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Beweisaufnahme mittels Videokonferenz

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Italien
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(in civil and commercial matters)

1 Ist die Beweisaufnahme mittels Videokonferenz entweder mit Teilnahme des Gerichts des ersuchenden Mitgliedstaats oder direkt durch ein Gericht dieses Mitgliedstaats möglich? Wenn ja, welche einschlägigen innerstaatlichen Verfahren oder Gesetze finden Anwendung?

Mit dem Gesetzesdekret Nr. 149 vom 10. Oktober 2022 wurde in das italienische Recht die Möglichkeit aufgenommen, unter bestimmten Bedingungen Vernehmungen mithilfe audiovisueller Fernverbindungen durchzuführen (Artikel 127a der Zivilprozessordnung). Wenn in einem Verfahren nur die Parteien, ihre Rechtsanwälte, die Staatsanwaltschaft und Hilfskräfte des Gerichts anwesend sein müssen, kann in italienischen Zivilverfahren der Richter eine Vernehmung per Videokonferenz anordnen. Zur Vernehmung von Zeugen ist es jedoch zwingend erforderlich, dass diese persönlich vor Gericht erscheinen. Daher sind Videokonferenzen für die Befragung von Zeugen vor den italienischen Gerichten nicht zulässig.

Das bedeutet, dass Zeugen stets persönlich vor dem Gericht erscheinen müssen, wenn bei einem italienischen Gericht ein Ersuchen auf Durchführung einer Beweisaufnahme im Sinne von Artikel 12 ff. der Beweisaufnahmeverordnung eingeht.

Befragt das italienische Gericht jedoch einen Zeugen in Ausführung eines Ersuchens im Sinne von Artikel 12 ff. der Verordnung, ist es möglich, dass der ersuchende Richter an der Vernehmung per Videokonferenz teilnimmt, auch wenn dies in innerstaatlichen Zivilsachen nicht vorgesehen ist. Da es sich hierbei um Regelungen handelt, die nicht gegen die Grundprinzipien der italienischen Rechtsordnung verstoßen, bleibt der Grundsatz der freien Wahl der Bürgerinnen und Bürger, mit solchen Mitteln vernommen zu werden, unberührt (Zwang ist in Italien nicht möglich).

Bei dem anders gelagerten Fall der Beweisaufnahme durch die Justizbehörde eines anderen Mitgliedstaates kann gemäß den Bestimmungen der Artikel 19 und 20 der Verordnung auf eine Videokonferenz zurückgegriffen werden, da das Verbot der Zeugenbefragung per Videokonferenz keine die öffentliche Ordnung betreffende Verfahrensvorschrift darstellt.

Hierbei wird in der Regel der Zeuge von dem ausländischen Gericht per Videokonferenz befragt, nachdem die in der Generaldirektion für internationale Angelegenheiten und justizielle Zusammenarbeit des Justizministeriums eingerichtete Zentralbehörde dem Ersuchen stattgegeben hat.

Sobald dem Ersuchen stattgegeben wurde, kann das ausländische Gericht mit der Befragung des Zeugen mittels des von ihm bevorzugten audiovisuellen Verbindungssystems und ohne Beteiligung der italienischen Justizbehörde fortfahren. In jedem Fall muss das ersuchende Gericht die zur Aussage gebetene Person davon in Kenntnis setzen, dass die Beweisaufnahme gemäß Artikel 19 Absätze 2 und 3 der Verordnung freiwillig und ohne Einsatz von Zwangsmaßnahmen erfolgt.

Wenn die ersuchende Behörde oder die zur Aussage aufgeforderte Person dies ausdrücklich beantragt, kann die Videokonferenz in den Räumlichkeiten des Gerichts unter Verwendung der von der Strafvollzugsverwaltung (DAP) zur Verfügung gestellten Geräte erfolgen.

2 Gibt es Einschränkungen bezüglich der Personen, die mittels Videokonferenz vernommen werden können? Ist dies beispielsweise nur bei Zeugen möglich oder können auch Sachverständige und Verfahrensparteien auf diese Weise vernommen werden?

