verfahren verbunden und wer hat sie normalerweise zu tragen?
Die Prozesskosten hängen von der Art und dem Wert des Falles gemäß den einschlägigen Gerichtsvorschriften ab und umfassen alle Kosten des Gerichtsverfahrens. Sie umfassen in der Regel die Verfahrenskosten, die Kosten für die Abfassung von Verfahrensschriftstücken und die Registrierung von Anträgen auf vorläufigen Rechtsschutz, die Kosten der mündlichen Verhandlung und des Erscheinens vor und nach der mündlichen Verhandlung, die Auslagen für Zeugen, die Kosten für die Erstellung der Ausgabenliste und die Kosten des Schriftverkehrs per Brief vor und während des Verfahrens. In Zivil- und Privatstrafsachen entscheidet das Gericht am Ende jedes Verfahrens, welche Partei die Kosten des Gerichtsverfahrens trägt, wobei die Besonderheiten/Umstände des jeweiligen Falles zu berücksichtigen sind.
In Zivil- und Privatstrafsachen ist die allgemeine Regel, dass die Partei, die im gerichtlichen Verfahren unterlegen ist, die gesamten Kosten tragen muss. Dies bedeutet, dass die obsiegende Partei in der Regel Anspruch auf Erstattung angemessener Kosten und der im Laufe des Gerichtsverfahrens entstandenen Ausgaben hat. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass das Gericht auch befugt ist, Ausnahmen zu machen und von der allgemeinen Kostenregel abzuweichen. Das Gericht kann unter Berücksichtigung bestimmter Besonderheiten/Umstände beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.
In Strafsachen legt das Gericht die Kosten des Gerichtsverfahrens auf der Grundlage der Komplexität der Rechtssache fest.
2 Was genau versteht man unter Prozesskostenhilfe?
Prozesskostenhilfe ist ein Unterstützungssystem für Personen, die sich Rechtsdienstleistungen nicht leisten können, mit dem öffentliche Mittel für die rechtliche Vertretung und den Zugang zum Justizsystem bereitgestellt werden.
In Zypern umfasst die Prozesskostenhilfe verschiedene Rechtsdienstleistungen, einschließlich Rechtsberatung und Unterstützung bei der Abfassung von Rechtsdokumenten und der rechtlichen Vertretung vor Gericht.
Die rechtliche Vertretung umfasst jede Form der Unterstützung, die im Zusammenhang mit Verfahren, in allen Phasen bis zum Erlass einer Entscheidung, und mit Rechtsmittelverfahren normalerweise von einem Rechtsanwalt geleistet wird; im Falle eines Strafverfahrens umfasst sie auch alle mit dem Verfahren zusammenhängenden Phasen vor dessen Einleitung.
3 Unter welchen Voraussetzungen kann Prozesskostenhilfe gewährt werden?
Es gibt zwei Hauptvoraussetzungen, die das Gericht vor der Gewährung kostenloser Prozesskostenhilfe prüft:
a) Wirtschaftliche Kriterien: Der Antragsteller muss nachweisen, dass er es sich nicht leisten kann, die rechtliche Vertretung zu bezahlen, und er somit nicht über ausreichende Mittel verfügt, um Rechtsdienstleistungen zu bezahlen.
Die spezifischen wirtschaftlichen Kriterien können je nach dem sozioökonomischen Bericht des Amts für Sozialfürsorge (Tmíma Ypiresión Koinonikís Evimerías) variieren, wobei die Einkünfte des Antragstellers, das tatsächliche und erwartete Einkommen, alle sonstigen Einkünfte aus Arbeit oder anderen Quellen, die Kosten für die Befriedigung der Grundbedürfnisse des Antragstellers und seiner Familie sowie seine sonstigen Pflichten und Bedürfnisse berücksichtigt werden.
b) Schwere des Falles: Die Schwere des Falles kann im Interesse der Rechtspflege berücksichtigt werden.
