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Prozesskostenhilfe

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Frankreich
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(in civil and commercial matters)

In Frankreich wird die Bereitstellung von kostenlosem Rechtsbeistand als Prozesskostenhilfe (aide juridictionnelle) bezeichnet.

1 Welche Kosten sind mit einem Verfahren verbunden und wer hat sie normalerweise zu tragen?

Die durch einen Prozess entstehenden Kosten sind je nach Art und Schwierigkeit der Rechtssache sowie nach dem Verfahren und dem für die Sache zuständigen Gericht unterschiedlich.

Es lassen sich drei Arten von Kosten unterscheiden:

• Rechtsanwaltshonorare, die nicht tarifgebunden sind und daher zwischen Rechtsanwalt und Mandant frei vereinbart werden können; sie sind grundsätzlich vom Mandanten zu tragen, außer wenn er Prozesskostenhilfe erhält;

• Prozesskosten, die in Artikel 695 der Zivilprozessordnung (Code de procédure civile) abschließend aufgeführt sind und hauptsächlich Folgendes umfassen:

a. die Vertretungsgebühren der Rechtsanwälte und bestimmter öffentlicher Vertreter (officiers publics oder officiers ministériels); die Vertretungsgebühren unterscheiden sich von den Honoraren;

b. Verfahrenskosten, die an Gerichtsvollzieher zu zahlen sind;

c. Kosten für Sachverständigengutachten und Ermittlungen;

d. etwaige Zeugenentschädigungen, tarifgebunden;

e. Verhandlungsgebühren der Anwälte;

f. Auslagen: Kosten der von den Fachleuten für den Prozessbedarf verauslagten tariflichen Aufwendungen.

Die Prozesskosten sind von der unterliegenden Partei zu tragen. Dieser Grundsatz wird von Artikel 696 der Zivilprozessordnung festgelegt. Gleichwohl können Richter durch eine begründete Entscheidung die gesamten Kosten oder einen Teil davon einer anderen Partei auferlegen; im letzteren Fall bestimmen die Richter, wie die Kosten aufzuteilen sind.

• die übrigen Kosten, die im Verfahren durch die Parteien anfallen, sind grundsätzlich von ihnen selbst zu tragen, sofern der Richter nicht anders entscheidet. Von dieser Befugnis kann der Richter sowohl in Straf- wie auch in Zivilsachen Gebrauch machen, wobei die Billigkeit oder die wirtschaftliche Lage der verurteilten Partei in angemessener Weise berücksichtigt werden. Er kann auch von Amts wegen erklären, dass von einer solchen Entscheidung Abstand genommen wird.

In Strafsachen übernimmt der Staat die Gerichtskosten. Der Verurteilte hat eine feste Verfahrensgebühr zu entrichten, deren Höhe von der Straftat abhängt.

2 Was genau versteht man unter Prozesskostenhilfe?

Prozesskostenhilfe ist Teil der rechtlichen Rahmenbedingungen für den rechtlichen Beistand, der im Gesetz Nr. 91-647 vom 10. Juli 1991 und dessen Dekret zur Durchführung des Gesetzes (Dekret Nr. 2020-1717 vom 28. Dezember 2020) vorgesehen ist. Ziel dieser Rahmenbedingungen ist es, die Anforderungen des nationalen und internationalen Rechts in Bezug auf den gleichberechtigten Zugang zur Justiz und das Recht auf ein unparteiisches Gerichtsverfahren zu erfüllen.

Rechtlicher Beistand umfasst Folgendes: 

  • Prozesskostenhilfe: die vollständige oder teilweise Übernahme der Kosten eines Gerichtsverfahrens oder eines Rechtsmittelverfahrens sowie der Kosten von Verfahren zur Vollstreckung von Entscheidungen und Vergleichen vor Verfahrensbeginn oder einer außergerichtlich geregelten einvernehmlichen Scheidung durch den Staat.
  • Beratungshilfe bei der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts in außergerichtlichen Strafverfahren, wie z. B. polizeiliche Ingewahrsamnahmen, Alternativen zur Strafverfolgung (Vergleich, Mediation usw.) oder Unterstützung für Inhaftierte in Disziplinarangelegenheiten im Strafvollzug.
  • Unterstützung beim Zugang zum Recht (Information, Hilfestellung und kostenlose Rechtsberatung, etc.).

Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe für den Beistand durch einen Rechtsanwalt in außergerichtlichen Verfahren ermöglichen es dem Staat, die Anwaltshonorare, die Bezüge von öffentlichen Bediensteten (Gerichtsvollzieher, Notare usw.) und die Gerichtsgebühren zu übernehmen. Damit soll sichergestellt werden, dass Einzelpersonen nicht aufgrund mangelnder finanzieller Mittel daran gehindert werden, ihre Rechte geltend zu machen.

Prozesskostenhilfe kann in der vollständigen oder teilweisen Kostenübernahme bestehen oder auch darin, dass die Kosten nicht übernommen werden. Durch eine Rechtsschutzversicherung oder ein anderes Sicherungssystem gedeckte Kosten werden grundsätzlich nicht übernommen. Der auf diese Weise gedeckte Teil der Kosten wird gegebenenfalls von den Beträgen abgezogen, die der Staat im Rahmen der Prozesskostenhilfe verauslagt.

3 Unter welchen Voraussetzungen kann Prozesskostenhilfe gewährt werden?

Prozesskostenhilfe wird von der Prozesskostenhilfestelle (Bureau de l’aide juridictionnelle) des betreffenden ordentlichen Gerichts (Tribunal judiciaire) auf der Grundlage mehrerer Kriterien gewährt, die sich auf die Einkommensverhältnisse, die Staatsangehörigkeit, den Wohnsitz und die Zulässigkeit beziehen.

Sie kann auch im Rahmen bestimmter Verfahren und in besonderen Fällen automatisch gewährt werden, ohne dass weitere Formalitäten als die des eigentlichen Verfahrens erfüllt werden müssen.

  • Einkommenskriterium:  

Sie können Prozesskostenhilfe erhalten, wenn die zuständigen Behörden feststellen, dass Sie nicht über ausreichende Mittel verfügen, um Ihre Rechte vor Gericht geltend zu machen. Um festzustellen, ob dies der Fall ist, sind verschiedene Obergrenzen zu berücksichtigen:

- Einkommensobergrenzen

- Obergrenzen für bewegliches und finanzielles Vermögen

- Obergrenzen für unbewegliches Vermögen.

Es ist zu beachten, dass die Obergrenzen von der Zusammensetzung des steuerlichen Haushalts abhängen. Kommen die beiden gegnerischen Parteien in dem Verfahren, für das ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt wird, jedoch aus demselben steuerlichen Haushalt, werden ihre Einkommensverhältnisse getrennt geprüft.

Diese Obergrenzen wurden seit 2021 jedes Jahr entsprechend den beobachteten Veränderungen der Verbraucherpreise ohne Tabakwaren angepasst. Die Anpassung wird in einem jährlichen Rundschreiben verzeichnet, das im Amtsblatt der Französischen Republik veröffentlicht wird.

Die Prozesskostenhilfestellen prüfen die Anträge daher wie folgt:

- Der wichtigste Indikator für die Einhaltung der Obergrenze ist das steuerliche Referenzeinkommen (Revenu fiscal de référence, RFR). Das steuerliche Referenzeinkommen ist die von den Steuerbehörden berechnete jährliche Summe der verschiedenen Einkommensarten, die dem steuerlichen Haushalt zufließen. Es befindet sich auf dem Deckblatt des Steuerbescheids. Die Obergrenze ändert sich je nach Zusammensetzung des steuerlichen Haushalts.

- Liegt kein steuerliches Referenzeinkommen vor, wird als Indikator das steuerpflichtige Einkommen verwendet.

- Die Obergrenzen für bewegliches und finanzielles Vermögen (hauptsächlich Ersparnisse) sind in einer Verordnung festgelegt. Es ist zu beachten, dass keine Belege angefordert werden, wenn der Antragsteller Vermögen im Wert von Null (0 EUR) angibt.

- Die Obergrenzen für unbewegliches Vermögen schließen Vermögenswerte aus, die nicht veräußert oder verpfändet werden können, ohne die betroffenen Personen ernsthaft zu beeinträchtigen. Dies gilt insbesondere für die Immobilie des Hauptwohnsitzes und für berufliche Zwecke genutztes unbewegliches Vermögen.

Auf der Website service-public.fr können Sie erfahren, ob Sie Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben. Die Website bietet ein Online-Tool, mit dem Sie Ihren Anspruch auf Prozesskostenhilfe überprüfen können, indem Sie Ihre Einkünfte eingeben: https://www.aidejuridictionnelle.justice.fr/simulateur. Es ist zu beachten, dass es sich um eine Orientierungshilfe handelt, die die Entscheidung der zuständigen Behörden nicht vorhersagen kann und keinesfalls das Verfahren zur Beantragung von Prozesskostenhilfe ersetzt.

