1 Welche Kosten sind mit einem Verfahren verbunden und wer hat sie normalerweise zu tragen?
In Zivil- und Verwaltungssachen setzen sich die Kosten des Verfahrens aus der staatlichen Gebühr und der Sicherheitsleistung, den Kosten im Rahmen der Beweisaufnahme (z. B. Kosten für die Ladung eines Zeugen und Kosten für Sachverständige) und den Kosten zusammen, die den Verfahrensbeteiligten und ihren Vertretern entstehen (Rechtsanwaltsgebühren, Fahrtkosten usw.). Die Kosten des Verfahrens sind im Rahmen des Verfahrens von der Partei zu tragen, die die Kosten verursachende Verfahrenshandlung beantragt. Bei der Einlegung eines Rechtsmittels oder einer Beschwerde muss der Kläger oder Antragsteller daher die staatliche Gebühr entrichten, während die Vergütung von Zeugen oder Sachverständigen im Voraus von der Partei zu zahlen ist, die einen Zeugen laden oder einen Sachverständigen hinzuziehen möchte. Jede Partei des Verfahrens hat die Gebühren ihres jeweiligen Vertreters zu tragen.
Nach Abschluss des Verfahrens wird die unterlegene Partei in der Regel zur Erstattung der Kosten verurteilt, die der Gegenpartei im Rahmen des Verfahrens entstanden sind. In Zivilverfahren verpflichtet die Zurückweisung eines Rechtsmittels den Kläger üblicherweise zur Erstattung der Kosten, die dem Beklagten im Zusammenhang mit dem Gerichtsverfahren entstanden sind. Wird dem Rechtsmittel hingegen stattgegeben, wird der Beklagte verurteilt, die dem Kläger entstandenen Kosten zu tragen. In Rechtssachen, in denen ein Vergleich erzielt wurde, werden die Kosten in der Regel entsprechend diesem Vergleich aufgeteilt.
2 Was genau versteht man unter Prozesskostenhilfe?
Prozesskostenhilfe
Prozesskostenhilfe ist die Erbringung juristischer Dienstleistungen durch einen Rechtsanwalt auf Kosten des Staates, um eine Person vor Gericht oder in anderen Verfahren zu vertreten, ein rechtliches Schriftstück zu erstellen oder andere Rechtsberatung oder -vertretung zu erbringen. Prozesskostenhilfe ist in erster Linie für natürliche Personen vorgesehen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage sind, für anwaltliche Rechtsberatungsleistungen zu bezahlen. Prozesskostenhilfe wird nur von Rechtsanwälten geleistet. Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe bewertet das Gericht die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers, die Erfolgsaussichten seines Anspruchs (Beschwerde, Klage, Antrag) und die Bedeutung des vorliegenden Rechtsstreits für den Antragsteller. Im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens wird unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers ein Vertreter bestellt, sofern dies zwingend vorgeschrieben ist (z. B. bei Verdächtigen oder Beschuldigten in Strafverfahren), aber auch in Rechtssachen, in denen das Gericht dies zur Wahrung der Interessen der Person erforderlich erachtet.
Die Voraussetzungen und das Verfahren für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind im Gesetz über staatlich finanzierte Prozesskostenhilfe (riigi õigusabi seadus) (https://www.riigiteataja.ee/en/eli/518122023002/consolide) festgelegt.
Darüber hinaus erhalten alle in Estland lebenden Menschen eine Erstberatung, deren Kosten der Staat trägt, wenn ihr durchschnittliches Bruttoeinkommen in dem der Antragstellung vorausgehenden Quartal maximal 1 200 EUR betrug. Etwas anderes gilt bei Familienangelegenheiten, die die Rechte eines Kindes betreffen; hier liegt die Bruttoeinkommensgrenze bei 2 000 EUR. Die Einkommensobergrenze gilt auch nicht für Rechtsberatung für Personen mit besonderen Bedürfnissen und ältere Menschen, die auf vertraglicher Grundlage von der estnischen Vereinigung der Menschen mit Behinderungen (Puuetega Inimeste Koda) und dem estnischen Verband der Vereinigungen von Rentnern (Eesti Pensionäride Ühenduste Liit) erbracht wird. Weitere Informationen zu staatlich finanzierter Prozesskostenhilfe sind auf der Website des Justizministeriums (Justiitsministeerium) (https://www.just.ee/kohtud-ja-oigusteenused/oigusabi/riigi-toetatud-oigusabi) abrufbar.