4 Wird Prozesskostenhilfe für alle Verfahrensarten gewährt?
Prozesskostenhilfe wird in Verfahren vor den zyprischen Gerichten insbesondere in folgenden Fällen gewährt:
a) Strafverfahren vom Ermittlungsstadium bis zur Verhandlung vor dem Bezirksgericht (Eparchiakó Dikastírio), dem Schwurgericht (Kakourgiodikeío) und dem Militärgericht (Stratiotikó Dikastírio);
b) Verfahren im Zusammenhang mit einem Europäischen Haftbefehl;
c) Zivil- und Strafverfahren wegen bestimmter Menschenrechtsverletzungen (nach dem Gesetz sind Menschenrechtsverletzungen Verletzungen der Rechte, die in Teil II der Verfassung der Republik Zypern, im (Ratifizierungs-)Gesetz zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte von 1962, im (Ratifizierungs-)Gesetz zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung von 1967, im (Ratifizierungs-)Gesetz zum Internationalen Übereinkommen über finanzielle, soziale und kulturelle Rechte sowie bürgerliche und politische Rechte von 1969, im (Ratifizierungs-)Gesetz zum Europäischen Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe von 1989, im (Ratifizierungs-)Gesetz zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1990, im (Ratifizierungs-)Gesetz zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau von 1985 und im (Ratifizierungs-)Gesetz zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1990 vorgesehen sind);
d) Verfahren vor einem Familiengericht (Oikogeneiakó Dikastírio) betreffend Familiensachen, elterliche Verantwortung, Unterhalt, Anerkennung eines Kindes, Adoption, eheliche Güterstände und alle anderen Ehe- oder Familienstreitigkeiten;
e) grenzüberschreitende Streitigkeiten;
f) Verwaltungsbeschwerden von Antragstellern, Personen, die internationalen Schutz genießen, und Drittstaatsangehörigen ohne rechtmäßigen Aufenthalt vor dem Verwaltungsgericht (Dioikitikó Dikastírio) gemäß Artikel 146 der Verfassung;
g) Opfer von Menschenhandel, einschließlich minderjähriger Opfer von Kontaktaufnahmen zu sexuellen Zwecken, Kinderpornografie, sexueller Ausbeutung und/oder sexuellem Missbrauch in Zivilverfahren bei Schadensersatzklagen (auf der Grundlage europäischer Richtlinien);
h) ein Hypothekenschuldner oder eine interessierte Person in einem Verfahren vor einem Gericht in Zypern über den Verkauf hypothekarisch belasteter Immobilien;
i) Rechtsmittelverfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß Artikel 146 der Verfassung über die Rechte der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen (auf der Grundlage einer europäischen Richtlinie).
5 Gibt es besondere Verfahren für dringende Fälle?
In dringenden Fällen kann der Rechtsanwalt das angerufene Gericht ersuchen, eine Bescheinigung über unentgeltliche Prozesskostenhilfe auszustellen. In solchen Fällen räumt das Gericht der Bearbeitung des Antrags den erforderlichen Vorrang ein.
6 Wo kann ich ein Formular zur Beantragung von Prozesskostenhilfe erhalten?
Bei der Kanzlei des Gerichts, das für den Antrag auf Prozesskostenhilfe zuständig ist, ist ein besonderes Formular erhältlich. Das Formular wird vom Antragsteller oder seinem Anwalt ausgefüllt, dem mit der Sache befassten Gericht vorgelegt und in das Sonderregister der Kanzlei aufgenommen.
7 Welche Belege muss ich meinem Antrag auf Prozesskostenhilfe beilegen?
Um Ihren Antrag auf Prozesskostenhilfe zu untermauern, müssen Sie alle erforderlichen Unterlagen vorlegen, z. B. Ausweisdokumente, Unterlagen bezüglich Ihrer finanziellen Situation (und der Situation von Personen, die ständig bei Ihnen leben), gegebenenfalls Gerichtsunterlagen und sonstige Nachweise, wie nachstehend angegeben:
Ausweisdokumente: beispielsweise eine Kopie eines gültigen Reisepasses und/oder eine Kopie eines gültigen Personalausweises;
aktualisierte Unterlagen zu Ihrer finanziellen Situation: Unterlagen zu Ihrer finanziellen Situation, aus denen hervorgeht, dass Sie sich nicht rechtlich vertreten lassen können, z. B. Kontoauszüge, Gehaltsabrechnungen oder Steuererklärungen, Arbeitslosenbescheinigung, Bescheinigung über staatliche Leistungen, Nachweis sonstiger Einkommens- oder Vermögensquellen;
Unterlagen von Gerichten: wenn Sie bereits ein Gerichtsverfahren eingeleitet haben oder über Gerichtsdokumente im Zusammenhang mit Ihrem Fall verfügen, empfehlen wir Ihnen, Kopien dieser Schriftstücke beizufügen;
unterstützende Nachweise: zusätzliche Nachweise im Zusammenhang mit Ihrem Fall, z. B. ärztliche Berichte, Schriftverkehr oder andere einschlägige Unterlagen.