Opfern der schwersten Verbrechen (Angriffe auf das Leben oder die körperliche Unversehrtheit) und ihren Berechtigten hingegen wird die Prozesskostenhilfe ohne Berücksichtigung der Einkommenskriterien gewährt.

Außerdem garantiert Artikel 19-1 des Gesetzes vom 10. Juli 1991 die Vergütung eines von Amts wegen für eine begrenzte Zahl von Verfahren ernannten oder bestellten Rechtsanwalts, ohne dass eine Prüfung der Anspruchsberechtigung des Antragstellers im Voraus erfolgt. Die Anspruchsberechtigung wird im Nachhinein überprüft, was zur Rückforderung der vom Staat übernommenen Beträge führen kann, wenn die Anspruchsberechtigung nicht besteht.

  • Kriterium der Staatsangehörigkeit:

Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben französische Staatsangehörige, Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates (mit Ausnahme Dänemarks) oder ausländische Staatsangehörige, die ihren gewöhnlichen und rechtmäßigen Wohnsitz in Frankreich haben. Prozesskostenhilfe für eine Rechtssache vor einem französischen Gericht können auch Ausländer/innen ohne Wohnsitz in Frankreich erhalten, die Staatsbürger/innen eines Staates sind, der ein internationales oder bilaterales Abkommen, das seinen Staatsangehörigen die Gewährung von Prozesskostenhilfe zuerkennt, mit Frankreich geschlossen hat.

Konkret bedeutet dies, dass der gewöhnliche und rechtmäßige Wohnsitz in Frankreich die allgemeine Regel ist. Ausländischen Staatsangehörigen wird jedoch Prozesskostenhilfe gewährt, ohne dass sie die Bedingung des Wohnsitzes erfüllen müssen, wenn sie minderjährig sind, als begleitete Zeugen auftreten, gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, wenn sie Beschuldigte, Angeklagte, Verurteilte oder Nebenkläger sind, wenn sie einer Schutzanordnung gemäß Artikel 515-9 des Zivilgesetzbuchs unterliegen, wenn in ihrem Fall Urteilsabsprachen getroffen werden oder wenn sie Beteiligte eines Verfahrens sind, das die gesetzlich festgelegten Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von ausländischen Staatsangehörigen in Frankreich sowie das Recht auf Asyl in Frankreich betrifft.

  • Zulässigkeitskriterium:

Prozesskostenhilfe wird Personen gewährt, deren Rechtsverfolgung nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet erscheint. Diese Bedingung gilt naturgemäß nur für Prozesskostenhilfe und nicht für den rechtlichen Beistand durch einen Rechtsanwalt in außergerichtlichen Verfahren. So wird eine verjährte Klage oder der Antrag als Nebenkläger in einem Strafprozess aufzutreten, der auf Tatsachen gestützt wird, die keine Straftat darstellen, als offensichtlich unzulässig angesehen.

Diese Bedingung gilt nicht für die beklagte Partei im Verfahren, den zivilrechtlich Haftenden, den begleiteten Zeugen, die beschuldigte, angeklagte und die verurteilte Partei.

Für Rechtsmittel wird Antragstellern Prozesskostenhilfe verweigert, wenn keine hinreichenden Gründe für ein Rechtsmittel vorgebracht werden können.

Besondere Umstände

Hat der Antragsteller für seinen Fall bereits Prozesskostenhilfe erhalten und hat die gegnerische Partei Rechtsmittel gegen die zugunsten des Antragstellers ergangene Entscheidung eingelegt, wird die Prozesskostenhilfe ohne Berücksichtigung der Anspruchskriterien gewährt. In diesem Fall gilt die Prozesskostenhilfe als „beibehalten“.

Ebenso können Personen, die die Anspruchskriterien (hinsichtlich der Einkommensverhältnisse oder der Staatsangehörigkeit) nicht erfüllen, Prozesskostenhilfe erhalten, wenn ihr Fall aufgrund des Prozessgegenstandes von besonderem Interesse ist oder wenn die Prozesskosten voraussichtlich sehr hoch sein werden (Artikel 3 und 6 des Gesetzes vom 10. Juli 1991 über Prozesskostenhilfe). Dies gilt auch für Opfer von Tätlichkeiten, die mit der Absicht der Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit erfolgten, damit den Opfern und deren Angehörigen die Einleitung eines Zivilverfahrens ermöglicht wird.

