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Elektronischer Rechtsverkehr und elektronische Kommunikation mit Gerichten

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Niederlande
Inhalt bereitgestellt von
European Judicial Network
(in civil and commercial matters)

1 Ist es möglich, über das Internet ein Gerichtsverfahren anzustrengen?

Ja, Sie können über das sichere Webportal der Gerichte Gerichtsverfahren einleiten. Auf das Webportal können Bürger, Rechtsanwälte und Angehörige anderer Rechtsberufe sowie Unternehmer, Unternehmen und andere Organisationen zugreifen.

Gerichtsverfahren können jedoch noch nicht in allen Gerichtsbezirken oder für alle Arten von Verfahren elektronisch eingeleitet werden.

Rechtsbehelfe (cassatiezaken) beim Obersten Gerichtshof (Hoge Raad) können elektronisch eingebracht werden; dies ist für zivilrechtliche und (ab dem 1. Januar 2023) strafrechtliche Klagen obligatorisch.

2 Wenn ja, für welche Arten von Rechtssachen steht der Online-Dienst zur Verfügung? Gibt es Verfahren, die ausschließlich über das Internet eingeleitet werden?

Zivilrechtliche Klagen:

  • Rechtsanwälte können Anträge auf Pfändung elektronisch bei jedem Bezirksgericht einreichen.
  • Sie können gemeinsame Scheidungsanträge elektronisch beim Zentralniederländischen Bezirksgericht (in Utrecht) und beim Bezirksgericht Overijssel (in Almelo) einreichen.
  • Die Anwälte sind verpflichtet, Rechtsbehelfe beim Obersten Gerichtshof elektronisch einzubringen; vgl. Digitaal procederen bij de Hoge Raad – Hoge Raad.

Verwaltungsrechtliche Klage:

  • In Asyl- und Haftsachen müssen Anwälte das Verfahren elektronisch einleiten.
  • In regulären Einwanderungsfällen können Anwälte ihre Anträge elektronisch einreichen.
  • Bürger, Anwälte und andere Berufsgruppen können in Steuersachen bei jedem Berufungsgericht auf elektronischem Wege Rechtsmittel einlegen.
  • Bürger, Anwälte und andere Berufsgruppen können beim Obersten Gerichtshof auf elektronischem Wege Rechtsmittel einlegen.
  • Bürger, Anwälte und andere Berufsgruppen können ein erstinstanzliches Verfahren oder ein Berufungsverfahren beim Staatsrat (Raad van State) auf elektronischem Wege einleiten (siehe Digitaal procederen - Raad van State).

Einen aktuellen Überblick über die Digitalisierung an den Bezirksgerichten und den Berufungsgerichten in den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen finden Sie unter Digitalisering rechtspraak | Rechtspraak.

3 Ist der Online-Dienst rund um die Uhr oder nur zu bestimmten Zeiten verfügbar? Falls Letzteres zutrifft, zu welchen Zeiten ist der Dienst verfügbar?

Sie können einen Fall oder Verfahrensunterlagen bei den verschiedenen Gerichten über ein Webportal einreichen. Das Webportal ist jederzeit zugänglich. Systemwartungen und -ausfälle werden über die Website des betreffenden Gerichts gemeldet. Wenn Sie Hilfe benötigen, können Sie sich grundsätzlich von Montag bis Freitag während der Bürozeiten und am frühen Abend elektronisch oder telefonisch an einen Helpdesk wie das Servicezentrum der Justiz (servicecentrum van de rechtspraak) wenden.

4 Müssen die Klagegründe in einem bestimmten Format übermittelt werden?

Wenn ein bestimmtes Verfahren elektronisch eingeleitet werden kann, müssen weitere Unterlagen über das Webportal des betreffenden Gerichts eingereicht werden. In der Regel muss auf dem Portal ein digitaler Fragebogen ausgefüllt werden. Die Unterlagen müssen im PDF/A-Format hochgeladen werden. Sie dürfen nicht größer als 25 Megabyte sein und müssen die Anforderungen der optischen Zeichenerkennung (Optical Character Recognition, OCR) erfüllen. Audiodateien müssen im MP3-Format, Bilder im JPEG-Format und Videodateien im Mp-4-h.264-Format hochgeladen werden.

Diese Anforderungen sind in den Verfahrensordnungen der Gerichte festgelegt (Procesreglementen | Rechtspraak).

5 Wie wird die Sicherheit der Datenübermittlung und Datenspeicherung gewährleistet?

Die Justiz erfasst die (personenbezogenen) Daten, die für den reibungslosen Ablauf des Verfahrens erforderlich sind. Diese Daten werden im Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vertraulich und sicher behandelt. Der „elektronische Ordner“ mit den Gerichtsdokumenten und Anhängen wird verschlüsselt, sodass nur das Gericht, an das die Schriftstücke gerichtet sind, den Inhalt lesen kann.