8 Wo reiche ich meinen Antrag auf Prozesskostenhilfe ein?
Der Antrag wird bei dem Gericht eingereicht, vor dem Ihr Fall verhandelt wird.
9 Wie erfahre ich, ob ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?
Von allen Kanzlern der Gerichte in Zypern und von der zyprischen Rechtsanwaltskammer (Pagkýprios Dikigorikós Sýllogos).
10 Was sollte ich tun, wenn ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?
Sie müssen sich schriftlich an das Gericht wenden, vor dem Ihr Fall derzeit oder künftig verhandelt wird, und eine Bescheinigung über unentgeltliche Prozesskostenhilfe beantragen.
11 Wer wählt meinen Rechtsanwalt aus, wenn ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?
Der Rechtsanwalt wird vom Empfänger der unentgeltlichen Prozesskostenhilfe aus dem Kreis der Rechtsanwälte ausgewählt, die bereit sind, ihre Dienste anzubieten. Gibt der Empfänger keinen Rechtsanwalt seiner Wahl an, fordert das die Bescheinigung über unentgeltliche Prozesskostenhilfe ausstellende Gericht ihn auf, einen Rechtsanwalt aus einer von der zyprischen Rechtsanwaltskammer erstellten Liste von Rechtsanwälten auszuwählen, die bereit sind, auf dieser Basis Rechtsberatung anzubieten.
12 Deckt die Prozesskostenhilfe sämtliche Kosten des Verfahrens?
Wenn das Gericht eine Bescheinigung über unentgeltliche Prozesskostenhilfe ausstellt, sind alle Ihre Kosten gedeckt.
13 Wer trägt die sonstigen Kosten, wenn ich nur teilweise Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?
In den zyprischen Rechtsvorschriften ist nicht vorgesehen, dass Prozesskostenhilfe nur in einem gewissem Umfang gewährt wird. Siehe Antwort unter Punkt 12.
14 Erstreckt sich die Prozesskostenhilfe auch auf Rechtsmittel?
Prozesskostenhilfe kann in jeder Instanz (erste oder zweite Instanz) gewährt werden. Wenn Sie im erstinstanzlichen Verfahren Prozesskostenhilfe erhalten haben, können Sie auch in zweiter Instanz Prozesskostenhilfe für Ihren Fall beantragen.
Für die Einlegung eines Rechtsmittels ist keine neue Bescheinigung erforderlich, und das Gericht berücksichtigt den für das erstinstanzliche Verfahren erstellten sozioökonomischen Bericht des Amts für Sozialfürsorge, sofern der Antragsteller eidesstattlich erklärt, dass sich seine finanzielle Lage nicht geändert hat.
15 Kann die Prozesskostenhilfe vor Abschluss des Verfahrens entzogen (oder sogar nach Beendigung des Verfahrens widerrufen) werden?
Die Bescheinigung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann vom Gericht widerrufen werden, wenn sich Ihre persönlichen und finanziellen Angaben wesentlich ändern; die Bescheinigung kann entweder automatisch oder auf Antrag des Generalstaatsanwalts (Genikós Eisangeléas) widerrufen werden. Der Widerruf einer ausgestellten Bescheinigung berührt nicht das Recht eines Rechtsanwalts auf ein Honorar für die bis zum Tag des Widerrufs erbrachten Dienstleistungen.
16 Kann ich gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe vorgehen?
Es besteht ein Recht auf Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die Entscheidung, die Bescheinigung über Prozesskostenhilfe nicht auszustellen, und zwar basierend auf der Grundregel, dass gegen alle Gerichtsentscheidungen Rechtsmittel eingelegt werden können.
17 Bewirkt der Antrag auf Prozesskostenhilfe eine Aussetzung der Verjährungsfrist?
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe bewirkt keine Aussetzung der Verjährungsfrist.
Die Verjährungsfrist läuft unabhängig vom Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Bei bestimmten Arten von Verfahren, wie z. B. Strafverfahren, gibt es jedoch in der Regel keine Verjährungsfrist für Straftaten.