Es gibt auch eine Vielzahl von Verfahren, für die Prozesskostenhilfe automatisch gewährt wird. Dies gilt für die folgenden Bereiche:

- Rechtsmittel gegen Einzelentscheidungen gemäß Buch I und Titel I bis III des Buches II des Gesetzbuches über Militärinvalidenrenten und Kriegsopfer

- Minderjährige, die gemäß Artikel 388-1 des Zivilgesetzbuches angehört werden

- Verfahren vor dem Nationalen Asylrechtsgericht, sofern die Klage nicht offensichtlich unzulässig ist

- Personen in Gewahrsam,

  • gegen die ein Disziplinarverfahren im Zusammenhang mit ihrer Inhaftierung eingeleitet wurde
  • die einer Isolationsmaßnahme unterliegen (automatische Isolierung, Verlängerung oder Aufhebung der Unterbringung in Isolation, wenn dies vom Inhaftierten beantragt wurde)
  • vor der Strafvollstreckungskommission gemäß Artikel 720 der Strafprozessordnung 

- Personen, die in einer sozialmedizinischen Haftanstalt (Centre socio-médico-judiciaire de sûreté) wegen gegen sie ergangene Entscheidungen zur Gewährleistung des reibungslosen Betriebs der Anstalt inhaftiert sind.

4 Wird Prozesskostenhilfe für alle Verfahrensarten gewährt?

Prozesskostenhilfe wird den Parteien in Außerstreit- oder Streitverfahren vor allen Gerichten sowie für die Anhörung von Minderjährigen gewährt.

Sie kann für das gesamte Verfahren oder einen Teil davon sowie bei Vergleichsverfahren vor Klageerhebung gewährt werden.

Prozesskostenhilfe kann ebenfalls gewährt werden, um die Vollstreckung einer Gerichtsentscheidung oder jeglichen anderen Vollstreckungstitels, einschließlich solcher aus anderen EU-Mitgliedstaaten außer Dänemark, zu erlangen.

5 Gibt es besondere Verfahren für dringende Fälle?

Vorläufige Prozesskostenhilfe kann in einer Notsituation gewährt werden, beispielsweise wenn das Verfahren die wesentlichen Lebensbedingungen der betroffenen Person gefährdet, oder im Falle einer Zwangsvollstreckung, die eine Beschlagnahme von Eigentum oder eine Räumung beinhaltet.

Über die vorläufige Anspruchsberechtigung entscheidet ein Richter des mit dem Fall befassten Gerichts entweder auf formlosen Antrag der betroffenen Person oder von Amts wegen, wenn die betroffene Person einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt hat, über den noch nicht entschieden wurde.

Sie wird automatisch gewährt, d. h. ohne zusätzliche rechtliche Formalitäten, die über das eigentliche Verfahren hinausgehen, wenn das Verfahren den Erlass einer Schutzanordnung betrifft, einem Mechanismus zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt.

Außerdem gibt es eine garantierte Prozesskostenhilfe, die für 11 Verfahren gilt:

  • Gerichtliche Verfahren zur Aufhebung und Kontrolle psychiatrischer Pflegemaßnahmen
  • Rechtlicher Beistand für eine Person, die den Erlass einer Schutzanordnung gemäß Artikel 515-9 des Zivilgesetzbuchs beantragt oder anficht
  • Sofortiges Gerichtsverfahren
  • Aufgeschobenes Gerichtsverfahren
  • Erscheinen vor einem Untersuchungsrichter
  • Anhörung zu Argumenten bezüglich der Unterbringung oder Aufrechterhaltung von Untersuchungshaft
  • Rechtlicher Beistand für einen Minderjährigen in Verfahren zum Schutz von Kindern, Verfahren vor dem Jugendrichter in Strafsachen oder beim Jugendgericht, bei freiwilligen Befragungen ohne Gewahrsam, Vorvernehmungen oder Ermittlungen
  • Rechtlicher Beistand für einen Angeklagten vor dem Schwurgericht (Strafgericht erster Instanz für schwerste Verbrechen), dem Bezirksstrafgericht, dem Jugendschwurgericht oder dem Jugendgericht in Strafsachen
  • Verfahren vor dem Haft- und Haftprüfungsrichter (Juge des libertés et de la détention) im Zusammenhang mit der Einreise und dem Aufenthalt ausländischer Staatsangehöriger
  • Verfahren vor dem Verwaltungsgericht über die Abschiebung ausländischer Staatsangehöriger, gegen die eine freiheitsbeschränkende Maßnahme verhängt wurde
  • Außergerichtliche Verfahren im Sinne von Artikel 11-2 Nummern 2° bis 4° des Gesetzes von 1991

Diese Regelung ermöglicht es Ihrem Rechtsanwalt, die Zahlung seiner Vergütung beim Staat anzufordern. Der Staat wird die Kosten für Sie verauslagen. Ihr Anspruch auf Prozesskostenhilfe wird daher im Anschluss an das betreffende Verfahren geprüft. Stellt sich heraus, dass Sie nicht anspruchsberechtigt sind, müssen Sie dem Staat die Kosten erstatten.