Siehe Antwort auf Frage 1. Zeugen dürfen von einem italienischen Gericht nicht per Videokonferenz befragt werden, wohl aber von einem ausländischen Gericht, das eine unmittelbare Beweisaufnahme beantragt hat.

Parteien und technische Berater können gemäß den in Artikel 127a der Zivilprozessordnung und Artikel 196k der Durchführungsbestimmungen zur Zivilprozessordnung vorgesehenen Verfahren auch per Videokonferenz befragt werden, auch von den italienischen Gerichten.

3 Gibt es Einschränkungen hinsichtlich der Art von Beweisen, die mittels Videokonferenzen aufgenommen werden können? Wenn ja, welche?

Es gibt keine Einschränkungen, welche Art der Beweise per Videokonferenz aufgenommen werden können.

4 Gibt es Einschränkungen bezüglich des Ortes, an welchem eine Person mittels Videokonferenz vernommen werden kann? Muss dies beispielsweise an einem Gericht geschehen?

Siehe Antwort auf Frage 1. Da, wie oben ausgeführt, der Einsatz von Videokonferenzen nur bei unmittelbaren Beweisaufnahmen zulässig ist, bleibt die Wahl der konkreten Modalitäten dem ersuchenden Gericht überlassen. Einschränkungen bestehen nicht, und die Person kann auch von zu Hause aus vernommen werden. Auf ausdrücklichen Antrag kann der italienische Staat jedoch einen Raum in den Gerichtsgebäuden und die Geräte der Strafvollzugsverwaltung (DAP) zur Verfügung stellen.

5 Ist es zulässig, Videokonferenzvernehmungen aufzuzeichnen? Wenn ja, sind die entsprechenden Geräte vorhanden?

Die Aufzeichnung von Vernehmungen per Videokonferenz ist in der Regel nicht zulässig (Artikel 196k der Durchführungsbestimmungen zur Zivilprozessordnung). Ist jedoch nach dem Recht des Staates, in dem das Gerichtsverfahren stattfindet, eine Aufzeichnung erforderlich, kann das ersuchende Gericht ermächtigt werden, die Vernehmung mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aufzuzeichnen. Tonaufzeichnungen von Vernehmungen in Arbeits- und Sozialversicherungsangelegenheiten sind stets zulässig (Artikel 422 der Zivilprozessordnung). In Fällen, in denen das ausländische Gericht Beweise unmittelbar erhebt, ist eine Aufzeichnung zulässig, wenn dies nach der Rechtsordnung der ersuchenden Behörde zulässig ist.

6 In welcher Sprache ist die Vernehmung zu führen a) bei Ersuchen nach den Artikeln 12 bis 14 der Beweisaufnahmeverordnung, b) bei unmittelbarer Beweisaufnahme nach den Artikeln 19 bis 21 der Beweisaufnahmeverordnung?

a) Italienische Gerichte führen Vernehmungen in italienischer Sprache durch und erheben auch Beweise in dieser Sprache. Falls ein Dolmetscher benötigt wird, kann ein solcher hinzugezogen werden. Die damit verbundenen Kosten haben jedoch die Parteien des Rechtsstreits im ersuchenden Staat zu tragen.

b) Das Gericht des ersuchenden Staates verwendet die in seiner eigenen Rechtsordnung vorgesehene Sprache, erforderlichenfalls unter Hinzuziehung eines Dolmetschers.

7 Sofern Dolmetscher benötigt werden, wer ist für ihre Bereitstellung verantwortlich und wo sollten sie anwesend sein a) bei Ersuchen nach den Artikeln 12 bis 14 der Beweisaufnahmeverordnung, b) bei unmittelbarer Beweisaufnahme nach den Artikeln 19 bis 21 der Beweisaufnahmeverordnung?

Siehe Antwort auf Frage 6.