Links: Digitalisering rechtspraak | Rechtspraak

6 Bedarf es einer Art von elektronischer Signatur und/oder eines Zeitstempels?

Ja, wenn Sie sich auf dem Webportal eines Gerichts anmelden, müssen Sie ein digitales Authentifizierungsmittel angeben. In der entsprechenden Verfahrensordnung ist festgelegt, welche Authentifizierungsmittel akzeptiert werden (wetten.nl - Regeling - Besluit elektronisch procederen - BWBR0044275 (overheid.nl)). Für Rechtsanwälte ist dies der Anwaltsausweis, bei Organisationen die e-ID (e-herkenning) und bei Bürgern ihre elektronische e-ID DigiD mit zusätzlicher Authentifizierung per Textnachricht.

7 Fallen Gerichtsgebühren an? Wenn ja, wie sehen die Zahlungsmodalitäten aus und unterscheiden sie sich in ihrer Höhe von den Gebühren für nicht elektronische Verfahren?

Ja, Gerichtsgebühren sind in jedem Fall zu entrichten. Für elektronische Verfahren gibt es keine gesonderte Gebühr. Bei elektronischen Verfahren werden die Gerichtsgebühren online entrichtet. Erfolgt keine Zahlung, kann die Einleitung des Verfahrens nicht (weiter) vorangetrieben werden. Anwaltskanzleien können bei der Justiz ein Konto führen.

8 Ist es möglich, eine Klage, die über das Internet erhoben wurde, zurückzuziehen?

Ja, die Modalitäten für die Rücknahme einer Klage sind in den Verfahrensvorschriften des zuständigen Gerichts geregelt.

9 Wenn über das Internet Klage erhoben wurde, kann bzw. muss der Beklagte auf demselben Weg antworten?

Nein, es sei denn, das Verfahren muss zwingend elektronisch durchgeführt werden; in diesem Fall muss der Beklagte online antworten. Ist die elektronische Einreichung fakultativ, kann der Beklagte je nach den Bestimmungen der Verfahrensordnung Schriftsätze schriftlich einreichen oder das sichere E-Mail-System der Justiz (Veilig Mailen) nutzen.

10 Wie verläuft das elektronische Verfahren, wenn der Beklagte auf die Klage antwortet?

Elektronische Verfahren werden in vollem Umfang digital durchgeführt. Der Beklagte wird über jedes neue, in der elektronischen Fallakte abgelegte Schriftstück per E-Mail benachrichtigt. Beklagte können eigene Unterlagen ergänzen und ihren Fall elektronisch einsehen. Die Gerichtsentscheidung wird den Parteien in Form einer elektronischen Datei online zur Verfügung gestellt.

11 Wie verläuft das elektronische Verfahren, wenn der Beklagte nicht auf die Klage antwortet?

Wurde der anderen Partei die Rechtssache ordnungsgemäß zugestellt, kann ein Versäumnisurteil ergehen. Die andere Partei wird schriftlich von den Verfahrensschritten in Kenntnis gesetzt.

12 Können einem Gericht Unterlagen in elektronischer Form zugeleitet werden? Wenn ja, in welcher Art von Verfahren und unter welchen Voraussetzungen ist dies möglich?

Siehe Antworten auf die Fragen 1 und 2. In den Fällen, in denen die elektronische Einreichung nicht vorgeschrieben ist, können Dokumente auch auf dem Postweg übermittelt werden. Nachrichten und Dokumente können nicht per Standard-E-Mail gesendet werden. Gemäß der Verordnung über das elektronische Verfahren (Besluit Elektronisch procederen) ist in den Verfahrensordnungen der Gerichte festgelegt, welche sicheren E-Mail-Systeme verwendet werden können.

13 Können gerichtliche Schriftstücke sowie insbesondere gerichtliche Entscheidungen über das Internet zugestellt werden?

Nein, in der Regel können gerichtliche Schriftstücke, insbesondere Urteile, nicht über das Internet zugestellt oder bekannt gegeben werden. Siehe dazu auch die Antwort auf Frage 10.

14 Können gerichtliche Entscheidungen in elektronischer Form ergehen?

Ja, aber nur Gerichtsentscheidungen in elektronisch durchgeführten Verfahren; in diesem Fall wird die Entscheidung den Parteien über das sichere Webportal mitgeteilt.

15 Ist es möglich, über das Internet Rechtsmittel einzulegen, und kann die diesbezügliche Entscheidung über das Internet zugestellt werden?

Ja, für eine begrenzte Anzahl von Verfahren können Rechtsmittel online eingelegt werden; siehe Antwort auf Frage 2. Wurde das Verfahren beim Berufungsgericht elektronisch durchgeführt, so wird den Parteien auch die Gerichtsentscheidung elektronisch bekannt gegeben. Die Entscheidung kann nicht elektronisch zugestellt werden.

16 Ist es möglich, Vollstreckungsverfahren über das Internet einzuleiten?

Vollstreckungsverfahren können in der Regel nicht online eingeleitet werden. Rechtsanwälte können jedoch Anträge auf Pfändung online einreichen – siehe dazu Antwort auf Frage 2.

17 Können sich die Parteien oder ihre Rechtsvertreter online über eine Rechtssache informieren? Wenn ja, wie?

Ja, in elektronisch eingeleiteten Verfahren können die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter die Akten online einsehen. Zu diesem Zweck können sie sich auf dem Webportal des Gerichts anmelden.

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