6 Wo kann ich ein Formular zur Beantragung von Prozesskostenhilfe erhalten?

Sie können das Antragsformular für Prozesskostenhilfe herunterladen und ausdrucken. Kopieren Sie dazu folgenden Link und geben ihn in Ihren Browser ein:

https://www.justice.fr/formulaire/demande-aide-juridictionnelle

Es ist auch möglich, einen Online-Antrag auf Prozesskostenhilfe direkt über die Website https://www.aidejuridictionnelle.justice.fr/ zu stellen, wenn Ihr Antrag laufende oder künftige Gerichtsverfahren betrifft.

Prozesskostenhilfe kann vor Einreichung der Klage oder während des Verfahrens beantragt werden.

Sie können auch nach Abschluss des Verfahrens Prozesskostenhilfe beantragen, beispielsweise zur Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidung.

Ein Formular zur Beantragung von Prozesskostenhilfe erhalten Sie auch bei dem ordentlichen Gericht, in dessen Bezirk Sie Ihren Wohnsitz haben oder in dem der Fall verhandelt wird, sowie bei Ihrer nächsten Point Justice oder Justizstelle (Maisons de la Justice et du Droit (Häuser der Justiz und des Rechts), Point d'Accès au Droit (Stelle für den Zugang zum Recht) oder Relais d'Accès au Droit (Relais für den Zugang zum Recht)). Die entsprechenden Standorte finden Sie auf folgender Website: http://www.annuaires.justice.gouv.fr/lieux-dacces-aux-droits-10111/

Wenn Sie französischer Staatsangehöriger sind und im Ausland leben, können Sie das Formular auch bei den Konsulaten erhalten oder bei:

Département de l’entraide, du droit international privé et européen (DEDIPE – Abteilung für Rechtshilfe, internationales Privatrecht und europäisches Recht)

Ministère de la Justice, Direction des affaires civiles et du sceau,

13 place Vendôme, 75042 Paris Cedex 01.

Wenn Sie als Ausländer/in nicht in Frankreich wohnhaft sind, können Sie das Formular für Prozesskostenhilfe bei der Zentralbehörde erhalten, die von Ihrem Land für die Weiterleitung internationaler Prozesskostenhilfeanträge benannt wurde. In den meisten Ländern ist dies das Justizministerium. Frankreich hat für die Entgegennahme, Bearbeitung und Zusendung der Anträge auf Prozesskostenhilfe in Zivil-, Handels- und Verwaltungssachen betreffend Personen, die in den Mitgliedstaaten des Europarats wohnhaft sind, die dem Europäischen Übereinkommen vom 27. Januar 1977 über die Übermittlung von Anträgen auf Verfahrenshilfe beigetreten sind, die oben genannte Dienststelle des Justizministeriums (Bureau du droit de l’Union, du droit international privé et de l’entraide civile) bestimmt.

Wenn Sie Staatsangehörige/r eines EU-Mitgliedstaats mit Ausnahme Dänemarks sind und Ihren Wohnsitz in Frankreich haben oder Ihr Verfahren vor einem französischen Gericht verhandelt wird, könnten Sie in zivil- und handelsrechtlichen Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug Anspruch auf Prozesskostenhilfe gemäß der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 haben. Für die Bearbeitung der Anträge auf diese Prozesskostenhilfe ist in Frankreich folgende Dienststelle zuständig:

Bureau de l’aide juridictionnelle (Prozesskostenhilfestelle)
Service de l'accès au droit et à la justice et de l'aide aux victimes (SADJAV) (Dienststelle für den Zugang zum Recht und zur Justiz und für Opferhilfe)

Ministère de la Justice

13 place Vendôme 75042 Paris Cedex 01.

Wenn Ihr Antrag ein Verfahren bei einem Verwaltungsgericht oder einem Verwaltungsgericht der Rechtsmittelinstanz betrifft, können Sie Ihren Antrag auf Prozesskostenhilfe nicht online ausfüllen, sondern müssen das CERFA-Formular verwenden (CERFA ist die Einrichtung, die in Frankreich für die Registrierung und Überarbeitung amtlicher Formulare zuständig ist).