3 Unter welchen Voraussetzungen kann Prozesskostenhilfe gewährt werden?
Prozesskostenhilfe
Eine natürliche Person hat Anspruch auf Prozesskostenhilfe, wenn sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie diese benötigt, finanziell nicht in der Lage ist, die Kosten für fachkundige Rechtsberatungsleistungen aufzubringen, oder wenn sie diese nur teilweise oder in Raten bezahlen kann, oder wenn sie nach der Bezahlung der Rechtsberatungsleistungen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr über ausreichende Mittel zur Sicherung ihres Lebensunterhalts verfügen würde.
Prozesskostenhilfe wird entweder ohne Verpflichtung zur Rückerstattung der Gebühr und der Kosten für die Prozesskostenhilfe (d. h. kostenlos) oder unter dem Vorbehalt einer teilweisen oder vollständigen Rückerstattung gewährt (d. h. der Empfänger muss die Kosten für die Prozesskostenhilfe anschließend teilweise oder vollständig zurückerstatten, wenn die Kosten nicht von einer anderen Person oder dem Staat getragen werden). Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe bewertet das Gericht die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers, die Erfolgsaussichten seines Anspruchs (Beschwerde, Klage, Antrag) und die Bedeutung des vorliegenden Rechtsstreits für den Antragsteller. Schutzbedürftige Personen und andere Menschen in besonders schutzbedürftigen Situationen erhalten in der Regel Prozesskostenhilfe mit voller Kostenübernahme durch den Staat.
Im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens wird unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers ein Vertreter bestellt, sofern dies zwingend vorgeschrieben ist (z. B. bei Verdächtigen oder Beschuldigten in Strafverfahren), aber auch in Rechtssachen, in denen das Gericht dies zur Wahrung der Interessen der Person erforderlich erachtet.
Prozesskostenhilfe kann auch juristischen Personen gewährt werden, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage sind, die Kosten für Rechtsberatungsleistungen aufzubringen, um die in ihren Satzungen festgelegten Ziele im Bereich des Umwelt- oder Verbraucherschutzes oder aus anderen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zu erreichen.
Keine Prozesskostenhilfe wird gewährt, wenn
- der Antragsteller selbst zur Durchsetzung seiner Rechte in der Lage ist;
- der Antragsteller keinen Anspruch auf den Schutz hat, für den er Prozesskostenhilfe beantragt;
- der Antragsteller die Kosten für Rechtsberatungsleistungen aus seinem vorhandenen und leicht veräußerlichen Eigentum bestreiten kann, mit Ausnahme des in § 14 Absatz 2 des Gesetzes über staatlich finanzierte Prozesskostenhilfe genannten Eigentums;
- die Kosten der Rechtsdienstleistungen voraussichtlich das Doppelte des durchschnittlichen Monatseinkommens des Antragstellers nicht übersteigen; für diese Berechnung wird das durchschnittliche Monatseinkommen der letzten vier Monate vor der Antragstellung herangezogen, von dem Steuern und Pflichtversicherungsbeiträge, gesetzliche Unterhaltszahlungen sowie angemessene Ausgaben für Wohnung und Transport abgezogen werden;
- sich aus den Umständen des Falles eindeutig ergibt, dass die Durchsetzung der Rechte des Antragstellers kaum Aussicht auf Erfolg hat;
- der Antrag gestellt wird, um einen Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden geltend zu machen, und kein zwingendes öffentliches Interesse an dem Fall besteht;
- der Rechtsstreit die Geschäftstätigkeit des Antragstellers betrifft und keine Rechte berührt werden, die nicht mit dieser Geschäftstätigkeit in Zusammenhang stehen;
- der Antrag zum Schutz eines Warenzeichens, eines Patents, Gebrauchsmusters, Geschmacksmusters, von Topographien integrierter Schaltkreise oder einer anderen Form des geistigen Eigentums gestellt wurde, mit Ausnahme der Rechte aus dem Urheberrechtsgesetz (Autoriõiguse seadus);
- der Antrag in einer Rechtssache gestellt wird, in der der Antragsteller ein offensichtlich erkennbares gemeinsames Interesse mit einer Person hat, die keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe hat;
- der Antrag gestellt wird, um einen auf den Antragsteller übertragenen Anspruch gelten zu machen, und Grund zu der Annahme besteht, dass die Übertragung erfolgt ist, um Prozesskostenhilfe zu erlangen;
- die Erbringung von Rechtsberatungsleistungen für den Antragsteller im Rahmen eines Rechtsschutzversicherungsvertrags oder einer Pflichtversicherung gewährleistet ist;
- der mögliche Nutzen des Antragstellers aus der Sache im Verhältnis zu der vom Staat voraussichtlich zu leistenden Prozesskostenhilfe unverhältnismäßig niedrig ist.
