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Elektronischer Rechtsverkehr und elektronische Kommunikation mit Gerichten

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Italien
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European Judicial Network
(in civil and commercial matters)

1 Ist es möglich, über das Internet ein Gerichtsverfahren anzustrengen?

Ja, in Zivilverfahren vor den Gerichten und Berufungsgerichten ist das möglich.

2 Wenn ja, für welche Arten von Rechtssachen steht der Online-Dienst zur Verfügung? Gibt es Verfahren, die ausschließlich über das Internet eingeleitet werden?

Nach Artikel 196-bis der Zivilprozessordnung (Codice di Procedura Civile), geändert durch Artikel 4 Absatz 12 des Gesetzesdekrets Nr. 149 vom 10. Oktober 2022 (Decreto Legislativo 10 ottobre 2022, n. 149), bekannt als Cartabia-Reform (Umsetzung des Gesetzes Nr. 206 vom 26. November 2021),  müssen der Staatsanwalt (pubblico ministero), die Rechtsanwälte der Parteien und die durch Justizbehörden (autorità giudiziaria) bestellten oder beauftragten Personen Verfahrensschriftstücke und -urkunden, darunter die Eingangsbestätigung (nota di iscrizione a ruolo), elektronisch einreichen. Die Parteien legen Urkunden und Schriftstücke der von ihnen benannten Personen in gleicher Weise vor. Das Gericht kann in besonderen Fällen die Vorlage von Kopien einzelner Urkunden und Schriftstücke in Papierform anordnen. Beschlüsse und Sitzungsprotokolle des Gerichts werden in elektronischer Form übermittelt.

Die elektronische Übermittlung erfolgt im Einklang mit den Vorschriften, darunter den Regelungen zur Signatur, zur Übermittlung und zum Eingang elektronischer Schriftstücke.

Für den Fall, dass die IT-Systeme der Justiz nicht funktionieren und Dringlichkeit besteht, kann der Präsident des Gerichts andere Einreichungsformen als der elektronischen Übermittlung genehmigen und dies auf der Website der Gerichtsverwaltung mitteilen. Dieselbe Vorgehensweise gilt für die Bekanntgabe, dass die Systeme wieder online sind.

3 Ist der Online-Dienst rund um die Uhr oder nur zu bestimmten Zeiten verfügbar? Falls Letzteres zutrifft, zu welchen Zeiten ist der Dienst verfügbar?

Der Dienst für die elektronische Übermittlung von Schriftstücken steht rund um die Uhr zur Verfügung.

4 Müssen die Klagegründe in einem bestimmten Format übermittelt werden?

Ja, die technischen Spezifikationen sind in einer Maßnahme vom 16. April 2014 aufgeführt und können unter folgendem Link heruntergeladen werden: http://pst.giustizia.it/PST/resources/cms/documents/SpecificheTecnicheTestoCoordinatoArticolato.pdf

5 Wie wird die Sicherheit der Datenübermittlung und Datenspeicherung gewährleistet?

Der „elektronische Briefumschlag“ (busta telematica) mit dem Rechtsdokument und eventuellen Anhängen ist verschlüsselt. So ist gewährleistet, dass der Inhalt nur dem Gericht zugänglich ist, das als Empfänger vorgesehen ist.

6 Bedarf es einer Art von elektronischer Signatur und/oder eines Zeitstempels?

Eine elektronische Signatur ist erforderlich, ein Zeitstempel nicht.

7 Fallen Gerichtsgebühren an? Wenn ja, wie sehen die Zahlungsmodalitäten aus und unterscheiden sie sich in ihrer Höhe von den Gebühren für nicht elektronische Verfahren?

Die gesetzlich vorgeschriebene Gerichtsgebühr (contributo unificato) kann in einem speziellen elektronischen Verfahren online überwiesen werden. Dafür muss man sich mit einer italienischen Smartcard ausweisen. Es wird die gleiche Gebühr wie bei nicht elektronischen Verfahren erhoben.

8 Ist es möglich, eine Klage, die über das Internet erhoben wurde, zurückzuziehen?

Ja, mit einem elektronischen Dokument, das der Papierversion entspricht.

9 Wenn über das Internet Klage erhoben wurde, kann bzw. muss der Beklagte auf demselben Weg antworten?

Was seine Erwiderung anbelangt, so bleibt es dem Beklagten überlassen, wie er diese einreicht. Im Rahmen eines Verfahrens vor Gericht und vor Berufungsgerichten müssen Schriftstücke jedoch elektronisch eingereicht werden.

10 Wie verläuft das elektronische Verfahren, wenn der Beklagte auf die Klage antwortet?

Es gelten die gleichen Regeln wie für das nicht elektronische Verfahren. Der Beklagte kann die Klage nur dann auf elektronischem Wege erwidern, wenn das Gericht befugt ist, Unterlagen für derartige Verfahren und derartige Schriftstücke online entgegenzunehmen.

11 Wie verläuft das elektronische Verfahren, wenn der Beklagte nicht auf die Klage antwortet?

Es gelten die gleichen Regeln wie für das nicht elektronische Verfahren.

12 Können einem Gericht Unterlagen in elektronischer Form zugeleitet werden? Wenn ja, in welcher Art von Verfahren und unter welchen Voraussetzungen ist dies möglich?

Siehe Antworten auf die Fragen 1 und 2.

13 Können gerichtliche Schriftstücke sowie insbesondere gerichtliche Entscheidungen über das Internet zugestellt werden?

Mitteilungen an die Rechtsanwälte der Parteien werden ausschließlich online übermittelt (mit zertifizierter elektronischer Post (PEC) nach italienischem Recht).

14 Können gerichtliche Entscheidungen in elektronischer Form ergehen?

Ja. Mahnbescheide (decreti ingiuntivi) werden seit 30. Juni 2014 ausschließlich elektronisch erlassen.

Die Zivilgerichte erlassen jeden Monat etwa 300 000 elektronische Entscheidungen.

15 Ist es möglich, über das Internet Rechtsmittel einzulegen, und kann die diesbezügliche Entscheidung über das Internet zugestellt werden?

Rechtsmittel können über das Internet eingelegt werden. Die Rechtsmittelentscheidung wird ausschließlich auf elektronischem Wege mitgeteilt (mit zertifizierter elektronischer Post (PEC) nach italienischem Recht).

16 Ist es möglich, Vollstreckungsverfahren über das Internet einzuleiten?

Ja.

17 Können sich die Parteien oder ihre Rechtsvertreter online über eine Rechtssache informieren? Wenn ja, wie?

Ja, indem man sich an einer autorisierten Zugangsstelle oder im Onlinedienstportal des Justizministeriums (Ministero della Giustizia) (mit einer italienischen Smartcard) authentifiziert.

Links

https://pst.giustizia.it/PST/

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