7 Welche Belege muss ich meinem Antrag auf Prozesskostenhilfe beilegen?

Dem Antrag auf Prozesskostenhilfe müssen die erforderlichen Belege beigefügt werden (Steuerbescheid, Nachweis der familiären Situation oder der Staatsangehörigkeit usw.).

Die Liste der einzureichenden Unterlagen finden Sie auf der Website service-public.fr sowie in der Verordnung vom 30. Dezember 2020 über den Inhalt des Antragsformulars für Prozesskostenhilfe und die Liste der Belege.

Mit den Belegen können Sie nachweisen, dass Sie aufgrund Ihrer Situation Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben, insbesondere in Bezug auf

  • Ihre Einkommensverhältnisse und die der Personen, die gewöhnlich in Ihrem Haushalt leben,
  • den Gegenstand Ihres Antrags.

8 Wo reiche ich meinen Antrag auf Prozesskostenhilfe ein?

Sie können Ihren Antrag bei der Prozesskostenhilfestelle (Bureau de l’aide juridictionnelle) einreichen bzw. an die Prozesskostenhilfestelle schicken, die für Ihren Wohnort zuständig ist oder in dessen Zuständigkeitsbereich das Gericht liegt, das die Sache verhandelt.

Bei jedem ordentlichen Gericht (früher Landgericht (Tribunal de grande instance)) ist eine einzige Prozesskostenhilfestelle eingerichtet, die Anträge auf Prozesskostenhilfe für Fälle bearbeitet, die vor diesem Gericht oder in dessen Zuständigkeitsbereich verhandelt werden: Ordenltliches Gericht (Tribunal judiciaire), Verwaltungsgericht (Tribunal administratif), Arbeitsgericht (Conseil de prud’hommes), Berufungsgericht (Cour d’appel) und Oberverwaltungsgericht (Cour administrative d’appel).

In Abweichung vom Prinzip des einheitlichen Ansprechpartners ist bei den folgenden Rechtsprechungsorganen jeweils eine eigene Anlaufstelle eingerichtet:

  • Kassationshof (Cour de cassation) als oberstes ordentliches Gericht;
  • Staatsrat (Conseil d’état) als oberstes Verwaltungsgericht;
  • Nationales Asylrechtsgericht (Cour nationale du droit d’asile).

Sie können Prozesskostenhilfe auch online unter folgender Adresse beantragen: https://www.aidejuridictionnelle.justice.fr/

9 Wie erfahre ich, ob ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?

Eine Benachrichtigung über die Entscheidung der Prozesskostenhilfestelle wird an Ihren Wohnsitz gesendet.

Um mögliche Ansprüche auf Prozesskostenhilfe abzuschätzen, ist ein Online-Simulator verfügbar unter: https://www.justice.fr/simulateurs/aide-juridictionnelle

Diese Simulation gibt Ihnen Aufschluss darüber, ob Sie möglicherweise Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben. Sie ersetzt jedoch nicht die ordnungsgemäße Prüfung Ihres Antrags und greift auch nicht der Entscheidung der Prozesskostenhilfestelle vor.

10 Was sollte ich tun, wenn ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?

Setzen Sie sich mit Ihrem Rechtsanwalt (oder einem anderen Organ der Rechtspflege, z. B. Gerichtsvollzieher, Sachverständiger, Notar usw.) oder mit dem für Sie bestellten Rechtsbeistand in Verbindung, um Ihren Fall darzulegen, und übergeben Sie diesen alle für deren Arbeit erforderlichen Informationen und Unterlagen.

Wenn Ihnen teilweise Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, müssen Sie eine Vereinbarung über die zusätzlich von Ihnen zu zahlende Vergütung treffen. Dieser Betrag muss in einer Vereinbarung festgehalten werden, die Sie zu unterzeichnen haben.

11 Wer wählt meinen Rechtsanwalt aus, wenn ich Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?

Alle Betroffenen können ihren Rechtsanwalt frei wählen.

Wenn Sie einen eigenen Rechtsanwalt wählen, müssen Sie seinen Namen auf dem Antragsformular für Prozesskostenhilfe angeben.

Wenn Sie keinen Rechtsanwalt kennen, wird entweder der Präsident der Rechtsanwaltskammer am ordentlichen Gericht (früher Landgericht) oder der Präsident des Gerichts, bei dem die Klage anhängig ist, einen Rechtsanwalt für Sie bestellen.