8 Welches Verfahren ist zur Vorbereitung der Vernehmung und zur Zustellung der Benachrichtigung über Ort und Zeit der Vernehmung an die zu vernehmende Person anzuwenden a) bei Ersuchen nach den Artikeln 12 bis 14 der Beweisaufnahmeverordnung, b) bei unmittelbarer Beweisaufnahme nach den Artikeln 19 bis 21 der Beweisaufnahmeverordnung? Wie viel Zeit sollte in diesen beiden Fällen bis zum Vernehmungstermin eingeplant werden, damit die zu vernehmende Person die Ladung rechtzeitig erhält?

a) In Fällen, die unter Artikel 12 ff. der Verordnung fallen, organisiert das Gericht die Vernehmung, aber der Rechtsanwalt der Partei, die die Beweisaufnahme beantragt, muss die Ladung des Zeugen veranlassen.

b) In den Fällen gemäß Artikel 19 ff. der Verordnung müssen die Parteien die per Videokonferenz zu vernehmende Person unter Angabe des vom Gericht zu bestimmenden Orts, des Datums und der Uhrzeit, der Verbindungsart und der zu verwendenden Plattform benennen. In Fällen, in denen der Zeuge mit Geräten der Strafvollzugsverwaltung in den Räumlichkeiten des Gerichts vernommen werden soll, sind für die Bereitstellung der Verbindung etwa 30 Tage erforderlich. Das Datum muss mit dem Büro der italienischen Zentralbehörde vereinbart werden, da es von der Verfügbarkeit der Räumlichkeiten abhängt.

9 Welche Kosten entstehen für eine Videokonferenz und wer hat für diese Kosten aufzukommen?

Italien verlangt keine Erstattung der Kosten für die Bereitstellung der Videokonferenzeinrichtungen. Diese werden vom Justizministerium getragen.

10 Mit welchen Mitteln wird sichergestellt, dass die Person, die unmittelbar durch das ersuchende Gericht vernommen wird, darüber informiert wurde, dass die Vernehmung auf freiwilliger Grundlage erfolgt?

Die Verpflichtung zur Übermittlung dieser Informationen obliegt dem ersuchenden Staat.

11 Welche Verfahren stehen zur Überprüfung der Identität der zu vernehmenden Person zur Verfügung?

Findet die Videokonferenz in einem Gerichtsgebäude statt, überprüft ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle die Identität der Person.

12 Welche Vorschriften gelten für eine Vernehmung unter Eid und welche Angaben des ersuchenden Gerichts werden benötigt, wenn während der unmittelbaren Beweisaufnahme gemäß den Artikeln 19 bis 21 ein Eid erforderlich ist?

Wie der Eid abzulegen ist, wird vom Gericht des ersuchenden Staates geregelt und richtet sich nach dem Recht dieses Staates. Die italienische Formulierung ist nicht vorgeschrieben. Gemäß der Rechtsprechung des italienischen Verfassungsgerichts kann ein Zeuge sich weigern, einen religiösen Eid abzulegen, darf sich aber nicht weigern, sich feierlich zu verpflichten, die Wahrheit zu sagen.

13 Mittels welcher Vorkehrungen wird sichergestellt, dass an dem Ort der Videokonferenz eine Kontaktperson für das ersuchende Gericht anwesend ist sowie eine Person, die die Videokonferenzanlage bedienen und mögliche technische Probleme beheben kann?

Wird die Person mit Geräten befragt, die von der Strafvollzugsverwaltung zur Verfügung gestellt werden, führt die Abteilung, die die Einrichtungen zur Verfügung stellt, Tests durch, um die Kompatibilität der Software und der Geräte zu überprüfen, und nimmt Kontakt mit dem Büro des ersuchenden Gerichts auf, um zu überprüfen, ob die Verbindungen funktionieren.

14 Werden zusätzliche Informationen des ersuchenden Gerichts benötigt? Wenn ja, welche?

Wenn die Formulare richtig ausgefüllt wurden (unter anderem das Formblatt N und alle technischen Angaben), sind im Allgemeinen keine weiteren Informationen erforderlich. Andernfalls setzen sich die Büros miteinander in Verbindung, um eventuelle Probleme zu lösen oder weitere Informationen einzuholen.

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