Erstberatung
Seit dem 1. Juni 2023 haben in Estland lebende Menschen mit einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von bis zu 1 200 EUR in dem der Antragstellung vorausgehenden Quartal Anspruch auf eine staatlich finanzierte Erstberatung. Etwas anderes gilt bei Familienangelegenheiten, die die Rechte eines Kindes betreffen; hier liegt die Bruttoeinkommensgrenze bei 2 000 EUR. Die Einkommensobergrenze gilt auch nicht für Rechtsberatung für Personen mit besonderen Bedürfnissen und ältere Menschen, die auf vertraglicher Grundlage von der estnischen Vereinigung der Menschen mit Behinderungen (Puuetega Inimeste Koda) und dem estnischen Verband der Vereinigungen von Rentnern (Eesti Pensionäride Ühenduste Liit) erbracht wird.
4 Wird Prozesskostenhilfe für alle Verfahrensarten gewährt?
Prozesskostenhilfe
Prozesskostenhilfe kann in allen gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren und im Allgemeinen für alle Rechtsfragen – mit wenigen Ausnahmen – in Anspruch genommen werden. Kostenlose Prozesskostenhilfe wird nicht gewährt, wenn
- ein Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden geltend gemacht werden soll und kein zwingendes öffentliches Interesse an der Rechtssache besteht;
- der Rechtsstreit die Geschäftstätigkeit des Antragstellers betrifft und keine Rechte berührt werden, die nicht mit dieser Geschäftstätigkeit in Zusammenhang stehen;
- der Antrag zum Schutz eines Warenzeichens, eines Patents, Gebrauchsmusters, Geschmacksmusters, von Topographien integrierter Schaltkreise oder einer anderen Form des geistigen Eigentums gestellt wurde, mit Ausnahme der Rechte aus dem Urheberrechtsgesetz.
Erstberatung
Eine Erstberatung kann abgesehen von wenigen Ausnahmen in allen juristischen Fachgebieten erfolgen.
Rechtsberatung umfasst weder die Vertretung vor Gericht noch die Erstellung eines gerichtlichen Schriftsatzes, mit Ausnahme von
- Familienangelegenheiten im Zusammenhang mit den Rechten eines Kindes;
- der Einreichung eines Antrags auf ein beschleunigtes Mahnverfahren.
5 Gibt es besondere Verfahren für dringende Fälle?
Es gibt keine derartigen besonderen Verfahren. Die bestehenden Möglichkeiten, kostenlose Prozesskostenhilfe zu erhalten, gelten auch für dringende Fälle.
6 Wo kann ich ein Formular zur Beantragung von Prozesskostenhilfe erhalten?
Prozesskostenhilfe
Das Antragsformular für Prozesskostenhilfe ist erhältlich unter:
Antragsformular für Prozesskostenhilfe | 91,3 KB | rtf
Formular zur Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers | 104,24 KB | rtf
Das Antragsformular für Prozesskostenhilfe ist auch im Abschnitt „Prozesskostenhilfe“ der Website der estnischen Rechtsanwaltskammer (Eesti Advokatuur) abrufbar: https://www.riigioigusabi.ee/dokumendid-2.