12 Deckt die Prozesskostenhilfe sämtliche Kosten des Verfahrens?

Vollständige Prozesskostenhilfe deckt alle Gerichtsgebühren ab, einschließlich der Vergütung der Organe der Rechtspflege (Rechtsanwälte, Gerichtsvollzieher, Sachverständige, Notare usw.). Die Vergütung wird direkt an diese gezahlt. Diese wird anhand einer Gebührentabelle oder eines Tarifs für die jeweilige Verfahrensart berechnet.

Außerdem kann teilweise Prozesskostenhilfe gewährt werden, die zwischen 25 % und 55 % der Kosten des betreffenden Verfahrens abdeckt.

13 Wer trägt die sonstigen Kosten, wenn ich nur teilweise Anspruch auf Prozesskostenhilfe habe?

Wenn Ihnen teilweise Prozesskostenhilfe gewährt wird, sind Sie weiterhin verpflichtet, den verbleibenden Teil des nicht festgesetzten Rechtsanwaltshonorars zu tragen, das im Einvernehmen zwischen Ihnen und Ihrem Rechtsanwalt festgelegt wird. Dies erfolgt unter Aufsicht des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer, den Sie bei Streitigkeiten anrufen können.

Mit der Bewilligung von teilweiser Prozesskostenhilfe ist der Empfänger ebenso wie bei vollständiger Prozesskostenhilfe von der Verpflichtung befreit, die Verfahrenskosten zu verauslagen oder zu hinterlegen.

14 Erstreckt sich die Prozesskostenhilfe auch auf Rechtsmittel?

  • Legen Sie selbst Rechtsmittel ein, müssen Sie einen weiteren Antrag einreichen, der unter Berücksichtigung der gesetzlich festgelegten Anspruchskriterien geprüft wird.
  • Legt hingegen die gegnerische Partei Rechtsmittel ein, bleibt Ihr Anspruch auf eine bereits gewährte Prozesskostenhilfe bestehen. Gleichwohl müssen Sie bei der Prozesskostenhilfestelle des ordentlichen Gerichts, das für Ihren Wohnort zuständig ist oder in dessen Zuständigkeitsbereich das Rechtsmittelgericht seinen Sitz hat, förmlich einen neuen Antrag stellen. Dieser neue Antrag führt nicht zu einer weiteren Prüfung der Belege oder insbesondere Ihrer Einkommensverhältnisse.
  • Wenn Sie bereits in den Vorinstanzen Prozesskostenhilfe erhalten haben und Rechtsmittel einlegen möchten, gelten die früheren Entscheidungen über die Anspruchsberechtigung nicht mehr. Sie müssen einen Antrag bei der Prozesskostenhilfestelle (Bureau de l‘aide juridictionnelle) beim Kassationshof (Cour de Cassation) einreichen, die neben Ihren Einkommensverhältnissen die Zulässigkeit der beabsichtigten Beschwerde prüfen muss. Für Rechtsmittelverfahren kann Prozesskostenhilfe verweigert werden, wenn keine hinreichenden Gründe für die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels vorgebracht werden können.

15 Kann die Prozesskostenhilfe vor Abschluss des Verfahrens entzogen (oder sogar nach Beendigung des Verfahrens widerrufen) werden?

Die Prozesskostenhilfe kann Ihnen während des Verfahrens oder nach seinem Abschluss in folgenden Fällen teilweise oder gänzlich entzogen werden (Artikel 50 des Gesetzes von 1991 und Artikel 65 bis 68 des Dekrets 2020-1717 vom 28. Dezember 2020 über Prozesskostenhilfe):

  • wenn die Prozesskostenhilfe auf der Grundlage falscher Angaben oder unzutreffender Unterlagen gewährt wurde,
  • wenn ein Verfahren missbräuchlich ist oder sich als prozessverschleppend und offensichtlich unzulässig erwiesen hat,
  • wenn der Wert des beweglichen oder unbeweglichen Vermögens des Empfängers der Prozesskostenhilfe im Laufe des Verfahrens deutlich steigt,
  • wenn mit der endgültigen Entscheidung Vermögenswerte erworben wurden, die die Obergrenzen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe überschreiten,
  • wenn die äußeren Lebensumstände des Empfängers der Prozesskosten- oder Beratungshilfe offenkundig nicht mit der Höhe des bei der Prüfung der Anspruchsberechtigung berücksichtigten Jahreseinkommens vereinbar sind.

Wird entschieden, die Prozesskostenhilfe zu entziehen, so ist der Empfänger verpflichtet, den vom Staat gezahlten Betrag zurückzuzahlen. In diesem Fall erlassen die staatlichen Behörden einen Kostenfestsetzungsbeschluss gegen Sie, aus dem hervorgeht, wie Sie die vom Staat verauslagten Verfahrenskosten zurückerstatten können.

16 Kann ich gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe vorgehen?

Wurde Ihnen die Prozesskostenhilfe verweigert, können Sie gegen die entsprechende Entscheidung ein Rechtsmittel einlegen.

Sie können selbst oder über einen Rechtsanwalt Rechtsmittel einlegen.

Rechtsmittel können gegen Entscheidungen zur Gewährung vollständiger Prozesskostenhilfe eingelegt werden sowie gegen Entscheidungen zur Gewährung teilweiser Prozesskostenhilfe, wenn Sie vollständige Prozesskostenhilfe beantragt haben.

Das Rechtsmittel muss binnen 15 Tagen nach Benachrichtigung von der Entscheidung eingelegt werden.

In der Beschwerde ist anzugeben, aus welchen Gründen Sie die Entscheidung anfechten. Beispiel: Fehlerhafte Angaben zur Zahl der Personen in Ihrem Haushalt oder zur Höhe Ihrer Mittel.

Das Rechtsmittel muss per Einschreiben mit Rückschein an die Prozesskostenhilfestelle gesendet werden, die die Entscheidung erlassen hat.

Sie müssen eine Kopie der angefochtenen Entscheidung beilegen.

Die Behörde, die die Entscheidung erlassen hat, leitet Ihren Antrag an die für die Prüfung des Rechtsmittels zuständige Behörde weiter. Welche Behörde für die Prüfung des Rechtsmittels zuständig ist, richtet sich nach dem Gericht, das für die Prüfung des Falls zuständig ist, für den Sie Prozesskostenhilfe beantragt haben.

Je nach Gericht sind folgende Behörden für die Prüfung des Rechtsmittels zuständig:
 
Gericht Für die Prüfung des Rechtsmittels zuständige Behörde
Übliches Verfahren Erster Präsident des Berufungsgerichts, dem das mit dem Fall befasste Gericht untersteht, oder des mit dem Fall befassten Berufungsgerichts
Nationales Asylrechtsgericht (Cour nationale du droit d’asile – CNDA). Präsident des Nationalen Asylrechtsgerichts
Verwaltungsgericht Präsident des Oberverwaltungsgerichts, dem das Gericht untersteht
Oberverwaltungsgericht Präsident des mit dem Fall befassten Oberverwaltungsgerichts
Staatsrat Präsident der Sektion Recht des Staatsrats
Kassationshof Erster Präsident des Kassationshofs
Gericht für Kompetenzkonflikte Präsident des Gerichts für Kompetenzkonflikte

Sobald Ihre Beschwerde geprüft wurde, werden Sie per Post von der Entscheidung benachrichtigt.

Diese zweite Entscheidung ist endgültig. Sie können sie nicht anfechten.

Hinweis: 

  • Rechtsmittel, die von einem Rechtsanwalt beim Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts oder beim Präsidenten der Sektion Recht des Staatsrats eingelegt werden, sind über den Onlinedienst für Rechtsmittelverfahren Télérecours zu übermitteln.
  • Prozesskostenhilfe kann rückwirkend gewährt werden, wenn eine klagende Partei den Prozess gewonnen hat, obgleich die Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt worden war.

17 Bewirkt der Antrag auf Prozesskostenhilfe eine Aussetzung der Verjährungsfrist?

Gemäß Artikel 43 und 44 des Dekrets Nr. 2020-1717 vom 28. Dezember 2020 unterbricht ein Antrag auf Prozesskostenhilfe die Frist, innerhalb derer das Verfahren oder das Rechtsmittel, für das Prozesskostenhilfe beantragt wird, eingeleitet werden muss, sofern der Antrag auf Prozesskostenhilfe innerhalb derselben Frist gestellt wird. Folglich beginnt diese Frist erneut zu laufen, nachdem die Prozesskostenhilfestelle endgültig über den Antrag entschieden hat. Gleiches gilt für die Verjährungsfrist.

Eine Ausnahme besteht für die Prozesskostenhilfestelle des Nationalen Asylrechtsgerichts. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe bewirkt eine Hemmung der einmonatigen Frist, die nach der Benachrichtigung über die Entscheidung, mit der Prozesskostenhilfe gewährt wird, erneut zu laufen beginnt (Artikel 9-4 des Gesetzes vom 10. Juli 1991).

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