Erstberatung
Zur Vereinbarung eines Termins für eine erste Rechtsberatung ist es erforderlich, die Website HUGO.legal aufzurufen, sich als Kunde zu registrieren und eine persönliche Gebühr von 5 EUR zu entrichten. Die Kontaktdaten sind abrufbar unter: http://www.juristaitab.ee/. Fragen können auch im Forum auf derselben Seite gepostet werden. Zum Einreichen einer Frage ist eine Registrierung mithilfe des estnischen Personalausweises erforderlich.
7 Welche Belege muss ich meinem Antrag auf Prozesskostenhilfe beilegen?
Eine natürliche Person, die Prozesskostenhilfe beantragt, muss ihrem Antrag eine unterschriebene Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse und, wenn möglich, weitere Unterlagen zum Nachweis dieser Verhältnisse beifügen. Ein Verdächtiger in einem Strafverfahren, der die Bestellung eines Rechtsanwalts beantragt, muss keine Erklärung über seine wirtschaftlichen Verhältnisse beifügen.
Hat eine Person ihren Wohnsitz nicht in Estland, muss sie ihrem Antrag eine von der zuständigen Behörde des Wohnsitzlandes der Person ausgestellte Erklärung über ihr Einkommen und das Einkommen ihrer Familienangehörigen während der letzten drei Jahre beifügen. Kann diese Erklärung aus Gründen, die nicht vom Antragsteller zu vertreten sind, nicht eingereicht werden, kann über die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch ohne diese Erklärung entschieden werden.
Das Formular zur Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse ist auf der Website des Justizministeriums und bei allen Gerichten und Rechtsanwaltskanzleien erhältlich.
8 Wo reiche ich meinen Antrag auf Prozesskostenhilfe ein?
Prozesskostenhilfeanträge sind in der Regel an das Gericht zu richten. Welches Gericht im konkreten Fall für einen Antrag zuständig ist, bestimmt sich wie folgt:
a) Eine Partei eines Gerichtsverfahrens in Angelegenheiten des Zivil-, Verwaltungs- oder Ordnungswidrigkeitenrechts kann einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe bei dem Gericht stellen, bei dem der Rechtsstreit anhängig ist oder das für den Rechtsstreit zuständig ist.
b) Wenn ein Antragsteller Prozesskostenhilfe für die Erstellung einer Klageschrift, einer Antragsschrift oder einer Beschwerde in einem Verwaltungsgerichtsverfahren oder einem Ordnungswidrigkeitenverfahren beantragt, ist der Antrag bei dem Gericht einzureichen, das für die Verhandlung über die Klage, die Antragsschrift oder die Beschwerde zuständig ist.
c) Anträge auf Prozesskostenhilfe für die Vertretung in einem vorgerichtlichen Zivilverfahren oder einem außergerichtlichen Ordnungswidrigkeitenverfahren oder für die Erstellung eines rechtlichen Schriftstücks oder eine sonstige Rechtsberatung oder -vertretung sind beim Landgericht des Ortes, an dem der Antragsteller seinen Wohnsitz hat, oder beim Landgericht des Ortes, an dem die betreffenden Rechtsberatungsleistungen voraussichtlich erbracht werden, einzureichen. Hat der Antragsteller seinen Wohnsitz nicht in Estland, kann er seinen Antrag auch bei dem Landgericht einreichen, in dessen Zuständigkeitsbereich er sich aufhält.
d) Anträge auf Prozesskostenhilfe für die Vertretung in Verwaltungsverfahren sind beim Verwaltungsgericht des Ortes, an dem der Antragsteller seinen Wohnsitz hat, oder beim Verwaltungsgericht des Ortes, an dem die betreffenden Rechtsberatungsleistungen voraussichtlich erbracht werden, einzureichen.
e) Wenn die Mitwirkung eines Rechtsanwalts während des Strafverfahrens nicht zwingend vorgeschrieben ist und der Verdächtige keinen Rechtsanwalt ausgewählt hat, aber von einem Rechtsanwalt vertreten werden möchte, stellt er bei der Ermittlungsbehörde oder der Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Prozesskostenhilfe.
f) Beantragt eine Person als Geschädigte in einem Strafverfahren, als Beklagte in einem Zivilverfahren oder als beteiligte dritte Partei Prozesskostenhilfe, entscheidet das verfahrensführende Gericht oder, in einem vorgerichtlichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, das für die Durchführung des Verfahrens in der betreffenden Strafsache zuständige Landgericht über die Gewährung der Prozesskostenhilfe.
g) Beantragt eine Person Prozesskostenhilfe für ein Überprüfungsverfahren, entscheidet der Staatsgerichtshof über die Gewährung der Prozesskostenhilfe.
h) Anträge auf Prozesskostenhilfe für die Vertretung in Vollstreckungsverfahren sind bei dem Gericht einzureichen, das für Beschwerden über Maßnahmen des das Vollstreckungsverfahren durchführenden Gerichtsvollziehers zuständig ist.
9 Wie erfahre ich, ob ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?
Informationen über Prozesskostenhilfe und Erstberatung sind bei den Gerichten und Anwaltskanzleien erhältlich. Rechtsanwaltskanzleien müssen sicherstellen, dass Personen, die Prozesskostenhilfe benötigen, während der Geschäftszeiten der Anwaltskanzlei kostenlos über die Voraussetzungen und Verfahren für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß dem Gesetz über staatlich finanzierte Prozesskostenhilfe informiert werden. Die Anbieter von Erstberatung sind außerdem verpflichtet, Personen, die Rechtsbeistand benötigen, über die Voraussetzungen und Verfahren für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu beraten und sie bei Bedarf kostenlos bei der Beantragung von Prozesskostenhilfe zu unterstützen.
Informationen zu den Möglichkeiten staatlich finanzierter Prozesskostenhilfe sind auf der Website des Justizministeriums (Justiitsministeerium) (https://www.just.ee/kohtud-ja-oigusteenused/oigusabi/riigi-toetatud-oigusabi) abrufbar.
10 Was sollte ich tun, wenn ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?
Prozesskostenhilfe
Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (Nummer 6) ist in der Regel ein Antrag zusammen mit einer Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse (Nummer 7) bei dem Gericht zu stellen, bei dem der Antrag auf Prozesskostenhilfe eingereicht wird (Nummer 8).
Anträge auf Prozesskostenhilfe sind in estnischer Sprache oder einer anderen in Estland üblichen Sprache zu stellen (die Übersetzung wird vom Sachbearbeiter veranlasst). Der Antrag kann auch in englischer Sprache eingereicht werden, wenn der Antragsteller auf Prozesskostenhilfe eine natürliche Person mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Staatsangehöriger eines anderen EU-Mitgliedstaats oder eine juristische Person mit Geschäftssitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat ist.
In Verfahren, in denen die Mitwirkung eines Rechtsanwalts gesetzlich vorgeschrieben ist, muss eine Person für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe keine eigenen Schritte unternehmen (sofern die Person nicht selbst einen Rechtsanwalt beauftragt hat). Der das Verfahren leitende Bedienstete hat die Bestellung eines Rechtsanwalts für die betreffende Person zu veranlassen. Ein Prozesskostenhilfeantrag ist nicht erforderlich.
Erstberatung
Zur Vereinbarung eines Termins für eine erste Rechtsberatung ist es erforderlich, die Website HUGO.legal aufzurufen, sich als Kunde zu registrieren und eine persönliche Gebühr von 5 EUR zu entrichten. Die Kontaktdaten sind abrufbar unter: http://www.juristaitab.ee/. Fragen können auch im Forum auf derselben Seite gepostet werden. Zum Einreichen einer Frage ist eine Registrierung mithilfe des estnischen Personalausweises erforderlich.
11 Wer wählt meinen Rechtsanwalt aus, wenn ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?
Prozesskostenhilfe
Auf Antrag der Ermittlungsbehörde, der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts bestellt die estnische Rechtsanwaltskammer (Eesti Advokatuur) einen Rechtsanwalt, der die Prozesskostenhilfe erbringt. In der Regel kann eine Person, die Prozesskostenhilfe erhält, ihren Rechtsanwalt nicht selbst auswählen. Sie kann allerdings die Beiordnung eines bestimmten Rechtsanwalts beantragen, wenn dieser sich bereit erklärt hat, Prozesskostenhilfe zu erbringen. In diesem Fall ist der Name des Rechtsanwalts, der seine Bereitschaft erklärt hat, unmittelbar im Prozesskostenhilfeantrag anzugeben.
Das Gericht, die Staatsanwaltschaft und die Ermittlungsbehörde sind nicht befugt, mit einem Rechtsanwalt die Erbringung von Prozesskostenhilfe zu vereinbaren oder einen Rechtsanwalt für die Erbringung von Prozesskostenhilfe zu bestellen.
Erstberatung
Bei einer Erstberatung kann die Person, die Rechtsbeistand benötigt, ihren Rechtsanwalt auf der Grundlage ihres Wohnorts und des juristischen Fachgebiets der Beratung selbst auswählen oder eine Anwaltskanzlei aufsuchen.
12 Deckt die Prozesskostenhilfe sämtliche Kosten des Verfahrens?
Nein. Prozesskostenhilfe deckt die Reise- und Unterbringungskosten eines Rechtsanwalts oder einer Anwaltskanzlei sowie Übersetzungskosten und Kosten im Zusammenhang mit der Vorlage von Beweismitteln ab. Darüber hinaus kann das Gericht anordnen, dass eine Person – auf ihren Antrag hin – ganz oder teilweise von den Kosten des Verfahrens als Verfahrenshilfe befreit wird.
13 Wer trägt die sonstigen Kosten, wenn ich nur teilweise Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?
Im Falle von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenshilfe mit nur teilweisem Anspruch auf Kostenübernahme sind die Kosten von der unterlegenen gegnerischen Partei, einer weiteren Person oder dem Staat zu tragen.
14 Erstreckt sich die Prozesskostenhilfe auch auf Rechtsmittel?
Ja. Prozesskostenhilfe umfasst Rechtsmittel, Kassationsbeschwerden, Rechtsmittel gegen Urteile und Überprüfungsverfahren.
15 Kann die Prozesskostenhilfe vor Abschluss des Verfahrens entzogen (oder sogar nach Beendigung des Verfahrens widerrufen) werden?
Hat ein Gericht, eine Ermittlungsbehörde oder die Staatsanwaltschaft Prozesskostenhilfe bewilligt, kann diese Stelle auf Antrag des Rechtsanwalts, der die Prozesskostenhilfe erbringt, oder von sich aus jederzeit nach dem im Gesetz über staatlich finanzierte Prozesskostenhilfe festgelegten Verfahren neu bewerten, ob die im Gesetz genannten Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe an den betreffenden Antragsteller weiterhin bestehen, und die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind.
Wird die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben, ist der Rechtsanwalt, der die Prozesskostenhilfe erbringt, von der entsprechenden Verpflichtung befreit, und das Gericht legt auf Antrag des Rechtsanwalts die Höhe seiner Prozesskostenhilfegebühr und den Umfang der ihm zu erstattenden Kosten der Prozesskostenhilfe fest. Gleichzeitig legt das Gericht fest, dass der Empfänger der Prozesskostenhilfe verpflichtet ist, dem Staat den an den Rechtsanwalt gezahlten Betrag ganz oder teilweise zu erstatten.
16 Kann ich gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe vorgehen?
Gegen einen Beschluss, mit dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wird, kann nach den für das jeweilige gerichtliche Verfahren geltenden Rechtsvorschriften ein Rechtsbehelf eingelegt werden.
17 Bewirkt der Antrag auf Prozesskostenhilfe eine Aussetzung der Verjährungsfrist?
Nein.
Weitere Informationen
Weitere Informationen über das kostenlose Prozesskostenhilfesystem in Estland sind beim Justizministerium unter folgender Adresse erhältlich:
Justizministerium (Justiitsministeerium)
Suur-Ameerika 1, 10122 Tallinn
Tel.: (+372) 620 8100
E-Mail: info@just.ee